Leitsatz (amtlich)
Immaterielle Werte können auch dadurch als selbständig bewertungsfähige Wirtschaftsgüter anerkannt werden, daß ein anderer als der Inhaber dieser Werte für ihre Benutzung laufend wiederkehrende Zahlungen leistet. Dies gilt auch für Warenzeichen und Know-how.
Normenkette
BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 10; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 77
Tatbestand
Die Revisionsklägerin hat weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Bereich des Grundgesetzes (GG) oder in Berlin (West). Sie hat einer inländischen Lizenznehmerin Rechte auf Herstellung und Vertrieb bestimmter Erzeugnisse, auf Benutzung von Herstellungsmethoden, Verfahren und Formeln und auf Verwendung von Warenzeichen überlassen. Das FA (Revisionsbeklagter) veranlagte die Revisionsklägerin zum 1. Januar 1963 als beschränkt steuerpflichtig. Es begründete diese Veranlagung damit, daß es sich bei den der inländischen Lizenznehmerin eingeräumten Rechten um Wirtschaftsgüter im Sinn des § 77 Abs. 2 Nr. 5 des BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung handele. Es bewertete diese Wirtschaftsgüter auf der Grundlage des Reinertrages der Lizenzeinnahmen und unter Annahme einer Laufzeit von drei Jahren. Zur Schätzung des Reinertrags ermäßigte das FA den durchschnittlichen Jahresrohertrag um 15 v. H. und kam durch Anwendung des einer dreijährigen Laufzeit entsprechenden Vervielfachers 2,846 der Hilfstafel 2 zu § 15 Abs. 1 BewG zu einem Wert von insgesamt 1 033 633 DM.
Die Sprungberufung gegen die Veranlagung hatte keinen Erfolg.
Das FG ging davon aus, es komme für die Vermögensteuerpflicht der Revisionsklägerin ausschließlich darauf an, ob die der inländischen Lizenznehmerin überlassenen Rechte als Wirtschaftsgüter im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG betrachtet werden könnten. Diese Frage bejahte es mit dem Hinweis, die Eigenschaft von Wirtschaftsgütern ergebe sich schon daraus, daß für die Erlaubnis der Benutzung nachhaltig Vergütungen gezahlt werden. Aus diesen Erwägungen sei auch der BFH in seinem Urteil III 121/62 vom 29. Januar 1965 (BFH 81, 607, BStBl III 1965, 219) davon ausgegangen, daß nichtgeschützte Erfindungen und darüber hinaus auch alle sonstigen immateriellen Werte, die gegen Entgelt einem inländischen Unternehmen überlassen würden, Wirtschaftsgüter seien. Das FG führte weiter aus, ob ein Wirtschaftsgut vorliege, sei im übrigen eine Rechtsfrage, so daß die beantragte gutachtliche Äußerung der Industrie- und Handelskammer über die Verkehrsanschauung nicht erforderlich sei. Die überlassenen Wirtschaftsgüter seien mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Dieser sei unabhängig von der Laufzeit des Lizenzvertrages zu beurteilen. In Verböserung der vom FA durchgeführten Veranlagung schätzte das FG den gemeinen Wert der überlassenen Wirtschaftsgüter auf 3 Mill. DM.
Mit der als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde rügt die Revisionsklägerin, das Verfahren vor dem FG habe an wesentlichen Mängeln gelitten und die Entscheidung beruhe auf unrichtiger Anwendung bestehenden Rechts.
1. Zur Begründung der Verfahrensrüge trägt die Revisionsklägerin vor, für die Entscheidung, ob die der Lizenznehmerin eingeräumten Rechte Wirtschaftsgüter seien, komme es auf die von den maßgebenden Wirtschaftskreisen abgeleitete Verkehrsanschauung an. Das FG habe diese Frage als reine Rechtsfrage behandelt und hilfsweise ohne nähere Feststellung einfach dekretiert, es habe keinen Zweifel, daß auch die von der Allgemeinheit vernünftig denkender Menschen abgeleitete Verkehrsanschauung in den der Lizenznehmerin eingeräumten Rechten Wirtschaftsgüter sehe. Hierin liege ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht. Dieser Mangel wiege um so schwerer, als auch im Schrifttum die Auffassung vertreten werde, daß mangels einer entsprechenden Verkehrsauffassung Rezepte und Standardmarken nicht zu den selbständig bewertbaren Wirtschaftsgütern gehörten.
