Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung der Rechtsstellung eines Kommanditisten zum unbeschränkt haftenden Gesellschafter führt nicht zur Umqualifizierung verrechenbarer in ausgleichsfähige Verluste
Leitsatz (amtlich)
Allein aufgrund der Umwandlung der Rechtsstellung eines Kommanditisten in diejenige eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters ist der für ihn bisher festgestellte verrechenbare Verlust (§ 15a Abs. 4 EStG) nicht in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 1-2, 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war bis einschließlich 1996 alleiniger Kommanditist der L-KG. Komplementärin war die ―weder am Vermögen noch an Gewinn und Verlust der L-KG beteiligte― L-GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Kläger war. Zum 31. Dezember 1996 belief sich der verrechenbare und nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) festgestellte Verlust des Klägers auf 721 061,79 DM.
Mit Wirkung ab 1. Januar 1997 wurde die Rechtsstellung des Klägers in diejenige eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters umgewandelt und die Gesellschaft als L-OHG geführt (identitätswahrender Rechtsformwechsel).
Mit Bescheiden vom 27. November 1998 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) zum einen den im Jahre 1997 (Streitjahr) erzielten Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft auf 126 997,68 DM fest und rechnete diesen in vollem Umfang dem Kläger zu. Hiervon entfielen 6 997,68 DM auf dessen Anteil am Gewinn der L-OHG sowie 120 000 DM auf Sondervergütungen (Geschäftsführervergütungen) i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Halbsatz 2 EStG. Zum anderen stellte das FA den verrechenbaren Verlust gemäß § 15a Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 1997 auf 714 064,11 DM fest (= 721 061,79 DM [§ 15a- Verlust zum 31. Dezember 1996] abzügl. 6 997,68 DM [Anteil am OHG-Gewinn 1997]). Dem Begehren der L-OHG, den verrechenbaren Verlust zum 31. Dezember 1996 (721 061,79 DM) aufgrund der Unternehmensumwandlung in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren und demgemäß von einem Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft in Höhe von - 594 064,11 DM auszugehen (= 126 997,68 DM abzügl. 721 061,79 DM), folgte das FA nicht.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt, weil der Kläger zivilrechtlich ab dem Jahre 1997 in vollem Umfang auch für die bis dahin begründeten Verbindlichkeiten hafte und somit auch in vollem Umfang wirtschaftlich belastet sei (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2002, 1035).
Mit der Revision beantragt das FA sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 7. April 2003 VIII R 38/02 (BFH/NV 2003, 916) die L-OHG gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren beigeladen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
I. Wie der Senat mit Beschluss in BFH/NV 2003, 916 (betr. die Beiladung der L-OHG) klargestellt hat, richtete sich die Klage nicht nur gegen die Gewinnfeststellung 1997 (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung ―AO 1977―), sondern zugleich auch gegen die Feststellung des verrechenbaren Verlusts des Klägers zum 31. Dezember 1997 gemäß § 15a Abs. 4 EStG. Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung dieses (gesonderten) Verwaltungsakts (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. Mai 1995 IV R 44/93, BFHE 177, 466, 470) ist deshalb auch darüber zu entscheiden, ob aufgrund der Umwandlung der Gesellschafterstellung des Klägers die zum 31. Dezember 1996 festgestellten verrechenbare Verluste in ausgleichsfähige Verluste umzuqualifizieren sind.
Soweit der Kläger erstmals im Revisionsverfahren vorträgt, dass mit dem geänderten Status als Gesellschafter der L-OHG seine unbeschränkte Haftung nach § 130 i.V.m. §§ 128, 129 des Handelsgesetzbuches (HGB) auch für die zuvor begründeten Verbindlichkeiten einhergehe (allgemeine Meinung; vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 20. Dezember 1956 II ZR 177/55, BGHZ 23, 17, 22; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost, Handelsgesetzbuch, Kommentar, Bd. 1, § 130 Rdnr. 5, m.w.N.) und somit ein rückwirkendes Ereignis eingetreten sei, das nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 die Aufhebung der Bescheide zur Feststellung der verrechenbaren Verluste für die Wirtschaftsjahre (Wj) bis einschließlich 1996 gebiete, kann dem bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht nachgegangen werden. Der Vortrag lässt außer Acht, dass die mit einem solchen Begehren verbundene Klageänderung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO im Revisionsverfahren ausgeschlossen ist (hier: neuer Streitgegenstand; vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 123 Rz. 2; zur materiell-rechtlichen Beurteilung vgl. nachfolgend Abschn. II.2. der Gründe).
