Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Krankenhaustagegelder und Krankentagegelder, die eine Versicherungsgesellschaft dem Steuerpflichtigen bei einem Krankenhausaufenthalt zahlt, mindern die bei der Berechnung der Belastung im Sinne des § 33 EStG anzusetzenden Krankheitskosten nicht.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Die Bfin., eine selbständige Zahnärztin, hatte im Jahre 1957 Krankheitskosten von 4.385 DM. Sie erhielt von ihren Krankenversicherungen erstattet:
a) für Krankheitskosten --------------- 2.123 DM b) an Krankenhaustagegeldern ------------ 1.005 DM c) an Krankentagegeldern ---------------- 2.020 DM.Streitig ist, wieweit diese Beträge auf die Krankheitskosten für die Berechnung der Steuerermäßigung nach § 33 EStG anzurechnen sind. Mit der Anrechnung des Betrages zu a) war die Bfin. von vornherein einverstanden, während das Finanzamt - entgegen der Auffassung der Bfin. - die Krankheitskosten von 4.385 DM auch um die Beträge zu b) und c) minderte.
Das Finanzgericht gab der Berufung insofern statt, als es nur die Beträge zu a) und b) von den Krankheitskosten absetzte; dagegen erkannte es an, daß das Krankentagegeld (der Betrag zu c) nicht die Krankheitskosten, sondern Einnahmeausfälle ausgleichen solle, die durch die Arbeitsunfähigkeit infolge der Krankheit eintraten.
Mit der Rb. begehrt die Bfin., auch das Krankenhaustagegeld (den Betrag zu b) bei der Berechnung der außergewöhnlichen Belastung durch die Krankheit außer Betracht zu lassen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Eine Belastung im Sinne des § 33 EStG 1957 liegt nur vor, soweit der Steuerpflichtige die Kosten einer Krankheit selbst zu tragen hat. Darum bewirken z. B. lohnsteuerfreie Unterstützungen, die ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer zur Deckung von Krankheitskosten zahlt, eine Minderung der Belastung des Arbeitnehmers im Sinne des § 33 EStG; der nach § 33 EStG berücksichtigungsfähige Betrag besteht dann nur aus den Aufwendungen des Arbeitnehmers, gekürzt um die vom Arbeitgeber wegen Krankheit geleisteten Unterstützungen (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 106/55 U vom 19. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 329, Slg. Bd. 65 S. 250).
Auch Zahlungen, die ein Steuerpflichtiger von einer Krankenversicherung erhält, können in diesem Sinne den nach § 33 EStG berücksichtigungsfähigen Betrag mindern. Das ist aber nur der Fall, wenn die Erstattung der eigentlichen Krankheitskosten Inhalt der Krankenversicherung war. Unter diesem Gesichtspunkt sind z. B. Ersatzleistungen der Krankenkassen für Arzt-, Krankenhaus-, Medikament- und Kurkosten bei der Berechnung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Belastung mindernd abzusetzen, wie auch alle Beteiligten annehmen. Es geht aber nicht an, auch andere Leistungen der Krankenkassen, die zwar aus Anlaß der Krankheit gezahlt werden, aber doch nicht in erster Linie die unmittelbar durch die Krankheit entstandenen Kosten ausgleichen sollen, ebenso zu behandeln. Den Anspruch auf die Versicherungsleistung erwirbt der Versicherte durch seine Prämienzahlung. Daß die Prämien als Sonderausgaben in bestimmten Grenzen einkommensmindernd abgesetzt werden können, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Erkrankt der Steuerpflichtige, so sind die Leistungen der Versicherung die Gegenleistung für die Prämienzahlungen. Das führt dazu, Versicherungsleistungen in Krankheitsfällen als im Sinne des § 33 EStG belastungsmindernd nur zu behandeln, soweit der Versicherungsvertrag die Minderung des Risikos der eigentlichen und unmittelbaren Krankheitskosten bezweckt.
Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht - entgegen der Auffassung des Finanzamts - den Betrag zu c) zutreffend außer Betracht gelassen. Zu Unrecht hat es aber den Betrag zu b) anders behandelt. Die Bfin. hatte nach dem Versicherungsvertrag Anspruch auf ein Krankenhaustagegeld von täglich 15 DM, das bei einem aus medizinischen Gründen notwendigen Krankenhausaufenthalt ohne weiteren Kostennachweis von der Krankenversicherung zu zahlen war. Das Krankenhaustagegeld war nicht zweckgebunden, sondern stand der Bfin. zur freien Verfügung. Wirtschaftlich suchte die Bfin. als Angehörige eines freien Berufs für die mittelbaren Folgen einer Krankheit Vorsorge zu treffen, die vor allem darin bestehen, daß die Einnahmen weitgehend wegfallen, während die sachlichen und persönlichen Kosten der Praxis und der privaten Lebensführung während der Krankheit weiterlaufen. Es ist nicht vertretbar, diesen Zusammenhang außer Betracht zu lassen und die Krankenhaustagegelder zu b) ebenso zu behandeln wie die unmittelbaren Krankheitskosten (Betrag zu a). Es entspricht vielmehr den wirtschaftlichen Verhältnissen besser, die Beträge zu b) und c) entgegen der Auffassung des Finanzgerichts gleichzubehandeln und beide Beträge gleichmäßig bei der Berechnung der von der Bfin. selbst getragenen Krankheitskosten außer Betracht zu lassen.
Die Vorentscheidungen waren demnach wegen unrichtiger Anwendung von § 33 EStG aufzuheben. Die Sache wird zur anderweiten Steuerberechnung an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 410228 |
BStBl III 1961, 516 |
BFHE 1962, 687 |
BFHE 73, 687 |