Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Unselbständigkeit einer GmbH & Co. KG gegenüber einer KG beim Vorliegen eines sogenannten organschaftsähnlichen Verhältnisses.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2
Tatbestand
Im Rechtsbeschwerdeverfahren geht es nur noch um zwei Fragen, nämlich
ob die Steuerpflichtige gegenüber der D. GmbH & Co. steuerbare Umsätze oder - wegen Unternehmereinheit oder eines sogenannten organschaftsähnlichen Verhältnisses zwischen den beiden Firmen - nichtsteuerbare sogenannte Innenumsätze getätigt hat,
ob die Steuerpflichtige nach § 59 Abs. 1 in Verbindung mit § 60 UStDB 1951 Spinnweber-Zusatzsteuer und gemäß § 55 UStDB 1938 Textileinzelhandels-Zusatzsteuer zu entrichten hat.
Die Steuerpflichtige betreibt in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft eine Baumwollspinnerei und - Weberei. Im Jahre 1952 waren an ihr beteiligt als Komplementär der Kaufmann B. mit 52 v. H. des Gesellschaftskapitals und als Kommanditistinnen seine vier Schwestern mit je 12 v. H. des Gesellschaftskapitals. Auch am Gewinn der KG waren Herr B. mit 52 v. H. und seine Schwestern mit je 12 v. H. beteiligt. Ein Teil der Kapitaleinlage des Komplementärs (25 v. H. des Gesellschaftsvermögens) stammte aus einer Schenkung seines Vaters, der sich an der übertragenen Beteiligung den Nießbrauch vorbehalten hatte. Nach dem Tode des Vaters stand der Nießbrauch im Jahre 1952 der Mutter des Herrn B. zu.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 30. Mai 1952 wurde unter der Firmenbezeichnung "B. & C." eine zweite Kommanditgesellschaft gegründet. An ihr waren im Jahre 1952 beteiligt als Komplementärin die "B. & C. Vertriebsgesellschaft mbH" (abgekürzt: GmbH) mit 66 2/3 v. H. des Gesellschaftskapitals und als Kommanditisten Herr B. mit 17 1/3 v. H. und seine Schwestern mit je 4 v. H. des Gesellschaftskapitals. Am Stammkapital der Komplementärin (GmbH) waren im Jahre 1952 Herr B. und seine vier Schwestern in demselben Verhältnis beteiligt wie an der Steuerpflichtigen (also mit 52 v. H. bzw. je 12 v. H.). Geschäftsführung und Vertretung der Komplementärin (GmbH) wurden von Herrn B. wahrgenommen. Die am 30. Mai 1952 gegründete KG erhielt am 1. Juli 1952 die Firmenbezeichnung "D. GmbH & Co." (abgekürzt: D.).
Die D. pachtete das Anlagevermögen der Steuerpflichtigen und erwarb ihr Umlaufvermögen käuflich. Sie übernahm die Herstellung und den Vertrieb der bisher von der Steuerpflichtigen hergestellten und vertriebenen Waren. Die Steuerpflichtige erhielt im Jahre 1952 von der D. einen Pachtzins von .... DM, von dem .... DM auf die Verpachtung von Grundstücken im Sinne des § 4 Ziff. 10 UStG entfielen. Der Kaufpreis für das Warenlager betrug .... DM. Er wurde nicht ausgezahlt, sondern in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt.
Die Steuerpflichtige gab diese Umsätze in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1952 nicht an, weil sie die Auffassung vertrat, daß zwischen ihr und der D. Unternehmereinheit bestehe. Dagegen erkannte das Finanzamt das Bestehen einer Unternehmereinheit zwischen den beiden Firmen nicht an. Es zog die Steuerpflichtige abweichend von der Steuererklärung mit ... DM und ... DM zur Umsatzsteuer heran. Von den strittigen Umsätzen unterwarf es einen Teilbetrag von .... DM dem ermäßigten Steuersatz von 1 v. H., den Rest von .... DM dem allgemeinen Steuersatz von 4 v. H., so daß sich gegenüber der Steuererklärung eine Mehrsteuer von .... DM ergab.
