Baualtersklasse nach Modernisierung und Sanierung

Wie aufwändig muss eine Sanierung sein, damit der Vermieter eine Wohnung in eine jüngere Baualtersklasse einstufen kann? Zählt der Zeitpunkt der Modernisierung? Und wann ist eine Mieterhöhung (auf Grundlage des Mietspiegels) gerechtfertigt? So urteilen die Gerichte.

Im Mietspiegel wird auf das Baualter eines Gebäudes Bezug genommen. Für Mieterhöhungen auf Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete ist maßgeblich, wann das Haus oder die Wohnung errichtet worden ist: Das Gesetz nennt in § 558 Abs. 2 BGB Merkmale.

Ob eine Wohnung nach Modernisierung oder Sanierung als Neubauwohnung oder weiter als Altbauwohnung gilt, spielt bei der Einordnung in Baualtersklassen auch eine Rolle. Was hier entscheidend ist, sorgt zwischen Vermietern und Mietern häufig für Streit – vor allem, wenn im Anschluss ein Mieterhöhungsverlangen im Raum steht. Damit beschäftigen sich die Gerichte.

Umbau zur Wohnung: Kein Neubaustandard

Für die Einordnung einer Wohnung in eine jüngere Baualtersklasse reichen einzelne Maßnahmen zur Modernisierung nicht aus, hat das Landgericht (LG) Berlin entschieden. Die Wohnung muss vielmehr durch die Modernisierung den baulichen Standard einer Neubauwohnung erhalten haben.

Im vorliegenden Fall hatte ein Vermieter in Berlin aus einer ehemaligen Backstube mit relativ wenig Aufwand Wohnraum gemacht. Für eine begehrte Mieterhöhung unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2017 berief sich der Vermieter darauf, die Wohnung sei in eine jüngere Baualtersklasse einzuordnen. Das Gericht sah das anders. Nicht jede (erstmalige) Umwandlung von Gewerberäumen in Wohnräume führe dazu, dass die Räumlichkeiten der Baualtersklasse zugeordnet werden, die durch die Bezugsfertigkeit der früheren Gewerberäume als Wohnräume markiert wird.

(LG Berlin, Urteil v. 24.6.2020, 65 S 149/19)

Kernsanierung: rechtlich ein Neubau

Ein Vermieter hat ein Gebäude bis zum Rohbauzustand entkernt, den Innenbereich komplett neu aufgebaut und erneuert und die Fassade mit Vollwärmeschutz verputzt. Bei der Mieterhöhung auf Basis des Mietspiegels, errechnete er einen Quadratmeterpreis auf Grundlage einer jüngeren Baualtersklasse, gegen die die Mieter sich wehrten. Der Vermieter klagte vor dem Landgericht (LG) Potsdam auf Zustimmung zur Mieterhöhung – mit Erfolg.

Eine umfassende Kernsanierung inklusive neuem Zuschnitt der Wohnungen zu Neubaukosten rechtfertigt die höhere Einstufung in eine Baualtersklasse zum Zeitpunkt der Modernisierung, so das Gericht. Der Vermieter müsse die Einordnung in die jüngere Bauklasse aber begründen: Um formell wirksam zu sein, muss das Mieterhöhungsverlangen Angaben enthalten, aus der sich eine Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleiten lässt. Nur so kann der Mieter die Gründe überprüfen – ein formeller Fehler konnte im Prozess nachgebessert werden.

(LG Potsdam, Urteil v. 25.9.2015, 13 S 26/14)

Wiederaufbau nach dem Krieg: neue Baualtersklasse

Der Mieter eines Gebäudes, das im Jahr 1928 errichtet worden, aber im zweiten Weltkrieg bis auf die Grundmauern beschädigt worden ist, beanstandeten vor dem Amtsgericht (AG) Mönchengladbach-Rheydt eine Mieterhöhung in formeller Hinsicht. Im Mieterhöhungsverlangen sei nicht erläutert worden, weshalb vom obersten Eckwert der Preisspanne ausgegangen wurde. Mit Nichtwissen bestritten sie, dass auch die Decken erneuert werden mussten und dass die Reparaturen nach 1948 durchgeführt worden sind. Das Haus sei somit in die Baualtersklasse bis 1948 einzuordnen.

Zugrunde zu legen war nach Auffassung des Gerichts die Baualtersklasse 1949 bis 1962. Das Wohngebäude sei zwar erstmalig im Jahr 1928 erbaut worden, unter Berücksichtigung der vom einem Sachverständigen beigezogenen Bauakte war das Gericht jedoch überzeugt, dass wesentliche Bestandteile des Gebäudes während des Krieges zerstört und das Gebäude frühestens im Jahr 1949 bezugsfertig wurde, was die jüngere Zuordnung der Baualtersklasse rechtfertigte. Die Mieter mussten der Mieterhöhung zustimmen.

(AG Mönchengladbach-Rheydt, Urteil v. 1.7.2019, 11 C 74/17)

Kernsanierung eines bewohnten Hauses

Eine Kernsanierung eines zu diesem Zeitpunkt – 2007 / 2008 – noch bewohnten und bewohnbaren Mehrfamilienhauses aus den 1950er Jahren führt bei einem Mieterhöhungsverlangen nicht zu einer Änderung der Baujahreskategorie. So weit das Landgericht (LG) München I. Neben der Einstufung in die Baualtersklasse 1949 bis 1966 ist bei Vorliegen der Voraussetzungen hierfür auch ein Abschlag in Höhe von 0,85 pro Quadratmeter Wohnfläche für einen freistehenden Wohnblock vorzunehmen, der bei einer Einstufung in die Baujahreskategorie 2008 nicht mehr einschlägig gewesen wäre.

Die Verbesserungen und Veränderungen wurden laut Gericht im Rahmen der Mietspiegelberechnung nur bei der Beschaffenheit und Ausstattung der Wohnung berücksichtigt. Die Kategorisierung des Mietspiegels in Baujahre soll keinen Anreiz für Modernisierungen von Wohnraum schaffen. Es handelt sich um statistisch erhobene Daten mit indikativer Wirkung für die ortsübliche Vergleichsmiete.

(LG München I, Urteil vom 18.4.2012, 14 S 16973/11)

Anbau: Vergleichsmiete bei unterschiedlichen Bauklassen

Sind Teile einer Wohnung unterschiedlichen Baualtersklassen zuzuordnen, muss zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein Mittelwert gebildet werden: je nach Anteil der Wohnflächen im Altbau oder Anbau, entschied das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main. Im vorliegenden Fall lag die Wohnung zur Hälfte der Fläche in einem 1993 angebauten Gebäudeteil, die Hälfte in dem Teil des Hauses, der bereits im Jahr 1958 gebaut wurde.

Das Gericht sieht gemäß § 558 BGB einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung, es kann jedoch nicht für die ganze Wohnung das jüngere Baualter Basis sein.

(AG Frankfurt am Main, Urteil v. 2.5.2013, 33 C 5347/12)


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Schlagworte zum Thema:  Urteil, Wohnungswirtschaft, Immobilienwirtschaft