Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "ordnungsmäßige Buchführung" ist, wenn er im EStG verwandt wird, einheitlich auszulegen.
Zur Bedeutung der Inventur der Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einer kaufmännischen Buchführung. Die Verwaltungsanweisungen in Abschn. 31 EStR 1960 sind rechtsgültig.
Die Dacherneuerung in einem Fabrikgebäude kann Herstellungsaufwand sein.
Erhält eine Drehbank, die bisher an eine gemeinsame Transmission angeschlossen war, ein eigenes Antriebsaggregat, so kann darin aktivierungspflichtiger Herstellungsaufwand liegen.
Kann ein Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen dadurch entstehen, daß das Finanzamt auf ein sachlich unrichtiges Bestätigungsschreiben des Steuerpflichtigen über das Ergebnis einer Ortsbesichtigung schweigt?
Normenkette
EStG §§ 5-6, 7c; EStDV §§ 12, 74; EStR Abschn. 31
Tatbestand
Die steuerpflichtige OHG, die eine Gießerei und Metalldreherei betreibt, ermittelt ihren Gewinn nach § 5 EStG. Die Betriebsprüfung 1962 führte zur Berichtigung der einheitlichen Gewinnfeststellungen für 1954 bis 1960. In dem vom Finanzamt (FA) eingeleiteten Revisionsverfahren sind die nachstehend behandelten drei Punkte streitig. Die Revision des FA führte in allen Punkten zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Ordnungsmäßigkeit DER Buchführung Im Juli 1958 wurde ein Kassenfehlbetrag von 4000 DM ausgebucht und zum 31. Dezember 1956 als Aufwand abgesetzt. Wann der Kassenfehlbetrag entstanden ist, war nicht aufzuklären. Der Prüfer stellte ferner fest, daß die Steuerpflichtige (Stpfl.) in den Jahren 1957 bis 1960 Einnahmen von jährlich 1033 DM aus der Vermietung eines Parkplatzes nicht erfaßt, einen wesentlichen Teil der geringwertigen Wirtschaftsgüter nicht auf einem Sonderkonto verbucht und die Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens nicht körperlich aufgenommen und auch nicht in ein Bestandsverzeichnis aufgenommen hatte. Der Prüfer stellte übersichten über die Entwicklung der Werte der Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens auf, erklärte aber, er könne nicht feststellen, "ob hierbei alle Wirtschaftsgüter richtig erfaßt worden sind, wann Anlagegüter aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden (sind), ob etwaige dabei erzielte Erlöse buchmäßig erfaßt worden sind (und) was mit den buchmäßig abgeschriebenen Wirtschaftsgütern geschehen ist".
Das FA verneinte aus diesem Grunde die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und versagte deshalb die Steuervergünstigungen für Preissteigerungsrücklagen bei Metallbeständen (§ 74 EStDV), für § 7c-Darlehen und für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 EStG).
Die Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Fehlbetrag von 4000 DM beruhe auf einem einmaligen unaufgeklärten Vorgang des Jahres 1958 und sei kein schwerwiegender unheilbarer Mangel der Buchführung. Das gelte auch für die nicht verbuchten Einnahmen aus der Vermietung des Parkplatzes. Es fehle zwar eine körperliche Bestandsaufnahme für die Anlagegüter. Diesen Mangel habe der Prüfer aber dadurch geheilt, daß er die Fehler bei der Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) berichtigt habe. Die Steuervergünstigungen aus § 7 c EStG und § 74 EStDV müßten der Stpfl. gewährt werden, weil ihre Voraussetzungen aus der Buchführung festgestellt werden könnten. Lediglich die Bewertungsfreiheit der geringwertigen Wirtschaftsgüter müsse wegen der fehlenden Verbuchung auf einem Sonderkonto oder Bestandsverzeichnis versagt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Die Steuervergünstigungen aus § 7 c EStG und § 74 EStDV setzen ebenso wie die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG voraus, daß der Gewinn auf Grund einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung ermittelt wird.