2. Bezüglich der Warenzeichen habe das FG verkannt, daß sie schon deshalb einer Bewertung nicht zugänglich seien, weil sie nach der zwingenden Vorschrift des § 8 des Warenzeichengesetzes (WZG) nicht selbständig, d. h. nicht ohne den Geschäftsbetrieb übertragen werden könnten. Der RFH habe in dem Urteil III A 84/28 vom 28. Februar 1930 (RStBl 1930, 287) hervorgehoben, daß immaterielle Werte nur ausnahmsweise zu bewerten seien, wenn ihre Gegenstandseigenschaft durch eine feste allgemeine Verkehrsanschauung anerkannt sei. Mangels einer solchen Verkehrsanschauung habe der RFH im Urteil III A 1195/30 vom 15. Oktober 1931 (RStBl 1932, 122) Warenzeichen nicht als bewertungsfähige Wirtschaftsgüter behandelt.
3. Selbst wenn Rezepte und Warenzeichen Wirtschaftsgüter wären, so komme eine Behandlung als Inlandsvermögen deshalb nicht in Betracht, weil § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG nur auf die Überlassung körperlicher Gegenstände an einen inländischen Betrieb abstelle. Die gegenteilige Auffassung des BFH in seinem Urteil III 121/62 U vom 29. Januar 1965 (a. a. O.) erscheine nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht begründet. Die amtliche Begründung zu § 77 BewG sehe eine Besteuerung von nichtgeschützten Erfindungen und Rezepten, die Ausländern zustehen, nicht vor. Die Anwendung des § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG scheitere auch daran, daß nach dem BFH-Urteil I 174/60 S vom 17. Februar 1965 (BFH 81, 641, BStBl III 1965, 230) ein Lizenzvertrag kein Mietvertrag oder ein mietähnlicher Vertrag sei. Diese zu § 8 Nr. 7 GewStG ergangene Entscheidung müsse auch auf § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG angewendet werden, denn aus dem Wort "insbesondere" in dieser Vorschrift folge deutlich, daß sie auf eine mietvertragsähnliche Gestaltung abstelle. Bei Lizenzverträgen könne auch nicht von einem "Überlassen" gesprochen werden. Der I. Senat habe in seinem Urteil I 174/60 S (a. a. O.) zutreffend ausgeführt, daß die Lizenzierung nicht ein "Überlassen", sondern ein "Unterlassen" der Ausübung von Abwehrrechten sei.
4. Zur Höhe der Bewertung rügt die Revisionsklägerin, das FG habe im Widerspruch zu seiner eigenen Erkenntnis, daß die Bewertung mit dem gemeinen Wert zu erfolgen habe, gemäß § 15 BewG mit dem Neunfachen des Jahresertrags bewertet. Richtig wäre allenfalls eine Bewertung mit dem Teilwert oder dem gemeinen Wert. Bei der Ermittlung des Teilwerts könne aber nicht außer Betracht bleiben, daß am Bewertungsstichtag eine Kündigung des Lizenzvertrages durch die Lizenznehmerin zum 31. Dezember 1964 nicht auszuschließen gewesen sei. Ferner habe das FG außer Betracht gelassen, daß nur die am 1. Januar 1963 vorhanden gewesenen Rezepte Gegenstand der Bewertung sein könnten. Diese Rezepte hätten ohne die Änderungen in der Folgezeit, auf die die Revisionsklägerin hingewiesen habe, sehr bald einen nachhaltigen Ertrag nicht mehr erbracht und seien damit wertlos geworden. Über diese Tatsache habe sich das FG mit dem Bemerken hinweggesetzt, die auf Grund der überlassenen Rezepte hergestellten Erzeugnisse seien nicht wegen der Änderungen der Rezepte gekauft worden, sondern weil es sich um Erzeugnisse mit einer eingeführten Markenbezeichnung handele. Schließlich trägt die Revisionsklägerin vor, die vom FG vorgenommene Bewertung führe zu dem widersinnigen Ergebnis, daß ungeschützte Erfindungen und Rezepte wesentlich höher bewertet würden als geschützte Erfindungen. In der Literatur werde nämlich die Meinung vertreten, bei der Bewertung von Patenten könne höchstens vom Drei- bis Fünffachen des Jahresertrags ausgegangen werden, weil sich die fernere Entwicklung mit einiger Zuverlässigkeit nicht überschauen lasse.
