Leitsatz (amtlich)
Erbbauzinsen können auch insoweit dauernde Lasten i. S. des § 8 Nr. 2 GewStG sein, als sie auf einem Anspruch des Grundstückseigentümers beruhen, bei günstiger Entwicklung der Ertragslage im Betrieb des Erbbauberechtigten eine Erhöhung des Erbbauzinses zu verlangen.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 2
Gründe
Die Revision ist nicht begründet. Der streitige Betrag von 62 000 DM gehört zu den dauernden Lasten, die wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs der Klägerin zusammenhängen (§ 8 Nr. 2 Satz 1 GewStG).
1. Das Finanzgericht (FG) hat zutreffend erkannt, daß Erbbauzinsen dauernde Lasten sind (vgl. mit eingehender Begründung Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Oktober 1976 I R 238/74, BFHE 120, 540, BStBl II 1977, 217). Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Auffassung des FG, daß die von der Klägerin und der Stadt vereinbarten Erbbaurechte und die sich daraus ergebenden dauernden Lasten mit der Gründung des Betriebs der Klägerin zusammenhängen. Zwar sind die O-, E- und V-Verträge erst (in einem Fall) zwei und (im anderen Fall) 5 1/2 Jahre nach der Gründung des Unternehmens der Klägerin abgeschlossen worden. Das FG hat aber in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß sich die Planungen der Klägerin von Anfang an darauf erstreckt hatten, die beiden Parkhäuser auf Grundstücken zu betreiben, die von der Stadt im Wege des Erbbaurechts überlassen werden sollten. Diese tatsächlichen Feststellungen des FG binden das Revisionsgericht (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Vielmehr hat es die Klägerin unbeanstandet hingenommen, daß die in den E-Verträgen nach Zeit und Höhe für die ganze Erbbauzeit vereinbarten Erbbauzinsen, soweit sie im Streitjahr den Gewinn der Klägerin gemindert haben, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn der Klägerin (§ 7 GewStG) gemäß § 8 Nr. 2 GewStG hinzugerechnet worden sind.
2. Dem FG ist aber auch darin zu folgen, daß der Betrag von 62 000 DM zu den dauernden Lasten nach § 8 Nr. 2 GewStG gehört.
a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die in den E-Verträgen festgelegten Beträge von 42 000 DM und 90 000 DM jährlich den Erbbauzins nicht vollständig bezeichnen, sondern daß auch andere schuldrechtliche Vereinbarungen, nach denen der Erbbauzins variabel gestaltet worden ist, zu berücksichtigen sind.
Zwar muß der Erbbauzins (sofern ein solcher überhaupt vereinbart wird) nach Zeit und Höhe für die gesamte Erbbauzeit im voraus bestimmt sein (§ 9 Abs. 2 Satz 1 der Erbbaurechtsverordnung - ErbbauVO -). Diese Vorschrift gilt jedoch nur für den dinglich gesicherten Erbbauzins, wie er im Streitjahr unmittelbar in den E-Verträgen geregelt worden ist. Die Bestimmung des § 9 Abs. 2 ErbbauVO hat den Zweck, die Beleihbarkeit des Erbbaurechts zu gewährleisten. Damit wird eine sichere Grundlage für die Belastung des Erbbaurechts zugunsten anderer, im Range gleichstehender oder nachfolgender Gläubiger geschaffen, ohne deren Einverständnis spätere Änderungen der Erbbauzinsverpflichtung nicht zulässig sind (Staudinger-Ring, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl., § 9 ErbbauVO, Anm. 13 ff.). Diese gesetzliche Regelung schließt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zusätzliche Vereinbarungen schuldrechtlicher Art zwischen Grundeigentümer und Erbbauberechtigten nicht aus. Für solche schuldrechtliche Vereinbarungen besteht Vertragsfreiheit. Die vertragschließenden Parteien können insbesonders auch die Anpassung des Erbbaurechts an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse verabreden. Dies muß nicht notwendig in Form einer (automatisch wirkenden) Gleitklausel geschehen, vielmehr ist auch die Vereinbarung eines umsatz- (BGH-Urteil vom 27. Februar 1970 V ZR 49/67, Neue Juristische Wochenschrift 1970 S. 944) oder ertragsabhängigen Erbbauzinses zulässig.
