Leitsatz (amtlich)
1. Es bestehen keine Bedenken dagegen, den gemeinen Wert lizenzierter Erfindungen in sinngemäßer Anwendung des § 10 BewG i. d. F. vor BewG 1965 durch Kapitalisierung des Reinertrags zu ermitteln. Die für die Kapitalisierung anwendbaren Vervielfacher sind nach der Rentenformel für nachschüssige Renten zu bestimmen. Entsprechend den tatsächlichen Erfahrungen über die durchschnittliche Gesamtnutzungsdauer patentierter Erfindungen ist dabei allgemein von einer Verzinsung von 12,5 v. H. auszugehen.
2. Im Verfahren vor den Finanzgerichten ist eine Streitverkündung nicht statthaft.
Normenkette
BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 10; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 67 Abs. 1 Nr. 5; FGO §§ 59, 155
Tatbestand
Der Revisionskläger ist Mitinhaber zahlreicher im Inland und Ausland patentierter Erfindungen. Die Schutzdauer der Patente endet 1968. Die Erfinder übertrugen 1950 die Benutzung ihrer Erfindungen an eine Maschinenfabrik gegen Zahlung von Lizenzgebühren. Diese betrugen zunächst 10 v. H. aller Einnahmen im Zusammenhang mit den Schutzrechten. Durch Zusatzprotokoll wurde der Satz auf 7,5 v. H. ermäßigt. Nach dem Auslaufen des Vertrags im Jahre 1960 kam eine Erneuerung nicht zustande, weil einzelne Patente angefochten worden waren; es wurde jedoch eine Lizenzgebühr von 5 v. H. weitergezahlt. Von den Lizenzeinnahmen entfielen zunächst auf den Revisionskläger 11/16 und auf seinen Miterfinder 5/16; ab 1. Januar 1959 erhält der Revisionskläger 60 v. H. und sein Miterfinder 40 v. H. der Lizenzeinnahmen.
Das FA (Revisionsbeklagter) bewertete den Anteil des Revisionsklägers an den Erfindungen bei der Vermögensteuerhauptveranlagung 1960 mit 123 883 DM. Es ermittelte diesen Wert dadurch, daß es die auf den Revisionskläger entfallenden Lizenzeinnahmen mit dem einer vierjährigen Laufzeit entsprechenden Vervielfacher 3,698 der Hilfstafel 2 zu § 15 Abs. 1 des BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung (im folgenden: BewG) vervielfachte.
Die Sprungberufung hatte nur teilweise Erfolg. Das FG ging davon aus, daß zunächst der Gesamtwert der in Lizenz vergebenen Patente auf der Grundlage des gemeinen Werts zu ermitteln sei; erst dann könne der Anteil des Revisionsklägers an diesem Wert errechnet werden. Der gemeine Wert der Patente könne weder aus Verkäufen abgeleitet noch durch griffweise Schätzung ermittelt werden. Damit bleibe nur die Möglichkeit der Kapitalisierung der Reinerträge aus der Lizenzierung. Für diese Wertermittlung legte das FG die Lizenzroheinnahmen der Jahre 1953 bis 1962 von insgesamt 997 867 DM zugrunde und zog hiervon die Aufwendungen während dieses Zeitraums in Höhe von insgesamt 197 337 DM ab. Im Hinblick darauf, daß der Revisionskläger durch seinen persönlichen Einsatz in der Werbung die Auswertung der Erfindungen zu einem besonderen Erfolg geführt habe, ermäßigte das FG die Reinerträge um 20 v. H. Für die Kapitalisierung ging es von der auch vom FA angenommenen und vom Revisionskläger nicht bestrittenen Laufzeit von vier Jahren aus. Die Risiken auf Grund der Patentanfechtung berücksichtigte es durch einen Abschlag von 10 v. H. Auf diese Weise errechnete sich ein gemeiner Wert der Patente von rd. 200 000 DM und ein Anteil des Revisionsklägers von rd. 120 000 DM.
