Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Sicherungsabtretung - Abtretung erfüllungshalber
Leitsatz (NV)
Der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Abgrenzung der Sicherungsabtretung von der - unzulässigen - Abtretung erfüllungshalber von Steuererstattungsansprüchen fest.
Der Beurteilung des BFH steht ein Urteil eines Oberlandesgerichts, das in einer Sache wegen unlauteren Wettbewerbs ergangen ist, nicht entgegen.
Normenkette
AO 1977 § 46 Abs. 4-5
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein Kreditinstitut, ließ sich zur Sicherung ihres zur Vorfinanzierung des Steuererstattungsanspruchs gewährten Darlehens von dem Steuerpflichtigen G dessen Anspruch auf Steuererstattung aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich 1979 abtreten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erklärte gegenüber dem abgetretenen Erstattungsanspruch die Aufrechnung mit Gegenforderungen gegen den Zedenten (§ 226 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -, §§ 387, 388, 389, 406 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Mit der Klage gegen den ihr erteilten Abrechnungsbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung beantragte die Klägerin zuletzt, einen (weiteren) Erstattungsbetrag von . . . DM zu ihren Gunsten festzusetzen. Das FA, das in Höhe dieses Teilbetrages mit einer Forderung des . . . aufgerechnet hatte, berief sich nunmehr darauf, daß sich die Klägerin den Steuererstattungsanspruch - unzulässigerweise - erfüllungshalber habe abtreten lassen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in Höhe des restlichen Klagebegehrens ab. Zur Begründung verwies es darauf, daß es in seinem Urteil vom 27. September 1985 III 347/82 ebenso wie der VIII. Senat des FG Berlin in den Urteilen vom 25. Februar 1985 VIII 362/83 und VIII 225/84 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 530, 532) für Fälle der vorliegenden Art entschieden habe, daß die zum vorrangigen Zwecke der Befriedigung erfolgte Zession keine nach § 46 Abs. 4 AO 1977 zulässige Sicherungsabtretung darstelle. Nachdem die gegen die Urteile des VIII. Senats eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden erfolglos geblieben seien, gebiete es der Grundsatz der Rechtssicherheit, daß die zumindest vertretbare Entscheidung auch von den Beteiligten hingenommen werde.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil zu, ,,um dem Bundesfinanzhof Gelegenheit zu geben, sich in rechtlicher Hinsicht mit dem abweichenden, vom Bundesgerichtshof - I ZR 86/81 - bestätigten Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. April 1981 2 U 67/80 auseinanderzusetzen".
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, mit der Verweisung auf seine Entscheidungsgründe im Urteil III 347/82 messe das FG bei der Abgrenzung der - zulässigen - Sicherungsabtretung von der - verbotenen - Abtretung erfüllungshalber der unterlassenen banküblichen Prüfung der Bonität des Darlehensnehmers und der nach dem Vertrag vorgesehenen vorzeitigen Rückzahlung des Darlehensbetrages aus der Steuererstattung zu Unrecht entscheidende Bedeutung bei. Dabei lasse es die besonderen Verhältnisse des Kleinkreditgeschäfts der Teilzahlungsbanken als Massenverfahren und den besonderen Charakter der abgetretenen Steuererstattungsansprüche außer Betracht. Bei Kleinkrediten bis etwa 2 000 DM bedürfe es nicht der Einholung von Auskünften über den Darlehensnehmer bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung GmbH (Schufa), die für diesen Geschäftszweig nur geringen Wert hätten. Denn mit den abgetretenen Lohnsteuererstattungsansprüchen, deren Höhe - wie im Streitfall - zuvor im Auftrag des Darlehensnehmers von Lohnsteuerhilfevereinen berechnet und schriftlich bestätigt werde und die sodann zu 80 v. H. beliehen würden, stünde den Teilzahlungsbanken ein Sicherungsmittel von großer Bonität zur Verfügung. Nachkalkulationen hätten ergeben, daß die Forderungsausfälle 20 v. H. nicht überstiegen, so daß bei der Abtretung der öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche keine Unterbesicherung vorliege. Die Einholung von Auskünften verbiete sich auch im Hinblick auf die gebotene kurze Bearbeitungszeit und die Notwendigkeit, die Kreditkosten möglichst gering zu halten.
