Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine InvZul für den Einbau von Doppelglasfenstern in das gemietete Gebäude einer Druckerei
Leitsatz (amtlich)
Der Einbau von Doppelglasfenstern in das gemietete Gebäude einer Druckerei kann beim Mieter auch unter dem Gesichtspunkt anschaffungsnaher Aufwendungen nicht zu einem aktivierungspflichtigen und investitionszulagefähigen Wirtschaftsgut führen.
Orientierungssatz
Einbauten können beim Mieter zu einem selbständig aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgut führen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums, der Betriebsvorrichtung, des Scheinbestandteils oder eines einheitlichen Nutzungszusammenhangs und Funktionszusammenhangs des Einbaus mit dem in dem gemieteten Gebäude unterhaltenen Betrieb. Dabei stellen Betriebsvorrichtungen und Scheinbestandteile bewegliche Wirtschaftsgüter dar (vgl. BFH-Rechtsprechung), während Einbauten unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums und des einheitlichen Nutzungszusammenhangs und Funktionszusammenhangs zu dem Betrieb zu unbeweglichen Wirtschaftsgütern führen. Voraussetzung für die Annahme investitionszulagefähiger Mietereinbauten (§ 19 BerlinFG) ist in jedem Fall, daß der Nutzungsberechtigte Herstellungskosten und nicht Erhaltungsaufwendungen geleistet hat.
Normenkette
BerlinFG § 19
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) --eine OHG-- betreibt eine Druckerei in Berlin (West). Der Betrieb ist teilweise in einem Gebäude untergebracht, das zunächst von fremden Dritten gemietet war. Zum 1.April 1980 erwarben der Gesellschafter der Klägerin A und seine Ehefrau das Grundstück je zur ideellen Hälfte und stellten der Klägerin die betrieblich genutzten Räume --31 v.H. der Gesamtfläche-- weiterhin zur Verfügung. A aktivierte seine auf die betrieblich genutzten Räume entfallenen Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz.
Unmittelbar nach dem Erwerb des Grundstücks ließ die Klägerin in ihrer Fotosatz- und Druckereiabteilung anstelle der bisherigen Einfachverglasung des im Jahre 1900 errichteten Gebäudes Isolierglasfenster, teils mit Thermoplusverglasung, einbauen. Nach den Angaben der Klägerin diente der Einbau in erster Linie dazu, einen störungsfreien Produktionsablauf zu gewährleisten; die hochempfindlichen, elektronisch gesteuerten Fotosatz- und Druckmaschinen arbeiteten nur unter bestimmten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen, weshalb man neben der Isolierverglasung auch eine Klimaanlage habe anschaffen müssen. Den Antrag der Klägerin, ihr für ihre Aufwendungen die Berlinzulage von 15 v.H. zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit der Begründung ab, es handele sich um nicht begünstigten Erhaltungsaufwand.
Nach erfolglosem Vorverfahren hatte die Klage Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gewährte die Investitionszulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) für nachträgliche Herstellungskosten an begünstigten Gebäudeteilen unter dem Gesichtspunkt anschaffungsnaher Aufwendungen, soweit diese zum Sonderbetriebsvermögen des A gehörten; soweit die Räume nicht zum Anlagevermögen der Klägerin bzw. zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters, vielmehr zum Privatvermögen der Ehefrau gehörten, sah das FG in den Baumaßnahmen einen sog. Mietereinbau, der wie ein "Eigentümer-Einbau" zu behandeln sei.
Dagegen richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung materiellen Rechts rügt. Es vertritt die Auffassung, daß die auf den Miteigentumsanteil des Mitunternehmers entfallenden Aufwendungen als anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand wie Herstellungskosten zu behandeln seien; aus diesem Grunde sei die Investitionszulage insoweit zu Recht gewährt worden. Im Grundsatz sei dem FG auch darin zu folgen, daß es sich bei den den Grundstücksanteil der Ehefrau betreffenden Aufwendungen um Mietereinbauten handeln könne; für die Annahme eines materiellen unbeweglichen Wirtschaftsguts sei es jedoch erforderlich, daß die Aufwendungen nicht mit dem Gebäude in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stünden. Auch wenn eine Isolierverglasung für die Druckmaschinen erhebliche Vorteile bringe, stünden Fenster doch immer noch mit dem Gebäude in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Investitionszulage unter Änderung des Bescheids vom 22.Mai 1981 auf ... DM festzusetzen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
1. a) Nach § 19 Abs.1 und 2 BerlinFG in der für das Streitjahr 1980 geltenden Fassung kommt eine Investitionszulage für den Einbau der Isolierglasfenster nur unter dem Gesichtspunkt in Betracht, daß es sich dabei um bewegliche Wirtschaftsgüter oder um nachträgliche Herstellungsarbeiten an einem abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgut (§ 19 Abs.1 Satz 3 Nr.2, Abs.2 Satz 4 BerlinFG) handelt. Beides setzt jedoch voraus, daß die Aufwendungen der Klägerin als sogenannte Mietereinbauten steuerlich zuzurechnen sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.Februar 1975 I R 32/73, BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443 und I R 184/73 BFHE 115, 250, BStBl II 1975, 443, sowie vom 31.Oktober 1978 VIII R 146/75, BFHE 127, 501, BStBl II 1979, 507 alle im Anschluß an die Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 26.November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132).