Die Revisionsklägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Vermögensteuer-Bescheid zum 1. Januar 1963 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
I.
1. Der Senat stimmt dem FG darin zu, daß Urheberrechte und immaterielle Wirtschaftsgüter Inlandsvermögen i. S. des § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG sein können. Diese Auffassung hat er schon in dem Urteil III 121/62 U vom 29. Januar 1965 (a. a. O.) vertreten. Er hält nach nochmaliger Überprüfung des damals eingenommenen Rechtsstandpunkts daran fest.
Die Tatbestände der einzelnen Nummern des § 77 Abs. 2 BewG sind nicht so abgegrenzt, daß der Regelungsbereich einer Nummer sich mit dem Regelungsbereich einer anderen Nummer bezüglich der erfaßten Wirtschaftsgüter nicht überschneiden könnte. Die Vorschrift ist vielmehr so aufgebaut, daß die einzelnen Nummern zwar unterschiedliche Voraussetzungen für die Qualifikation als Inlandsvermögen fordern, daß aber dasselbe Wirtschaftsgut, ungeachtet dieser Voraussetzungen, durchaus bei mehreren Nummern eingeordnet werden kann. Dies ergibt sich vor allem aus dem Wortlaut und dem Wortsinn der Bezugnahme in Nr. 5 auf vorhergehende Nummern. Durch die negative Bezugnahme kommt zum Ausdruck, daß Wirtschaftsgüter, die zwar der Art nach auch unter eine vorhergehende Nummer untergeordnet werden können, deren Voraussetzungen für die Erfassung als Inlandsvermögen aber nicht erfüllen, doch Inlandsvermögen sein können, wenn sie nämlich ihrer Art nach auch unter eine andere Nummer fallen und deren Voraussetzungen für die Qualifikation als Inlandsvermögen gegeben sind. Hätte der Gesetzgeber dies nicht gewollt, so hätte er in Nr. 5 nicht schlechthin auf Wirtschaftsgüter, die nicht unter die Nummern 1, 2 und 4 fallen, abstellen dürfen, sondern Wirtschaftsgüter der in den Nummern 1, 2 und 4 behandelten Art aus dem Regelungsbereich der Nummer 5 ausschließen müssen.
Aus der amtlichen Begründung zum Reichsbewertungsgesetz - RBewG - (RStBl 1935, 161) kann nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insoweit Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit des durch die Auslegung ermittelten Gesetzesinhalts bestätigt oder Zweifel behebt, die durch Auslegung des Wortlauts der Gesetzesvorschrift unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs nicht ausgeräumt werden können (BVerfGE 1, 299). Der Senat hat auf Grund der Auslegung des § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG keinen Zweifel über dessen Inhalt und Regelungsbereich, so daß die Begründung zum RBewG als Teil der Entstehungsgeschichte der auszulegenden Norm schon aus diesem Grund unbeachtlich ist. Abgesehen davon ergibt sich aus dieser Begründung, die nur Beispiele für die Erweiterung des steuerpflichtigen Inlandsvermögens enthält, weder die Beschränkung des § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG auf körperliche Wirtschaftsgüter noch, daß Urheberrechte nicht unter den Tatbestand der Vorschrift fallen können. Auch der in der Begründung ausgesprochene Grundgedanke der Vorschrift, es solle möglichst alles im Inland belegene Vermögen von der Vermögensteuer erfaßt werden, steht dem nicht entgegen; denn Rechte und unkörperliche Wirtschaftsgüter, die nur unter besonderen Voraussetzungen bewertungsfähig werden, sind in erster Linie dort belegen, wo die Voraussetzungen für die Bewertungsfähigkeit erfüllt sind.
2. § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG erfaßt nicht nur Wirtschaftsgüter, die an einen inländischen Gewerbebetrieb vermietet oder verpachtet sind. Das BFH-Urteil I 174/60 S vom 17. Februar 1965 (a. a. O.) ist für die Anwendung des § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG nicht präjudiziell. Es ist zu den §§ 8 Nr. 8 und 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG 1950 ergangen. Der I. Senat kam in seiner Entscheidung zwar zu dem Ergebnis, daß diese Vorschriften nur auf Fälle der Vermietung und Verpachtung anwendbar seien und sich dementsprechend einer Anwendung auf Lizenzverträge entziehen würden, da es sich hierbei um Verträge eigener Art handele, die wesentliche miet- bzw. pachtfremde Elemente enthielten. Unter § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG fallen dagegen nicht nur vermietete oder verpachtete Wirtschaftsgüter, sondern auch alle Wirtschaftsgüter, die an einen inländischen gewerblichen Betrieb in sonstiger Weise "überlassen" sind. Der Senat stimmt der Revisionsklägerin nicht darin zu, daß der juristisch wertneutrale Begriff "überlassen" in seinem möglichen Inhalt auf ein Überlassen in miet- oder pachtähnlicher Weise beschränkt werden müsse. Dies ergibt sich daraus, daß das Überlassen als Oberbegriff verwendet wird und Vermietung und Verpachtung nur als Beispiele angeführt werden. Der weitere Einwand, im Falle der Erteilung einer Lizenz liege kein "Überlassen" an den Lizenznehmer vor, wird schon dadurch widerlegt, daß auch die vom Gesetzgeber als Unterfälle des Überlassens angesehene Vermietung und Verpachtung nicht zu einem Überlassen im Sinne einer dinglichen Verfügung führen. Es trifft zwar zu, daß in dem BFH-Urteil I 174/60 S (a. a. O.) bezüglich der einfachen Lizenz ausgeführt wird, im Vordergrund stehe hier die negative Verpflichtung des Lizenzgebers, gegen die Verwertung der Schutzrechte durch den Lizenznehmer nicht vorzugehen. Trotzdem spricht der I. Senat davon, daß Lizenzverträge die "Überlassung von gewerblichen Schutzrechten (Patente, Warenzeichen und anderes) und von betrieblichen Erfahrungen, Geheimverfahren, ungeschützten Erfindungen, Rezepten und anderes (know how) zum Gegenstand haben".
Gegenstand eines Pachtvertrages können nicht nur Sachen, sondern auch Rechte sein (§ 581 i. V. mit § 90 BGB). Auch im Falle einer Rechtspacht kann nicht von einem Überlassen des Pachtgegenstandes im Sinn einer körperlichen Übergabe oder einer dinglichen Verfügung gesprochen werden, sondern der Verpächter duldet die Ausübung des Rechts durch den Pächter; trotzdem wird dieser Fall eindeutig von § 77 Abs. 2 Nr. 5 BewG erfaßt.
II.