Mit der Revision rügt der Revisionskläger Verletzung des rechtlichen Gehörs, Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und unrichtige Anwendung materiellen Rechts. Außerdem hat der Revisionskläger dem Land X den Streit verkündet.
1. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs stützt der Revisionskläger darauf, daß das FG nicht zu erkennen gegeben habe, daß es eine Bewertung der Erfindungen durch Kapitalisierung der Reinerträge habe vornehmen wollen. Dabei spiele die Tatsache der Anfechtung der Patente eine wesentliche Rolle. Ihre Auswirkung auf den Wert der Patente sei nicht erörtert worden. Ein Verstoß gegen den Inhalt der Akten liege darin, daß das FG das eingeholte Sachverständigengutachten über den gemeinen Wert der Erfindungen zu Unrecht als nicht verwendbar abgelehnt habe, obwohl sich aus dem Aktenvermerk über die Sachbesprechung mit dem Inhaber der Lizenznehmerfirma ergebe, daß diese die Patente zwar durchaus habe erwerben wollen, aber keinesfalls bereit gewesen sei, 100 000 DM zu bezahlen. Nach seiner Erklärung sei er wahrscheinlich nicht einmal bereit gewesen, 50 000 DM zu bezahlen. Danach müsse der Wert der Patente unter 50 000 DM liegen, so daß der von dem Sachverständigen begutachtete Wert von 30 000 DM für den Anteil des Revisionsklägers bestätigt werde. Schließlich habe das FG die Vorschriften des BewG dadurch unrichtig angewendet, daß es die Erfindungen nicht mit dem gemeinen Wert, sondern mit dem Kapitalwert der zukünftigen Lizenzerträge bewertet habe. Selbst wenn man die Bewertung mit dem Kapitalwert der Lizenzeinnahmen als Hilfsmaßstab anerkenne, sei der vom FG ermittelte Wert unrichtig, weil es nicht nur die Erträge der letzten drei Jahre vor dem Veranlagungszeitpunkt, sondern die der letzten sieben Jahre vor dem Veranlagungszeitpunkt und der dem Veranlagungszeitpunkt folgenden drei Jahre zugrunde gelegt habe. Die früheren Jahre vor dem Veranlagungszeitpunkt könnten keinen Anhalt für die zukünftigen Erträge nach den Verhältnissen vom 1. Januar 1960 geben, zumal die aus dem Rahmen fallenden Erträge der Jahre 1955 und 1956 durch hohe Exportaufträge bestimmt gewesen seien, mit deren Wiederholung nicht gerechnet werden könne. Außerdem habe das FG den auf die Werbetätigkeit des Revisionsklägers entfallenden Anteil der Lizenzen zu gering veranschlagt; denn bis einschließlich 1958 habe er eine Vorwegvergütung von nicht nur 20 v. H., sondern von 37 v. H. erhalten. Schließlich sei das Risiko wegen der Anfechtung der Patente mit einem Abschlag von 10 v. H. viel zu gering geschätzt worden; denn ein angefochtenes Patent sei praktisch wertlos.
Der Revisionskläger beantragte, die Vorentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragte, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs greift nicht durch. Die Gewährung des rechtlichen Gehörs bedeutet, daß das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (§ 96 Abs. 2 FGO). Dagegen ist das Gericht nicht verpflichtet, sämtliche möglichen Rechtsfolgen mit den Beteiligten zu erörtern, die an die festgestellten Tatsachen geknüpft werden können. Allerdings darf es die Beteiligten nicht mit einer bestimmten Rechtsansicht überraschen und z. B. eine völlig neue Schätzungsmethode wählen, zu der die Prozeßparteien sich nicht äußern konnten. Dies ist aber auch nicht geschehen. Das FG hat in einem Termin mit dem Revisionskläger eingehend die Lizenzerträge aus den Patenten und die zukünftigen Ertragsaussichten erörtert. Dabei kam durch die Einlassung des Vorstehers des FA und durch die vom FA bei der Veranlagung durchgeführte Bewertung hinreichend zum Ausdruck, daß die Bewertung auf der Grundlage des Kapitalwerts der künftigen Lizenzerträge erfolgen werde.