Einspruch und Berufung blieben in diesem Punkte ohne Erfolg. Das Finanzgericht verneinte - ebenso wie das Finanzamt - das Bestehen einer Unternehmereinheit zwischen der Steuerpflichtigen und der D. Im Hinblick auf den der Mutter des Herrn B. bestellten Nießbrauchs habe keine Gewähr für eine einheitliche Willensbildung in beiden Gesellschaften bestanden. Aber auch unabhängig von dem Nießbrauch seien nach dem Inhalt der Gesellschaftsverträge bei einer Reihe von gleichartigen Maßnahmen der beiden Gesellschaften unterschiedliche Willensbildungen möglich gewesen. Das Entgelt für die Lieferung des Umlaufvermögens sei durch die Umwandlung der Kaufpreisforderung in ein langfristiges verzinsliches Darlehen als im Jahre 1952 vereinnahmt anzusehen. Das Finanzamt habe diese Lieferung zu Recht nicht als Geschäftsveräußerung im ganzen (§ 85 UStDB) angesehen und daher zutreffend mit 4 v. H. zur Umsatzsteuer herangezogen.
Zur Frage, ob nicht statt der Unternehmereinheit zwischen der Steuerpflichtigen und der D. Organschaft (besser: ein organschaftsähnliches Verhältnis) anzunehmen sei, ist in der Vorentscheidung nur kurz Stellung genommen. Das Finanzgericht hat die Frage verneint, weil die vertraglichen Beziehungen der Gesellschaften weder eindeutig für eine Eingliederung der Steuerpflichtigen in die D. noch umgekehrt für eine Unterordnung der D. unter den Willen der Steuerpflichtigen sprächen. Vielmehr seien beide Gesellschaften letztlich voneinander unabhängig und nur dem Willen der hinter ihr stehenden Personengruppe unterworfen. Das ließen auch die Gründe erkennen, die zur Aufspaltung des Unternehmens in eine Anlagegesellschaft (Steuerpflichtige) und eine Betriebsgesellschaft (D.) geführt hätten (Verlagerung des Risikos auf die D.; gewinnmäßig unabhängiges Arbeiten seitens der D.).
Hiergegen richtet sich die Rb. der Steuerpflichtigen. Mit ihr wird in erster Linie geltend gemacht, daß die D. zur Steuerpflichtigen nicht im Verhältnis der Nebenordnung, sondern im Verhältnis der Unterordnung gestanden habe, mithin zwischen beiden Gesellschaften nicht Unternehmereinheit, sondern ein organschaftsähnliches Verhältnis in Betracht komme. Der Sachverhalt liege ähnlich wie im Falle des Urteils des Bundesfinanzhofs V 47/56 U vom 23. Juli 1959 (BStBl 1959 III S. 394, Slg. Bd. 69 S. 356). Die Voraussetzungen für die Annahme eines organschaftsähnlichen Verhältnisses - die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der einen Gesellschaft in die andere - seien im Streitfalle ebenso wie im Vergleichsfalle gegeben. Da Organschaft und organschaftsähnliche Verhältnisse die Unternehmereinheit ausschließen, wird in der Rechtsbeschwerdebegründung auf die Frage der Unternehmereinheit nur hilfsweise eingegangen. An der Steuerpflichtigen und an der KG seien dieselben Personen, nämlich die fünf Geschwister B., kapital- und gewinnmäßig in demselben Verhältnis beteiligt. Die Mittelbarkeit der Beteiligung (über die Gesellschafter einschließlich GmbH) sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unschädlich. Weder die Gleichheit der Beteiligung noch die Einheitlichkeit der Willensbildung werde durch den Nießbrauch in Frage gestellt. Dieser diene lediglich der privaten Sicherung eines Anspruchs auf den Gewinnanteil, ohne die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter zu berühren; er habe auch mit der Willensbildung innerhalb der Gesellschaften nichts zu tun. Die in der Vorentscheidung erwähnten theoretischen Möglichkeiten einer Abweichung bei der Willensbildung, die bei verschiedenen Gesellschaftsformen stets vorhanden seien, änderten nichts an der bei der Steuerpflichtigen und der D. in vorbildlicher Form tatsächlich gehandhabten Einheitlichkeit der Willensbildung.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Steuerpflichtigen führt in diesem ersten Streitpunkt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das Finanzamt vertritt die Auffassung, die Steuerpflichtige werde durch die Heranziehung der mit der D. getätigten Umsätze zur Umsatzsteuer nicht im Sinne des § 232 Abs. 1 AO beschwert, weil sie im Falle ihres Obsiegens die wesentlich höheren Außenumsätze der D. versteuern müßte, während deren Umsatzsteuerveranlagung rechtskräftig sei. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Die Beschwer der Steuerpflichtigen liegt darin, daß außer den unstreitig steuerpflichtigen Außenumsätzen die Innenumsätze der Steuerpflichtigen mit der D. zur Umsatzsteuer herangezogen worden sind. Es ist selbstverständlich, daß die bereits von der D. gezahlte Umsatzsteuer auf die Mehrsteuer der Steuerpflichtigen irgendwie angerechnet werden muß, weil es rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen würde, dieselben Umsätze doppelt zu besteuern.