1. Nach ständiger Rechtsprechung sind immaterielle Werte nur dann als selbständig bewertungsfähige Wirtschaftsgüter zu erfassen, wenn sie als geldwerte Realität in Erscheinung treten. Dies ist der Fall, wenn eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist:
a) Die selbständige Bewertungsfähigkeit wird durch die allgemeine Verkehrsanschauung anerkannt;
b) das immaterielle Wirtschaftsgut wurde entgeltlich erworben;
c) die selbständige Bewertungsfähigkeit wird durch Aufwendungen anerkannt, die auf das zu bewertende immaterielle Wirtschaftsgut gemacht worden sind
(vgl. Entscheidung des RFH III A 84/28 vom 28. Februar 1930, a. a. O., Entscheidung des BFH III 65/62 U vom 27. Juli 1962, BFH 75, 460, BStBl III 1962, 436). Aufwendungen, die zur Anerkennung eines immateriellen Wertes als selbständig bewertungsfähiges Wirtschaftsgut führen, müssen nicht vom Betriebsinhaber selbst bewirkt worden sein, sondern es kann sich auch um Aufwendungen anderer Personen handeln (vgl. Entscheidung des RFH III A 313/34 vom 25. Oktober 1934, RStBl 1935, 25). Der erkennende Senat hat deshalb entschieden, daß im Falle der Verpachtung einer Apotheke beim Verpächter ein Firmenwert anzusetzen sein kann, wenn sich aus der Höhe des Pachtzinses eindeutig ergibt, daß die Pachtzahlungen zum Teil auch als Vergütungen dafür geleistet werden, daß der Geschäftswert mit überlassen wird (BFH-Entscheidung III 65/62 U, a. a. O., und BFH-Entscheidung III R 15/67 vom 28. August 1968, BFH 93, 486, BStBl II 1969, 2). Maßgebend für diese Entscheidung war die Erwägung, daß in diesen Fällen durch die Pachtzahlung der Geschäftswert in gleicher Weise in Erscheinung tritt und anerkannt wird wie bei einer Veräußerung durch einmalige Zahlung. Das FG hat damit zutreffend die Einholung eines Gutachtens der Industrie- und Handelskammer abgelehnt, da schon in den Lizenzzahlungen an die Revisionsklägerin die Konkretisierung eines immateriellen Wertes zu einem bewertungsfähigen immateriellen Wirtschaftsgut liegt. Auf die allgemeine Verkehrsanschauung kommt es deshalb im vorliegenden Fall nicht an.
2. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden ist, zahlt die inländische Lizenznehmerin die Vergütungen an die Revisionsklägerin dafür, daß ihr diese Verfahren und Formeln mitgeteilt und ihr gestattet hat, die nach diesen Herstellungsmethoden erzeugten Produkte unter ihren eingeführten Warenzeichen in den Verkehr zu bringen.
a) Der Senat ist der Auffassung, daß Warenzeichen unter denselben Voraussetzungen als selbständig bewertungsfähige Wirtschaftsgüter behandelt werden müssen wie alle übrigen immateriellen Werte. Danach ist ein Warenzeichen, für dessen Benutzung laufende wiederkehrende Zahlungen geleistet werden, ein selbständig bewertungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut des Inhabers des Zeichens.
Das Warenzeichen ist seiner Rechtsnatur nach ein dem Unternehmen zugeordnetes Vermögensrecht (BGHZ 32, 103). Ein Warenzeichen, das sich im Verkehr durchgesetzt hat, wird als ein unabhängig von der Kennzeichnungsfunktion zu schützendes immaterielles Gut betrachtet (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 10. Auflage, Bd. II, Einleitung Warenzeichengesetz, Anm. 14). Die rechtlich geschützte Funktion des Warenzeichens ist zwar nur die Herkunftsfunktion (BGHZ 42, 151 und Baumbach-Hefermehl, a. a. O., Anm. 6). Im Wirtschaftsverkehr kann das Warenzeichen jedoch vielfältige Wirkungen haben. Neben der rechtlich geschützten Herkunftsfunktion kann es Unterscheidungs-, Garantie-, Werbe-, Monopolisierungs- und Schutzfunktion haben (Baumbach-Hefermehl, a. a. O., Anm. 5). Aus der Tatsache, daß für die Benutzung eines Warenzeichens laufende wiederkehrende Zahlungen geleistet werden, ergibt sich, daß sich dieses Zeichen über die rechtlich geschützte Herkunftsfunktion hinaus im Wirtschaftsleben durchgesetzt hat.
