Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis
Leitsatz (NV)
Die Klage auf Verpflichtung zur Umsatzsteuerveranlagung einer GbR kann grundsätzlich nur von allen Gesellschaftern der GbR erhoben werden. Der einzelne Gesellschafter kann nur dann seine (des Gesellschafters) Veranlagung zur Umsatzsteuer (der Gesellschaft) verlangen, wenn er schlüssig geltend macht, Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft zu sein.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beabsichtigte Anfang 1991 zusammen mit Frau H eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu gründen. Gesellschaftszweck sollte die Herstellung von Fotosätzen im Laserbelichtungsverfahren sein. Der Kläger und Frau H beauftragten am 22. April 1991 den Prozeßbevollmächtigten des Klägers, einen Gesellschaftsvertrag zu entwerfen. Der Entwurf wurde Frau H zur Durchsicht und Unterschrift übersandt. Am 22. Juli 1991 lehnte Frau H die Unterzeichnung des Vertrags ab. Der Kläger hatte bis zu diesem Zeitpunkt im Einverständnis und mit Vollmacht von Frau H diverse Geräte für die Gesellschaft angeschafft. Die Lieferer erteilten über den Bezug der Geräte im Zeitraum Mai bis Juli 1991 Rechnungen an die GbR als Leistungsempfänger, wobei Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 17 470 DM ausgewiesen wurden. Ausgangsumsätze sind von der GbR nicht ausgeführt worden.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 10. Mai 1993 dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) die genannten Rechnungen sowie eine auf die GbR lautende Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1991 vor, die einen Überschuß in Höhe der genannten Vorsteuerbeträge auswies. Das FA lehnte es mit Bescheid vom 25. Oktober 1993 ab, eine Umsatzsteuerveranlagung der GbR für das Jahr 1991 durchzuführen.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab. Zur Begründung führte es aus, das FA habe zu Recht eine Umsatzsteuerveranlagung der GbR abgelehnt. Die geplante GbR sei nicht entstanden, da dies nach dem Willen der potentiellen Gesellschafter erst mit der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags habe geschehen sollen. Die in Gründung befindliche GbR habe unstreitig keine Umsätze i. S. des §1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991) ausgeführt. Der Kläger könne die Umsatzsteuerveranlagung auch nicht als Rechtsnachfolger der -- nicht entstandenen -- GbR begehren. Denn Nachfolge im Recht setze das Begründen und Bestehen eines Rechts -- hier der GbR -- voraus.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts, insbesondere Verletzung des §15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und §2 Abs. 1 UStG 1991. Zur Begründung führt er aus, nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94 INZO (Slg. 1996-I, 857, Deutsches Steuerrecht 1996, 419) dürfe die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht mehr vom Bewirken steuerbarer und steuerpflichtiger Umsätze abhängig gemacht werden.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und des Ablehnungsbescheids das FA zu verpflichten, ihn -- den Kläger -- nach Maßgabe der eingereichten Umsatzsteuererlärung zur Umsatzsteuer für das Jahr 1991 zu veranlagen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet, sie wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage unzulässig ist (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Das FG hat die Klage in dem mit der Revision angefochtenen Urteil im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zwar hätte es die Klage als unzulässig abweisen müssen. Das angefochtene Urteil ist trotz dieses Rechtsfehlers nicht aufzuheben, weil der Tenor des Urteils zutreffend ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. April 1988 I R 67/84, BFHE 154, 5, BStBl II 1988, 927).
1. Durch Klage kann u. a. die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden (§40 Abs. 1 FGO). Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein (§40 Abs. 2 FGO). Der Kläger muß dazu die Rechtsverletzung schlüssig vorbringen (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1987 I R 275/83, BFHE 152, 138, BStBl II 1988, 292, m. w. N.). Erforderlich sind präzise Behauptungen des Klägers, welche die Annahme rechtfertigen, daß eine Verletzung seiner Rechte vorliegt (vgl. BFH-Beschluß vom 26. November 1979 GrS 1/78, BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99 unter C. II. 3.).
2. Die Klage genügt den vorgenannten Anforderungen nicht.
a) Die Klage auf Verpflichtung zur Umsatzsteuerveranlagung einer GbR kann grundsätzlich nur von allen Gesellschaftern der GbR erhoben werden (vgl. für eine Anfechtungsklage BFH-Urteil vom 8. November 1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256, sowie die BFH-Beschlüsse vom 5. März 1996 XI B 154/95, BFH/NV 1996, 690, und vom 31. Oktober 1991 V B 194/91, BFH/NV 1992, 402). Der einzelne Gesellschafter kann nur dann seine (des Gesellschafters) Veranlagung zur Umsatzsteuer (der Gesellschaft) verlangen, wenn er schlüssig geltend macht, Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft zu sein.
b) Im Streitfall hat der Kläger nicht schlüssig geltend gemacht, Gesamtrechtsnachfolger einer GbR geworden zu sein. Denn nach dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers für die mündliche Verhandlung ist die "als zweigliedrig geplante GbR" zivilrechtlich nicht zustandegekommen. Sie hat nach den Ausführungen des Klägers "mit Ausnahme ihrer gedachten Existenz als Steuersubjekt für den streitbefangenen Steueranspruch nie bestanden". Die zivilrechtliche Begründung einer GbR ist aber Voraussetzung für die umsatzsteuerrechtliche Rechtsfähigkeit einer ansonsten nichtrechtsfähigen Personengesellschaft. Eine nur geplante, aber nie gegründete GbR kann nicht Unternehmer im Sinn des Umsatzsteuergesetzes sein.
Fundstellen