2. Auch ein Verstoß gegen den Inhalt der Akten liegt nicht vor. Die FGO kennt einen Verstoß gegen den Inhalt der Akten als einen von Amts wegen zu beachtenden selbständigen Revisionsgrund nicht mehr. Durch einen solchen Verstoß kann aber § 96 FGO dadurch verletzt sein, daß das Gericht seiner Beurteilung nicht das gesamte Ergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt hat (Entscheidung des BFH V 220/63 vom 17. Februar 1966, BFH 85, 60, BStBl III 1966, 233). Ein derartiger Fehler ist indessen nicht gegeben. Das FG hat das Sachverständigengutachten zutreffend als Grundlage für die Bewertung der Erfindungen des Revisionsklägers abgelehnt; denn dieses Gutachten enthält in seinem wesentlichen Teil nur Ausführungen über die Rechtsvorschriften des BewG, Beschreibungen der Erfindungen des Revisionsklägers sowie Beschreibungen späterer patentierter Erfindungen auf demselben Gebiet, und kommt schließlich durch griffweise Schätzung ohne nähere Begründung zu dem Ergebnis, daß die Patente des Revisionsklägers und seines Miterfinders am 1. Januar 1960 einen gemeinen Wert von 30 000 DM gehabt hätten. Da dem Revisionskläger dieser Wert nicht ausschließlich zuzurechnen ist, würde auf ihn ein Anteil von allenfalls 18 000 DM entfallen. Die Einlassung des Inhabers der Lizenznehmerfirma bestätigt diese Bewertung durch den Sachverständigen in keiner Weise. Er erklärte nämlich auf Befragen des Gerichts lediglich, daß er die Patente zwar käuflich erwerben würde, allerdings auf keinen Fall zu dem als Streitwert in den Patentstreitigkeiten angenommenen Betrag von 100 000 DM, möglicherweise nicht einmal für 50 000 DM. Diese Erklärung ist weder eine Bestätigung des Sachverständigengutachtens, noch kann sie als Mitteilung gewertet werden, aus der der gemeine Wert der Erfindungen hätte abgeleitet werden können.
3. Die Vorentscheidung ist jedoch aufzuheben, weil sie gegen materielles Recht verstößt.
Der Bewertungsmaßstab für geschützte Erfindungen, die zum sonstigen Vermögen gehören, ist der gemeine Wert. Er wird durch den Veräußerungspreis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestimmt (§ 10 BewG). Erfindungen sind untereinander regelmäßig nicht vergleichbar. Deshalb hat der für eine bestimmte Erfindung erzielte Veräußerungspreis keinen Aussagewert für den gemeinen Wert einer anderen Erfindung. Außerdem sind Veräußerungsfälle von Patenten im Verhältnis zur Zahl der laufenden Patente selten. Damit läßt sich aber der Wert lizenzierter Erfindungen nicht, wie es der Wortlaut des § 10 BewG vorsieht, unmittelbar aus einem Veräußerungspreis ableiten, sondern er muß entsprechend dem Sinn dieser Vorschrift auf Grund von Ertragswertüberlegungen durch Kapitalisierung der Reinerträge ermittelt werden. Das FG hat deshalb zu Recht entsprechend diesem Sinn des § 10 BewG den gemeinen Wert der Patente des Revisionsklägers und seines Miterfinders durch Kapitalisierung der Lizenzeinnahmen bestimmt. Es ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß eine Erfindung, wie der Senat mit Urteil III 58/62 vom 4. März 1966 (BFH 86, 72, BStBl III 1966, 348) entschieden hat, durch die Lizenzierung nicht zu einem Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen im Sinn des § 67 Abs. 1 Nr. 4 BewG wird. Das FG hat jedoch verkannt, daß damit § 15 BewG für die Wertermittlung nicht als verbindlich betrachtet werden kann. Denn die Kapitalisierung der Reinerträge einer lizenzierten Erfindung ist nur ein Hilfsmaßstab, um Rückschlüsse auf den gemeinen Wert dieser Erfindungen ziehen zu können. Dabei muß beachtet werden, daß der in einer Erfindung verkörperte Wert sich in der Regel wesentlich höher verzinsen wird als mit 5,5 v. H., wie es bei der Bildung der Vervielfacher des BewG für die Ermittlung des Kapitalwerts wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen unterstellt wurde. Die Annahme einer höheren Verzinsung führt aber dazu, daß niedrigere Vervielfacher als die der Hilfstafel 2 zu § 15 Abs. 1 BewG auf den Jahresreinertrag angewendet werden müssen, weil das Produkt aus Zinssatz mal Vervielfacher immer 100 (v. H.) ergeben muß.
