Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer/Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine Personengesellschaft, die nur Vermögensverwaltung betreibt oder ihren Gewerbebetrieb verpachtet hat, unterhält keinen Gewerbebetrieb; die Verpachtung eines ruhenden Gewerbebetriebes im ganzen gehört in der Regel in die Einkunftsart "Vermietung und Verpachtung". Die Zurückbehaltung einzelner unbedeutender Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens hindert nicht die Annahme einer "Verpachtung im ganzen". EStG §§ 5, 15; GewStG § 2 Abs. 1.
Normenkette
EStG §§ 5, 15; GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die beschwerdeführende KG einen Gewerbebetrieb hat. Die KG ist durch Vertrag vom Jahre 1951 aus der K.-Ringofenziegelei GmbH hervorgegangen. Die DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) und die Bilanz zum 31. Dezember 1950 wurden für die GmbH aufgestellt. Die Umwandlungsbilanz bezog sich auf den 1. Januar 1951; es liegt keine Umwandlung gemäß § 45 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) vor. Nach dem im Umwandlungsvertrag enthaltenen in Anpassung an den GmbH-Gesellschaftsvertrag des Jahres 1897 vereinbarten Gesellschaftsvertrag der Bfin. war Gegenstand des Unternehmens der Betrieb oder die Verpachtung der Ringofenziegelei (ß 2 des Umwandlungsvertrages). Während der ganzen Zeit des Bestehens der Bfin. war der Betrieb verpachtet. Pächterin war die Ringofenziegelei V. & Co. (Pächterin). Die Grundlage für dieses Pachtverhältnis bildete ein am 1. Juli 1939 zwischen der GmbH und der Pächterin abgeschlossener Pachtvertrag. Eigentümer des Ziegeleigeländes, der zur Abziegelung erforderlichen Grundstücke und des Lehmentnahmerechts war der mit 1/4 am Kapital der Bfin. beteiligte unbeschränkt haftende Gesellschafter und Landwirt W. Nach § 9 des Umwandlungsvertrages stellt Herr W. die oben bezeichneten Grundstücke der Bfin. zum Ringofenbetrieb und der Abziegelung zur Verfügung. Nach § 10 a. a. O. erhält er unter anderem eine Vergütung für entzogene Benutzung und eine Vergütung für die aus den Grundstücken entnommene Ziegelerde. Soweit die Grundstücke zum Abziegeln nicht benötigt wurden, hat der Gesellschafter W. sie landwirtschaftlich genutzt. Etwa seit 1951 wurde das für die gesamte Verpachtung erzielte Entgelt aufgespalten und von dem Gesellschafter W. für die überlassung des Lehmentnahmerechts, von der Bfin. für die Verpachtung der Ziegelei vereinnahmt. Für die überlassung des Ziegeleigeländes erhielt Herr W. von der Bfin. eine jährliche Pacht. Das Ziegeleigelände, die abzuziegelnden Grundstücke und das Lehmvorkommen wurden von der Bfin. bilanzmäßig nicht erfaßt.
Im Jahre 1955 wurden der landwirtschaftliche Betrieb des Gesellschafters W. an die Wohnhaus AG in B. und die Ringofenziegelei einschließlich Ziegeleigelände an die Wohnhaus AG in A. veräußert. Der Erlös für den landwirtschaftlichen Betrieb bestand in einem Tauschbetrieb nebst Zuzahlung. Die Ziegelei wurde für 196 000 DM veräußert, wobei 76 000 DM für das Ziegeleigelände und 120 000 DM für die eigentliche Ziegelei angesetzt wurden. Die Ziegelei wurde weiterhin von der Pächterin betrieben. Die Bfin. ist laut Eintragung ins Handelsregister vom 7. Oktober 1958 erloschen.
Bei einer bei der Bfin. für die Jahre 1951 bis 1955 (Streitjahre) durchgeführten Betriebsprüfung aktivierte der Prüfer das Ziegeleigelände mit dem Einheitswert auf den 21. Juni 1948 von 19 000 DM in der Bilanz vom 1. Januar 1951 und in den Folgebilanzen. Desgleichen aktivierte der Prüfer das Lehmvorkommen gemäß § 16 DMBG.
Obwohl die von der Pächterin für die Lehmentnahme gezahlten Vergütungen seit etwa 1951 nicht mehr durch die Bücher der Bfin. gelaufen, vielmehr unmittelbar von dem Gesellschafter W. entgegengenommen worden waren, behandelte der Betriebsprüfer diese Vergütungen unter Berufung auf § 10 des Umwandlungsvertrages als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Bfin.