Die Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung ist nicht etwa je nach der Art der in Anspruch genommenen Steuervergünstigung verschieden zu werten. Der Begriff "ordnungsmäßige Buchführung" ist, wo er im EStG gebraucht wird, einheitlich. Es können auch nicht in Einzelfällen etwa geringere Anforderungen gestellt werden, wenn, wie z. B. in § 6 Abs. 2 EStG in Verbindung mit § 12 EStDV, die Steuervergünstigung auch Steuerpflichtigen gewährt werden kann, die nur ordnungsmäßige Einnahmen- und Ausgabenaufzeichnungen haben. Das besondere Entgegenkommen in solchen Einzelfällen berechtigt die Steuergerichte nicht, den Begriff "ordnungsmäßige Buchführung" in solchen Fällen allgemein anders als gewöhnlich auszulegen. Soweit dem nicht amtlich veröffentlichten Urteil des IV. Senats IV 84/59 vom 10. Mai 1963 (HFR 1965 S. 104) eine andere Auffassung zugrunde liegen sollte, tritt der Senat ihr nicht bei.
Sind Steuervergünstigungen an eine ordnungsmäßige Buchführung geknüpft, so kann über Mängel der Buchführung auch nicht etwa deswegen hinweggesehen werden, weil die Voraussetzungen der Steuerbegünstigungen selbst, z. B. die Hingabe eines § 7c- Darlehens, in der sonst mangelhaften Buchführung einwandfrei dargetan sind. Eine solche Auslegung würde dem klaren Wortlaut des Gesetzes und dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen, der offenbar die Vergünstigungen nur solchen Steuerpflichtigen gewähren will, die eine den steuerlichen Anforderungen genügende ordnungsmäßige Buchführung haben. Man kann darüber streiten, ob der Gesetzgeber nicht in manchen Fällen, in denen er die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zur Voraussetzung von Steuervergünstigungen macht, zu weit gegangen ist und ob nicht zuweilen, z. B. bei der Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG, ein ordnungsmäßiger Nachweis der Anschaffung und Abschreibung der geringwertigen Anlagegüter genügen würde, wie es z. B. auch das Gutachten der Einkommensteuer-Kommission ("Untersuchungen zum Einkommensteuerrecht", Heft 7 der Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen S. 117) vorgeschlagen hat. Hier geht es aber um eine steuerpolitische Frage, über die allein der Gesetzgeber zu entscheiden hat. Die Steuergerichte können nicht ihre Vorstellungen über die Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung an die Stelle der Entscheidung des Gesetzgebers setzen; sie sind an das vom Gesetzgeber geschaffene Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG).
Wenn auch die einwandfreie Kassenführung ein wesentlicher Teil einer kaufmännischen Buchführung ist, so kann doch eine Buchführung noch ordnungsmäßig sein, auch wenn einige Geschäftsvorfälle nicht erfaßt sind oder wenn Kassenfehlbeträge auftreten, die Mängel aber in erster Linie auf Versehen aus menschlicher Unzulänglichkeit beruhen und nicht schwerwiegend sind.
Eine körperliche Bestandsaufnahme gehört in der Regel ebenfalls zu den unabdingbaren Voraussetzungen der Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung. Fehlt eine zureichende körperliche Bestandsaufnahme, so ist die Buchführung mangelhaft, auch wenn das FA die Bestände - vielleicht zutreffend - schätzt oder die Schätzung des Steuerpflichtigen unverändert übernimmt (vgl. zuletzt Urteil des Senats VI 206/65 vom 11. November 1966, BFH 87, 297). Diese Grundsätze gelten auch für das bewegliche Anlagevermögen, wie die Bundesregierung in Abschn. 31 Abs. 1, 2 und 7 EStR 1960 zutreffend ausführt. Dabei bestehen keine Bedenken, auch die Buchführung von Steuerpflichtigen, die von den Erleichterungen in Abschn. 31 Abs. 3 bis 6 EStR 1960 Gebrauch machen, noch als ordnungsmäßig anzuerkennen. Ebensowenig ist zu beanstanden, daß Steuerpflichtige nach Abschnitt 31 Abs. 8 EStR 1960 zusätzliche Erleichterungen mit dem FA vereinbaren können. Den Finanzverwaltungsbehörden, denen die Buchführung als Kontrollmittel für die richtige Gewinnermittlung dient, steht es frei, Erleichterungen zu gewähren, wenn sie glauben, daß auch dann noch die Buchführung eine zuverlässige Kontrolle erlaubt.
