Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliche Entschädigungsleistungen
Leitsatz (NV)
1. Keine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG ist
- die Erfüllungsleistung aus einem gegenseitigen Vertrag,
- die Gegenleistung für neu begründete Leistungspflichten.
2. Die Gegenleistung für einen Verzicht auf bestehende Ansprüche ist eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG, wenn der Steuerpflichtige unter einem nicht unerheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck verzichtet hat. Dies gilt unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 AO 1977 auch, wenn die Ansprüche rechtlich zweifelhaft gewesen sind.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1a
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war u.a. freier Erfinder. Er machte eine Reihe von Erfindungen, die als Patente, Gebrauchs- oder Geschmacksmuster geschützt wurden. Im Dezember 1971 schloß der Kläger mit der X-KG Linzenzverträge über die Verwertung solcher geschützten Erfindungen. Aufgrund der Lizenzverträge sollten dem Kläger u.a. lebenslang Ansprüche auf Lizenzzahlungen bzw. eine lebenslange Jahresrente zustehen. Die Einnahmen des Klägers aus diesen Lizenzverträgen, die sich jährlich auf ca. 440000 DM bis 470000 DM beliefen, stellten ca. 98 v.H. der Einnahmen des Erfinderbetriebs dar.
X wurde 1984 von der Firma Y übernommen, die ihrerseits kurz darauf von der Firma Z übernommen wurde. Y und Z lehnten ab 1985 Zahlungen aufgrund der Lizenzverträge insbesondere wegen Verstoßes gegen § 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ab. Der Kläger widersprach dem. Am 21./30. Januar 1987 schlossen daraufhin der Kläger und Z eine Vereinbarung. Danach sollten die in der Präambel der Vereinbarung genannten Lizenzverträge mit X beendet sein. Ansprüche wegen in der Vergangenheit geleisteter Zahlungen bzw. nicht geleisteter Zahlungen sollten wechselseitig nicht gestellt werden. Als Entschädigung für das Entfallen der Zahlungen aufgrund der Lizenzverträge verpflichtete sich Z, einmalig ... DM an den Kläger zu zahlen. Beide Parteien erklärten, daß mit dieser Regelung sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus den Lizenzverträgen mit X erledigt seien.
Am 30. Januar 1987 schloß der Kläger ferner mit der W-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger war, einen Vertrag, wonach der Kläger der W-GmbH alle ihm nach Abschluß des Vertrages mit Z verbliebenen Vermögenswerte des freiberuflichen Unternehmens verkaufte. In diesem Kaufvertrag war ferner vereinbart, daß der Kläger mit Abschluß des Vertrages über den Verkauf seines freiberuflichen Erfinderunternehmens seine Erfindertätigkeit vollständig einstelle. Der Kläger wurde verpflichtet, sich bis zum 1. Januar 1989 jeglicher diesbezüglicher kommerzieller Tätigkeit zu enthalten, soweit er nicht unmittelbar für die W-GmbH tätig wurde.
Den Antrag des Klägers, die von Z gezahlte Abfindung als steuerbegünstigten Gewinn nach § 34 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu behandeln, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab. Die Abfindung sei keine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1a EStG. Sie werde auch nicht von § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 EStG erfaßt, weil sie laufenden Gewinn darstelle. Den Gewinn aus der Veräußerung des Erfinderbetriebes behandelte das FA erklärungsgemäß als Veräußerungsgewinn.
Die Klage des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 339 veröffentlicht.
Der Kläger hat gegen das Urteil Revision eingelegt mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1987 vom 10. November 1988 in der Fassung des Änderugnsbescheids vom 8. November 1991 dahin zu ändern, daß auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... DM gemäß § 34 EStG die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes angewandt werde. Der Kläger rügt Verletzung materiellen Bundesrechts (§ 24 Nr. 1, § 34, § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 3 EStG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts (FG) und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen gemäß § 34 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 EStG u.a. Veräußerungsgewinne gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 3 EStG und Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht.
1. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Entschädigungen nach § 24 Nr. 1a EStG setzt voraus
- die Zahlung einer Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen
und,
- dem Zweck des § 34 EStG entsprechend, einen zusammengeballten Zufluß der Entschädigung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. September 1991 XI R 9/90, BFH/NV 1992, 102; vom 20. Juli 1988 I R 250/83, BFHE 154, 98, BStBl II 1988, 936).
Für die Frage, ob die von Z an den Kläger geleistete Zahlung die Tatbestandsvoraussetzung des § 24 Nr. 1a EStG erfüllt, ist entscheidend, wofür die ... DM bezahlt wurden. Die Zahlung kann der Begleichung rückständiger Lizenzgebühren dienen, Gegenleistung für (künftige) Leistungen des Klägers gegenüber Z sein oder der Abgeltung rechtlich ungeklärter Ansprüche dienen.
a) Sollten die ... DM (teilweise) der Bezahlung rückständiger Lizenzgebühren dienen oder sollten sie Gegenleistung für Leistungen des Klägers gegenüber Z sein, so sind sie keine Entschädigung für entgangene Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1a EStG.
Eine Entschädigung setzt begrifflich voraus, daß es sich um eine Ersatzleistung handelt. Sie darf nicht die vertraglich vereinbarte Erfüllungsleistung sein. Die Entschädigungsleistung muß aufgrund einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage geleistet werden (so ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. z.B. Urteile vom 9. Juli 1992 XI R 5/91, BFHE 168, 338, BStBl II 1993, 27 m.w.N.; vom 27. Februar 1991 XI R 8/87, BFHE 164, 243, BStBl II 1991, 703 m.w.N.; vom 27. November 1991 X R 10/91, BFH/NV 1992, 455 m.w.N.; vom 18. Dezember 1981 III R 133/78, BFHE 135, 66, BStBl II 1982, 305 m.w.N.; vom 16. April 1980 VI R 86/77, BFHE 130, 168, BStBl II 1980, 393). Sollte die Abfindung (teilweise) der Abgeltung der 1985 und 1986 entstandenen Ansprüche des Klägers dienen, so würde sie Erfüllung der Lizenzverträge darstellen. Die mögliche Rechtsunwirksamkeit der Lizenzverträge wäre steuerlich nach § 41 der Abgabenordnung (AO 1977) insoweit unbeachtlich.
Die Abfindung könnte aber auch Gegenleistung für neubegründete Vertragspflichten des Klägers sein. Aus der Rechtsprechung des BFH, wonach die Annahme einer Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 EStG eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage voraussetzt, darf nicht geschlossen werden, daß jede Leistung des Vertragspartners, die auf einem neuen Vertrag beruht, bereits eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 EStG ist. Es kann sich in solchen Fällen auch um Anschlußverträge oder um einen Vertrag handeln, der an die Stelle eines rechtsunwirksamen oder eines in seiner Rechtswirksamkeit zweifelhaften Vertrages tritt. Derartige Verträge, die Erfüllungspflichten, nicht aber Ersatzverpflichtungen begründen, unterscheiden sich von den nach § 24 Nr. 1 EStG erfaßten Abfindungsverträgen insbesondere dadurch, daß sie beiden Vertragspartnern für die Zukunft neubegründete Leistungspflichten auferlegen und eine Zahlung Gegenleistung für eine künftige Leistung des anderen Vertragspartners ist. Daß die Vereinbarung zwischen dem Kläger und Z diesen Zwecken dienen sollte, ist nicht ausgeschlossen. Für diese Möglichkeit spricht der eigene, bislang vom FG noch nicht berücksichtigte Vortrag des Klägers (vgl. Urteil S.10), daß er aufgrund seiner Verbindung zur Presse Negativwerbung für Z zu treiben beabsichtigte und daß er durch Vereinbarung vom 21./30. Januar 1987 Z die ungestörte Vermarktung seiner Erfindung überlassen habe. Auffallenderweise wurde auch die Vereinbarung vom 21./30. Januar 1987 nicht mit X, der Vertragspartnerin der Lizenzverträge, sondern mit Z geschlossen. Da der Vertrag vom 21./30. Januar 1987 den Kläger aber ausdrücklich zu keinen Leistungen (Unterlassen) an Z verpflichtete, ist dieser Widerspruch zwischen klägerischem Vortrag vor dem FG und Vertrag vom FG aufzuklären. Sollten die Feststellungen des FG ergeben, daß der Kläger Z die Nutzung seiner Schutzrechte überlassen hat gegen Zahlung von ... DM, ist diese Zahlung keine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 EStG. Sollte der Kläger an Z Schutzrechte verkauft haben, so kann ein ermäßigter Steuersatz wegen Betriebsaufgabe in Frage kommen (s. unten 2b).
