Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH & Co. KG als Organ im Sinne des Gewerbesteuerrechts?
Leitsatz (NV)
Eine GmbH & Co. KG kann nicht Organgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sein.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, stellt . . . her. Sie steht in geschäftlicher Verbindung zur A-GmbH, die . . . herstellt. Der A-GmbH war die B-GmbH angegliedert; diese GmbH wurde seitens des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) gewerbesteuerlich als Organgesellschaft der A-GmbH angesehen.
Die A-GmbH ist die Komplementärin der Klägerin; am Festkapital der Klägerin sind daneben sieben Kommanditisten beteiligt. Drei Kommanditisten sind gleichzeitig die alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH; zwei Kommanditisten waren Prokuristen der A-GmbH ohne Gesellschaftsbeteiligung; zwei andere Kommanditisten waren Geschäftsführer der B-GmbH.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat die Klägerin gegenüber den geänderten Gewerbesteuermeßbescheiden 1973 und 1974 die Auffassung, sie sei mangels Selbständigkeit nicht gewerbesteuerpflichtig. Sie sei finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch der A-GmbH untergeordnet. Da sämtliche Gesellschafter als Angestellte der A-GmbH bzw. der B-GmbH den Weisungen der A-GmbH unterworfen seien, müsse sie selbst als Angestellte der A-GmbH behandelt werden.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil und die Gewerbesteuermeßbescheide 1973 und 1974 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; das Finanzgericht (FG) hat die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin zu Recht bejaht.
1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung gilt die Tätigkeit einer KG, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, stets als ein der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb. Das GewStG sieht keine Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. Insbesondere ist die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht von Kapitalgesellschaften vorgesehene Ausnahme, daß Organgesellschaften i. S. des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nicht selbst gewerbesteuerpflichtig, sondern als Betriebstätten des Organträgers anzusehen sind, nicht auf Personengesellschaften anwendbar. Dies gilt auch im Falle einer GmbH & Co. KG. Eine derartige Gesellschaft ist trotz ihrer Besonderheiten, die sich aus der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter ergeben, keine Kapitalgesellschaft i. S. des GewStG (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Januar 1973 I R 253/71, BFHE 108, 51, BStBl II 1973, 269; vom 7. März 1973 I R 119/71, BFHE 109, 196, BStBl II 1973, 562; vom 10. November 1983 IV R 56/80, BFHE 140, 93, BStBl II 1984, 150). Wie der Große Senat des BFH inzwischen dargelegt hat, unterfällt die GmbH & Co. KG nicht dem KStG (Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 757). Sie kann deswegen nicht Organgesellschaft i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sein.
2. In der Vergangenheit sind die Betriebe von zwei Personengesellschaften als Unternehmenseinheit gewerbesteuerlich zusammengefaßt worden. Hinsichtlich der Betriebe einer Kapital- und einer Personengesellschaft war dies nicht möglich. Die Rechtsprechung zur Unternehmenseinheit ist zwischenzeitlich auch aufgegeben worden (BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, BStBl II 1980, 465).
3. In seinem Urteil vom 24. Januar 1941 V 62/39 (RStBl 1941, 446) hat der Reichsfinanzhof (RFH) ausgeführt, wie eine natürliche Person, könne auch eine Personenvereinigung im Verhältnis zu einem Dritten unselbständig sein. Dies sei der Fall, wenn jeder Gesellschafter Angestellter eines Unternehmens und diesem Unternehmen derart eingegliedert sei, daß er seinen Weisungen zu folgen habe; in diesem Fall sei das Unternehmen der abhängigen Personengesellschaft Betriebstätte des herrschenden Unternehmens. In anderen RFH- und BFH-Entscheidungen ist auf diese Auffassung verwiesen worden (RFH-Urteil vom 10. September 1941 VI 221/41, RStBl 1941, 772; BFH-Entscheidungen vom 18. Oktober 1960 I 184/60 U, BFHE 71, 722, BStBl III 1960, 518; vom 7. März 1961 I 251/60 S, BFHE 72, 578, BStBl III 1961, 211; vom 26. April 1972 IV R 194/71, BFHE 106, 321, BStBl II 1972, 794). in einem späteren Urteil hat der BFH offengelassen, ob der Auffassung des RFH noch gefolgt werden könne (Urteil vom 7. März 1973 I R 119/61, BFHE 109, 196, BStBl II 1973, 562). Zuletzt hat der BFH angenommen, daß der persönlich haftende Gesellschafter einer KG, der bei Ausführung seiner Aufgabe gegenüber dem Kommanditisten wie ein Angestellter weisungsgebunden ist, gleichwohl Mitunternehmer sei und daß die KG deswegen einen eigenen Gewerbebetrieb unterhalte (Urteil vom 11. Juni 1985 VIII R 252/80, BFHE 144, 357). Ob dies auch dann gilt, wenn die Kommanditisten ihre Beteiligung in einem Anstellungsverhältnis gegenüber dem persönlich haftenden Gesellschafter halten, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Auf diese Frage braucht im Streitfall jedoch nicht eingegangen zu werden. Denn die Mitunternehmerschaft der Kommanditisten könnte nur dann entfallen, wenn sie ihre Beteiligung in Vollziehung ihres Anstellungsverhältnisses hielten und bei der Ausübung ihrer gesellschaftlichen Befugnisse weisungsgebunden wären. Dafür ergeben sich aber keine Anhaltspunkte.
Für die drei Kommanditisten, die gleichzeitig die alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH sind, ist ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis auszuschließen, da sie über die Willensbildung in der GmbH bestimmen und diesen Willen als Gesellschaftsorgane durchführen. Ebenso gibt es keine Anzeichen, daß die übrigen Gesellschafter, bei denen es sich um drei Prokuristen der A-GmbH und zwei Geschäftsführer der B-GmbH handelt, bei Ausübung ihrer Gesellschaftsrechte den Weisungen der A-GmbH unterlegen hätten. Schließlich ist nichts dafür festgestellt, daß die Kommanditisten ihre Gesellschafterbeteiligung treuhänderisch für die A-GmbH gehalten haben, so daß sie gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977), § 11 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes dieser GmbH als Treugeberin zuzurechnen gewesen wären.
Fundstellen
Haufe-Index 414514 |
BFH/NV 1988, 116 |