Der Aussagegehalt der Herkunftsfunktion eines Warenzeichens besteht darin, die Ware des Zeicheninhabers von gleichen oder gleichartigen Waren anderer Herkunft zu unterscheiden (§ 1 WZG). Diese Individualisierung bedeutet jedoch nicht und setzt auch nicht voraus, daß der Abnehmer der Waren aus dem Warenzeichen erkennen kann, aus welchem Geschäftsbetrieb die Ware stammt. Das Warenzeichen weist nur darauf hin, daß die gekennzeichnete Ware aus einem bestimmten Betrieb kommt. Es verbürgt damit regelmäßig nur die Gleichmäßigkeit der Herkunftsstätte (BGHZ 8, 202), d. h. dem Käufer einer gekennzeichneten Ware wird die Vorstellung vermittelt, daß die mit einem übereinstimmenden Zeichen gekennzeichnete Ware aus demselben Betrieb stammt, und daß der Inhaber dieses Betriebs durch die Kennzeichnung hinter seiner Ware steht und sich zu ihr bekennt.
Der Revisionsklägerin ist darin zuzustimmen, daß die Herkunftsfunktion des Warenzeichens es erfordert, eine isolierte Übertragung auszuschließen. Nach § 8 WZG ist deshalb eine Übertragung des Warenzeichens ohne den Geschäftsbetrieb oder den Teil des Geschäftsbetriebs, zu dem das Zeichen gehört, unwirksam. Trotzdem ist die Lizenzierung von Warenzeichen im Wirtschaftsleben durchaus üblich. Eine "Warenzeichenlizenz" ist nach herrschender Meinung allerdings nur mit schuldrechtlicher Wirkung möglich. Die Rechtsnatur der Warenzeichenlizenz erschöpft sich darin, daß der Zeicheninhaber gegenüber dem Zeichenbenutzer die Benutzung dulden muß (Baumbach-Hefermehl, a. a. O., Anhang zu § 8 WZG, Anm. 2, 4 und 8), d. h. er überläßt dem Lizenznehmer das Warenzeichen dadurch, daß er ihm gegenüber seine Abwehrrechte gegen die Benutzung des Zeichens nicht ausübt. Daraus ergibt sich, wie auch der Entscheidungsfall zeigt, daß das Wirtschaftsleben trotz der Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit für ein Warenzeichen Wege gefunden hat, die Benutzung des Zeichens einem Dritten zu überlassen, der damit im Verhältnis zum Zeicheninhaber je nach Vereinbarung unter Umständen nach freiem Belieben verfahren kann. Er kann damit Waren des Zeicheninhabers kennzeichnen oder Waren, die er nach einem Verfahren des Zeicheninhabers herstellt; er kann aber auch, wenn eine entsprechende Vereinbarung besteht, seine eigene Ware damit kennzeichnen. Selbst wenn eine derartige Vereinbarung im Einzelfall bürgerlich-rechtlich nichtig sein sollte, so müßte sie gemäß § 5 StAnpG der Besteuerung insoweit und solange zugrunde gelegt werden, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts eintreten und bestehen lassen.
Der RFH hat mit Urteil III A 1195/30 vom 15. Oktober 1931, a. a. O., entschieden, Rechte seien nicht ohne weiteres bewertungsfähige Gegenstände, sie seien es vielmehr nur dann, wenn hinter ihnen verkehrsfähige Wirtschaftsgüter stehen. Dem stimmt der Senat zu. Für das Warenzeichen, das der Zeicheninhaber benutzt, hat der RFH unter Hinweis auf sein Urteil III A 84/28 (a. a. O.) die selbständige Bewertungsfähigkeit verneint, weil es an einer dahingehenden allgemeinen Verkehrsauffassung fehle. Im Entscheidungsfall wird das Zeichen nicht oder nicht nur durch die Revisionsklägerin selbst, sondern durch einen Dritten gegen laufende Zahlungen benutzt. In einem solchen Fall wird ein Warenzeichen durch Aufwendungen, die für die wirtschaftliche Nutzung des Zeichens erbracht werden, als selbständig bewertungsfähig anerkannt, ohne daß es einer allgemeinen Verkehrsauffassung bedürfte, daß Warenzeichen bewertungsfähige Wirtschaftsgüter sind.
