Übertragung eines Unternehmens gegen wiederkehrende Leistungen
In diesem Beitrag wird die Thematik der Unternehmensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen untersucht. Dabei werden die rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekte der Übertragung betrachtet. Besonderes Augenmerk liegt auf der Behandlung wiederkehrender Leistungen im Einkommenssteuerrecht, der zivilrechtlichen Absicherung der Parteien sowie den Auswirkungen auf das Erbrecht.
Ziel dieses Beitrags ist es, sowohl einen ersten Überblick über die aktuelle Gesetzeslage und Rechtsprechung zu geben als auch praxisnahe Lösungsansätze und Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die in der Unternehmenspraxis relevant sind.
Die genaue Definition der verschiedenen Begriffe, die im Kontext der Unternehmensübertragung verwendet werden, ist essenziell, um die steuerlichen und rechtlichen Aspekte korrekt einordnen zu können. Im Folgenden werden die zentralen Begriffe erläutert:
Begriffsbestimmungen und Grundlagen: Unternehmensübertragung
Unter einer Unternehmensübertragung versteht man den Vorgang, bei dem die Eigentumsrechte an einem Unternehmen oder wesentlichen Teilen des Unternehmens von einer Person auf eine andere übergehen. Dies kann durch Kauf, Schenkung oder im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge geschehen. Entscheidend bei der Übertragung ist, ob es sich um eine entgeltliche, teilentgeltliche oder unentgeltliche Transaktion handelt, da dies wesentliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung hat. Besonders die Kombination von unentgeltlichen und entgeltlichen Elementen, wie sie bei wiederkehrenden Leistungen häufig vorkommt, führt zu komplexen steuerlichen Abwägungen.
Begriffsbestimmungen und Grundlagen: Wiederkehrende Bezüge/Leistungen mit Abgrenzungsmerkmalen
Wiederkehrende Bezüge/Leistungen sind Zahlungen, die meist regelmäßig in gleichbleibenden (Renten) oder absehbar veränderlichen Intervallen geleistet werden. Sie können in Form von Geldzahlungen oder Sachleistungen erfolgen. Dabei wird rechtlich weiter zwischen Renten und dauernden Lasten unterschieden:
- Renten sind wiederkehrende Zahlungen, die an eine bestimmte Lebensdauer (meist des Empfängers) gekoppelt sind. Sie sind als verlängerte Leibrente oder Zeitrente eine typische Gegenleistung bei Kaufpreisrenten. Wesen der Rente ist die Regel- und Gleichmäßigkeit der Zahlung.
- Dauernde Lasten sind wiederkehrende Zahlungen, die nicht zwingend an eine Lebensdauer gekoppelt sind. Sie werden häufig bei Versorgungsverträgen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart.
- Renten und dauernden Lasten gemein ist, dass es sich nicht um Kaufpreisraten handelt.
Renten | Dauernde Lasten |
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Renten unterteilen sich weiter in Leibrente oder Zeitrente (grundsätzlich mindestens 10 Jahre). Die Leibrente wird auf Lebenszeit einer Person gezahlt. Die Leibrenten können weiter in abgekürzte Leibrente, (normale) und verlängerte Leibrente unterteilt werden. Im Zusammenhang mit Veräußerungsvorgängen werden verlängerte Leibrenten und Zeitrenten i. d. R. wie Kaufpreisraten beurteilt. Sonstige wiederkehrende Bezüge bzw. Leistungen werden regelmäßig auf die Lebenszeit einer natürlichen Person abgeschlossen oder in der Regel mit einer Laufzeit von mindestens 10 Jahren.
Begriffsbestimmungen und Grundlagen: Vorweggenommene Erbfolge
Die vorweggenommene Erbfolge bezeichnet die Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten mit dem Ziel, zukünftige Erbansprüche bereits im Vorfeld zu erfüllen oder zu regeln. Im steuerlichen Kontext kommt es dabei häufig zur Übertragung von Unternehmen oder Beteiligungen, bei denen der Veräußerer über wiederkehrende Leistungen abgesichert wird, anstatt auf einen Kaufpreis zu bestehen.
Begriffsbestimmungen und Grundlagen: Relevante gesetzliche Grundlagen
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die steuerliche und rechtliche Behandlung der Unternehmensübertragung gegen wiederkehrende Bezüge/Leistungen sind im Einkommensteuergesetz (EStG) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert:
- § 311b BGB regelt die notarielle Beurkundungspflicht, insbesondere bei der Übertragung von Grundstücken, die Teil des Unternehmensvermögens sind.
- Besteuerungswahlrecht beim Veräußerer nach R 16 Abs. 11 EStR.