Nach diesen Grundsätzen brauchte das FG die Nichtverbuchung der Parkplatzgebühren und den Kassenfehlbetrag nicht als wesentliche Mängel der Buchführung anzusehen, sondern es konnte sie ohne Rechtsverstoß als entschuldbare menschliche Versehen beurteilen. Nicht zuzustimmen ist dem FG aber, wenn es annimmt, der Prüfer habe den Mangel einer Inventur der Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens dadurch geheilt, daß er an Hand der betrieblichen Unterlagen ihren Bestand und ihre Bewertung nachträglich, so gut es ging, zu ermitteln versuchte. Die Ermittlungen haben, wie der Prüfer selbst erklärt, nur zu Schätzungen und Annäherungswerten geführt. Der Bestand an diesen Wirtschaftsgütern war auch nicht unerheblich, sondern ein wesentlicher Teil des Betriebsvermögens. Ihr Wert stieg in den Streitjahren von rd. 35 000 DM auf rd. 75 000 DM und lag wesentlich höher als z. B. der Wert der Warenvorräte.
Allein wegen dieses Mangels war die Buchführung im ganzen als nicht ordnungsmäßig zu bezeichnen; der Stpfl. waren daher alle Steuervergünstigungen zu versagen, die der Gesetzgeber an die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung geknüpft hat, also hier die Vergünstigungen aus § 7 c EStG, § 74 EStDV und die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG. Der Senat ist in der Lage, insoweit über die Sache selbst zu entscheiden (§ 126 Abs. 3 Ziff. 1 FGO).
Dacherneuerung Auf das Fabrikgebäude war während des Krieges an Stelle des kriegszerstörten Daches mit Stahlkonstruktion ein mit Pappe und Blech abgedeckter Dachstuhl aus Holzbindern gesetzt worden. Als das Dach reparaturbedürftig wurde, reichte die Stpfl. am 21. März 1957 dem Bauamt Pläne für einen neuen Dachstuhl ein und veranlaßte den Bausachverständigen des FA zu einer Ortsbesichtigung am 19. Juni 1957, bei dem auch die Pläne für den neuen Dachstuhl besprochen wurden. Der Sachverständige fertigte einen - der Stpfl. nicht zugegangenen - Aktenvermerk an, in dem er auch darauf hinwies, daß er den Vertretern der Stpfl. erklärt habe, nicht er, sondern die Veranlagungsdienststelle müsse darüber entscheiden, ob die Kosten für den neuen Dachausbau Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand seien. Einen Tag nach dieser Ortsbesichtigung übergab der Berater der Stpfl. dem FA ein Schreiben, in dem er ausführte, die Ortsbesichtigung habe ergeben, "daß auch die Vertreter des Finanzamts die beabsichtigte Neueindeckung des Daches als Erhaltungsaufwand und nicht als aktivierungspflichtigen Herstellungsaufwand ansehen". Auf der Rückseite dieses Schreibens vermerkte der Bausachverständige, er habe bei der übergabe des Schriftstückes den Berater der Stpfl. nochmals darauf hingewiesen, daß über die Frage des Erhaltungsaufwandes die Veranlagungsdienststelle zu entscheiden habe. Dem Schreiben des Beraters hat das FA schriftlich nicht widersprochen.
Im Herbst 1957 begann die Stpfl. mit dem Neubau des Daches, das aus einer Stahlkonstruktion mit Eterniteindeckung und einer Entlüftung besteht, die das bisherige Dach nicht hatte. Die Umfassungsmauern wurden um 80 bis 90 cm erhöht, auch deswegen, weil wegen der schweren Stahlkonstruktion ein etwa 30 cm starker Betonkranz auf das bisherige Mauerwerk gesetzt werden mußte. Das Dach wurde ferner an der Nordseite vorgezogen, so daß ein überdachter Unterstellplatz von ca. 65 qm entstand.
