Leitsatz (amtlich)
Eine GmbH, die an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, kann nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein.
Normenkette
UStG 1951 § 2 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Vermögensverwaltungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung. An ihr waren in den Jahren 1965 bis 1967 die Gesellschafter Willy, H und N A beteiligt. Die Klägerin war in diesem Zeitraum alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft Willy A, der als Kommanditisten Willy und N A angehörten. Geschäftsführer der Klägerin (der GmbH), welcher kraft Gesetzes die Vertretung und Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft oblag, war Willy A. Für die Führung ihrer Geschäfte zahlte die Kommanditgesellschaft der Klägerin eine Vergütung in Höhe des Geschäftsführergehalts, das Willy A von der Klägerin erhielt. Es betrug im Jahr 1965 48 000 DM und in den beiden Folgejahren jeweils 60 000 DM.
Das Finanzamt (Beklagter) ist der Auffassung, die Klägerin habe mit der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft eine steuerpflichtige Leistung i. S. des § 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1951 erbracht, und hat sie deswegen erstmalig im Jahre 1972 zur Umsatzsteuer für die Jahre 1965 bis 1967 herangezogen.
Mit der Klage hat die Klägerin die Aufhebung dieser Steuerfestsetzung beantragt. Sie war der Ansicht, die (ihr vergütete) Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft durch ihren Geschäftsführer unterliege nicht der Umsatzsteuer.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
1. Die entgeltliche Geschäftsführung der Klägerin für die Kommanditgesellschaft unterlag als sonstige Leistung der Umsatzsteuer gemäß § 1 Nr. 1 UStG 1951. Denn ein der Umsatzsteuer unterliegender Leistungsaustausch kann auch dann vorliegen, wenn die Leistungspflicht auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruht (Urteile vom 7. Dezember 1967 V 45/65, BFHE 91, 448 [452], BStBl II 1968, 398; vom 18. Juli 1968 V 200/65, BFHE 93, 98 [100], BStBl II 1968, 702); die selbständige Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als deren einzigen persönlich haftenden Gesellschafter stellt jedenfalls bei gesonderter leistungsabhängiger Vergütung einen solchen Leistungsaustausch dar (Urteil vom 19. Juli 1973 V R 157/71, BFHE 110, 145, BStBl II 1973, 764).
2. Die Geschäftsführung war selbständige Ausübung gewerblicher Tätigkeit der Klägerin. Feststellungen zum Verhältnis der Beteiligungen der Familienangehörigen A einerseits an der Klägerin (der GmbH), andererseits an der Kommanditgesellschaft konnten unterbleiben, da die Stellung der Klägerin ihrer Unselbständigkeit gegenüber der Kommanditgesellschaft entgegensteht.
Juristische Personen des privaten Rechts sind bei Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit grundsätzlich Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1951, da ihre Selbständigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1951 zu verneinen ist. Wesentliches Merkmal dieser - die Unselbständigkeit einer juristischen Person beschreibenden - Regelung ist, daß der Organträger über eine entscheidende kapitalmäßige Beteiligung an der Organgesellschaft verfügt, die es ihm ermöglicht, im Rahmen der Willensbildung der Organgesellschaft seinen eigenen Willen durchzusetzen. Dabei handelt es sich nicht eigentlich, wie in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG 1951 formuliert war, um die Ersetzung des eigenen Willens der Organgesellschaft durch denjenigen des Organträgers, sondern um die Fremdbestimmung der Willensbildung der Organgesellschaft (vgl. die deshalb geänderte Fassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1967).
Da hier nicht die Kommanditgesellschaft an der Klägerin (der GmbH), sondern diese an der Kommanditgesellschaft beteiligt war, war allein die Klägerin als Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft befähigt, an deren Willensbildung mitzuwirken. Demzufolge konnte die Klägerin (als geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft) nicht gleichzeitig in diese derart eingegliedert sein, daß die Kommanditgesellschaft den Willen der Klägerin bestimmt hätte. Etwas anderes ergäbe sich auch dann nicht, wenn die Klägerin den ihr zuzurechnenden Willen bei der Kommanditgesellschaft nicht hätte zur Geltung bringen können; denn aus ihrer Einflußlosigkeit als Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft folgte nicht ihre organschaftliche Eingliederung in diese. Eine etwaige - hier (soweit ersichtlich) nicht vorliegende - Vormachtstellung eines Kommanditisten in der Komplementär-GmbH (als deren Gesellschafter) könnte allenfalls die Prüfung veranlassen, ob die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Organ in dessen Unternehmen eingegliedert ist. Keinesfalls könnte daraus eine Eingliederung in die Kommanditgesellschaft selbst abgeleitet werden (vgl. Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co., 3. Aufl. 1975, S. 84, 105; Hesselmann, Handbuch der GmbH & Co., 15. Aufl. 1976, S. 194; Fetsch, GmbH-Rundschau 1965, S. 226, 228 ff.; a. A. ohne nähere Begründung Böttcher/Beinert/Hennerkes, GmbH & Co., 5. Aufl., 1972 S. 89 ff.). Die im Urteil V R 157/71 offengelassene Frage, ob die geschäftsführende GmbH Organ der Kommanditgesellschaft sein kann, ist somit zu verneinen.
Fundstellen
BStBl II 1979, 288 |
BFHE 1979, 75 |