Mietpreisbremse greift bei Mieterhöhung nicht
Hintergrund: Mieter stimmen Mieterhöhung zu
Die Vermieterin und die ehemaligen Mieter einer Wohnung in Berlin streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse.
Zwischen April 2016 und März 2020 bestand ein Mietverhältnis über die 78 Quadratmeter große Wohnung, für die laut der seit Juni 2015 geltenden Berliner Mietpreisbegrenzungsverordnung die Mietpreisbremse galt.
Ursprünglich betrug die Nettokaltmiete 611 Euro (7,87 Euro pro Quadratmeter). Im Juli 2017 verlangte die Vermieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 674 Euro (8,68 Euro pro Quadratmeter). Die Mieter stimmten dem Mieterhöhungsverlangen zu.
Im Januar 2019 ließen die Mieter über ein Unternehmen, das über eine Registrierung als Inkassodienstleister verfügt, einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen und Auskunft über die Höhe der Vormiete und durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen verlangen, ferner die Rückzahlung der aus ihrer Sicht zu viel gezahlten Miete, Herausgabe der anteiligen Mietkaution und Herabsetzung der künftigen Miete auf den zulässigen Höchstbetrag.
Mit seiner Klage verlangt das Unternehmen aus abgetretenem Recht der Mieter zuletzt Rückzahlung von 118 Euro für den Monat Januar 2019. Dabei legte es bezogen auf den Abschluss des Mietvertrages eine ortsübliche Vergleichsmiete von 6,17 Euro pro Quadratmeter und eine nach § 556d BGB zulässige Höchstmiete von 527 Euro zugrunde.
Entscheidung: Keine Mietpreisbremse nach Mieterhöhung
Die Klage hat keinen Erfolg,
Die Mieter können sich nicht auf die Vorschriften zur Mietpreisbremse in § 556d ff. BGB berufen, weil die beanstandeten, nach der Rüge gezahlten Mieten nicht zu Beginn des Mietverhältnisses vereinbart worden sind, sondern auf einer Zustimmung der Mieter zu einer späteren Mieterhöhung beruhten.
Durch die Zustimmung der Mieter zu dem Mieterhöhungsbegehren der Vermieterin ist eine wirksame Vereinbarung über die Erhöhung der Nettokaltmiete auf 675 Euro zustande gekommen. Die Zustimmung zu einer Mieterhöhung beschränkt sich in der Regel nicht allein auf den Erhöhungsbetrag; vielmehr kommt hierdurch eine Vereinbarung über die Erhöhung der Miete auf die neue Miethöhe zustande, die den Rechtsgrund für die daraufhin erbrachten erhöhten Mietzahlungen darstellt.
Mietpreisbremse greift nur bei Mietbeginn
Die gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbremse sind auf nachträgliche Mieterhöhungsvereinbarungen nicht unmittelbar anwendbar. Sie gelten sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck sowie nach dem Willen des Gesetzgebers nur für Vereinbarungen der Miete zu Beginn des Mietverhältnisses.
Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften scheidet aus. Abgesehen davon, dass es an einer für eine Analogiebildung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehlt, besteht für eine analoge Anwendung kein Bedarf.
In einem bestehenden Mietverhältnis kann ein Mieter – anders als beim Neuabschluss eines Mietvertrages – die begehrte Mieterhöhung sorgfältig prüfen und eine Zustimmung hierzu ohne die Gefahr des Verlusts seiner Mietwohnung ablehnen.
Zudem ist ein Mieter vor der Höhe nach unzumutbaren Mieterhöhungsverlangen durch die Grenzen des § 558 Abs. 1 BGB (bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) und des § 558 Abs. 3 BGB (Kappungsgrenze) geschützt. Auch wenn sich ein Mieter bei einem Mieterhöhungsverlangen eines professionellen Vermieters aus Sorge vor einem Verlust der Wohnung zur Zustimmung gedrängt fühlen könnte, ist seine Situation nicht mit derjenigen vor Vertragsschluss bei bestehendem Wohnungsbedarf zu vergleichen.
Selbst wenn die §§ 556d ff. BGB auf eine Mieterhöhungsvereinbarung analog anwendbar wären, hätte die Klage keinen Erfolg. In diesem Fall müsste die erhöhte Miete mit der ortsüblichen Vergleichsmiete zum Zeitpunkt der Vertragsänderung verglichen werden und nicht mit der bei Mietbeginn. Dieser Vergleich liegt der Klage allerdings nicht zugrunde.
Kein Rechtsmissbrauch feststellbar
Eine fehlende Kontrolle der Mieterhöhungsvereinbarung nach den §§ 556d ff. BGB lässt auch nicht grundsätzlich einen Missbrauch durch Vermieter befürchten.
Lediglich aus einem konkreten Verhalten im Einzelfall kann sich ein Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB herleiten lassen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Vermieterin die einvernehmliche Mieterhöhung angestrebt hat, um den Mietern ihre Rechte aus der Mietpreisbremse zu nehmen. Zudem hatten die Mieter ausreichend Gelegenheit zu prüfen, ob sie einer Mieterhöhung zustimmen wollen oder nicht.
(BGH, Urteil v. 28.9.2022, VIII ZR 300/21)
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