Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausgleichsforderung gegen ein Land, die einer öffentlichen Bausparkasse auf Grund von § 3 der 33. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz zugeteilt wird, gehört zum langfristigen Kommunalkreditgeschäft im Sinne des § 19 Abs. 2 Ziff. 1 KStG.

 

Normenkette

KStG § 19 Abs. 2 Ziff. 1

 

Tatbestand

Es ist mündliche Verhandlung beantragt. Dem Senat erscheint es zweckmäßig, vorerst ohne eine solche zu entscheiden (ß 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung - AO -).

Streitig ist, ob die Zinsen aus der Ausgleichsforderung, die einer öffentlichen Bausparkasse auf Grund von § 3 der 33. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz (Amtliches Mitteilungsblatt der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - AMBlFin. 1949 S. 284) gegen die öffentliche Hand zugeteilt worden ist, dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 19 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) II/1948 und 1949 unterliegen.

Die Steuerpflichtige (Stpfl.) nimmt die Vergünstigung in Anspruch. Sie macht geltend, die Ausgleichsforderung gegen das Land sei unkündbar und nicht handelsfähig, daher einer langfristigen Zwangsanleihe vergleichbar und stelle ein Kommunalkreditgeschäft im weiteren Sinne dar. Die Ausgleichsforderung sei an die Stelle der nichtumgestellten öffentlichen Schuldtitel, insbesondere der Reichstitel, getreten, in denen die Stpfl. den größten Teil ihres Aktivvermögens habe anlegen müssen. Da die Geschäfte in Anleihen öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit mehr als vierjähriger Laufzeit zum langfristigen Kommunalkreditgeschäft gehört hätten, müsse auch die Zuteilung der Ausgleichsforderung dazu gerechnet werden.

Finanzamt und Finanzgericht haben die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes abgelehnt, das Finanzamt deshalb, weil die Ausgleichsforderung nur mittelbar mit dem langfristigen Kommunalkreditgeschäft zusammenhänge, das Finanzgericht, weil das Hauptmerkmal eines Kreditgeschäfts, nämlich die Gewährung und der Empfang einer Gegenleistung, fehle.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Stpfl. ist begründet.