- Anschaffungskosten beim Erwerber (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
Steuerliche Implikationen der Unternehmensübertragung
Die steuerliche Behandlung der Unternehmensübertragung gegen wiederkehrende Bezüge/Leistungen stellt einen zentralen Aspekt dar. Sie umfasst die Ermittlung der steuerlichen Einkünfte auf Seiten des Veräußerers sowie die Abzugsfähigkeit der geleisteten Zahlungen auf Seiten des Übernehmers.
Die Besteuerung des Veräußerers bei der Übertragung eines Unternehmens gegen wiederkehrende Leistungen (z. B. Leibrenten oder dauernde Lasten) ist komplex und wird durch das Besteuerungswahlrecht nach R 16 Abs. 11 EStR geregelt. Hier die Details:
Besteuerung des Veräußerers
Wenn ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb gegen eine Leibrente verkauft, hat er ein Wahlrecht, wie der dabei entstehende Gewinn steuerlich behandelt wird:
Sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinns (Sofortverteuerung)
- Der Steuerpflichtige kann den Veräußerungsgewinn direkt im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung versteuern (§ 16 EStG) ; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 3 EStR. Der Barwert der Rente entspricht dabei dem Veräußerungspreis.
- Der Veräußerungsgewinn berechnet sich als Differenz zwischen dem Barwert der Leibrente (ermittelt nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes), abzüglich etwaiger Veräußerungskosten, und dem Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos zum Zeitpunkt der Veräußerung; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 4 EStR.
- Die Ertragsanteile der Rentenzahlungen werden in diesem Fall als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG behandelt; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 5 EStR.
Verteilung der Besteuerung auf die Rentenzahlungen (Zuflussversteuerung)
- Alternativ kann der Steuerpflichtige die Rentenzahlungen im Zeitpunkt ihres Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen nach § 15 i. V. m. § 24 Nr. 2 EStG versteuern; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 6 EStR.
- Ein Veräußerungsgewinn entsteht nur, wenn der Kapitalanteil der Rentenzahlungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers und die Veräußerungskosten übersteigt; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 9 EStR.
- Der Zinsanteil der Rentenzahlungen ist bereits im Zuflusszeitpunkt als nachträgliche Betriebseinnahme steuerpflichtig; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 7 EStR.
Besonderheiten
- Wird der Betrieb gegen eine Kombination aus festem Barpreis und Leibrente verkauft, gilt das Wahlrecht nur für den Teil der Gegenleistung, der durch die Leibrente erfolgt. Der Gewinn aus dem festen Barpreisanteil ist sofort zu versteuern.
- Der Barwert der wiederkehrenden Leistungen wird mit einem Zinssatz von 5,5 % berechnet, es sei denn, im Vertrag ist ein anderer Zinssatz vereinbart; vgl. R 16 Abs. 11 Satz 10 EStR.
Besteuerung des Erwerbers der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt
Der Ansatz der Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter erfolgt in Höhe des Rentenbarwerte zzgl. der vom Erwerber getragenen Kosten des Erwerbsvorganges. Die Aktivierung der einzelnen Wirtschaftsgüter erfolgt nach § 6 Abs.1 Nr. 7 EStG mit dem Teilwert. Der die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter übersteigende Betrag des Rentenbarwertes und der sonstigen Erwerbskosten ist als Geschäftswert zu aktivieren.
Der Rentenbarwert stellt (grundsätzlich) die AfA-Bemessungsgrundlage dar.
Die Rentenverpflichtung wird mit dem Rentenbarwert als Verbindlichkeit passiviert und ist zu den einzelnen Bilanzstichtagen neu zu ermitteln.
Eine Verminderung des Rentenbarwertes stellt Ertrag dar. Laufende Rentenzahlungen werden als Aufwand erfasst, sodass sich im Ergebnis lediglich der Zinsanteil gewinnmindernd auswirkt.
Die Behandlung beim Erwerber ist unabhängig davon, wie der Veräußerer sein Besteuerungswahlrecht nach R 16 Abs. 11 EStR ausübt!
Umsatzsteuerliche Aspekte
Die Frage, ob die Übertragung eines Unternehmens gegen wiederkehrende Bezüge/Leistungen der Umsatzsteuer unterliegt, ist stark von den individuellen Gegebenheiten des Falls abhängig. Grundsätzlich fällt die Übertragung eines gesamten Unternehmens nach § 1 Abs. 1a UStG nicht unter die Umsatzsteuer, da es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung handelt. In § 1 Abs. 1a UStG heißt es:
"Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers."
Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn nicht das gesamte Unternehmen, sondern nur Teile oder lediglich einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden. In diesen Fällen kann eine Umsatzsteuerpflicht entstehen. Zudem ist zu klären, ob die wiederkehrenden Leistungen selbst als umsatzsteuerpflichtige Leistungen einzustufen sind.