b) Sollte die streitige Zahlung weder der Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen der X dienen noch Gegenleistung für neubegründete Vertragspflichten des Klägers gegenüber Z bzw. X sein, so kann sie Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1a EStG sein.
Entschädigungen können auch vorliegen, wenn diese in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem früher abgeschlossenen Vertrag stehen. Voraussetzung ist, daß sie auf einem neuen Rechts- und Billigkeitsgrund beruhen (s.o., ständige Rechtsprechung des BFH). Eine neue Rechtsgrundlage liegt insbesondere vor, wenn eine ursprünglich zwischen den Vertragspartnern geschlossene Vereinbarung durch schuldrechtliche Vereinbarung abgeändert wird (vgl. BFH in BFHE 168, 338, BStBl II 1993, 27; in BFHE 130, 168, BStBl II 1980, 393; Urteile vom 13. Februar 1987 VI R 168/83, BFH/NV 1987, 574; vom 20. Oktober 1978 VI R 107/77, BFHE 126, 408, BStBl II 1979, 176). Dies kann auch in der Form eines Vergleichs nach § 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) stattfinden (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 52. Aufl., § 779 Rdnr. 1). Ein durch Vergleich begründeter Zahlungsanspruch ist allerdings keine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 EStG, wenn der ursprüngliche Erfüllungsanspruch lediglich gekürzt, gestundet oder in seinen Zahlungsmodalitäten verändert wird (vgl. z.B. auch BFH-Urteile vom 25. März 1975 VIII R 183/73, BFHE 115, 472, BStBl II 1975, 634; in BFH/NV 1992, 455). Dieser kann aber seiner Natur nach ein Entschädigungsanspruch sein, wenn er durch einen Verzicht auf bestehende Ansprüche veranlaßt ist, der unter einem nicht unerheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck ausgesprochen wurde (vgl. BFH in BFHE 168, 338, BStBl II 1993, 27; in BFHE 130, 168, BStBl II 1980, 393; in BFH/NV 1987, 574). Sollte der Kläger auf fortbestehende Ansprüche auf Lizenzgebühren gegen Zahlung von ... DM - unter Druck - verzichtet haben, kann daher eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1a EStG vorliegen. Für diese Motivation beider Vertragsparteien spricht der Wortlaut der Vereinbarung vom 21./30. Januar 1987. Das gleiche gilt, wenn die vereinbarten Vergütungsansprüche dem Einwand der Rechtsunwirkamkeit des Vertrages ausgesetzt waren und - im Vergleichswege - die unsicheren Ansprüche entschädigt werden sollten. Nach der herrschenden, wenn auch nicht unbestritten gebliebenen Meinung, im Kartellrecht sind Zahlungsverpflichtungen grundsätzlich unwirksam, die über die Schutzdauer der gewerblichen Schutzrechte laufen sollen (vgl. z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 12. Februar 1980 KZR 7/79, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1980, 1338; vom 18. März 1955 I ZR 144/53, BGHZ 17, 41; Immenga/Mestmäcker, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Kommentar zum Kartellgesetz, 2. Aufl., § 20 Rdnr. 191; Westrick/Loewenheim, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 20 Anm. 17). Die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts ist nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 aber grundsätzlich für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Daraus folgt, daß