Die Vorentscheidung war schon aus diesem Grunde aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird deshalb nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückverwiesen. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung noch folgendes zu berücksichtigen haben: Trotz der Schutzdauer von 18 Jahren (§ 10 des Patentgesetzes) ist die durchschnittliche Laufzeit von Patenten wesentlich kürzer. Der Senat hat es deshalb schon in der Entscheidung III 58/62 vom 4. März 1966 (a. a. O.) als unbedenklich angesehen, wenn für die Bewertung von patentierten Erfindungen auf der Grundlage von Ertragswertüberlegungen von einer durchschnittlichen Laufzeit von acht Jahren ausgegangen wird. Diese Annahme wird bestätigt durch Sachverständigenäußerungen in anderen Revisionsverfahren, die sich u. a. auf statistische Untersuchungen stützen. Bei Zugrundelegung dieser Schätzung ergibt sich für die Ermittlung des Ertragswerts einer patentierten Erfindung eine fiktive Verzinsung des in dem Patent verkörperten Vermögens von 12,5 v. H. Der Wert einer patentierten Erfindung kann damit dem Barwert einer nachschüssigen Rente von acht Jahren Laufzeit und 12,5 v. H. Verzinsung gleichgesetzt werden. Nach der Rentenformel errechnet sich ein Vervielfacher von 4,88 (vgl. Kosiol, Finanzmathematik, 9. Aufl., S. 65), der auf den Jahresreinertrag anzuwenden ist, um den auf Ertragswertüberlegungen beruhenden gemeinen Wert ermitteln zu können. Dabei geht der Senat davon aus, daß Lizenzgebühren für Patente grundsätzlich nachschüssig gezahlt werden. Die Vervielfacher für die jeweils im Einzelfall maßgebende Restlaufzeit können auch aus den Tabellen für die Zinseszins- und Rentenrechnung von Spitzer-Foerster, 11. Aufl., Wien 1933, S. 274, entnommen werden.
Das FG hat zwar zutreffend Überlegungen darüber angestellt, mit welcher wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Erfindungen unter Berücksichtigung der bisherigen Laufzeit nach den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunkts 1. Januar 1960 im Streitfall noch zu rechnen war. Es hat auch berücksichtigt, daß dabei nicht von der durchschnittlichen Nutzungsdauer von acht Jahren in der Weise schematisch ausgegangen werden darf, daß die tatsächliche Laufzeit bis zum Bewertungsstichtag von den acht Jahren abgezogen und der Reinertrag mit dem für die noch verbleibende Restlaufzeit entsprechenden Vervielfacher kapitalisiert wird. Von der durchschnittlichen Nutzungsdauer kann nur solange ausgegangen werden, als das Patent an den einzelnen Bewertungsstichtagen nicht individuelle Merkmale aufweist, die eine dem Einzelfall entsprechende andere Schätzung der Laufzeit oder der Restlaufzeit geboten erscheinen lassen. Es ist also durchaus möglich, daß im Einzelfall entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung der Erfindung, wie sie sich nach den Verhältnissen des Bewertungsstichtages darstellt, von einer Gesamtlaufzeit von weniger oder mehr als acht Jahren auszugehen ist. Die Vorentscheidung, in der bei Annahme einer vorschüssigen Rente mit 5,5 v. H. Verzinsung der Vervielfacher 3,698 angewendet wurde, ist danach nicht zu billigen. Der zutreffende Vervielfacher bei einer Restlaufzeit von vier Jahren beträgt vielmehr 3,00.