Die Stpfl. behandelte die gesamten Kosten von 63 454 DM als Erhaltungsaufwand. Das FA sah darin aktivierungspflichtigen Herstellungsaufwand.
Das FG gab in diesem Punkt der Berufung statt und führte aus, der Dachausbau während des Krieges sei nicht nur provisorisch gewesen; denn er sei 15 Jahre genutzt worden. Wenn auch durch die neue Stahlkonstruktion der Wert und die Lebensdauer des Daches wesentlich erhöht würden, so blieben doch die Wesensart, die Verwendungsmöglichkeit und die Lebensdauer des Gebäudes im ganzen unverändert. Der Substanzzuwachs durch die Erhöhung der Umfassungsmauern und durch das überziehen des Daches sei nur gering. Im übrigen würde das FA gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn es die Kosten nicht als Reparaturkosten behandele. Die Stpfl. habe, da das FA zu ihrem Bestätigungsschreiben schwieg, annehmen dürfen, das FA erkenne die Kosten als Erhaltungsaufwand an.
Die Revision des FA ist auch in diesem Punkt begründet.
Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Entscheidung des FG, daß die streitigen Kosten Erhaltungsaufwand seien. Wird ein reparaturbedürftiges Wohnhausdach erneuert, so sind allerdings die Kosten in der Regel sofort abzugsfähige Reparaturkosten. Das gilt im allgemeinen auch bei der Neueindachung von landwirtschaftlichen Gebäuden, sofern diese Baumaßnahmen nicht mit umfangreichen Umbauten oder Modernisierungen verbunden sind (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - IV 275/58 vom 26. Juli 1962, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 4, Rechtsspruch 490; I 362/61 vom 2. Oktober 1963, HFR 1964 S. 44). Bei Fabrikgebäuden ist jedoch zu bedenken, daß Art und Zustand des Daches oft den Wert und die Verwendungsmöglichkeit des Gebäudes mitbeeinflussen; die Dächer dienen bei solchen Gebäuden oft nicht nur dem Schutz gegen Witterungseinflüsse, sondern beeinflussen durch Lichteinfall, Wärmeisolierung, Entlüftung, Lärmdämmung usw. auch die Arbeitsmöglichkeiten in dem Gebäude und bestimmen deren Wert mit. Die Neueindachung eines Fabrikgebäudes kann also Art und Wesen des Gebäudes selbst verändern oder verbessern oder seinen wirtschaftlichen Wert erhöhen. Der Sachverhalt des Streitfalles unterscheidet sich von dem des BFH-Urteils IV 8/53 U vom 9. Juli 1953 (BFH 57, 639, BStBl III 1953, 245). Damals erkannte der BFH den Ersatz einer baufälligen Kuhstalldecke aus Backsteinwölbung mit Holzbalken durch eine Stahlbetondecke mit Eisenträgern als laufenden Erhaltungsaufwand an. Entscheidend war damals, daß sich trotz der Wertsteigerung durch die neue Decke die Gebrauchsfähigkeit und die Verwendungsmöglichkeit des Viehhauses nicht änderte. Auf diesen Gesichtspunkt ist bereits im BFH-Urteil I 188/59 U vom 1. März 1960 (BFH 70, 530, BStBl III 1960, 198) hingewiesen worden. Das BFH-Urteil I 362/61 vom 2. Oktober 1963 (a. a. O.) betont im übrigen zutreffend, daß der damalige Streitfall zweifellos ein Grenzfall war.
Das FG hat bisher keine ausreichenden Feststellungen getroffen, um über die Frage abschließend entscheiden zu können. Die Kosten waren mit 63 454 DM erheblich; die Umfassungsmauern wurden um 80 bis 90 cm erhöht; das Dach an der Nordseite wurde um 65 qm vergrößert und das Drehereigebäude erstmals mit einer Entlüftungsanlage versehen. Das FG hat offenbar nach der Aktenlage entschieden, obwohl die Akten nicht einmal die Grundfläche und die Höhe des Gebäudes erkennen lassen. Wenn das FG nicht selbst eine Ortsbesichtigung vornahm und dabei die notwendige Aufklärung schuf, hätte es mindestens einen Bausachverständigen und den zuständigen Beamten des Gewerbeaufsichtsamts anhören sollen, der das alte Dach beanstandet hatte.