Wenn nach den Vertragsbedingungen die Darlehensrückzahlung unabhängig von der Darlehenslaufzeit aus der abgetretenen Steuererstattung vorgesehen sei, so diene dies allein der Forderungs- und Rangsicherung, denn die Auszahlung des Erstattungsbetrags an den Steuerpflichtigen hätte den Verlust der Sicherungsgrundlage zur Folge. Weiterhin solle durch diese Vereinbarung die Bearbeitungspraxis der FÄ nicht erschwert werden, die sonst den Erstattungsbetrag hinterlegen oder in Verwahrung nehmen müßten. Schließlich liege die Pfandverwertung bei vorzeitiger Auszahlung der Steuererstattung auch im Zinsinteresse des Darlehensnehmers. Dieser habe sich nach den Vertragsbedingungen nicht seiner Einwirkungsmöglichkeiten auf den Erstattungsanspruch begeben. Bei der streitbefangenen Abtretung stehe somit der Sicherungszweck eindeutig im Vordergrund. Die vom FG angeführten Entscheidungsgründe reichten für die Annahme einer nichtigen erfüllungshalber vorgenommenen Abtretung nicht aus. Sie stünden zudem im Gegensatz zu der vom FG zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Abrechnungsbescheid des FA in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahin abzuändern, daß für sie ein Erstattungsanspruch aus abgetretenem Recht von . . . DM festgestellt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Abtretung des streitbefangenen Steuererstattungsanspruchs an die Klägerin erfüllungshalber erfolgt und deshalb nichtig ist. Der Klägerin steht demgemäß der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu.
1. a) Nach § 46 Abs. 4 AO 1977 ist der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung - auch Bankunternehmen (Satz 3) - nur gestattet, wenn es sich um Fälle der Sicherungsabtretung handelt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1985 VII R 196/82, BFHE 144, 526, BStBl II 1986, 124). Ist die Abtretung nicht lediglich zum Zwecke der Sicherung, sondern erfüllungshalber erfolgt, so ist sie wegen Verstoßes gegen die vorbezeichnete Vorschrift nichtig (§ 46 Abs. 5 AO 1977). Der erkennende Senat hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des zivilrechtlichen Schrifttums für die Abgrenzung der Sicherungsabtretung i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977 von der Abtretung erfüllungshalber folgende Rechtsgrundsätze aufgestellt:
Eine Sicherungsabtretung ist grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, daß der Abtretungsempfänger die Forderung nicht behalten, sondern sie nur vorübergehend für den Abtretenden zu Sicherungszwecken innehaben soll. Dementsprechend kann in der Regel eine Sicherungsabtretung nur dann angenommen werden, wenn der Sicherungsnehmer Befriedigung zunächst aus dem zu sichernden Anspruch suchen muß und sich erst nach Erfolglosigkeit dieser Bemühung aus der Sicherung befriedigen darf. Zwar hat die Rechtsprechung abweichend von diesem Grundsatz eine Abtretung zur Sicherung auch in Fällen bejaht, in denen Abtretender und Abtretungsempfänger eine direkte Bezahlung der abgetretenen Forderung an den letzteren vereinbart haben. Voraussetzung ist aber in diesen Fällen, daß der Sicherungszweck im Vordergrund steht; bei der Prüfung dieser Frage ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Sicherungszweck muß in einem solchen Maße überwiegen, daß andere Motive der Beteiligten nur eine untergeordnete Rolle spielen. Insbesondere muß es als ausgeschlossen angesehen werden können, daß sich der Abtretende durch den Vertrag seiner Steuererstattungsforderung begeben wollte. Er muß auch nach der Abtretung seine Einflußmöglichkeiten auf das Schicksal der abgetretenen Forderung im wesentlichen uneingeschränkt behalten, insbesondere selbst entscheiden können, ob und inwieweit Rechtsbehelfe gegen die den Erstattungsanspruch betreffenden Verwaltungsakte eingelegt werden sollen. Räumt der Abtretende dagegen dem Abtretungsempfänger ins Gewicht fallende Einwirkungsmöglichkeiten auf den Erstattungsanspruch ein und begibt er sich damit selbst weitgehend der Verfügungsmacht über diesen Anspruch, so muß in der Regel davon ausgegangen werden, daß er infolge der Vorfinanzierung an dem weiteren Schicksal des Erstattungsanspruchs kein Interesse mehr hat, er diesen Anspruch vielmehr als ,,verkauft" ansieht. Ob dies der Fall ist, kann nicht allein nach dem Wortlaut des Kreditvertrages beurteilt werden. Es ist vielmehr auf die gesamten Umstände, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet worden sind, und auf ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen (vgl. die Urteile des Senats vom 3. Februar 1984 VII R 72/82, BFHE 140, 412, BStBl II 1984, 411; VII R 102/83, BFHE 140, 415, BStBl II 1984, 413; vom 4. Oktober 1983 VII R 143/82, BFHE 139, 487, BStBl II 1984, 178, und vom 13. Oktober 1983 VII R 146/82, BFHE 139, 491, BStBl II 1984, 183).