Die Annahme des Finanzgerichts, daß die Steuerpflichtige und die D. zueinander im Verhältnis der Nebenordnung stünden, trifft nicht zu. Die D. ist im Jahre 1952 dadurch entstanden, daß das bisherige Unternehmen durch sogenannte Betriebsaufspaltung in eine Besitz(Anlage)gesellschaft (Steuerpflichtige) und eine Betriebsgesellschaft (D.) aufgeteilt wurde, wobei die Betriebsgesellschaft von der Besitzgesellschaft das Anlagevermögen des bisherigen Unternehmens pachtweise und das Umlaufvermögen käuflich übernahm. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß in solchen Fällen regelmäßig eine Abhängigkeit der Betriebsgesellschaft von der Besitzgesellschaft und mithin - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG - ein Organschaftsverhältnis besteht. Das Eigentum am Anlagevermögen verschafft der Besitzgesellschaft (Verpächterin) gegenüber der Betriebsgesellschaft (Pächterin) bei deren gleichzeitigen finanziellen und organisatorischen Eingliederung ein so großes übergewicht, daß von einer Nebenordnung der Pächterin im Verhältnis zur Verpächterin nicht gesprochen werden kann. Unter diesen Umständen spielt es keine Rolle, daß sich die Besitzgesellschaft in aller Regel auf die Verwaltung ihres Eigentums beschränkt, die Betriebsgesellschaft andererseits hinsichtlich der Betriebsführung freie Hand hat und das Betriebsrisiko trägt. Die Macht der Besitzgesellschaft zeigt sich besonders darin, daß die der Betriebsgesellschaft das verpachtete Anlagevermögen und damit die notwendigen wirtschaftlichen Grundlagen für ihre Tätigkeit durch Auflösung des Pachtverhältnisses wieder entziehen kann (vgl. Urteile des Senats V 81/59 U vom 13. April 1961, BStBl 1961 III S. 343, Slg. Bd. 73 S. 209; V 86/58 vom 30. Juni 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Umsatzsteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 59; V 139/59 vom 26. Oktober 1961, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1962 S. 211).
In den bisher entschiedenen Fällen der Betriebsaufspaltung war Besitzgesellschaft eine Personengesellschaft (OHG, KG), Betriebsgesellschaft dagegen eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG). Es besteht indessen kein Grund, die Frage, ob bei Betriebsaufspaltungen über(Unter)ordnung oder Nebenordnung vorliegt, nach anderen Gesichtspunkten zu beurteilen, wenn - wie im Streitfalle - nicht nur die Besitzgesellschaft, sondern auch die Betriebsgesellschaft eine Personengesellschaft (KG) ist. Auch die anderen für die Organschaft geltenden Grundsätze (finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung - vgl. § 17 Abs. 2 UStDB a. F.) sind nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und Bundesfinanzhofs in ergänzender Auslegung des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 UStG auf nicht rechtsfähige Personenvereinigungen auszudehnen, weil der dem § 17 Abs. 2 UStDB a. F. zugrunde liegende Rechtsgedanke auch für sie zutrifft (vgl. unter anderem Entscheidung des Reichsfinanzhofs V 25/39 vom 13. Dezember 1940, RStBl 1941 S. 320; Entscheidung des Bundesfinanzhofs V 47/56 U vom 23. Juli 1959, a. a. O.). Diesen Standpunkt hat der Bundesfinanzhof im Hinblick auf vereinzelte abweichende Stimmen im Schrifttum im Grundsatzurteil V 245/61 S vom 19. November 1964 (BStBl 1965 III S. 182, Slg. Bd. 81 S. 506) nochmals eingehend begründet. An der Beurteilung ändert sich nichts, wenn an der beherrschten KG eine juristische Person beteiligt ist, sei es - wie im Falle des Urteils V 47/56 U vom 23. Juli 1959 (a. a. O.) - als Kommanditistin oder - wie im Streitfalle - als Komplementärin.