Entsprechend diesen Prüfungsfeststellungen erließ das Finanzamt für die Jahre 1951 bis 1954 gemäß § 222 AO berichtigte einheitliche Gewinnfeststellungsbescheide und für das Jahr 1955 einen erstmaligen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid. Dabei wurden das Ziegeleigelände und die Gewerbeberechtigung "Lehmvorkommen" als notwendiges Betriebsvermögen der KG behandelt. Die Bfin. begehrte im Rechtsmittelverfahren,
die Einkünfte der Bfin. nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen, ohne dabei die von der Pächterin gezahlten Vergütungen für Lehmentnahme als Einkünfte der Bfin. anzusetzen,
das Lehmvorkommen, das Ziegeleigelände und den abzuziegelnden Grund und Boden bis zur Veräußerung als Privatvermögen des Herrn W. zu behandeln,
eine Einlage dieser Wirtschaftsgüter zum Veräußerungszeitpunkt anzuerkennen, so daß der Teilwert dieser Einlagen gleich dem Veräußerungswert sei.
Sie ist der Auffassung, trotz ihrer Rechtsform als KG liege kein Gewerbebetrieb vor, sondern nur die einheitliche gesamthänderische Verpachtung des ihr gehörenden Vermögens. Das Lehmvorkommen sei ebenso wie das Ziegeleigelände und die abzuziegelnden Grundstücke, wenn überhaupt, erst im Zeitpunkt der Veräußerung Betriebsvermögen der Bfin. geworden. Der Wertansatz für die Einlagen sei gleich dem Wertansatz für den Veräußerungspreis, so daß ein Veräußerungsgewinn entfalle.
Das Finanzgericht hat zwar anerkannt, daß bei Verpachtung eines Gewerbebetriebs im ganzen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, solange der Gewerbebetrieb ruht. Hier sei kein Gewerbebetrieb im ganzen verpachtet; denn von den Anlagewerten der Bfin. sei die Betriebsausstattung und eine Schadensforderung Reich und vom Umlaufvermögen das Verrechnungskonto W. und eine Pachtforderung nach wie vor der Bfin. verblieben. Aus § 1 des Pachtvertrages gehe ferner hervor, daß der Pächterin das Maschinenhaus ohne Maschinen verpachtet worden sei und daß diese die zum Ziegeleibetrieb erforderlich maschinelle Einrichtung nebst Gleisanlagen und allem sonstigen Zubehör selbst gestellt habe. Aus den §§ 2, 7 Abs. 2, 11 Abs. 2 des Umwandlungsvertrages ergebe sich, daß die Gesellschafter der Bfin. sich die Möglichkeit zur übernahme der Ziegelei in Selbstbewirtschaftung vorbehalten hätten. Die Bfin. habe den Willen bekundet, die Gesellschaft nicht zu liquidieren, sie vielmehr zur Erhaltung immaterieller Werte mit der Möglichkeit fortbestehen zu lassen, den eigentlichen gewerblichen Betrieb jederzeit wieder aufzunehmen. Die Bfin. habe darum Einkünfte aus Gewerbebetrieb, das Ziegeleigelände und das Lehmentnahmerecht seien als Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter W. der Bfin. zu betrieblichen Zwecken pachtweise überlassen habe, als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der KG führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.
Mit dem Finanzgericht ist davon auszugehen, daß bei den durch Handelsregistereintragung in Erscheinung tretenden Personengesellschaften eine Vermutung für Mitunternehmerschaft besteht, daß aber für die steuerliche Beurteilung die Art der Tätigkeit maßgebend ist. Wenn die Personengesellschaft keine gewerbliche Tätigkeit ausübt, hat sie ebensowenig gewerbliche Einkünfte wie sie die einzelnen Gesellschafter hätten, wenn sie die Tätigkeit gesondert ausübten. Eine KG, die nur Vermögensverwaltung betreibt oder ihren Gewerbebetrieb verpachtet hat, unterhält grundsätzlich keinen Gewerbebetrieb, denn die Pachteinnahmen gehören zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 EStG (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 53/56 U vom 2. April 1957, BStBl 1957 III S. 273, Slg. Bd. 65 S. 105), soweit sie nicht aus besonderen Gründen (z. B. Verpachtung innerhalb eines vom Verpächter geführten Gewerbebetriebes oder wenn die Tätigkeit des Verpächters über ein bloßes Verpachten hinausgeht, Urteil des Bundesfinanzhofs I 53/60 S vom 17. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 233, Slg. Bd. 72 S. 637) einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind. Das Finanzgericht hat auch zutreffend dargetan, daß die Rechtsprechung während des Ruhens des Gewerbebetriebes keine gewerbliche Tätigkeit angenommen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs I 201/58 U vom 1. September 1959, BStBl 1959 III S. 482, Slg. Bd. 69 S. 590; VI 3/60 S vom 9. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 155, Slg. Bd. 72 S. 422), dies aber nicht für die Fälle gelten läßt, in denen der Gewerbebetrieb nicht als Ganzes verpachtet, das Betriebsvermögen vielmehr in anderer Weise, insbesondere durch allmähliche Abwicklung aufgelöst oder durch Vermietung und Verpachtung einzelner Wirtschaftsgüter nutzbar gemacht wird (Urteil des Reichsfinanzhofs II A 2024/32 vom 8. August 1934, RStBl 1935 S. 920, Urteil des Bundesfinanzhofs I 7/60 vom 9. August 1960, Der Betriebs-Berater, 1960, S. 1087 - Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 236).