b) Die Vorinstanz hat die vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze auf den Streitfall angewandt. Sie hat ihrer Entscheidung den zwischen der Klägerin und dem Zedenten (Steuerpflichtigen) abgeschlossenen Darlehensvertrag zugrunde gelegt und auf diesen Bezug genommen. Hierbei handelt es sich um einen Formularvertrag, wie ihn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen ihren Kleinkreditgeschäften zugrunde gelegt hat, darunter auch dem Darlehens- und Abtretungsfall, über den das FG im Urteil vom 27. September 1985 III 347/82 zu entscheiden hatte. Dieses FG-Urteil ist der Klägerin und ihrem Prozeßbevollmächtigten und auch dem erkennenden Senat bekannt, denn es ist gegen die Klägerin ergangen und der Senat hat deren Revision im Urteil vom 30. August 1988 VII R 193/85 als unbegründet zurückgewiesen. Das FG konnte somit im Streitfall hinsichtlich der Urteilsbegründung auf seine vorangegangene Entscheidung Bezug nehmen. Die Vorinstanz ist danach für den vorliegenden Fall - ebenso wie im Bezugsfall - in Auslegung des Darlehensvertrages und der Darlehensbedingungen und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, unter denen der Darlehensvertrag und die Abtretung zustande gekommen sind, zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin der Lohnsteuererstattungsanspruch 1979 des Steuerpflichtigen nicht nur zur Sicherheit, sondern erfüllungshalber abgetreten worden ist.
2. a) Willenserklärungen und Verträge sind grundsätzlich Gegenstand der tatsächlichen Feststellungen. Ihre Auslegung obliegt daher dem FG als Tatsacheninstanz. Der Bundesfinanzhof (BFH) kann die Auslegung der Vorinstanz nur dahingehend überprüfen, ob diese die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 6. Februar 1985 I R 80/81, BFHE 143, 426, 428, BStBl II 1985, 420, und vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, 70, BStBl II 1986, 348; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 118 Rdziff. 17). Bei der Auslegung des vom FG in Bezug genommenen Darlehensvertrages, den die Klägerin im Streitfall mit dem Darlehensnehmer und Zedenten abgeschlossen hat, sind dem FG derartige Rechtsverstöße nicht unterlaufen. Der Senat ist daher an die Würdigung der Vorinstanz gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat - wie sich aus der Begründung der in Bezug genommenen Entscheidung III 347/82 ergibt - zu Recht die Abgrenzung der - hier nach dem Wortlaut vereinbarten - Sicherungsabtretung von der Abtretung erfüllungshalber nach der Gesamtschau der Vertragsvereinbarungen vorgenommen. Es war berechtigt, der mangelnden Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zedenten (Bonität) und der ausdrücklichen Vereinbarung, daß die Rückzahlung des Darlehens aus der abgetretenen Steuererstattung erfolgen sollte, entscheidende Bedeutung in dem Sinne beizumessen, daß bei der Abtretung des Steuererstattungsanspruchs der Sicherungszweck nicht im Vordergrund stand und folglich die Abtretung erfüllungshalber vorgenommen worden ist. Denn aus den vorstehenden Umständen ergibt sich, daß die Partner des Darlehensvertrages von vornherein die Darlehenstilgung aus anderen Mitteln des Darlehensnehmers als der zu erwartenden Steuererstattung nicht in Erwägung gezogen haben, die Abtretung des Erstattungsanspruchs also zum Zwecke der Erfüllung erfolgt ist. Diese tatsächliche Würdigung entspricht dem Revisionsvorbringen der Klägerin, soweit diese für die Praxis des Kleinkreditgeschäfts der Teilzahlungsbanken bestätigt, daß die Bonität der Darlehensforderung nicht nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Darlehensnehmers überprüft wird, sondern die Befriedigung allein aus dem abgetretenen Steuererstattungsanspruch gesucht wird, dessen Höhe zuvor von den bearbeitenden Steuerberatern oder Lohnsteuerhilfevereinen errechnet und bestätigt wird.
