Entscheidungsstichwort (Thema)
Durch Realteilung einer GbR von Gesellschaftern übernommene Immobilien Zählobjekte bei der Drei-Objekt-Grenze für die Annahme gewerblichen Grundstückshandels
Leitsatz (NV)
- Immobilienobjekte, die der Gesellschafter einer GbR von dieser im Wege der Realteilung übernimmt und später veräußert, sind als Zählobjekte bei der Prüfung der sog. Drei-Objekt-Grenze zur Feststellung eines gewerblichen Grundstückshandels zu berücksichtigen.
- Trotz Überschreitens der im Rahmen der Drei-Objekt-Grenze geltenden Fünf-Jahres-Frist können später veräußerte Objekte bei Vorliegen besonderer Umstände wie der Branchennähe des Steuerpflichtigen und der hohen Zahl der veräußerten Objekte in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen sein.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Bauunternehmer. In der Zeit bis 1994 tätigte er folgende Immobiliengeschäfte:
1. Am 21. Juni 1988 erwarb er die Eigentumswohnung in A, A-Straße für 145 000 DM und veräußerte sie ―nach zwischenzeitlicher Vermietung― am 16. November 1990 für 220 000 DM.
2. Am 21. August 1989 erwarb er das Einfamilienhaus in B, B-Straße für 42 500 DM und veräußerte es ―nach zwischenzeitlicher Vermietung― am 31. Juli 1992 für 79 000 DM.
3. In den Jahren 1984 und 1985 errichtete eine BGB-Gesellschaft (GbR), die aus dem Kläger und zwei weiteren Gesellschaftern bestand, auf einem ihr gehörenden Grundstück in C ein Gebäude mit 16 Eigentumswohnungen. Zweck der GbR war lt. Gesellschaftsvertrag die gewinnbringende Veräußerung, Verwaltung und Vermietung des Gebäudes. Die GbR veräußerte zwei Wohnungen; die übrigen wurden fünf Jahre lang an einen Zwischenvermieter, den Mitgesellschafter X vermietet.
Zum 30. Juni 1987 schied der Kläger aus der GbR aus und erhielt im Rahmen der Auseinandersetzung als Ausgleich für die Abgabe seiner Gesellschafterrechte das Eigentum an fünf der von der GbR errichteten Eigentumswohnungen (Wohnungen Nr. 11 bis 15). Auch diese Wohnungen waren dem Mitgesellschafter X als Zwischenvermieter vermietet worden; dieser hatte die Wohnungen weiter vermietet. Die Mietverhältnisse begannen alle am 1. bzw. 15. April 1985 und wurden mit gesetzlicher Kündigungsfrist auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Der Kläger nahm die fünf Wohnungen im Jahre 1987 mit den Schulden zu Buchwerten in die Bilanz seines Bauunternehmens auf. In der Folgezeit verkaufte er zwei der Wohnungen im Jahre 1992, eine weitere im Jahre 1993 und die beiden restlichen im Jahre 1994.
Für das Jahr 1990 behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Wohnungen nach einer Außenprüfung als notwendiges Privatvermögen. Nach einer weiteren Außenprüfung, die u.a. die Gewerbesteuer für die Streitjahre 1990, 1992 und 1993 betraf, sah das FA die erwähnten Grundstücksgeschäfte als gewerblich an und erließ entsprechende Gewerbesteuermessbetragsbescheide.
Dagegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Er trägt vor: Da eine Ausgleichszahlung nicht geleistet worden sei, habe es sich bei der Realteilung der GbR nicht um einen Anschaffungsvorgang gehandelt. Dies vorausgesetzt könne ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Anschaffung bzw. Herstellung der Eigentumswohnungen durch die GbR (im Jahre 1984 bzw. 1985) und deren Veräußerung durch ihn angesichts des dazwischen liegenden Zeitraums von neun, zehn und elf Jahren als Indiz für eine bedingte Veräußerungsabsicht nicht bejaht werden. Dies gelte unabhängig davon, dass er Bauunternehmer sei.