Das FG hat auch den Jahresreinertrag nach den Verhältnissen vom 1. Januar 1960 nicht zutreffend ermittelt. Es ist zwar richtig, auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts auf Grund von Ertragswertüberlegungen bei schwankenden Erträgen in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 3 BewG den Jahresbetrag mit dem in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich zu erzielenden Reinertrag anzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Senats müssen bei dieser Schätzung aber die Erträge von Jahren, die nach dem Veranlagungszeitpunkt liegen, wegen des Stichtagsprinzips außer Betracht bleiben (vgl. BFH-Entscheidung III 452/58 U vom 27. Januar 1961, BFH 72, 408 [411], BStBl III 1961, 150).
Das FG hat auch zu Unrecht für die Beurteilung der in Zukunft zu erzielenden Einnahmen die Erträge von sieben Jahren vor dem Veranlagungszeitpunkt herangezogen. Der Senat stimmt dem Revisionskläger darin zu, daß die Entwicklung während dieses Zeitabschnitts in den Jahren 1955 und 1956 eine auffallende Steigerung der Erträge zeigt, die sich später nicht wiederholt hat und für deren Wiederholung auch keine Anhaltspunkte festgestellt wurden. Damit hätten zumindest diese beiden Jahre aus der Beurteilung für die Ertragslage am 1. Januar 1960 ausgeschieden werden müssen. Es dürfte aber überdies den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunkts am ehesten gerecht werden, wenn man die Beurteilung der Ertragsaussichten regelmäßig auf die vor dem Stichtag liegenden drei Jahre beschränkt. Ausnahmen werden nur bei besonderen Verhältnissen angebracht sein. Das FG hat zwar sein Vorgehen bei der Schätzung mit den besonderen Verhältnissen des Falles begründet, diese aber im einzelnen nicht näher dargelegt. Der Senat vermag nicht zu erkennen, weshalb es im Streitfall erforderlich sein soll, die künftigen Ertragsaussichten auch aus den Erträgen von Jahren mit abzuleiten, die weit vor dem Veranlagungszeitpunkt liegen.
Je nach der abgelaufenen Nutzungsdauer der Erfindung kann es erforderlich sein, eine steigende oder fallende Tendenz durch einen Zuschlag oder einen Abschlag an dem nach den durchschnittlichen Verhältnissen des Dreijahreszeitraums ermittelten zukünftigen Jahresertrag zu berücksichtigen.