II. Der Ansicht der Vorinstanz, der identitätswahrende Formwechsel der L-KG in die L-OHG sei mit der Umqualifikation der bis dahin nur verrechenbaren in ausgleichsfähige Verluste verbunden, kann sich der erkennende Senat nicht anschließen.
1. Dies ergibt sich allerdings nicht aus der Erwägung des FA, nach der bereits die Bestandskraft der Feststellung des verrechenbaren Verlusts zum 31. Dezember 1996 einer solchen "Verlustumwandlung" entgegenstehe. Zwar entfaltet ein Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG Bindungswirkung insofern, als für die Ermittlung des verrechenbaren Verlusts zum Ende des Folgejahres (z.B. Wj 02) von der Feststellung zum Ende des Vorjahres (z.B. Wj 01) auszugehen ist (§ 15a Abs. 4 Sätze 2 und 4 EStG). Hiervon unberührt bleibt jedoch zum einen die Veränderung des verrechenbaren Verlusts aufgrund der in § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ausdrücklich genannten Sachverhalte, also beispielsweise dann, wenn im Folgejahr weitere Verluste i.S. von § 15a Abs. 1 EStG den festzustellenden verrechenbaren Verlust erhöhen oder Beteiligungsgewinne nach § 15a Abs. 2 EStG mit dem auf das Ende des Vorjahres bindend festgestellten Verlust zu saldieren sind und diesen somit verringern. Zum anderen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass ―über den Wortlaut der genannten Bestimmungen hinaus― in Fällen der Liquidation einer Kommanditgesellschaft oder der Veräußerung des Kommanditanteils der im Rahmen des hierbei erzielten Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns/-verlusts nicht verrechnete Teilbetrag der Einlagen des Kommanditisten als ausgleichsfähiger Verlust anzuerkennen (BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 28/98, BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347, m.w.N.) und über die hierfür erforderliche Umqualifikation der bis dahin verrechenbaren Verluste im Feststellungsverfahren nach § 15a Abs. 4 EStG zu entscheiden ist (BFH-Beschluss vom 8. Mai 1995 III B 113/94, BFH/NV 1995, 971). Nichts anderes gilt im Streitfall; auch hier bedarf es mit anderen Worten im Rahmen des Verfahrens nach § 15a Abs. 4 EStG der materiell-rechtlichen Überprüfung, ob der im Streitjahr (1997) vollzogene (identitätswahrende) Formwechsel die Umwandlung des zum Ende des Wj 1996 (Vorjahres) festgestellten verrechenbaren Verlusts rechtfertigt.
