Leitsatz (amtlich)
Der Senat schließt sich dem Urteil des IV. Senats des BFH vom 21. Januar 1971 IV 123/65 (BFHE 102, 464, BStBl II 1971, 682) an, wonach die Aufteilung eines auf Grund und Boden und aufstehende Gebäude, die zum Betriebsvermögen gehören, entfallenden Gesamtkaufpreises nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu erfolgen hat. Dies gilt mit der Maßgabe, daß es auf die Verkehrswerte ankommt, auch für Wirtschaftsgüter (Grund und Boden einerseits, Gebäude andererseits), die zum Privatvermögen gehören. Es gilt sowohl für den Veräußerer als auch für den Erwerber.
Normenkette
EStG 1966 §§ 7, 9 Nr. 6
Tatbestand
Streitig ist bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1966 der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) die Höhe der Anschaffungskosten des am 1. März 1965 erworbenen Mietwohnhauses und demgemäß die Höhe der AfA nach § 7 EStG. Die Kläger haben beim Erwerb des Grundstücks einen Gesamtkaufpreis für Grund und Boden und Gebäude von 129 458 DM aufgewendet. Sie begehrten ursprünglich Anerkennung eines Gebäudewertanteils von 85 %. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) bemaß die AfA nach einem Gebäudewertanteil von nur 42 % des Gesamtkaufpreises. Diesen ermittelte er so, daß er vom Gesamtkaufpreis den Wert des Grund und Bodens, den er auf Grund einer Auskunft des Katasteramts mit 100 DM pro qm ansetzte, abzog (Restwertmethode).
Mit ihrem Einspruch, mit dem die Kläger Anerkennung eines Gebäudewertanteils von 68 % mit der Begründung begehrten, im Einheitswert per 1. Januar 1964 entfielen rd. 32 % auf Grund und Boden, 68 % auf das Gebäude, und die Restwertmethode des FA ablehnten, blieben sie ohne Erfolg. Das FA stützte sich in seiner Einspruchentscheidung erneut auf die Schätzung des Werts des Grund und Bodens anhand der bei der Bewertungsstelle geführten Kaufpreissammlung und der Unterlagen des Katasteramts. Besonderheiten lägen bei dem fraglichen Grundstück nicht vor. Der auf das Gebäude entfallende Anteil sei auch angemessen, da das Gebäude bereits 1914 errichtet worden sei.
Mit ihrer Klage hiergegen hatten die Kläger teilweise Erfolg. Nach einer Darstellung der Grundsätze über die Ermittlung der Anteile des Grund und Bodens einerseits, des Gebäudes andererseits am Gesamtkaufpreis nach den Urteilen des BFH vom 15. Oktober 1965 VI 134/65 U (BFHE 83, 610, BStBl III 1965, 720) und vom 3. Juni 1965 IV 351/64 U (BFHE 83, 207, BStBl III 1965, 576), von denen das erstgenannte die Restwertmethode für allein vertretbar hielt, das zweite neben der Restwertmethode in bestimmten Fällen (Streit über das Aufteilungsverhältnis, Anhaltspunkte dafür, daß der auf das Gebäude entfallende Teil des Gesamtkaufpreises unzutreffend sei) eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter forderte, führte die Vorinstanz im wesentlichen aus: im Streitfall zeige das Ergebnis, zu dem das FA gelange, daß die Restwertmethode zu einem unrichtigen Gebäudeanteil führe. Denn wenn bei der Einheitsbewertung rd. 68 % auf das Gebäude entfielen, nach der Restwertmethode des FA aber nur 42 %, so rechtfertige ein so großer Unterschied Zweifel an der vom FA durchgeführten Berechnung. Wenn auch der Bodenwertanteil nach Abschn. 20 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Richtlinien zur Bewertung des Grundvermögens vom 19. September 1966 - BewRGr - (BStBl I 1966, 890 [900]) nur pauschal nach dem Multiplikator 1,82 geschätzt sei, so beruhe diese Bewertung doch auf umfangreichen Erhebungen der Bewertungsstellen, so daß davon ausgegangen werden könne, daß die Wertanteile durchschnittlich zutreffend seien. Auch der ungewöhnliche Anstieg der Bodenpreise vom 1. Januar 1964 zum 1. März 1965 von durchschnittlich 65 DM auf 100 DM pro qm führe bei Anwendung der Restwertmethode zu Verzerrungen. Wenn die Kläger das Grundstück am 1. Januar 1964 erworben hätten, so wäre der Gebäudewertanteil nach der Restwertmethode wesentlich günstiger gewesen. Im allgemeinen müßten die Wertanteile für Grund und Boden sowie für das Gebäude