Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Steuervergünstigung des § 7 b EStG ist auch für den an die Stelle eines zerstörten oder abgebrochenen Gebäudes tretenden Neubau zu gewähren, wobei es auf den Grund für die Zerstörung oder den Abbruch nicht ankommt.
Normenkette
EStG § 7b
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1957, ob die Revisionsbeklagten, die steuerpflichtigen Eheleute, für ein im Jahre 1957 bezugsfertig gewordenes Wohnhaus die erhöhte Abschreibung nach § 7 b EStG 1957 beanspruchen können.
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) riß ein Wohnhaus, das drei Mietparteien Wohnung gewährte, bis auf die Kellermauern und einige Mauerreste ab und errichtete ein neues Haus in vergrößertem Umfang. Wie es den Wohnbedürfnissen seiner Familie und den Anforderungen seiner Zahnarztpraxis entsprach. Die Herstellungskosten betrugen bis Ende 1957 106.184,96 DM. Für den Bau beanspruchten die Stpfl. die erhöhte Absetzung für Wohngebäude nach § 7 b EStG.
Das Finanzamt (FA) lehnte auch in der Einspruchsentscheidung die Anwendung des § 7 b EStG ab und berücksichtigte bei der Veranlagung für 1957 nur die normale Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 EStG, weil nach Sinn und Zweck des § 7 b EStG nur neu geschaffener Wohnraum begünstigt würde.
Die Berufung der Stpfl. hatte Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung damit, daß nach dem Wortlaut des § 7 b EStG die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten AfA erfüllt seien. Das Gebäude sei nach dem 31. Dezember 1952 errichtet worden und es diene zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken. Nicht nur ein erstmalig auf dem Grundstück errichteter Neubau, sondern auch der Wiederaufbau von zerstörten oder abgebrochenen Gebäuden stellten die Errichtung eines Gebäudes dar. Es komme auf den Grund für die Zerstörung oder den Abbruch nicht an; da der Stpfl. das frühere Wohnhaus bis auf die Kellermauern und einige Mauerreste abgebrochen habe, sei das jetzige Haus ein Neubau.
Entscheidungsgründe
Die vom Vorsteher des FA eingelegte Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO (1. Januar 1966) als Revision zu behandeln ist, ist unbegründet.
Die Vorschrift des § 7 b EStG billigte eine erhöhte Absetzung der Herstellungskosten für Gebäude zu, die in bestimmten Grenzen Wohnzwecken dienen. Der Bundesfinanzhof warf in seinem Urteil VI 127/60 U vom 19. Mai 1961 (BFH 73, 238, BStBl III 1961, 354) die Frage auf, ob auch aus dem Abbruch bestehender Gebäude hervorgegangene Bauten nach § 7 b EStG steuerbegünstigt seien; es könnten Bedenken jedenfalls dann bestehen, wenn ein vollwertiges Haus abgerissen werde, um die Durchführung eines Neubaus zu ermöglichen, der den gesteigerten Wohnbedürfnissen des Eigentümers besser entspreche. Auch im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen vertreten (vgl. Der Betrieb 1957 S. 782 und Der Betriebs-Berater 1958 S. 733).
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Steuervergünstigung des § 7 b Abs. 1 EStG allein davon abhängig, daß ein Wohngebäude errichtet ist und in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang Wohnzwecken dient. Der Sinn und Zweck des Gesetzes rechtfertigen keine vom Wortlaut abweichende Auslegung zuungunsten der Stpfl. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Gesetzgeber auch einen an die Stelle eines noch benutzbaren Altbaus tretenden Neubau begünstigen wollte, weil in diesen verhältnismäßig seltenen Fällen jedenfalls besserer Wohnraum geschaffen wird und die Tatsache des Abrisses des Altbaus eine meist schwer widerlegbare Vermutung für den wirtschaftlichen Verbrauch des beseitigten Wohnraumes begründet. Die Vorschrift des § 7 b Abs. 1 letzter Satz EStG rechtfertigt keine gegenteilige Auffassung. Sie will in allen Fällen den Wiederaufbau eines kriegszerstörten oder beschädigten Gebäudes begünstigen und damit die Prüfung erübrigen, ob es sich nur um Herstellungskosten eines bestehenden Gebäudes oder um einen Neubau handelt.
Fundstellen
Haufe-Index 412414 |
BStBl III 1967, 252 |
BFHE 1967, 567 |
BFHE 87, 567 |