Nach § 19 Abs. 2 Ziff. 1 KStG beträgt die Körperschaftsteuer bei Kreditanstalten des öffentlichen Rechts für Einkünfte aus dem langfristigen Kommunal-, Real- und Meliorationskreditgeschäft jeweils die Hälfte des Normalsatzes. Zum Kommunalkreditgeschäft gehören Kreditgeschäfte mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Gemeinden oder Gemeindeverbänden ebenfalls (vgl. Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 3/31 vom 12. Januar 1932, Slg. Bd. 30 S. 218, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1932 S. 299; sowie Urteil I 4/40 vom 2. Juli 1940, Slg. Bd. 49 S. 137, RStBl. 1940 S. 939). Aus der Tatsache, daß ein Land Schuldner der Ausgleichsforderung ist, kann eine Versagung der Vergünstigung demnach nicht hergeleitet werden. Auch nicht daraus, daß es sich um Buchforderungen handelt und nicht um Schuldverschreibungen des Landes. Den Schuldverschreibungen stehen die Schuldbuchforderungen gegen öffentliche Körperschaften gleich. Um die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Ziff. 1 KStG zu erfüllen, bedarf es nur noch des Nachweises der Zugehörigkeit zum Kreditgeschäft und der Langfristigkeit. Zum Kreditgeschäft eines Geldinstituts gehört begrifflich jede Maßnahme, durch die das Institut im Rahmen seines Geschäftsbetriebs ein Gläubigerrecht erwirbt und geltend macht, also Zinsen aus dem Recht zieht. Durch welchen Rechtsvorgang das Gläubigerrecht (hier die Forderung gegen die öffentliche Hand) erworben wird, ist für die Zugehörigkeit zum Kreditgeschäft nicht maßgebend. Sie richtet sich nach dem Inhalt der Forderung, nicht nach dem Anlaß der Rechtsschöpfung. Ob die Forderung (Schuldverpflichtung, Schuldverschreibung) durch Rechtsgeschäft im Wege des unmittelbaren Leistungsaustausches oder auf Grund Gesetzes ohne Gegenleistung oder ohne gleichwertige Gegenleistung, wie im vorliegenden Falle, erworben wird, ist also für die Zuweisung zum Kreditgeschäft nicht das Bedeutsame. Zum Kreditgeschäft gehört also nicht nur eine Zwangsanleihe, für die es das Finanzgericht anerkennt, sondern auch der Erwerb des Gläubigerrechts auf Grund Gesetzes. Die Ausgleichsforderungen werden Kreditanstalten, Versicherungsunternehmen usw. nach Maßgabe der Umstellungsrechnung auf den Stand vom 21. Juni 1948 als Ausgleich der aus der Umstellung des Geldwesens hervorgegangenen Verbindlichkeiten zugeteilt (ß 3 der 33. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz). Der Ausgleich wurde notwendig, weil die Verpflichtungen der Geldinstitute höher umgestellt wurden als ihre Forderungen, z. B. weil das Aktivvermögen in verlorenen Werten angelegt war, so in Reichstiteln usw., deren Umstellung nach dem Umstellungsgesetz unterblieben ist. Wenn der Gesetzgeber des Umstellungsgesetzes den Geldinstituten bei der Umstellung ihrer Forderungen Verluste auferlegte, so war die Zuweisung anderer Aktivwerte die notwendige logische Folgerung, um den erforderlichen Ausgleich in der Bilanz der Kreditinstitute herbeizuführen. Die im Zuge der Umstellung geschaffenen Ausgleichsforderungen an die öffentliche Hand gehören wirtschaftlich zum gleichen Tätigkeitsgebiet, auf dem die Verlust eingetreten sind, die Anlaß zur Zuteilung der Ausgleichsforderungen gewesen sind, nämlich zum Kreditgeschäft. Da die Ausgleichsforderung durch Gesetz zugeteilt ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob und inwieweit die Erträgnisse aus den Ausgleichsforderungen an die Stelle steuerermäßigter Erträgnisse aus früheren Reichstiteln usw. getreten sind. Eine derartige Koppelung lehnt der Senat demnach ab. Für die Beurteilung kommt es somit nicht darauf an, ob der Empfänger der Ausgleichsforderung vor der Zuteilung langfristige Kommunalkredittitel oder Reichstitel im Sinne von § 14 des Umstellungsgesetzes (UmstG) besaß. Auch soweit die Ausgleichsforderung Eigenkapital ersetzt oder ihre Zuteilung auf sonstigen Umständen beruht, gehört sie zum Kreditgeschäft.

Die vom Finanzgericht geforderte Gegenleistung könnte unter Umständen darin gesehen werden, daß gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 der 33. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz Bausparkassen, die eine Ausgleichsforderung von einem Land erhalten, diesem Land ihre Rechte aus Ansprüchen der in § 14 UmstG bezeichneten Art zu übertragen haben. Diese Auffassung vertritt Harmening, Die Währungsgesetze, Bd. 1 S. 155 Anm. 3 zu § 11 UmstG, wo die Abtretung als Gegenleistung für die Ausgleichsforderungen bezeichnet ist. Der Senat ist jedoch der Meinung, daß von einer Gegenleistung angesichts der Wertlosigkeit der abzutretenden Schuldtitel nicht gut gesprochen werden kann, daß aber, wie oben ausgeführt, der Erwerbsgrund die Qualifikation der Forderung als Ergebnis kreditgeschäftlicher Maßnahmen nicht entscheidend beeinflußt. Auch die Voraussetzung des § 19 Abs. 2 Ziff. 1 KStG der Langfristigkeit ist bei den Ausgleichsforderungen gegeben. Eine Tilgung der Ausgleichsforderungen ist in der 33. Durchführungsverordnung nicht vorgesehen, ist auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Binder, Wetter, Reinbothe, Die Währungsreform, Bd. II/2 S. 14, betrachten sie mit Recht als ewige Rente. Die Ausgleichsforderung der Stpfl. erfüllt somit alle Merkmale eines langfristigen Kommunalkreditgeschäfts. Die auf Grund der Forderung fließenden Zinsen genießen daher die Vergünstigung des § 19 Abs. 2 Ziff. 1 KStG.

Die Vorentscheidung ist wegen unrichtiger Anwendung des geltenden Rechts aufzuheben. Da die Höhe der Zinsen bestritten ist, die für den Abzug in Frage kommen, ist die Sache zu neuerlicher Feststellung und zum Erlaß eines berichtigten Bescheids, der den vorstehenden Ausführungen entspricht, an das Finanzamt zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407430

BStBl III 1952, 187

BFHE 1953, 484

BFHE 56, 484

DB 1952, 753

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