Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug der ,,Disagio"-Aufwendungen des Wohnungserwerbers
Leitsatz (NV)
Die Aufwendungen des Erwerbers einer Eigentumswohnung für ein zuzüglich zum Kaufpreis, länger als einen Monat vor Auszahlung der Darlehenssumme geleistetes ,,Disagio", das dem Veräußerer erwachsen ist, gehört nicht zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.
Normenkette
EStG §§ 21, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die A-GmbH (A) hat in einem Komplex eine Vielzahl von Eigenheimen errichtet. Zur Finanzierung hatte sie 1973 u.a. von der B-Bank ein Globaldarlehen in Form eines Schuldscheindarlehens in Höhe von . . . DM aufgenommen, und zwar zu einem Zinssatz von jährlich 7 v. H. bei einem Auszahlungskurs von 92 v. H.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben durch notariellen Kaufvertrag vom 6. Mai 1974 von der A ein noch zu errichtendes Eigenheim. Der Kaufpreis betrug . . . DM (§ 2 Nr. 1 des Vertrages). Im Kaufvertrag war weiter vereinbart:
,,Der Käufer hat an die A zur Weiterleitung an die B-Bank zuzüglich zum Kaufpreis das Disagio in Höhe von 7 760 DM für die von der A beschafften Hypothekenmittel zu zahlen. Der auf dieser Basis errechnete Betrag ist bis zur Auflassung zu zahlen oder zu erstatten."
Im Vertrag heißt es ferner:
,,Der Käufer tritt seine Ansprüche gegen die geldgebenden Stellen auf Auszahlung der Darlehensvaluten bereits jetzt unwiderruflich an die A ab. Er weist alle Kreditgeber bereits jetzt unwiderruflich an, die Darlehensvaluten aus der Fremdfinanzierung für das vorbezeichnete Bauvorhaben nur an die A unmittelbar zu zahlen."
Ferner erteilten die Kläger der A u.a. die Vollmacht, alle zur Finanzierung des Kaufpreises gemäß § 2 Nr. 2 erforderlichen Maßnahmen für sie durchzuführen, insbesondere Darlehensverträge abzuschließen, Darlehensvaluten entgegenzunehmen und über sie zur Durchführung des Bauvorhabens zu verfügen.
Vor dem Abschluß des Kaufvertrages hatten die Kläger am 19. April 1974 bei der B-Bank ein erststellig hypothekarisch zu sicherndes Darlehen angemeldet in Höhe von 97 000 DM. Als Finanzierungskosten war in der Übersicht über die Gesamtherstellungskosten u.a. ein Betrag von 7 760 DM enthalten. Nach Abschluß des Kaufvertrages teilte die B-Bank mit Schreiben vom 17. Mai 1974 den Klägern mit, daß sie bereit sei, der Beleihung des Grundstücks näherzutreten und stellte folgende Konditionen in Aussicht: Zinssatz 7 v. H., Tilgung 1 v. H. ab 1. Juli 1975 und Auszahlungskurs 92 v. H. Am 8. Juli 1974 überwiesen die Kläger entsprechend der Bestimmung im Kaufvertrag das Disagio von 8 v. H. in Höhe von 7 760 DM an die A. Am 28. August 1974 teilte die B-Bank den Klägern mit, daß sie den Darlehensantrag vom 27. August 1974 angenommen habe. Nach dem Darlehensvertrag erfolgte die Auszahlung des Darlehens durch Verrechnung mit dem Schuldscheindarlehenskonto. Das Haus wurde im September 1974 bezugsfertig. Mit Schreiben vom 6. November 1974 teilte die B-Bank der A mit, daß das die Kläger betreffende Konto abgerechnet werde per 1. Oktober 1974 durch Verrechnung mit dem Schuldscheindarlehenskonto und zwar in Höhe von 97 000 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ den Betrag von 7 760 DM bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zu.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruch statt. Es führte dazu aus: Das FA habe den Betrag von 7 760 DM zu Unrecht nicht als - vorab entstandene - sofort abziehbare Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt.
Der Betrag von 7 760 DM sei als ein von den Klägern als Darlehensnehmer über die A an ihren Darlehensgeber - die B-Bank - vor Bezugsfertigkeit gezahltes Damnum und damit als vorweggenommene Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehbar. Das FG war ferner der Auffassung, es handle sich bei der Vertragsgestaltung nicht um eine Steuerumgehung i. S. von § 6 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG).
Die Nichtzulassungsbeschwerde des FA führte zur Zulassung der Revision.
Das FA beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zu Unrecht hat die Vorinstanz die Aufwendungen in Höhe von 7 760 DM, die die Kläger zuzüglich zu dem vorläufig mit . . . DM bezifferten Kaufpreis zu leisten hatten, als sofort abziehbare Werbungskosten i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG beurteilt.
Der Senat läßt offen, ob die A den Betrag von 7 760 DM im eigenen Namen vereinnahmt hat oder ob die A den Betrag als Vertreterin der B-Bank zur Weiterleitung an diese Bank entgegengenommen hat.
Hat die A den Betrag im eigenen Namen vereinnahmt, so gehört der Erstattungsbetrag nicht zu den Finanzierungskosten der Erwerber - der Kläger - und damit nicht zu den sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 9 Abs. 1, § 21 EStG), sondern zu den Anschaffungskosten der Erwerber (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Februar 1981 VIII R 95/80, BFHE 133, 37, BStBl II 1981, 466, und vom 13. Dezember 1983 VIII R 173/83, BFHE 140, 440, BStBl II 1984, 428). Denn die Verpflichtung, ein der Veräußerin - der A - bei deren Darlehensaufnahme einbehaltenes Disagio zu erstatten, wäre in diesem Fall Teil des Kaufpreises.
Sollte die A den Betrag als Vertreterin der B-Bank zur Weiterleitung an diese Bank entgegengenommen haben und auch tatsächlich weitergeleitet haben, wäre das Damnum von den Klägern am 8. Juli 1974 und damit länger als einen Monat vor Auszahlung des Darlehenskapitals gezahlt worden; das Damnum durfte in diesem Fall wegen rechtsmißbräuchlicher Gestaltung i. S. von § 42 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht als Werbungskosten abgezogen werden (vgl. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1983 VIII R 64/83, BFHE 140, 437, BStBl II 1984, 426, und in BFHE 140, 440, BStBl II 1984, 428). Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Ausführungen in diesen Urteilen.
Die Kläger haben sich im Schriftsatz vom 8. Januar 1986 für die Richtigkeit ihrer Auffassung auf Zahlungen berufen, die sie im Jahre 1974 geleistet hätten. Der BFH ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, daß in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Dem Senat ist es demgemäß verwehrt, ohne daß zulässige und begründete Revisionsrügen vorliegen, dieses Vorbringen zu berücksichtigen.
Die Vorentscheidung, die von anderen rechtlichen Überlegungen ausgegangen und damit auch vom Urteil in BFHE 133, 37, BStBl II 1981, 466 abgewichen ist, war aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 61501 |
BFH/NV 1986, 280 |