b) Die Ausführungen des FG in der in Bezug genommenen Entscheidung III 347/82 reichen zu einer Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung der Vorinstanz durch das Revisionsgericht auch für den Streitfall aus. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die ebenfalls in Bezug genommenen Urteile des VIII. Senats des FG Berlin in EFG 1985, 530, 532, die - soweit sie nicht veröffentlicht sind - dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und dem Senat aus anderen Verfahren bekannt sind. In den genannten Urteilsfällen ist das FG für mit dem Streitfall vergleichbare Kreditgeschäfte mit Abtretungen von Steuererstattungsansprüchen unter ausführlicher Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Sicherungsabtretungen, sondern Abtretungen erfüllungshalber vorliegen. Die dortigen Ausführungen, auf die der Senat Bezug nimmt, treffen weitgehend auch auf den Streitfall zu.
Für das vom FG gefundene Ergebnis - nichtige Abtretung erfüllungshalber - spricht auch im Streitfall insbesondere die Tatsache, daß der Darlehensnehmer und Zedent im Zeitpunkt der Abtretung, wie sich aus dem in Bezug genommenen Darlehensvertrag ergibt, arbeitslos war. Die Abtretung hatte demnach Tilgungsfunktion, da die Klägerin mit einer Befriedigung ihrer Darlehensforderung aus anderen Mitteln des Darlehensnehmers nicht rechnen konnte. Gegen eine Sicherungsabtretung spricht ferner, daß nach den Darlehensbedingungen der Erstattungsbetrag, auch wenn er den Darlehensbetrag überstieg, in voller Höhe an die Klägerin auszuzahlen war, und der übersteigende Betrag nach Abzug aller Zinsen, Gebühren und Kosten - soweit er 30 DM überstieg - erst von dieser an den Darlehensnehmer (Erstattungsgläubiger) ausgekehrt werden sollte. Schließlich hat sich der Abtretende nach den Darlehensbedingungen seiner Einwirkungsmöglichkeiten auf den Steuererstattungsanspruch dadurch begeben, daß er die Klägerin ermächtigt hat, eine zur Steuerberatung befugte Person zu beauftragen, gegen den Steuerbescheid Rechtsbehelf einzulegen und Klage zu erheben. Zu diesem Zweck hat er den Anspruch auf Herausgabe der Steuerunterlagen gegen die steuerberatende Stelle (Lohnsteuerhilfeverein) an die Klägerin abgetreten. Für diese Beurteilung kommt es - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht darauf an, ob diese bisher den von ihr eingeräumten Rechten Gebrauch gemacht hat.