Im Übrigen habe er immer wieder deutlich gemacht, dass er die zunächst in GbR gehaltenen Eigentumswohnungen nach der Auseinandersetzung weiterhin als Anlageobjekt angesehen habe und sie nur wegen eines späteren erheblichen Forderungsausfalls veräußert habe.
Mit seinen sonstigen Grundstücksgeschäften habe er die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und die Bescheide über die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für 1990, 1992 und 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG die Gewinne aus der Veräußerung der fünf Eigentumswohnungen den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet, weil der Kläger insoweit einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat.
1. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor, wenn er selbständig, nachhaltig sowie mit der Absicht, Gewinn zu erzielen betrieben wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen ist (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH―, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).
a) Für die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits stellt die Rechtsprechung dabei auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung ab. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C. I.; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448, zum Wertpapierhandel).
b) Indiz für einen solchen gewerblichen Grundstückshandel ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs (sog. Drei-Objekt-Grenze, vgl. BFH-Urteile vom 18. Mai 1999 I R 118/97, BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28; vom 15. März 2000 X R 130/97, BFHE 191, 360, BStBl II 2001, 530; Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).
aa) Werden innerhalb dieses engen zeitlichen Zusammenhangs ―in der Regel fünf Jahre― zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige substantielle Vermögenswerte durch Umschichtung ausnutzen will (BFH-Urteile vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135; vom 11. März 1992 XI R 17/90, BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007; in BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28, und in BFHE 191, 360, BStBl II 2001, 530).
bb) Auf dieses Indiz kommt es allerdings nicht an, wenn sich bereits aus anderen ―ganz besonderen― Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt (vgl. Beschlüsse des Großen Senats in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, und in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Danach können die Umstände im Einzelfall ―ausnahmsweise― derartig gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt. Andererseits können auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen (vgl. BFH-Entscheidung in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
cc) Diese Rechtsprechung gilt sowohl für Objekte, die der Steuerpflichtige lediglich angeschafft als auch für solche, die er selbst ―wie im Streitfall― errichtet hat (Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
2. Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels im Streitfall vor, weil der Kläger mehr als drei Objekte veräußert hat.
Neben der Veräußerung der Eigentumswohnung in A und des Einfamilienhauses in B sind dem Kläger nämlich sowohl die Veräußerung der beiden Eigentumswohnungen durch die GbR als auch die Veräußerung der fünf im Wege der Realteilung von der GbR übernommenen Eigentumswohnungen als Zählobjekte für die Feststellung eines gewerblichen Grundstückshandels zuzurechnen.
a) Die Zurechnung der Verkäufe der beiden Eigentumswohnungen durch die GbR entspricht der Rechtsprechung des Großen Senats. Danach können Grundstücksverkäufe einer GbR einem Gesellschafter, der auch eigene Grundstücke veräußert, in der Weise zugerechnet werden, dass bei diesen unter Einbeziehung der Veräußerungen ein gewerblicher Grundstückshandel entsteht (BFH-Entscheidung in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617).
Aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung gehört auch die Veräußerung der fünf Eigentumswohnungen in dem Gebäude in C zum Gewerbebetrieb des Klägers (vgl. zu dieser Gesamtbetrachtung BFH-Urteile vom 14. März 1989 VIII R 96/84, BFH/NV 1989, 784, unter II., vor 1; in BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28, unter II. 2. b).
b) Der erkennende Senat kann im Streitfall offen lassen, ob sich der Beginn des Zeitraums zwischen Erwerb/Errichtung und Veräußerung der fünf in Rede stehenden Eigentumswohnungen (sog. Haltefrist) nach dem Zeitpunkt der Errichtung der Wohnungen durch die GbR oder nach dem Zeitpunkt richtet, in welchem der Kläger in Vollzug der Realteilung des GbR-Vermögens bzw. aufgrund der ihm wegen Ausscheidens aus der GbR gewährten Sachwertabfindung die fünf Eigentumswohnungen zu Alleineigentum erwarb. Selbst wenn man zugunsten des Klägers für die Bemessung der Objekthaltefristen auf den erstgenannten Zeitpunkt abstellt (Errichtung der fünf Wohnungen durch die GbR), steht dies einer Einbeziehung der Wohnungen in einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers nicht im Wege.