2. Letzteres wird von einer Mindermeinung im Schrifttum (Söffing/Wrede, Finanz-Rundschau ―FR― 1980, 365, 373; Söffing in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 15a Anm. 35; Authenrieth in Steuerrecht und Gesellschaftsrecht als Gestaltungsaufgabe, Freundesgabe für F.J. Haas zur Vollendung des 70. Lebensjahres, 1996, 7, 12; Carlé/Carlé, FR 2001, 829; Kempf/Hillringhaus, Der Betrieb ―DB― 1996, 12, 13)zum Teil unter Hinweis darauf bejaht, dass mit dem Wechsel des Kommanditisten in die Stellung eines nach § 130 HGB unbeschränkt haftenden, d.h. nunmehr auch wirtschaftlich belasteten Gesellschafters (s. dazu vorstehend Abschn. I. der Gründe) der Regelungsbereich des § 15a Abs. 4 EStG verlassen werde und damit zugleich die gesetzliche Grundlage für eine fortdauernde Beschränkung der Verlustverwertung entfalle. Nur diese Beurteilung entspreche der allgemeinen Zielsetzung des § 15a EStG, die Verlustberücksichtigung an die zivilrechtliche Haftungslage des Gesellschafters anzugleichen; nur sie stehe zudem im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zum gewinnmindernden Ansatz von Einlagen des Kommanditisten bei Liquidation einer Kommanditgesellschaft (s. vorstehend Abschn. II.1.). Die in der Literatur herrschende Ansicht lehnt hingegen ―ebenso wie die Finanzverwaltung (R 138d Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Einkommensteuer-Richtlinien ―EStR― 2002)― eine Umqualifikation der verrechenbaren Verluste aufgrund des Statuswechsels des Gesellschafters ab; die Verluste seien aber mit Gewinnen aus der Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter zu saldieren (z.B. Schulze-Osterloh in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 15a EStG Anm. 202 a.E.; Bordewin/Söffing/Brandenberg, Verlustverrechnung bei negativem Kapitalkonto, 2. Aufl., 1986, Rz. 148; v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 15a Rdnr. C 373; Baldi in Frotscher, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 15a Rz. 246 f.; Heißenberg in Korn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 15a Rz. 106; Littmann in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 15a EStG Rz. 10, 10a; Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl., § 15a Rz. 183; Lüdemann, Verluste bei beschränkter Haftung, 1998, S. 159, Fn. 16, vgl. jedoch auch S. 285 f.; Biergans, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1981, 3, 11; ebenso FG Münster, Urteil vom 12. September 1989 XII 8678/88 F, EFG 1990, 112, rkr.). Diese Auffassung liegt erkennbar auch der Rechtsprechung des BFH zugrunde, nach der im Falle der unentgeltlichen Übertragung des Kommanditanteils auf den persönlich haftenden Gesellschafter einer zweigliedrigen KG diesem auch der für den Kommanditisten festgestellte verrechenbare Verlust mit der Fole zuzurechnen ist, dass die vom übernehmenden Gesellschafter als Einzelunternehmer erzielten Gewinne mit den übergegangenen verrechenbaren Verlusten nach § 15a Abs. 2 EStG zu saldieren sind (BFH-Urteile in BFHE 177, 466, 471; vom 10. März 1998 VIII R 76/96, BFHE 186, 50, BStBl II 1999, 269, 272).
3. Hieran ist auch nach erneuter Überprüfung der Streitfrage festzuhalten.
a) Auszugehen ist hierbei davon, dass § 15a EStG den Fall des Statuswechsels des Kommanditisten nicht anspricht, sondern Abs. 2 der Vorschrift in materiell-rechtlicher Hinsicht lediglich anordnet, dass Verluste, die aufgrund des Entstehens oder der Erhöhung eines negativen Kapitalkapitalkontos des "Kommanditisten" nach § 15a Abs. 1 nicht ausgeglichen oder abgezogen werden dürfen (verrechenbare Verluste), die Gewinne mindern, die dem "Kommanditisten" in späteren Wj aus seiner Beteilung an der "Kommanditgesellschaft" zuzurechnen sind. Ergänzend hierzu bestimmt § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG die jährliche gesonderte Feststellung der verrechenbaren Verluste "eines Kommanditisten".
