Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerschuld wegen unberechtigten Steuerausweises
Leitsatz (NV)
1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt, schuldet diesen Betrag, auch wenn ein anderer die abgerechnete Leistung ausgeführt hat.
2. Eine Rechnungsberichtigung wirkt erst für den Besteuerungszeitraum, in dem sie vorgenommen wird.
Normenkette
UStG 1973 § 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) stellte am 30. Dezember 1977 für umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die ihr Ehemann erbracht hatte, Rechnungen aus, in denen sie Umsatzsteuerbeträge von insgesamt . . . DM gesondert auswies. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte gegen sie diesen Betrag mit Umsatzsteuerbescheid vom 18. März 1981 für 1977 fest. Während des nach erfolglosem Einspruch eingeleiteten Klageverfahrens erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 8. Juli 1981 gegenüber dem Rechnungsempfänger die Stornierung der Rechnungen und bat um deren Rückübersendung. Gleichzeitig erteilte ihr Ehemann entsprechende Rechnungen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 317 abgedruckten Urteil statt. Die Klägerin schulde zwar, so führte er aus, den festgesetzten Betrag nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973, da sie Nichtunternehmerin sei und die abgerechneten Leistungen nicht selbst erbracht habe. Diese Vorschrift sei jedoch nach Sinn und Zweck nur in Fällen mißbräuchlicher Begebung von Rechnungen anzuwenden. Ein solcher Mißbrauch liege im Streitfall nicht vor. Die in Rechnung gestellten Leistungen seien dem Empfänger gegenüber tatsächlich von einem Unternehmer, dem Ehemann der Klägerin, erbracht worden. Ein doppelter Vorsteuerabzug habe dem Rechnungsempfänger nicht eröffnet werden sollen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 14 Abs. 3 UStG 1973. Nach seiner Auffassung schuldet die Klägerin den festgesetzten Betrag wegen der von ihr verursachten Gefährdung des Steueraufkommens.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FA hat die Klägerin zu Recht nach § 14 Abs. 3 UStG 1973 in Anspruch genommen.
1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt, schuldet diesen Betrag, auch wenn er nicht Unternehmer ist (§ 14 Abs. 3, 1. Alternative UStG 1973). Ohne Bedeutung ist, ob ein anderer die abgerechnete Leistung ausgeführt hat. Ist dies der Fall, so ist dadurch nicht die Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen, die sich daraus ergibt, daß derjenige eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausstellt, der die Leistung nicht erbracht hat. Denn auch der Leistende kann seinerseits eine (weitere) entsprechende Rechnung erstellen.
Der Senat braucht nicht der Frage nachzugehen, ob § 14 Abs. 3, 1. Alternative UStG 1973 auch dann gilt, wenn sich der Aussteller der Rechnung irrtümlich für den Leistenden hält. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Klägerin hat vielmehr bewußt über Leistungen abgerechnet, die sie nicht ausgeführt hatte.
Jedenfalls ist für solche Fälle keine Einschränkung des Wortlauts des § 14 Abs. 3, 1. Alternative UStG 1973 geboten.
2. Auf die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen in Fällen des § 14 Abs. 3 UStG 1973 bei einer Rechnungsberichtigung § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1973 entsprechend gilt (dagegen Senatsurteile vom 20. März 1980 V R 131/74, BFHE 130, 122, BStBl II 1980, 287; vom 8. Dezember 1988 V R 28/84, BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250), kommt es im Streitfall schon deshalb nicht an, weil eine Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG 1973 bzw. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980 erst für den Besteuerungszeitraum wirkt, in dem sie vorgenommen wird (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Mai 1988 X R 43/81, BFHE 153, 255, BStBl II 1988, 752; Senatsbeschluß vom 21. Juni 1988 V B 33/88, BFH/NV 1990, 198).
3. Über etwaige Billigkeitsmaßnahmen (§§ 163, 227 der Abgabenordnung) ist im vorliegenden Verfahren nicht zu befinden (Senatsurteil in BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250).
Fundstellen