durch Gutachter ermittelt werden. Im Streitfall biete aber die Einheitsbewertung zum 1. Januar 1964 einen brauchbaren Anhalt, so daß auf Sachverständige verzichtet werden könne, Die Aufteilung der Einheitsbewertung sei allerdings nicht unmittelbar zu übernehmen. Es müsse noch die Preisbewegung bis zum 1. März 1965 berücksichtigt werden. Es wäre aber verfehlt, den Bodenwertanteil in gleichem Ausmaß zu erhöhen, wie sich der Boden verteuert habe. Unter Berücksichtigung des Umstands, daß es sich um eine außergewöhnliche Preissteigerung gehandelt habe sowie der weiteren Tatsache, daß sich auch der Wert des Gebäudes erhöht habe, dürfte die Annahme eines Bodenwertanteils von 40 % und des Gebäudewertanteils von 60 % den tatsächlichen Verhältnissen am ehesten entsprechen. Der Gebäudewertanteil betrage danach 77 675 DM, die jährliche AfA 1 941,85 DM.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
1. Die Vorentscheidung hat die Restwertmethode des FA zutreffend nicht angewendet. Zwar ging noch das von der Vorinstanz zitierte Urteil des BFH VI 134/65 U im Anschluß an das Urteil des RFH vom 19. November 1941 VI 200/41 (RStBl 1942, 42) von der Anwendbarkeit dieser Methode aus, schränkte die Anwendbarkeit aber auf Fälle ein, in denen hierdurch ein angemessenes Ergebnis erzielt werden konnte. Im Urteil vom 21. Januar 1971 IV 123/65 (BFHE 102, 464, BStBl II 1971, 682) gab der IV. Senat des BFH die Grundsätze der Restwertmethode mit überzeugenden Gründen auf. Mit Recht lehnt er die Unterstellung des RFH ab, beim Verkauf eines Baugrundstücks sei als Wille der Parteien davon auszugehen, daß das Entgelt in erster Linie ein solches für den Grund und Boden bilde. Zwar sei zuzugeben, daß der nicht vermehrbare Grund und Boden in der Regel bei einem Verkauf die entscheidende Rolle spielen werde; gerade deshalb aber sei auch der Verkäufer oft in der Lage, eine Abgeltung für Gegenstände durchzusetzen, die für den Erwerber ohne Interesse seien. Es komme daher bei zu einem Betriebsvermögen gehörigen Wirtschaftsgütern für die Frage der Aufteilung eines einheitlichen Gesamtkaufpreises auf das Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter an. Zu einem gleichartigen Ergebnis gelangt, wenn auch ohne nähere Begründung, das Urteil des BFH vom 18. November 1970 I 133/64 (BFHE 100, 516, BStBl II 1971, 133, vorletzter Absatz). Hinweis in diesem Zusammenhang auch auf die Urteile des BFH vom 5. Februar 1969 I 183/63 und I R 21/66 (BFHE 95, 224 und 151, BStBl II 1969, 377, 334). Hier werden zwar andere Sachverhalte entschieden. Immer handelt es sich aber gleichzeitig um die Frage der Aufteilung eines einheitlichen Gesamtkaufpreises auf mehrere selbständige bewertbare Wirtschaftsgüter. Stets wird hierbei ein objektiver Aufteilungsmaßstab gefordert, der dem Verhältnis der Teilwerte entspricht.
Diesen Rechtsgrundsätzen schließt sich der erkennende Senat an. Sie gelten für den Erwerber ebenso wie für den Veräußerer. Es liegt auch kein Beurteilungsunterschied darin, ob die Aufteilungsfrage Grund und Boden einerseits, Gebäude andererseits betrifft oder ob sie bei anderen Wirtschaftsgütern auftritt, die zu einem einheitlichen Gesamtpreis erworben werden. Es ist grundsätzlich auch gleichgültig, ob es sich um Gegenstände des Betriebsvermögens oder um solche handelt, die zum Privatvermögen gehören. Ein Unterschied besteht hier nur insoweit, als im Falle von Privatvermögen Aufteilungsmaßstab nicht das Verhältnis der Teilwerte, sondern das der Verkehrswerte ist. In besonderen, im jeweiligen Sachverhalt begründeten Ausnahmefällen kann eine anderweite Aufteilungsmethode in Betracht kommen. Grundsätzlich aber ist die Aufteilung nach dem Verhältnis der Teil- oder Verkehrswerte geboten, da es nicht den Steuerpflichtigen überlassen bleiben kann, je nach der Auswirkung der Aufteilung auf die Besteuerung dem einen oder dem anderen Wirtschaftsgut innerhalb des Gesamtkaufpreises ein Gewicht beizumessen, das es bei einer Wertbemessung nach objektiven, wenn auch nur schätzbaren Größen nicht hat.