b) Auch soweit die Lizenzzahlungen für die mitgeteilten Verfahren, Formeln und Herstellungsmethoden erfolgen, liegt ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut vor. Im internationalen Geschäftsverkehr hat sich für derartige Verträge die Bezeichnung Know-how-Verträge eingebürgert. Unter dem Know-how versteht man ein nicht geschütztes Spezialwissen über technische Erfahrungen, das im allgemeinen auf dem Wege praktischer Erprobung gewonnen und durch praktische Beratung einem anderen zur Verfügung gestellt werden kann (Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz- und Know-how-Verträge, Köln 1964, S. 20; vgl. auch § 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen). Das Know-how steht damit seiner rechtlichen Qualität nach im Range unter dem Urheberrecht oder der Erfindung im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 5 BewG. Ein bewertungsfähiges Know-how ist jedoch für die Vermögensbesteuerung wie eine nicht geschützte Erfindung zu behandeln.
Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, daß die Lizenzzahlungen auch für Dienstleistungen der Revisionsklägerin erfolgen. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, daß die Lizenzzahlungen zum Teil für Dienstleistungen der Revisionsklägerin erfolgen würden. Damit werden die Zahlungen an die Revisionsklägerin in voller Höhe für die Überlassung immaterieller Werte (Warenzeichen, Verfahren, Formeln und Herstellungsmethoden) geleistet, die dadurch als bewertungsfähige Wirtschaftsgüter anerkannt werden.
III.
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß Wirtschaftsgüter des Inlandsvermögens mit dem allgemeinen Bewertungsmaßstab des BewG, dem gemeinen Wert, zu bewerten sind. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 1 i. V. mit § 77 BewG. Der Teilwert ist nur Bewertungsmaßstab für Wirtschaftsgüter, die zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehören, das der Einheitsbewertung unterliegt. Die Wirtschaftsgüter des Inlandsvermögens sind im zweiten Abschnitt des zweiten Teils des BewG geregelt; auf sie ist deshalb nicht der Teilwert als Bewertungsmaßstab anzuwenden.
2. Bei immateriellen Wirtschaftsgütern, deren Bewertungsfähigkeit sich daraus ergibt, daß sie durch laufende wiederkehrende Aufwendungen Dritter als selbständige Wirtschaftsgüter anerkannt werden, läßt sich der gemeine Wert nicht wie es § 10 Abs. 2 BewG vorsieht, unmittelbar aus einem Veräußerungspreis ableiten, sondern nur auf Grund von Ertragswertüberlegungen über die Kapitalisierung des Reinertrags ermitteln. Dabei ist zunächst zu beachten, daß die Lizenzeinnahmen der Revisionsklägerin Roherträge sind, die um die Unkosten gekürzt werden müssen. Das FG hat dem FA folgend den durchschnittlichen Jahresertrag zur Berücksichtigung der Unkosten um 15 v. H. ermäßigt. Insoweit handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, gegen die Revisionsgründe nicht vorgebracht wurden.
Der Senat stimmt dem FG darin zu, daß die für die Kapitalisierung anzusetzende Laufzeit nicht durch die Dauer des Lizenzvertrags bestimmt wird. Denn zu ermitteln ist nicht der Kapitalwert wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen, sondern der gemeine Wert der Warenzeichen und des Know-how, also des Vermögens, das diese Erträge erbringt. Aus diesem Grund kann auch nicht ohne weiteres auf die Vervielfacher des § 15 BewG zurückgegriffen werden, weil ihnen eine Verzinsung von 5,5 v. H. zugrunde liegt, während hier unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verzinsung Rückschlüsse auf den gemeinen Wert gezogen werden müssen (vgl. auch BFH-Entscheidung III 410/58 U vom 21. Juni 1963, BFH 77, 273, BStBl III 1963, 420). Der Wert immaterieller Wirtschaftsgüter wird sich in aller Regel ganz wesentlich höher verzinsen als es dem vom BewG unterstellten Zinssatz von 5,5 v. H. entspricht. Daraus folgt, daß zur Ermittlung des gemeinen Werts auf der Grundlage von Reinertragserwägungen regelmäßig wesentlich geringere Vervielfacher anzuwenden sind als die des § 15 BewG oder der Hilfstafel 2 zu § 15 Abs. 1 BewG; denn das Produkt aus Zinssatz X Vervielfacher muß jeweils das dem gemeinen Wert entsprechende Kapital, also 100 (v. H.) ergeben. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben.