b) Nach dieser Rechtsprechung können Einbauten beim Mieter zu einem selbständig aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgut führen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums, der Betriebsvorrichtung, des Scheinbestandteils oder des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs des Einbaus mit dem in dem gemieteten Gebäude unterhaltenen Betrieb (Senatsurteil vom 11.Dezember 1987 III R 191/85, BFHE 151, 573, BStBl II 1988, 300). Dabei stellen Betriebsvorrichtungen und Scheinbestandteile bewegliche Wirtschaftsgüter dar (vgl. BFH- Urteil vom 12.August 1982 III R 118/79, BFHE 136, 443, BStBl II 1982, 782), während Einbauten unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums und des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs zu dem Betrieb zu unbeweglichen Wirtschaftsgütern führen. Voraussetzung für die Annahme investitionszulagefähiger Mietereinbauten ist jedoch in jedem Fall, daß der Nutzungsberechtigte Herstellungskosten und nicht Erhaltungsaufwendungen geleistet hat; insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze über die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 19.Aufl., § 5 Anm.1256).
Allerdings hat der BFH mit Urteil vom 4.Juli 1968 IV 298/63 (BFHE 93, 66, BStBl II 1968, 681) entschieden, daß einmalige, größere Aufwendungen, die ein Mieter zu dem Zweck macht, die gemieteten Räume für seine betrieblichen Belange herzurichten und die sich aus den laufenden Aufwendungen für den Betrieb deutlich herausheben, auch dann als Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, wenn sie als Aufwand des Eigentümers des Gebäudes Erhaltungsaufwand wären. Diese Auffassung ist jedoch durch die neuere Rechtsprechung des BFH im Anschluß an die Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 überholt (vgl. Urteil vom 21.Februar 1978 VIII R 148/73, BFHE 124, 454, 456, BStBl II 1978, 345).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze liegen im Streitfall keine investitionszulagefähigen Mietereinbauten vor.
Das FG selbst ist davon ausgegangen, daß der Fenstereinbau dem Grunde nach zu Erhaltungsaufwand führt. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß Herstellungsaufwand an einem Grundstück nur dann zu bejahen ist, wenn das Gebäude durch die Baumaßnahmen wesentlich in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder --von der üblichen Modernisierung abgesehen-- über seinen bisherigen Zustand hinaus deutlich verbessert wird (vgl. z.B. Beschluß des Großen Senats vom 22.August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672; Urteil vom 24.Juli 1979 VIII R 162/78, BFHE 128, 385, BStBl II 1980, 7; vgl. auch die Zusammenstellung von Einzelfällen im Senatsurteil vom 19.Juli 1985 III R 170/80, BFH/NV 1986, 24).
Diese Voraussetzungen erfüllen die Fenstereinbauten im Streitfall nicht, gleichgültig, ob sie der Gebäudeeigentümer oder der Mieter vorgenommen hat. Die Kosten für den Austausch von Einfach- gegen Doppelglasfenster sind Erhaltungsaufwand, zumal die Fenster nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG ohne Veränderung des Mauerwerks eingefügt wurden und entgegen der Auffassung der Klägerin weder zu einer Wesensveränderung noch zu einer erheblichen Verbesserung des Gebäudes über seinen bisherigen Zustand hinaus geführt haben (vgl. BFH-Urteil vom 2.August 1983 VIII R 104/79, BFHE 139, 175, BStBl II 1983, 728, 731; vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 Anm.715 Stichwort "Fenster").
Auf den vom FG bejahten Nutzungs- und Funktionszusammenhang der Fenster mit dem Betrieb der Klägerin kommt es danach ebensowenig an, wie auf die in der Vorentscheidung zutreffend verneinte Frage, ob die Fenstereinbauten Betriebsvorrichtung oder Scheinbestandteil (§ 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches) sein können.
3. Der Senat kann schließlich auch nicht der in der Vorentscheidung angestellten Erwägung folgen, daß zwar Erhaltungsaufwand vorliege, der jedoch unter dem Gesichtspunkt anschaffungsnaher Aufwendungen zulagebegünstigt sei. Anschaffungsnahe Aufwendungen können begrifflich nur dem Erwerber eines Grundstücks zugerechnet werden; die Klägerin aber hatte das Grundstück nicht erworben.
4. Die Sache ist spruchreif. Die Vorentscheidung war aufzuheben und die Investitionszulage antragsgemäß festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 62929 |
BFH/NV 1990, 18 |
BStBl II 1990, 286 |
BFHE 159, 293 |
BFHE 1990, 293 |
BB 1990, 485 (L) |
DB 1990, 770 (T) |
HFR 1990, 234 (LT) |