Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Der Beginn der Verjährung der KGA richtet sich ausschließlich nach § 203 Abs. 3 LAG.
Normenkette
LAG § 203 Abs. 3; AO § 145 Abs. 1
Tatbestand
Die Betriebe der Bf. waren auf Antrag für die KGA gemäß § 169 Abs. 1 LAG zu einem einheitlichen Betrieb zusammengefaßt und durch vorläufigen Bescheid vom 31. Juli 1954 zu einer KGA von 0 DM veranlagt worden. Mit Verfügung vom 22. Oktober 1956 hatte das Finanzamt die vorläufige Veranlagung für endgültig erklärt.
Im Jahre 1962 stellte der Bundesrechnungshof fest, daß bei der KGA-Veranlagung Schuldnergewinne der Bf. aus Steuerschulden nicht erfaßt worden waren und ordnete an, die Veranlagung nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO zu berichtigen.
Daraufhin erließ das Finanzamt am 14. Dezember 1962 gegen die Bf. gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO berichtigte "Feststellungsbescheide für den einzelnen Betrieb bei Zusammenfassung mehrerer Betriebe" und einen gemäß §§ 218 Abs. 4 AO und 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO berichtigten Bescheid über die KGA. Von einer Nacherhebung der Leistungen für die Zeit vom 10. Juli 1952 bis 31. Dezember 1956 sah das Finanzamt wegen Verjährung ab.
Die Bf. wandten ein, der KGA-Anspruch sei in vollem Umfang verjährt, eine Berichtigung der ursprünglichen Veranlagung daher unzulässig.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Mit der Rb. bringen die Bf. vor, es sei unzulässig, in Raten zu entrichtende Abgabebeträge durch einen Berichtigungsbescheid noch für eine zurückliegende Zeit nachzufordern. Ein solches Vorgehen der Finanzverwaltung widerspreche der Achtung vor der Rechtskraft des Steuerbescheides und den Grundsätzen von Treu und Glauben. Auch habe der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung betont, daß es nicht möglich sei, durch einen Wertfortschreibungsbescheid mit rückwirkender Kraft Fehler zu beseitigen. Dieser Grundsatz müsse auch auf den gleichartigen Fall einer Berichtigung der KGA Anwendung finden. Die Vierteljahrsbeträge hätten daher auf jeden Fall erst vom 1. Januar 1963 an erhoben werden dürfen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Das Finanzamt hat die Berichtigung der angefochtenen Bescheide auf § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO gestützt. Nach dieser Vorschrift kann ein Steuerbescheid berichtigt werden, wenn bei einer Nachprüfung durch die Aufsichtsbehörde Fehler aufgedeckt werden, deren Berichtigung eine höhere Veranlagung rechtfertigt und die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Abänderung der ergangenen Bescheide waren im Streitfall erfüllt. Insbesondere haben Finanzamt und Finanzgericht zutreffend angenommen, daß die nach dem 1. Januar 1957 fällig gewordenen Vierteljahrsbeträge noch nicht verjährt seien.
Der Bundesfinanzhof hat im Urteil III 265/60 S vom 14. Dezember 1962 (BStBl 1963 III S. 169, Slg. Bd. 76 S. 467) ausgesprochen, daß sich die Verjährung der Vermögensabgabe ausschließlich nach § 203 Abs. 3 LAG richtet. In dem Urteil III 355/61 U vom 26. Juni 1964 (BStBl 1964 III S. 512) hat er entschieden, daß es neben der Verjährung der Zins- und Tilgungsleistungen auf die HGA, die sich nach § 203 Abs. 3 LAG richtet, die Verjährung eines Abgabeanspruchs nicht gibt. Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die KGA. Auch deren Verjährung richtet sich ausschließlich nach § 203 Abs. 3 LAG mit der Folge, daß dafür nur die Vierteljahrsbeträge vom Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Fälligkeit an in Frage kommen, nicht aber daneben auch ein besonderer KGA-Anspruch. Dies ergibt sich, wie der Senat bereits in dem letztgenannten Urteil ausgeführt hat, aus den in § 203 Abs. 3 LAG enthaltenen Worten "abweichend von § 145 Abs. 1 AO". Diese Worte können nur bedeuten, daß die Regelung der Verjährung in § 203 Abs. 3 LAG an die Stelle der in § 145 Abs. 1 AO enthaltenen Regelung treten soll. Die gegenteilige Auffassung, daß nämlich § 203 Abs. 3 LAG nur die Verjährung der Zins- und Tilgungsleistungen betreffe, die Verjährung des Abgabeanspruchs als solchen aber unberührt lasse, ist zudem schon deshalb nicht haltbar, weil dann für die Anwendung des § 203 Abs. 3 LAG kein Raum bliebe; denn Fälle, in denen der Beginn der Verjährung der Vierteljahrsbeträge gemäß § 203 Abs. 3 LAG eingetreten wäre, ohne daß gleichzeitig oder vorher gemäß § 145 Abs. 1 AO die Verjährung des Abgabeanspruchs begonnen hätte, sind nicht denkbar.
Im Streitfalle wurde durch den berichtigten KGA-Bescheid vom 14. Dezember 1962 die Verjährungsfrist von fünf Jahren für die nach dem 1. Januar 1957 fällig gewordenen Vierteljahrsbeträge unterbrochen (§§ 144, 147 AO). Die Bf. sind daher insoweit zu Recht zur KGA herangezogen worden.
Der Einwand der Bf., die Abgabeleistungen hätten erst vom Zeitpunkt der Berichtigung an erhoben werden dürfen, findet im Gesetz keine Stütze. Dieser Auffassung steht der eindeutige Wortlaut des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO entgegen, wonach eine Berichtigung erfolgen kann, soweit die Verjährungsfrist für die nachgeforderten Steuern noch nicht abgelaufen ist. Die Berichtigung eines Steuerbescheides wirkt daher im Rahmen der durch die Verjährung gezogenen Grenzen grundsätzlich zurück. Sie unterscheidet sich damit von der "Fortschreibung" von Einheitswerten, die gemäß § 22 des Bewertungsgesetzes auf einen anderen als den Feststellungszeitpunkt vorgenommen wird (vgl. dazu Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Anm. 5, 6 und 19 zu § 22 des Bewertungsgesetzes).
Schließlich können sich die Bf. auch nicht auf den Rechtskraftgedanken und den Grundsatz von Treu und Glauben berufen. § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO ist eine gesetzliche Vorschrift, die eine Durchbrechung der Rechtskraft von Steuerbescheiden ausdrücklich zuläßt. Auch verstößt ein Finanzamt, das entsprechend dem in dieser Vorschrift enthaltenen gesetzlichen Gebot eine Berichtigung vornimmt, allein deshalb noch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Fundstellen
Haufe-Index 411343 |
BStBl III 1964, 586 |
BFHE 1965, 312 |
BFHE 80, 312 |