Zwar wurden die streitigen Verkäufe ―wenn für den Beginn der fünfjährigen Haltefrist der Zeitpunkt der Errichtung der Wohnungen durch die GbR als maßgeblich angesehen wird― erst nach ca. 7 ½ (zwei Eigentumswohnungen), ca. 8 ½ (eine Eigentumswohnung) sowie nach ca. neun bis zehn Jahren (zwei Eigentumswohnungen) abgewickelt (zur Maßgeblichkeit des Zeitraums zwischen Errichtung durch den Veräußerer und dem Zeitpunkt der Veräußerung vgl. BFH-Entscheidung vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, unter 1. a aa der Gründe, m.w.N.).
Indes bildet nach ständiger Rechtsprechung der Fünf-Jahres-Zeitraum zwischen Anschaffung/Errichtung und Veräußerung des einzelnen Objekts keine starre ―absolute― Grenze. Folglich bleiben Objekte, die nach mehr als fünf Jahren, aber nicht später als zehn Jahre nach Erwerb oder Errichtung veräußert werden, nicht generell außer Betracht. Allerdings verringert sich zunehmend die Indizwirkung für die Annahme einer bereits im Erwerbs- oder Errichtungszeitpunkt vorliegenden zumindest bedingten Veräußerungsabsicht, so dass diese unter Umständen nur noch bei Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte bejaht werden kann. Solche Indizien können unter anderem die ggf. höhere Zahl der Verkäufe und eine ―im Streitfall gegebene― Branchennähe des Steuerpflichtigen als Bauunternehmer sein (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1989 X R 100/88, BFHE 159, 161, BStBl II 1990, 1060, und in BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135).
c) Solche besonderen Umstände liegen im Streitfall vor.
aa) Sowohl die Branchennähe des Steuerpflichtigen als Bauunternehmer wie auch die hohe Zahl der veräußerten Objekte (Veräußerung von vier Objekten innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums sowie Veräußerung von fünf weiteren Objekten innerhalb von zehn Jahren) sowie die Tatsache, dass die vom Kläger selbst außerhalb der GbR vorgenommenen sieben Verkäufe in einer Zeitspanne von weniger als fünf Jahren abgewickelt wurden (vgl. zur Bedeutung dieser zweiten Fünfjahresgrenze BFH-Urteil in BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135, unter II. 2. der Gründe), indizieren objektiv eine von Anfang an vorliegende bedingte Veräußerungsabsicht.
bb) Gegen eine Veräußerungsabsicht sprechende Indizien wie eine langfristige ―mindestens einen fest vereinbarten Zeitraum von fünf Jahren betreffende― Vermietung lagen ersichtlich nicht vor; insoweit ist auch die im Streitfall gegebene Zwischenvermietung ohne Bedeutung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. Juni 1992 IV R 79/91, BFH/NV 1992, 809, 810).
cc) Der Einwand des Klägers, die Verkäufe seien erst durch einen später eingetretenen Forderungsausfall notwendig geworden, ist schon deshalb unbeachtlich, weil er als neuer Tatsachenvortrag erst im Revisionsverfahren vorgetragen wurde (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1999 VII R 78/98, BFH/NV 2000, 898, m.w.N.). Der Senat kann deshalb dahinstehen lassen, ob derartige nachträgliche Finanzierungsschwierigkeiten für sich genommen zu den Umständen gehören können, die nach der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 (unter C. III. 5. der Gründe) trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze im Einzelfall "zweifelsfrei" gegen eine schon bei Erwerb oder Errichtung der Zählobjekte bestehende Veräußerungsabsicht sprechen können (dagegen die bisherige BFH-Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 27. Februar 1991 XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524, 525; vom 5. September 1990 X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060, m.w.N.).
3. Die Sache ist spruchreif. Einwendungen gegen die Höhe der in den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge hat der Kläger nicht erhoben.
Fundstellen
Haufe-Index 939110 |
BFH/NV 2003, 890 |
ZfIR 2004, 85 |