Gewerbesteuerliche Implikationen
Bei der Übertragung eines Unternehmens gegen wiederkehrende Leistungen ergeben sich für den Veräußerer und den Erwerber unterschiedliche gewerbesteuerliche Implikationen.
Für den Veräußerer ist der Veräußerungsgewinn aus der Übertragung des Unternehmens in aller Regeln nicht gewerbesteuerpflichtig. Der Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs i. S. d. § 16 EStG gehört nicht zum Gewerbeertrag des Einzelunternehmens (vgl. BFH, Urteil v. 29.10.1987, IV R 93/85, BStBl 1988 II S. 374).
Für den Erwerber sind beispielswese die Zinsanteile der wiederkehrenden Leistungen als Betriebsausgaben abziehbar, unterliegen jedoch teilweise der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 b) GewStG. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 GewStG ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 7 S. 1 GewStG die Summe aus Renten und dauernden Lasten hinzuzurechnen. Die Höhe der Hinzurechnung bestimmt sich danach, in welchem Umfang die Renten bzw. dauernden Lasten den Gewinn gemindert haben. Regelmäßig beschränkt sich die Hinzurechnung auf den Zins- bzw. Ertragsanteil. Zu beachten ist hierbei § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG. Dies bedeutet, dass zumindest 25 % des Aufwandes in die Hinzurechnung einfließen, sofern die Freibetragsgrenze von 200.000 EUR für überschritten wird.
Zusammenfassend ist der Veräußerer gewerbesteuerlich weitgehend entlastet, da weder der Veräußerungsgewinn noch die Ertragsanteile der wiederkehrenden Leistungen der Gewerbesteuer unterliegen. Der Erwerber kann die Zinsanteile steuermindernd geltend machen, muss aber die gewerbesteuerliche Hinzurechnung beachten, während Tilgungsanteile keine gewerbesteuerliche Bedeutung haben.
Zivilrechtliche Aspekte der Unternehmensübertragung
Neben den steuerlichen Konsequenzen sind auch die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen bei der Übertragung eines Unternehmens gegen wiederkehrende Bezüge/Leistungen entscheidend.
Voraussetzungen und Formvorschriften
Die Übertragung eines Unternehmens, das Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte enthält, muss gemäß § 311b BGB notariell beurkundet werden. Dies betrifft insbesondere landwirtschaftliche Betriebe, aber auch andere Unternehmen, bei denen Immobilien einen wesentlichen Bestandteil des Betriebsvermögens ausmachen. Diese Formvorschrift dient dem Schutz beider Parteien und der Absicherung der getroffenen Vereinbarungen.
Darüber hinaus müssen Verträge zur Unternehmensübertragung klare Regelungen zu den Ansprüchen des Veräußerers enthalten. Dazu gehören insbesondere die Rechte auf die wiederkehrenden Leistungen, aber auch Sicherungsrechte wie Nießbrauch oder Hypotheken auf Unternehmenswerte, die zur Sicherung der Zahlungen dienen können.
Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
Vertragsgestaltungen zur Unternehmensübertragung können stark variieren. Besonders relevant ist die Abgrenzung zwischen der Übertragung gegen Einmalzahlungen, Kaufpreisraten und wiederkehrenden Leistungen. Während Einmalzahlungen zivilrechtlich einfach zu handhaben sind, bedarf es bei wiederkehrenden Leistungen detaillierter vertraglicher Regelungen zur Laufzeit, Höhe der Zahlungen und den Modalitäten der Anpassung (z. B. inflationsabhängige Anpassungen).
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Verfügungsbeschränkung des Übernehmers, der oft daran gehindert wird, Teile des Unternehmens ohne Zustimmung des Veräußerers zu veräußern, um die Sicherheit der wiederkehrenden Bezüge/Leistungen zu gewährleisten.
Fazit
Die Übertragung eines Unternehmens gegen wiederkehrende Leistungen ist eine flexible und vielversprechende Möglichkeit, die Nachfolge in Familienunternehmen zu regeln und gleichzeitig die finanzielle Absicherung des Veräußerers sicherzustellen. Sie bietet steuerliche Vorteile, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und rechtliche Gestaltung, um steuerliche und rechtliche Risiken zu minimieren.
Für eine erfolgreiche Unternehmensübertragung ist es entscheidend, dass beide Parteien – Veräußerer und Übernehmer – ihre Rechte und Pflichten genau kennen und vertraglich absichern. Zudem müssen alle steuerlichen Implikationen im Detail berücksichtigt werden, um unerwartete Belastungen zu vermeiden.
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