b) Der Umstand, dass § 15a EStG zum Wechsel des Kommanditisten in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters keine Aussage trifft und ―nach den dem Senat zugänglichen Gesetzesmaterialien (vgl. insbesondere BTDrucks 8/3648; 8/4141)― auch der Gesetzgeber die Statusänderung des Kommanditisten nicht bedacht hat, begründet ―gemessen am Zweck der Vorschrift― eine (planwidrige) Regelungslücke des Gesetzes. Dieser ist zwar ―wie insbesondere die Anweisung zur Saldierung verrechenbarer Verluste (§ 15a Abs. 1 EStG) mit zukünftigen Gewinnen zeigt (§ 15a Abs. 2 EStG)― darauf gerichtet, die Verlustverwertung zu beschränken. Eine Weiterung dieser Rechtsfolge in dem Sinne, dass allein aufgrund der Übernahme der unbeschränkten gesellschaftsrechtlichen Haftung die Berücksichtigung der bisher als verrechenbar festgestellten Verluste insgesamt ―d.h. selbst dann, wenn der Gesellschafter z.B. durch Einlagen in das Gesamthandsvermögen oder Tilgung der Gläubigerforderungen für sie einzustehen hat― ausgeschlossen wäre, weil vom Wortlaut des § 15a EStG lediglich die Verlustnutzung durch einen beschränkt haftenden Gesellschafter (Kommanditist) erfasst werde, läge jedoch nicht nur außerhalb des Regelungsanliegens des § 15a EStG; sie wäre zudem mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―) nicht zu vereinbaren (zur Lückenfeststellung vgl. BFH-Urteile vom 26. Juni 2002 IV R 39/01, BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697; vom 12. Oktober 1999 VIII R 21/97, BFHE 190, 343, BStBl II 2000, 220, jeweils m.w.N.).
c) Das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zur Behandlung des Statuswechsels eines Kommanditisten führt indes ―entgegen der Mindermeinung im Schrifttum― nicht dazu, dass der Geltungsbereich des § 15a EStG verlassen wird und ―als zwangsläufige Folge des Wegfalls der bis dahin zu beachtenden Verlustverwertungsbeschränkungen― die verrechenbaren Verluste die Qualität ausgleichsfähiger Verluste erlangen. Vielmehr ist ―entsprechend den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen― die gesetzliche Regelungslücke im Wege der Rechtsfortbildung durch folgerichtiges "Zu-Ende-Denken" der Anordnungen des § 15a EStG, d.h. in Übereinstimmung mit den strukturellen (systematischen) Grundaussagen sowie den tragenden Grundwertungen der Vorschrift und deren Entstehungsgeschichte, zu schließen (vgl. hierzu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, 370 ff.; Woerner, Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft ―DStJG―, 1982, 23, 43 f.; Kruse/Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 4 AO 1977 Tz. 357; BFH-Urteil vom 2. Juli 1997 I R 32/95, BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176, 179).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es Zweck des § 15a EStG, den steuerrechtlichen Verlustausgleich des Kommanditisten (beschränkt haftenden Gesellschafters) mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen auf den zivilrechtlichen Haftungsumfang ―als Ausdruck seiner (aktuellen) wirtschaftlichen Belastung― zu begrenzen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, 230). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Umsetzung dieses Anliegens bewusst davon abgesehen hat, sämtliche Haftungstatbestände in die Regelungen des § 15a EStG einzubeziehen. Die Vorschrift beruht demnach auf einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Typisierung, die u.a. durch das Stichtagsprinzip und damit dadurch gekennzeichnet ist, dass nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG (Grundregel) anhand des Stands des Kapitalkontos zum Ende des jeweiligen Wj (Bilanzstichtag) die Zurechnung ausgleichsfähiger Verluste "grundsätzlich auf den Betrag der geleisteten Einlage" beschränkt wird (BTDrucks 8/3648, S. 16; BTDrucks 8/4157, S. 2 f.) und ein darüber hinausgehender Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG (erweiterter Verlustausgleich) daran gebunden ist, dass der Kommanditist ―wiederum bezogen auf die Verhältnisse des jeweiligen Bilanzstichtags― mit einer gegenüber der geleisteten Einlage höheren Haftsumme im Handelsregister eingetragen ist (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 HGB; BTDrucks 8/3648, S. 16; 8/4157, S. 4 f.). Hiernach verrechenbare Verluste unterliegen des Weiteren ―wie bereits ausgeführt― nach § 15a Abs. 2 EStG einer einkunftsquellenbezogenen Verwertungsbeschränkung, d.h. sie sind ―allerdings ohne zeitliche Begrenzung― lediglich mit den Beteiligungsgewinnen des Kommanditisten zu saldieren.