Auch der Auffassung des FG, das FA hätte nach Treu und Glauben die Kosten als Erhaltungsaufwand anerkennen müssen, tritt der Senat nicht bei, weil sie in den bisherigen Feststellungen keine ausreichende Stütze findet. Die vom FA auf Bitten der Stpfl. angeordnete Ortsbesichtigung durch den Bausachverständigen hatte aus der Sicht der Stpfl. zweifellos den Zweck, vor Beginn der Dacherneuerung eine Entscheidung des FA herbeizuführen, ob die Dacharbeiten Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand seien. Das FG unterstellt, daß der Bausachverständige nach der Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse wegen der Entscheidung über diese Rechtsfrage den Bevollmächtigten an die Veranlagungsdienststelle verwiesen habe. Dann aber kann das FA an das inhaltlich unrichtige Bestätigungsschreiben der Stpfl. höchstens dann gebunden sein, wenn die Veranlagungsdienststelle sich so verhalten hat, daß die Stpfl. das Schweigen des FA als Zustimmung auffassen und zur Grundlage ihrer Dispositionen machen durfte (BFH-Urteil V 218/59 U vom 30. November 1961, BFH 74, 250, BStBl III 1962, 94). Wenn das FG nicht bereits auf Grund seiner bisherigen Ermittlungen eine Bindung des FA ablehnen wollte, hätte es jedenfalls der Behauptung des FA nachgehen müssen, daß auch der Sachbearbeiter der Veranlagungsdienststelle dem Berater der Stpfl. mehrfach erklärt habe, eine Entscheidung könne erst bei der endgültigen Veranlagung getroffen werden.
Drehbank Nach den Feststellungen des Prüfers hat die Stpfl. im Jahre 1955 eine Drehbank auf elektrischen Antrieb umgestellt, da die bisherige "Transmission" unbrauchbar geworden war. Das FA aktivierte die Kosten von 4780 DM. Auf den Einspruch der Stpfl. sah der Steuerausschuß diese Ausgaben als laufenden Betriebsaufwand an.
Das FG bestätigte die Auffassung des Steuerausschusses und führte aus, durch den Einbau des Elektromotors sei die Drehbank in ihrer Lebensdauer sowie in ihrer Gebrauchsmöglichkeit und damit in ihrem Wesen nicht verändert worden, wenngleich ihr Wert gestiegen sei.
Die Revision des FA ist auch in diesem Streitpunkt begründet.
Das FG sieht offensichtlich die Drehbank und den Elektromotor als einheitliches Wirtschaftsgut an (BFH-Urteil I 286/56 S vom 16. Dezember 1958, BFH 68, 198, BStBl III 1959, 77, bezüglich Webstuhl und Elektromotor). Von diesem Standpunkt aus war die Frage, ob die Anschaffungskosten des Elektromotors Herstellungsaufwand waren, danach zu beurteilen, ob die Drehbank durch den Einbau des Motors gegenüber ihrem bisherigen Zustand wesentlich verändert oder in ihrer Substanz vermehrt war. Nach den Ausführungen des FG war die vorher benutzte "Transmission" unbrauchbar geworden. Nicht festgestellt ist bisher, ob die "Transmission" als Antriebsaggregat nur diese eine Drehbank oder auch andere Drehbänke oder andere Maschinen antrieb. Sollte die Transmission bisher zum Antrieb mehrerer Maschinen gedient haben, so war sie nicht Teil der Drehbank, für die jetzt der Motor angeschafft worden ist. In diesem Fall besteht kein Bedenken anzunehmen, daß die Drehbank durch den Einbau des Motors in ihrem wirtschaftlichen Bestand und Wert erheblich erhöht worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 412398 |
BStBl III 1967, 247 |
BFHE 1967, 616 |
BFHE 87, 616 |
DB 1967, 1747 |
DStR 1967, 293 |