Es ist also zu prüfen, ob die D. organisatorisch, finanziell und wirtschaftlich in die Steuerpflichtige eingegliedert ist. Die Frage ist zu bejahen.
Die organisatorische Eingliederung ergibt sich aus folgendem: Herr B. ist alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der Steuerpflichtigen, dem gemäß § 164 HGB die Führung der Geschäfte und gemäß § 170 HGB die Vertretung der KG obliegt, und zugleich Geschäftsführer der Komplementärin der D. (GmbH), der nach § 15 des Gesellschaftsvertrages auch den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung führt. In beiden Firmen sind dieselben Personen als Prokuristen bestellt. Die Bücher beider Firmen werden in den gleichen Räumen von den gleichen Angestellten geführt.
Hinsichtlich der finanziellen Eingliederung ist zwar festzustellen, daß die Anteile der D. nicht im Besitz der Steuerpflichtigen, sondern zum größeren Teil (zu 66 2/3 v. H.) im Besitz der GmbH und zum kleineren Teil (zu 17 1/3 + 4 + 4 + 4 + 4 = 33 1/3 v. H.) in den Händen der Gesellschafter der Steuerpflichtigen (Geschwister B.) sind. Für die Organschaft hat aber schon der Reichsfinanzhof (vgl. die Urteile V A 687/33 vom 30. November 1934, RStBl 1935 S. 660, und V 426/38 vom 12. Juli 1940, RStBl 1940 S. 910) klargestellt, daß es unschädlich ist, wenn der beherrschenden Gesellschaft die Anteile der beherrschten nicht unmittelbar, sondern über die Gesellschafter zustehen. Für organschaftsähnliche Verhältnisse muß dasselbe gelten. Die Beteiligungen sind bei allen Gesellschaften (Steuerpflichtige, D., GmbH) so aufeinander abgestimmt, daß das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter bei der Steuerpflichtigen und bei der D. letztlich dasselbe ist. Die Mittelbarkeit der Beteiligung ist daher kein Hindernis für die Annahme der finanziellen Beherrschung der D. durch die Steuerpflichtige.
Schließlich ist auch die Voraussetzung der wirtschaftlichen Eingliederung gegeben. Diese hängt eng mit der Frage der über(Unter)ordnung zusammen. Es kann daher auf die hierzu gemachten Ausführungen (vgl. Abschnitt 2) verwiesen werden. Der D. sind alle zur Fortführung des Unternehmens erforderlichen Anlagegegenstände (Grundstücke, Gebäude, Maschinen usw.) und damit die für ihre Existenz notwendigen wirtschaftlichen Grundlagen von der Steuerpflichtigen pachtweise zur Verfügung gestellt worden. Zum Erwerb des Umlaufvermögens hat sie von der Steuerpflichtigen ein Darlehen von 40 Mio DM erhalten, während ihr sonstiges Betriebsvermögen nur einen Wert von etwa 20 Mio DM besaß. Die Entstehungsgeschichte der D. zeigt, daß sie aus dem von der Steuerpflichtigen geführten Unternehmen hervorgegangen ist. Die dargestellten engen Beziehungen lassen die beiden Unternehmen als wirtschaftliche Einheit erscheinen. Nach dem für die Beurteilung maßgeblichen Gesamtbild bedient sich die Steuerpflichtige entsprechend dem Willen der Gesellschafter der D., um den Betrieb in alter Weise fortzusetzen.