IV.
1. Die Sache ist spruchreif. Bei Wirtschaftsgütern, deren wirtschaftliche Nutzungsdauer in der Zukunft sowohl für den Inhaber des Wirtschaftsguts als auch für den Nutzungsberechtigten schwer zu überschauen ist, erscheint es dem Senat angemessen, für die Ermittlung des gemeinen Werts auf der Grundlage von Ertragswertüberlegungen in der Regel von einer dreijährigen Laufzeit auszugehen. Dies gilt im vorliegenden Fall auch für die Warenzeichen; deren Wert ist mit den auf dem Knowhow beruhenden Produkten derart verbunden, daß für ihre Bewertung keine längere Laufzeit angenommen werden kann als für die Bewertung des Know-how selbst. Der gemeine Wert stellt sich damit als Barwert einer nachschüssigen Rente von dreijähriger Laufzeit und dementsprechend einer fiktiven Verzinsung von rd. 33 v. H. dar. Er wird durch Anwendung des nach der Rentenformel (vgl. Kosiol, Finanzmathematik, 9. Auflage, S. 65) errechneten Faktors von rd. 1,75 auf den Jahreswert ermittelt. Der Jahreswert ist in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 3 BewG der nach den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunkts in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich zu erzielende Betrag.
2. Die Revisionsklägerin wendet ein, durch die vorgenommene Bewertung seien nicht nur die Methoden, Verfahren und Formeln nach den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunkts erfaßt worden, sondern auch zukünftige Verbesserungen, die es erst ermöglichten, den Lizenzvertrag weiterhin durchzuführen. Dieser Einwand wird bei der vorstehend dargestellten Bewertung dadurch ausgeräumt, daß nur von einer Laufzeit von drei Jahren und einer hohen fiktiven Verzinsung für die Berechnung des Vervielfachers ausgegangen wird. Selbst wenn man berücksichtigt, daß die der inländischen Lizenznehmerin mitgeteilten und überlassenen Herstellungsmethoden laufend verbessert werden, kann bei der kurzen Laufzeit und der angenommenen Höhe der Verzinsung davon ausgegangen werden, daß der aufgrund der Verhältnisse im Veranlagungszeitpunkt ermittelte Wert zumindest an diesem Veranlagungszeitpunkt noch besteht, und zwar selbst dann, wenn schon in dem mit dem Veranlagungszeitpunkt beginnenden Jahr Verbesserungen durchgeführt werden sollten. Bei einer erheblichen Wertveränderung wäre aber schon zum nächsten Veranlagungszeitpunkt eine Neuveranlagung möglich. Der Senat sieht somit keine Verletzung des Stichtagsprinzips darin, daß die Erträge vor dem Veranlagungszeitpunkt trotz der laufenden zukünftigen Verbesserung der Herstellungsmethoden ungekürzt für die Beurteilung der Ertragsaussichten der folgenden Jahre zugrunde gelegt worden sind.
3. Das FG hat festgestellt, daß aufgrund der Erträge in den drei Jahren vor dem Veranlagungszeitpunkt nach den Verhältnissen vom 1. Januar 1963 in Zukunft im Durchschnitt der Jahre mit Reineinnahmen aus der Lizenzierung in Höhe von rd. 363 000 DM gerechnet werden kann. Gegen diese Feststellung wurden zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht. Bei Anwendung des Faktors 1,75 ergibt sich ein gemeiner Wert der Warenzeichen und des Know-how von 635 250 DM.
Fundstellen
Haufe-Index 68952 |
BStBl II 1970, 369 |
BFHE 1970, 273 |