Dem Finanzgericht kann aber nicht in der Ansicht gefolgt werden, wenn es im vorliegenden Falle die Verpachtung eines Gewerbebetriebes im ganzen als nicht gegeben ansieht. Es darf davon ausgegangen werden, daß die Rechtsprechung den Begriff der "Verpachtung im ganzen" nicht anders verstanden wissen wollte als in den Fällen in denen das Gesetz die Formulierung "im ganzen" verwendet wie z. B. in § 116 AO die "übereignung im ganzen" oder "die Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes" in § 16 EStG. In beiden Fällen ist unbestritten, daß die Zurückbehaltung einzelner unbedeutender Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens die Annahme einer übereignung bzw. Veräußerung "im ganzen" nicht hindert.
Im vorliegenden Falle ist auch eine Verpachtung des ganzen Betriebs nicht um deswillen abzulehnen, weil zum Betrieb im ganzen auch das Ziegeleigelände, das Grundstück und das Lehmentnahmerecht gehören, die eine wesentliche Grundlage des Ziegeleibetriebes sind; denn diese Gegenstände gehören nicht der KG, sondern dem Gesellschafter W. Daß die KG diese Wirtschaftsgüter nicht aus dem Recht als Eigentümerin, sondern nur als Verfügungsberechtigte weiterverpachten konnte, hindert die Annahme einer Verpachtung im ganzen nicht. Sie hat ebenso wie zuvor die GmbH alles verpachtet, was sie zum Betrieb der Ziegelei besaß.
Die von der Vorinstanz herausgestellte Nichtverpachtung der Betriebsausstattung, der Schadensforderung Reich, des Verrechnungskontos W. und einer Pachtforderung, stehen der Annahme einer Verpachtung im ganzen nicht entgegen. Was hier in der Bilanz als Betriebsausstattung bezeichnet ist, geht aus den Akten nicht eindeutig hervor. Der Wertansatz von 150 DM in der Umwandlungsbilanz spricht aber dafür, daß es sich hierbei nicht um wesentliche Dinge gehandelt haben kann. Auch die Schadensforderung Reich, das Verrechnungskonto W. und die Pachtforderung beeinflussen nicht die Funktionsfähigkeit des Gewerbebetriebes; ihre Mitverpachtung widerspräche auch wirtschaftlichen überlegungen, weil die Pächterin hierfür keine Nutzungsmöglichkeit hätte, wie es dem Wesen einer Pacht (ß 581 BGB) entspricht.
Dasselbe gilt für die Maschinen des Maschinenhauses. Diese mußten nach § 1 des Pachtvertrages ebenso wie die Gleisanlagen und sonstiges Zubehör von der Pächterin gestellt werden. Dieser seit 1939 bestehende und auf dem Vertrag mit der GmbH beruhende Zustand führt dazu, daß die KG diese Wirtschaftsgüter nicht verpachten konnte, weil sie ihr nicht gehörten. Es kann aber die Vereinbarung, daß die Pächterin für gewisse Ausstattungsgegenstände durch eigene Anschaffung zu sorgen hat, der Verpachtung eines Betriebes im ganzen nicht entgegenstehen und zu gewerblichen Einkünften führen; es kann hieraus nicht geschlossen werden, daß bei der Verpächterin kein ruhender Betrieb und gewerbliche Tätigkeit vorliegen. Daß die Bfin. durch die Umwandlung bekundet hat, die Gesellschaft nicht zu liquidieren, ist dem Finanzamt zuzugeben, aber für die Annahme, daß sich die KG auf die Verpachtung beschränken wollte, nicht erforderlich. Auch daß sie nach dem Vertrag die Möglichkeit hatte, den Gewerbebetrieb wieder selbst zu übernehmen, ist für die hier streitige Frage solange rechtlich unbedeutend, als sie den Gewerbebetrieb nicht übernommen hat.
Hat die Bfin. keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, so kommen auch die steuerlichen Grundsätze über das notwendige Betriebsvermögen nicht zur Anwendung, und die dem W. gehörenden Wirtschaftsgüter (Ziegeleigelände, Lehmentnahmerecht) gehören nicht zum Betriebsvermögen der KG; sie führen darum bei ihrem Verkauf nicht zu einem Veräußerungsgewinn der KG. Richtig ist dagegen die Behandlung der Vergütungen für die Lehmentnahme als Betriebseinnahmen der KG, der aber die Verpflichtungen gegen W. gegenüberstehen.
Die Vorentscheidungen sind darum aufzuheben. Die Sache geht an das Finanzamt zurück, das erneut über den Einspruch unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zu entscheiden hat.
Fundstellen
Haufe-Index 410656 |
BStBl III 1963, 58 |
BFHE 1963, 159 |
BFHE 76, 159 |
BB 1963, 123 |
DB 1963, 155 |