Im Streitfall liegen besondere Umstände, ausnahmsweise einen anderen Aufteilungsmaßstab, insbesondere die Restwertmethode anzuwenden, nicht vor. Es ist kein Grund ersichtlich, aus dem zu entnehmen wäre, daß den Klägern bei Erwerb des Grundstücks an dem Gebäude weniger gelegen sein konnte als am Grund und Boden.
2. Gleichwohl muß die Vorentscheidung aufgehoben werden. Denn die Methode der Vorentscheidung, die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten (§ 9 Nr. 6 EStG 1966 in Verbindung mit § 7 Abs. 4 EStG 1966) zum Zwecke der Bemessung der AfA in Anlehnung an den Einheitswert für das Grundstück per 1. Januar 1964 zu ermitteln, entspricht nicht den unter 1. dargestellten Grundsätzen. Zwar kann es sich immer nur um eine Schätzung handeln, da sich aus dem Gesamtkaufpreis von 129 458 DM für das bebaute Grundstück der auf das Gebäude entfallende Betrag nur anhand geschätzter Größen (Verkehrswerte für Grund und Boden einerseits, für das Gebäude andererseits) bestimmen läßt. Wenn das FG sich jedoch hierzu weitgehend an die Einheitsbewertung zum 1. Januar 1964 angelehnt und nur eine in ihrer Auswirkung nicht näher begründete Korrektur des durch die Einheitsbewertung festgestellten Verhältnisses von Grund und Boden und Gebäude im Hinblick auf die zwischen dem 1. Januar 1964 und dem 1. März 1965, dem Erwerbszeitpunkt der Kläger, eingetretene ungewöhnlich hohe Preissteigerung vorgenommen hat, so vermag der Senat diesem Verfahren nicht beizustimmen. Denn die Grundlagen für die Einheitsbewertung eines bebauten Mietwohngrundstücks mit einem Vielfachen der Jahresrohmiete beruhen auf anderen Überlegungen als die Feststellung der Anschaffungskosten im Anschaffungszeitpunkt. Das gilt auch für die Bemessung des Bodenwertanteils und damit auch des Gebäudewertanteils am Einheitswert. Wie die Vorinstanz zutreffend selbst dargestellt hat, sind die Bodenwertanteile im Einheitswert pauschalierte Durchschnittsbeträge, die zwar auf Erhebungen über die tatsächlichen Verhältnisse beruhen, die aber im Einzelfall keine geeignete Grundlage für eine Aufteilung eines Gesamtanschaffungspreises abgeben. Im übrigen gelten nach § 1 Abs. 2 BewG die Vorschriften dieses Gesetzes nicht, soweit in anderen Steuergesetzen besondere Bewertungsvorschriften enthalten sind. Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 2, der für zum Privatvermögen gehörige Wirtschaftsgüter ebenfalls gilt, § 9 Nr. 6 in Verbindung mit § 7; vgl. auch Urteil des BFH vom 30. Juli 1965 VI 264/64 U, BFHE 83, 454, BStBl III 1965, 663, für den Begriff Anschaffungskosten im Sinn des § 23) sind entgeltlich angeschaffte Wirtschaftsgüter aber mit den Anschaffungskosten anzusetzen, was bei Anschaffung gegen Geld Ansatz mit dem tatsächlich aufgewendeten Geldbetrag bedeutet. Dies schließt es grundsätzlich aus, im Streitfall die Anschaffungskosten im Wege der Anlehnung an die Einheitsbewertung unter Vornahme mehr oder minder einschneidender Korrekturen zu ermitteln. Vielmehr sind die Verkehrswerte des Grund und Bodens sowie des Gebäudes, gegebenenfalls unter Heranziehung von Sachverständigen, festzustellen und der Gesamtkaufpreis sodann im Verhältnis dieser Verkehrswerte aufzuteilen.
Da die Vorinstanz von anderen Rechtsgrundsätzen ausging, war sie aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Entscheidung nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen an sie zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 70342 |
BStBl II 1973, 295 |
BFHE 1973, 168 |