die Lizenzgebühren steuerlich zu erfassen sind, solange sie von X - trotz abschließend ungeklärter Rechtslage - bezahlt werden und daß sie steuerlich entgehende Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1a EStG sein können. Damit kann eine Abfindung für diese im steuerlichen Sinne entgehenden Einnahmen Entschädigung sein, wenn die Vertragsparteien in einem von ihnen geschlossenen Vergleich die Rechtsgültigkeit bestehender Verträge unterstellen. Aufgrund der Sonderregelung in § 41 Abs. 1 AO 1977 kommt es daher nicht entscheidend darauf an, ob die Lizenzverträge tatsächlich zivilrechtlich wirksam waren. Sollte der Kläger die ... DM nicht für neubegründete Unterlassungsverpflichtungen (siehe oben) erhalten haben, so haben der Kläger und Z zwangsläufig bei Abschluß ihrer Vereinbarung die (mögliche) Rechtswirksamkeit der Lizenzverträge unterstellt, denn rechtsunwirksame Verträge werden nicht mit Abfndungen abgegolten.
Die Entscheidung des Senats steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des IV.Senats des BFH. Zwar vertritt der IV.Senat des BFH (vgl. Urteil vom 20. Juli 1978 IV R 43/74, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9; vgl. auch X.Senat in BFH/NV 1992, 455) die Auffassung, daß eine von § 24 Nr. 1a EStG erfaßte Entschädigung für entgangene Einnahmen einen außergewöhnlichen Vorgang voraussetzt, und daher Ersatz, der bei der Abwicklung bürgerlich-rechtlicher Verträge geleistet wird, grundsätzlich keine Entschädigung sein kann, wenn es sich - wie im Streitfall bei Lizenzverträgen eines Erfinderbetriebes - um Verträge handelt, die im laufenden Geschäftsverkehr geschlossen werden und den Gegenstand des Unternehmens betreffen. Der IV.Senat hat aber Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen, wenn es sich tatsächlich um außergewöhnliche Vorgänge handelt. Solche liegen nach der Rechtsprechung des IV.Senats vor, wenn der Steuerpflichtige von einem Außenstehenden an der Verwirklichung seines Gewinnstrebens durch Anwendung eines nicht unerheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Drucks dergestalt gehindert wurde, daß ohne Eingehen auf die Entschädigung dem Geschäftsbetrieb zumindest teilweise die Ertragsgrundlage entzogen worden wäre (vgl. Urteil vom 5. Oktober 1989 IV R 126/85, BFHE 158, 404, BStBl II 1990, 155). Damit deckt sich die Rechtsprechung des IV.Senats mit der Rechtsprechung der übrigen Senate, die zwar begrifflich Entschädigungen bejahen, aus den Begriffen entgangen bzw. entgehenden in § 24 Nr. 1a EStG aber ebenfalls ableiten, daß der Betroffene unter einem entsprechenden Druck gehandelt haben muß (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1992, 455; vom 10. März 1992 VIII R 66/89, BFHE 168, 517, BStBl II 1992, 1032; in BFHE 164, 243, BStBl II 1991, 703).
Zu der Frage, ob der Kläger unter einem erheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck die Vereinbarung vom 21./30. Januar 1987 abgeschlossen hat, sowie zur Frage der Zusammenballung von Einkünften hat das FG noch nicht die notwendigen Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein, sofern nach den aufgezeigten Grundsätzen davon auszugehen ist, daß der Kläger die ... DM nicht für Leistungen an Z erhalten hat.