Der Senat stimmt dem Revisionskläger dagegen insoweit nicht zu, als er die Lizenzeinnahmen nach den Verhältnissen vom 1. Januar 1960 wegen seiner werbenden Tätigkeit für die Produkte, die unter Verwertung der Schutzrechte erzeugt werden, um mehr als 20 v. H. ermäßigt haben möchte. Es ist zwar richtig, daß die zukünftigen Ertragsaussichten nach den Verhältnissen vom 1. Januar 1960 wegen des Schwankens der Einnahmen aus den Erträgen mehrerer Jahre vor dem Veranlagungszeitpunkt abzuleiten sind. Auch für die Entscheidung, inwieweit die Lizenzeinnahmen nicht aus der Ertragskraft der Erfindungen, sondern auf der werbenden Tätigkeit des Revisionsklägers für die mit Hilfe der Erfindungen hergestellten Erzeugnisse beruhen, sind die Verhältnisse vom 1. Januar 1960 maßgebend. Das FG hat aber verkannt, daß der Revisionskläger an dem Gesamtwert der patentierten Erfindungen nur einen Anteil von 50 v. H. und nicht von 60 v. H. hat. Nach den Feststellungen des FG beruhen 20 v. H. der Lizenzeinnahmen nicht auf der Ertragskraft der Erfindungen, sondern auf der werbenden Tätigkeit des Revisionsklägers für die auf den Patenten beruhenden Erzeugnisse. Dies ist auch der Grund, weshalb der Revisionskläger von den Gesamteinnahmen einen Anteil von 60 v. H. und sein Miterfinder nur einen Anteil von 40 v. H. erhält. Die auf der werbenden Tätigkeit beruhenden Einnahmen hat das FG zu Recht für die Bewertung der Erfindungen außer Betracht gelassen. Es hat deshalb nur 80 v. H. der Einnahmen der Bewertung zugrunde gelegt. An dem so ermittelten Wert hat der Revisionskläger aber nur einen Anteil in Höhe der Hälfte des Werts, denn 40 v. H. aus 100 v. H. entsprechen 50 v. H. aus 80 v. H.
Das FG hat die Wertminderung der Erfindungen auf Grund der im Veranlagungszeitpunkt bestehenden Patentanfechtungen durch einen Wertabschlag von 10 v. H. berücksichtigt. Insoweit handelt es sich um eine Schätzung, die auf dem Gebiet der Tatsachenfeststellungen liegt. Sie kann im Revisionsverfahren grundsätzlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie im Bereich des Möglichen liegt. Allerdings hat das FG weder festgestellt, bezüglich welcher Patente Anfechtungen vorlagen, noch im einzelnen dargelegt, wie es zu dem Abschlag von 10 v. H. kam; es hat sich vielmehr auf den Hinweis beschränkt, daß die Anfechtungen im Veranlagungszeitpunkt "noch nicht erheblich" gewesen seien. Für die erneute Entscheidung des FG werden hierüber genauere Feststellungen zu treffen sein. Der Ermäßigungssatz von 10 v. H. dürfte nur dann im Rahmen der Erfahrungssätze liegen, wenn lediglich ein Zusatzpatent oder ein sich auf die Höhe der Lizenzeinnahmen weniger stark auswirkendes Patent angefochten war. Der Umstand, daß die Lizenznehmerin den Lizenzvertrag wegen der Patentanfechtung nicht verlängerte und den Lizenzsatz anscheinend einseitig von 7,5 v. H. auf 5 v. H. senkte, spricht jedoch dafür, daß die Anfechtung keineswegs unbedeutend für den Wert der Erfindungen war. Danach könnte ein höherer Abschlag gerechtfertigt sein.
Die Streitverkündung durch den Revisionskläger an das Land X ist unstatthaft. Nach § 59 FGO sind auf das finanzgerichtliche Verfahren zwar die Vorschriften der §§ 59 bis 63 ZPO über die Streitgenossenschaft sinngemäß anzuwenden. Die Streitverkündung ist aber in den §§ 72 bis 74 ZPO geregelt. Auch aus § 155 ZPO kann die Zulässigkeit der Streitverkündung nicht hergeleitet werden. Denn nach dieser Vorschrift ist die ZPO nur sinngemäß anzuwenden, soweit die FGO keine Bestimmungen enthält und soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahren es nicht ausschließen. Aus den Vorschriften der FGO über die Beiladung und den Beitritt (§§ 60, 61 und 122 Abs. 2 FGO) sowie aus der Tatsache, daß das gegen ein FA ergehendes Urteil auch gegenüber dem für das FA zuständigen Land wirkt (§ 110 Abs. 1 FGO), ist zu entnehmen, daß eine Streitverkündung im finanzgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht kommen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 69003 |
BStBl II 1970, 484 |
BFHE 1970, 553 |