c) Die Einwendungen der Revision gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FG greifen nicht durch. Die Klägerin zieht die Feststellungen der Vorinstanz nicht in Zweifel. Sie gibt lediglich eine Begründung dafür, warum die Teilzahlungsbanken in der Praxis des Kleinkreditgeschäfts auf die sonst bankübliche Bonitätsprüfung verzichten und sich mit der Abtretung der Lohnsteuererstattungsansprüche der Darlehensnehmer zufrieden geben, aus denen dann die Darlehensrückzahlung unmittelbar erfolgen soll. Die dafür angeführten Gründe (erhöhte Sicherheit öffentlich-rechtlicher Ansprüche, kurze Bearbeitungszeit, Kosten- und Zinsersparnis) stehen aber der Schlußfolgerung des FG, daß die Abtretung des Erstattungsanspruchs erfüllungshalber erfolgt ist, nicht entgegen. Auch wenn die dargestellte Darlehens- und Abtretungspraxis bei Kleinkreditgeschäften der Interessenlage aller Beteiligten (einschließlich des FA) entspricht, folgt daraus nicht, daß bei der Abtretung des Erstattungsanspruchs der Sicherungszweck im Vordergrund steht. Ob diese Voraussetzung für die Annahme einer Sicherungsabtretung i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977 gegeben ist, richtet sich vielmehr gemäß der Rechtsprechung des Senats nach der objektiven Vertragsgestaltung und den gesamten Umständen, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet worden sind. Die Beteiligten mögen beachtliche Gründe dafür haben, Kleinkredite in der dargestellten Form abzuwickeln. Wenn das Darlehen aber von vornherein aus der abgetretenen Steuerforderung getilgt werden soll und andere Tilgungsmöglichkeiten nicht vorhanden bzw. nicht ernstlich in Erwägung gezogen worden sind, so ist es gerechtfertigt, der Abtretung Tilgungsfunktion beizumessen und sie nach § 46 Abs. 4 und 5 AO 1977 als nichtig anzusehen.
Der Senat braucht somit auf die von der Vorinstanz aufgeworfene Frage, ob der der Abtretung zugrunde liegende Darlehensvertrag wegen der Höhe der vereinbarten Effektivzinsen gemäß § 138 BGB sittenwidrig und nichtig ist, nicht zu entscheiden (vgl. hierzu die - nicht veröffentlichten - Urteile des Senats vom 4. Oktober 1988 VII R 191/85, und vom 9. Januar 1989 VII R 28/86).
3. Soweit das vom FG im Zusammenhang mit der Zulassung der Revision zitierte Urteil des OLG Düsseldorf vom 2. April 1981 2 U 67/80 die Abgrenzung zwischen der nach § 46 Abs. 4 AO 1977 zulässigen Sicherungsabtretung und der - nichtigen - Abtretung erfüllungshalber nach anderen als den vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätzen vorgenommen hat, steht dies der vorstehenden Beurteilung nicht entgegen. Das angeführte OLG-Urteil ist in einer anders gelagerten Sache - Klage wegen unlauteren Wettbewerbs gegen eine die Vorfinanzierung von Steuererstattungsansprüchen betreibende Teilzahlungsbank - ergangen. Es hat in diesem Zusammenhang die Abtretung der Steuererstattungsansprüche an die Bank aufgrund von formularmäßigen Darlehensbedingungen, die denjenigen, die im Streitfall vereinbart worden sind, weitgehend entsprachen, als Sicherungsabtretung anerkannt (S. 27, 28 der Urteilsgründe). Die Annahme, daß bei diesen Abtretungen der Sicherungszweck im Vordergrund stehe, ist allein mit dem Hinweis auf die zuvor abgehandelte Rechtsprechung zum Rechtsberatungsgesetz begründet worden. Dabei ging es aber im wesentlichen um die Frage, ob die Teilzahlungsbank als Zessionarin ,,fremde" - des Zedenten - Rechtsangelegenheiten besorge. Eine Divergenz zu der oben (1. a) dargestellten Rechtsprechung des erkennenden Senats kann auch nicht darin gesehen werden, daß der BGH im Beschluß vom 27. Januar 1982 I ZR 86/81 die Revision gegen das Urteil des OLG mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht angenommen und dabei ausgeführt hat, die Revision hätte im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Denn der BGH-Beschluß betrifft eine Streitsache wegen unlauteren Wettbewerbs und ist ohne Begründung ergangen. Der Senat hat im übrigen stets die Auffassung vertreten, daß die Frage des Überwiegens des Sicherungszwecks bei der Abtretung nicht allein nach dem Wortlaut des Kreditvertrages beurteilt werden kann, sondern daß dabei auf die gesamten Umstände des Einzelfalls, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet worden sind, und auf ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen ist. Die letzteren unterliegen der Feststellung und der tatsächlichen Würdigung durch das FG, an die das Revisionsgericht, falls keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht sind, gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 416293 |
BFH/NV 1989, 555 |