Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergabe von zur Veräußerung bestimmtem Vermögen gegen Versorgungsleistungen
Leitsatz (NV)
Wird Vermögen (hier: ein Einfamilienhaus) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, das der Übernehmer sogleich weiterveräußert, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) abziehbar (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315).
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) schloß am 17. März 1982 einen notariell beurkundeten Vertrag, mit dem ihm sein Vater das Eigentum an der Eigentumswohnung A- Straße 1, Wohnung Nr. 10, übertrug. "Als Gegenleistung" verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung einer wertgesicherten monatlichen "Leibrente" in Höhe von 500 DM. In Abschn. XXI des Vertrages wurde darauf hingewiesen, daß der Kläger die Wohnung "eventuell verkaufen und ein anderes Grundstück oder eine Eigentumswohnung kaufen" werde. Er hat die Wohnung noch im Jahre 1982 veräußert. Der Vertrag vom 17. März 1982 wurde am 24. Juni 1991 mit Wirkung vom 1. Juli 1991 dahin geändert, daß jeder Beteiligte, sofern durch eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt des Verpflichteten oder der Berechtigten nicht mehr gewährleistet ist, Abänderung gemäß §323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) verlangen kann und die wiederkehrenden Leistungen als dauernde Last geschuldet sind; eine Abänderung sollte jedoch nicht aus dem Mehrbedarf herzuleiten sein, der sich infolge dauernder Pflegebedürftigkeit oder der Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim eines oder beider Berechtigten ergibt.
In den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 1990 und 1991 behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) die wiederkehrenden Leistungen entgegen dem Antrag des Klägers als lediglich mit ihrem Ertragsanteil abziehbare Leibrente. Der hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben; seine Entscheidung ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 426.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es trägt zur Begründung vor: Für die Annahme einer dauernden Last sei zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf §323 ZPO nicht erforderlich; es genüge, wenn sich aus dem Vertragsinhalt ergebe, daß eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Vermögensübergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers möglich sei bzw. wenn es sich bei dem Übergabevertrag um einen typischen Versorgungsvertrag handele, in dem sich der Übernehmer zu einem Inbegriff von Versorgungsleistungen verpflichte. Diese Voraussetzungen lägen jedoch hier nicht vor. Zu einem typischen Versorgungsvertrag gehörten die Verpflichtung zu "Wart und Pflege" im Fall von alters- oder krankheitsbedingter Bedürftigkeit; eine solche Verpflichtung sei hier nicht gewollt; im Zusatzvertrag vom 24. Juni 1991 seien die durch die Pflegebedürftigkeit oder die Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim entstehenden Kosten ausdrücklich nicht übernommen worden. Im Streitfall handele es sich wirtschaftlich nicht um die Übertragung eines Vermögensgegenstandes, sondern um die Überlassung von Geldvermögen, da der Kläger seine bei Übertragung bestehende Absicht zum Verkauf der Eigentumswohnung alsbald verwirklicht habe.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Juli 1996 X R 167/95 (BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315) entschieden: Wird ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, das der Übernehmer sogleich weiterveräußert, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) abziehbar. Denn die Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben nach §10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzt voraus, daß eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit zum weiteren "Bewirtschaften" durch den Übernehmer überlassen wird. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das Urteil in BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315 Bezug genommen. Der Senat hat sich damit nicht der Ansicht von Fischer (Wiederkehrende Bezüge und Leistungen, 1995, 141) angeschlossen, auf den sich das FG zur Stützung seiner Rechtsauffassung bezogen hat.
Im Streitfall war die Veräußerung der übergebenen Eigentumswohnung bereits im Zeitpunkt der Übergabe beabsichtigt; der hier zu beurteilende Sachverhalt ist daher keine durch §10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG privilegierte Vermögensübergabe.
Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist und sich sein Urteil auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend darstellt, war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Die spruchreife Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 66923 |
BFH/NV 1998, 688 |