bb) Aus der Zusammenschau dieser Regelungen ergibt sich, dass selbst dann, wenn der Kommanditist seine Haftsumme nach Ablauf des Wj, für das nach § 15a Abs. 1 verrechenbare Verluste festgestellt wurden, in einem dem Gesamtbetrag des Fremdkapitals der KG entsprechenden (oder übersteigenden) Umfang erhöht (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 und 2, 175 HGB) und er damit auch für die (Alt-)Verbindlichkeiten einzustehen hat, die zum Anfall der (verrechenbaren) Verluste geführt haben (vgl. hierzu Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 172 Rz. 21; Karsten Schmidt in Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, Kommentar, §§ 171, 172 Anm. 34), diese aufgrund der nachträglichen Haftungserweiterung nicht in ausgleichsfähige Verluste umqualifiziert werden (BFH-Urteil in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, 230; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 1991 VIII R 111/86, BFHE 164, 526, BStBl II 1992, 164). Nichts anderes kann dann aber für den Fall gelten, dass die KG in eine OHG umgewandelt wird und der bisherige Kommanditist somit nach § 130 HGB auch für die vor der Unternehmensumstrukturierung begründeten Verbindlichkeiten haftet (zu Nachweisen s. Abschn. II.1. der Gründe). Zwar unterliegt diese Haftung ―im Gegensatz zur Haftsummenerhöhung des Kommanditisten― keiner betragsmäßigen Beschränkung (§ 128 i.V.m. § 130 HGB; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 30. Aufl., § 130 Rz. 2 und § 128 Rz. 1), so dass ―vorbehaltlich der Regelung des § 15a Abs. 5 EStG (zum Meinungsstand vgl. v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15a Rdnr. F 21)― zukünftige Verluste nicht mehr von der Verwertungsbeschränkung des § 15a EStG erfasst werden. Im Hinblick auf die bis dahin entstandenen Verluste ist der Gesellschafter nunmehr jedoch vergleichbar einem Kommanditisten wirtschaftlich belastet, der ―ggf. mehrfach― in Höhe der jeweiligen Altverbindlichkeiten zum Ende des vorangegangenen Wj seine Haftsumme aufstockt und für den ―wie dargelegt― die typisierenden Bestimmungen des § 15a EStG eine nachträgliche Umwidmung der verrechenbaren Verluste der Vorjahre ausschließen. Demnach ist es ―im Sinne der strukturellen Grundaussagen des § 15a EStG― folgerichtig, auch den Statuswechsel des Kommanditisten oder ―wie vom BFH entschieden (vgl. vorstehend Abschn. II.2. der Gründe)― die Übernahme des Unternehmens einer KG durch einen Gesellschafter nicht mit einer Umqualifikation bisher verrechenbarer Verluste zu verbinden, sondern in Analogie zu § 15a Abs. 2 EStG diese ―einkunftsquellenbezogen― von den zukünftig erzielten Beteiligungs- bzw. Unternehmensgewinnen abzusetzen.
cc) Soweit hiergegen geltend gemacht wird (vgl. Abschn. II.2. der Gründe), dass nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. die Nachweise unter Abschn. II.1. der Gründe) sowohl bei Liquidation einer Kommanditgesellschaft als auch im Falle der Veräußerung des Kommanditanteils der Teil des verrechenbaren Verlusts, der nach Saldierung mit dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn verbleibt (§ 15a Abs. 2 EStG), bis zur Höhe der nachträglich geleisteten Einlagen als ausgleichsfähiger Verlust abzuziehen sei, kann dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Abgesehen davon, dass das FG im Streitfall keine Feststellungen zu den vom Kläger im Jahre 1997 geleisteten Einlagen getroffen hat,verkennt auch dieser Einwand den systematisch-teleologischen Zusammenhang zwischen der Berücksichtigung von Einlagen im Zeitpunkt der Unternehmensliquidation oder Anteilsveräußerung sowie den typisierenden Regelungen des § 15a EStG.