In der Vorentscheidung werden Zweifel geäußert, ob nicht im Hinblick darauf, daß die Steuerpflichtige keine eigenen Bücher und Bankkonten besitzt und ihre Aufgaben ausschließlich von Angestellten der D. erledigt werden, die D. als das beherrschende und die Steuerpflichtige als das beherrschte Unternehmen angesehen werden müßten. Das Finanzamt weist in der Rechtsbeschwerdeentgegnung darauf hin, daß die Steuerpflichtige selbst früher diesen Standpunkt eingenommen habe und noch im Berufungsverfahren von der D. vertreten worden sei. Diese Auffassung ist indessen nicht haltbar. Die hierzu angeführten Tatsachen beruhen auf Zweckmäßigkeitserwägungen und treten in ihrer Bedeutung hinter den in den Abschnitten 2 und 4 cc ) dargestellten Merkmalen, die für die Eingliederung der D. in die Steuerpflichtige sprechen (Neugründung der D., Eigentum der Steuerpflichtigen an dem Anlagevermögen, Möglichkeit der Kündigung des Pachtverhältnisses durch die Steuerpflichtige, Gewährung eines Darlehens von 40 Mio DM seitens der Steuerpflichtigen an die D.) weit zurück. Entscheidend ist das Gesamtbild. Daß die Steuerpflichtige selbst früher einen abweichenden Standpunkt vertreten hat, entbindet die Gerichte nicht, aus den vorgetragenen Tatsachen die zutreffenden Rechtsfolgerungen zu ziehen.
Art. II des Kontrollratgesetzes (KRG) Nr. 15 ist im Streitfalle nicht anwendbar. Durch diese Vorschrift ist gemäß ihrer Zielsetzung nur § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG außer Kraft getreten. Ziff. 1 ist durch das KRG unberührt geblieben (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs II 20/48 vom 23. Mai 1949, Slg. Bd. 54 S. 330). Das Finanzamt versucht, die Anwendung des Art. II KRG Nr. 15 damit zu rechtfertigen, daß im vorliegenden Falle nicht Ziff. 1, sondern Ziff. 2 des § 2 Abs. 2 UStG in Betracht komme, weil innerhalb der D. deren Komplementärin, die GmbH, die Hauptrolle spiele. Herr B. sei kinderlos. Im Falle seines Todes hätten sich Schwierigkeiten bezüglich der Nachfolge in seine Komplementärstellung ergeben. Er habe daher durch den Einbau der GmbH in die D. einen "unsterblichen" Komplementär schaffen wollen, dessen weitere Aufgabe darin bestehen sollte, einen Teil der Gewinne der Betriebsgesellschaft aufzuspeichern. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei allein die Komplementärin, also die GmbH, zur Vertretung und Geschäftsführung der D. berechtigt und verpflichtet. Sie besitze 66 2/3 v. H. ihrer Geschäftsanteile. Da somit wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell die D. in die GmbH eingegliedert sei, komme nicht die D. (KG), sondern die GmbH, also eine juristische Person, als die gegebenenfalls von der Steuerpflichtigen beherrschte Gesellschaft in Betracht.
Diesen Ausführungen des Finanzamts kann nicht gefolgt werden. Die Frage der Organschaft oder des organschaftsähnlichen Verhältnisses kann nur zwischen zwei, nach außen hin am Wirtschaftsleben teilnehmenden Firmen, nicht dagegen innerhalb einer Firma (hier der D.) auftauchen. Die GmbH übt - wie beide Parteien bei einer Verhandlung vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts am ... übereinstimmend erklärt haben - innerhalb der D. (KG) lediglich die Funktion der Komplementärin aus. Die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit einer Gesellschaft (hier der D.) beurteilt sich nicht nach der Stellung ihrer Mitglieder untereinander. Dadurch, daß einer ihrer Gesellschafter eine juristische Person ist, verliert eine KG nicht die Eigenschaft als Personengesellschaft im Rechtssinn (Urteil des Bundesfinanzhofs V 47/56 U vom 23. Juli 1959, a. a. O.).
Infolge der Eingliederung der D. in die Steuerpflichtige liegen steuerbare Umsätze zwischen den beiden Gesellschaften nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 411906 |
BStBl III 1966, 300 |
BFHE 1966, 250 |
BFHE 85, 250 |