2. Ebenfalls mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend zu entscheiden ist, ob die Zahlung der ... DM gemäß § 34 Abs. 1, 2 i.V.m. § 18 Abs. 3, § 16 EStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Möglichkeiten einer Betriebsveräußerung und einer Betriebsaufgabe.
a) Sollte der Kläger seinen gesamten Erfinderbetrieb unter Zurückbehalten des mit Z vereinbarten Abfindungsanspruchs als funktionell unwesentliche Betriebsgrundlage (vgl. hierzu Schmidt, Einkommensteuergesetz, 12. Aufl., § 16 Anm. 10 m.w.N.; BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 X R 52/90, BFHE 170, 363) an die W-GmbH übertragen haben, so kann zwar eine Betriebsveräußerung i.S. des § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 EStG vorliegen. § 16 EStG erfaßt aber nur die anläßlich der Veräußerung durch die Aufdeckung stiller Reserven entstandenen Gewinne. Einnahmen aus der Erfüllung oder Auflösung von laufenden Verträgen, die nicht durch die Betriebsveräußerung veranlaßt sind, d.h. tatsächlich oder wirtschaftlich nicht im Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, sind laufende Gewinne, die, wenn sie nicht unter § 24 Nr. 1 EStG fallen, dem regulären Steuersatz unterliegen (vgl. Schmidt, a.a.O., § 16 Anm. 54b m.w.N.; BFH-Urteil vom 7. April 1989 III R 9/87, BFHE 157, 355, BStBl II 1989, 874).
b) Die Zahlung der Z könnte allerdings im Rahmen einer Betriebsaufgabe nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 3 EStG geleistet worden sein, wenn der Kläger seine gewerblichen Schutzrechte nicht ausschließlich auf die W-GmbH, sondern das von X genutzte Patent o.ä. gegen Zahlung von ... DM an Z übertragen haben sollte. Gegen diese Sachverhaltsgestaltung spricht zwar der Wortlaut der Vereinbarung vom 21./30. Januar 1987. Auch der Vortrag des Klägers enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Andererseits wurde ausweislich des Kauf- und Übereignungsvertrages mit der W-GmbH z.B. das dem Lizenzvertrag mit X zugrunde liegende Patent Nr. ... nicht ausdrücklich auf die W-GmbH übertragen. Der W-GmbH wurde nur die nach Abschluß der Vereinbarung vom 21./30. Januar 1987 dem Erfinderbetrieb verbliebenen Vermögenswerte (vgl. Nrn. 3 und 4 des Kauf- und Übertragungsvertrages) übertragen, was dafür sprechen könnte, daß der Kläger außerhalb der vorgelegten Vereinbarung an Z gewerbliche Schutzrechte übertragen haben könnte. Dem könnte auch der klägerische Vortrag entsprechen, daß die Vereinbarung vom 21./ 30. Januar 1987 den Zweck gehabt habe, Z die ungestörte Vermarktung bestimmter gewerblicher Schutzrechte des Klägers zu ermöglichen. Andererseits bleibt zu berücksichtigen, daß der Kauf- und Übertragungsvertrag mit der W-GmbH in einer Art Generalklausel (Nr. 4e) auch die Übertragung von Rechten vorsieht, deren Inhaber der Kläger noch sein sollte. Auskunft über eine Patentübertragung kann die Patentrolle nach § 30 des Patentgesetzes geben. Das FG wird daher auch aus diesem Grund festzustellen haben, was eigentlich Gegenstand der Vereinbarung zwischen Kläger und Z war. Sollte das FG feststellen, daß Z gewerbliche Schutzrechte übertragen und nicht nur zur Nutzung überlassen wurden, so wird es auch Feststellungen zu treffen haben, ob der Kläger seine Erfindertätigkeit nach Veräußerung sämtlicher Vermögenswerte seines Erfinderbetriebes endgültig eingestellt hat. Entscheidend ist, daß die im ursprünglichen Erfinderbetrieb entfaltete Tätigkeit endete. Bezüglich einer evtl. Erfindertätigkeit des Klägers in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der W-GmbH wird auf BFHE 170, 363 hingewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 419325 |
BFH/NV 1994, 23 |