Gleich nachträglichen Haftungserweiterungen sind nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut auch Einlagen, die nach dem Bilanzstichtag zum Ausgleich negativer Kapitalkonten erbracht werden, nicht geeignet, die für die Vorjahre festgestellten verrechenbaren Verluste eines Kommanditisten in ausgleichsfähige Verluste zu transformieren; einem hierauf gerichteten lückenfüllenden Umkehrschluss aus § 15a Abs. 3 EStG (betr. die Gewinnhinzurechnung aufgrund nachträglicher Einlageminderungen) steht insbesondere der in den Gesetzesmaterialien unmissverständlich dokumentierte Wille des Gesetzgebers entgegen, die ertragsteuerrechtliche Wirkung von Einlagenerhöhungen (grundsätzlich) darauf zu beschränken, weitere Verluste, die im Jahr der Einlageleistung sowie in späteren Wj erzielt werden, nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG als ausgleichsfähig anzuerkennen. Nur soweit der für das Wj vor Erbringung der Einlage festgestellte verrechenbare Verlust nicht mit laufenden (zukünftigen) Gewinnen des Kommanditisten ―einschl. des Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns― saldiert werden kann (§ 15a Abs. 2 EStG), ist der zum Ausgleich des durch verrechenbare Verluste entstandenen negativen Kapitalkontos geleisteten Einlage ―d.h. der hiermit verbundenen wirtschaftlichen Belastung des Kommanditisten― dadurch Rechnung zu tragen, dass der verbleibende verrechenbare Verlust im Zeitpunkt der Unternehmensaufgabe oder Veräußerung des Mitunternehmeranteils als ausgleichs- und abzugsfähiger Verlust zu berücksichtigen ist (vgl. zu allem BFH-Urteil in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226; vom 16. Mai 2002 IV R 58/00, BFHE 199, 271, BStBl II 2002, 748 betr. steuerfreier Sanierungsgewinn). Da aber gegen diesen (regelmäßig) zeitversetzten Ansatz der Einlageleistungen eines Kommanditisten auch unter dem Gesichtspunkt des Abzugs erwerbssichernder Aufwendungen nach dem objektiven Nettoprinzip (dazu allgemein BFH-Beschlüsse vom 23. August 1999 GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774; vom 9. Mai 2001 XI B 151/00, BFHE 195, 314, BStBl II 2001, 552) keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226; in BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347), vermag der erkennende Senat auch keinen tragfähigen Grund dafür zu erkennen, die systematischen Grundwertungen des § 15a EStG für den Fall zu durchbrechen, dass der bisherige Kommanditist nicht nur in den Status eines vollhaftenden Gesellschafters (oder Einzelunternehmers) wechselt, sondern zudem sein negatives Kapitalkonto ausgleicht. Ebenso wie ein Kommanditist, der zusätzlich zur Erhöhung seiner Haftsumme (vgl. vorstehend Abschn. II.3.c bb der Gründe) eine solche Einlage erbringt, ist er vielmehr darauf verwiesen, die vor dem Statuswechsel festgestellten verrechenbaren Verluste nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen zu verwerten.
4. Die Rechtsauffassung des FA ist somit zu bestätigen. Da der Kläger zudem gegen die sich hieraus ergebenden rechnerischen Folgen keine Einwendungen erhoben hat und auch nach den Feststellungen des FG keinerlei Anhaltspunkte für eine (rechnerisch) fehlerhafte Umsetzung dieser Rechtsansicht bestehen, ist das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1081103 |
BFH/NV 2004, 261 |
BStBl II 2004, 115 |
BFHE 2004, 477 |
BFHE 203, 477 |
BB 2004, 90 |
DB 2004, 229 |
DStR 2004, 31 |
DStRE 2004, 63 |
HFR 2004, 112 |