b) Im Streitfall haben die vertragschließenden Parteien (Klägerin und Stadt) ihre Vertragsbeziehungen in mehreren Verträgen (O-Vertrag, E- und V-Verträge) geregelt, die nach dem ausdrücklich erklärten Willen der Parteien "eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit" bilden sollen (§ 16 des O-Vertrags). Dabei wurden in den V-Verträgen die in den E-Verträgen mit dinglicher Wirkung vereinbarten Erbbauzinsen schuldrechtlich modifiziert. Vereinbart wurden einerseits insbesondere der zeitlich befristete Verzicht der Stadt auf die Entrichtung des Erbbauzinses sowie die Minderung, der Erlaß und die Stundung der Erbbauzinsen unter bestimmten Voraussetzungen. Die in § 6 der V-Verträge getroffenen Vereinbarungen dürfen nicht losgelöst von den übrigen Vertragsbestimmungen gewürdigt werden. Der von der Stadt einerseits unter bestimmten Voraussetzungen hingenommenen Minderung ihrer Rechtsposition entspricht andererseits der Anspruch der Stadt, an den Ertragsverhältnissen der Klägerin beteiligt zu werden. Die vertragschließenden Parteien konnten aufgrund ihrer Vertragsfreiheit bestimmen, daß dies (auch) in Form der Erhöhung des Erbbauzinses geschehen könne. Dabei sind nicht nur die Parteien an die Bestimmung des § 6 der V-Verträge gebunden. Vielmehr hat auch die gewerbesteuerrechtliche Beurteilung an das anzuknüpfen, was tatsächlich geschehen ist. Es darf nicht von Gestaltungen ausgegangen werden, die in Wirklichkeit nicht zustande gekommen sind.
c) Die Stadt hat das von Anfang an vertraglich vorgesehene Recht für sich in Anspruch genommen, in Form einer Erhöhung des Erbbauzinses an der Ertragslage der Klägerin beteiligt zu werden. Darauf allein kommt es an. Es ist weder von Belang, daß es zur Festlegung des Erhöhungsbetrags zuvor einer Einigung der Parteien bedurfte, noch daß die Summe der Erbbauzinsen aus beiden Erbbaurechten und nicht etwa der jeweils einzelne Erbbauzins erhöht worden ist. Beide Umstände betreffen nur die Modalitäten, nach denen das Entgelt errechnet werden sollte. Die Rechtsnatur des Erhöhungsbetrags als Erbbauzins wird dadurch nicht berührt.
d) Da somit auch der Erhöhungsbetrag Teil der für die Übertragung des Erbbaurechts zu entrichtenden Gegenleistungen ist, beruht er rechtlich und wirtschaftlich auf demselben Rechtsgrund wie die übrigen Bestandteile des Entgelts und teilt, was den Zusammenhang mit der Gründung des Betriebs der Klägerin anbelangt, unter dem Gesichtspunkt des § 8 Nr. 2 GewStG das rechtliche Schicksal des übrigen Erbbauzinses. Daß der Erbbauzins hinsichtlich der Methode seiner Berechnung zum Teil von den Ergebnissen des laufenden Betriebs abhängig war, ist unbeachtlich. Erbbauzinsen können danach auch insoweit dauernde Lasten i. S. des § 8 Nr. 2 GewStG sein, als sie auf einem Anspruch des Grundstückseigentümers beruhen, bei günstiger Entwicklung der Ertragslage im Betrieb des Erbbauberechtigten eine Erhöhung des Erbbauzinses zu verlangen.
3. Schließlich geht die Klägerin auch fehl in der Annahme, daß die Stadt nicht zugleich über den Erbbauzins am Ertrag des Unternehmens der Klägerin teilhaben und andererseits eben daraus Gewerbesteuer erheben dürfe. Die Stadt handelte bei Abschluß und Abwicklung der O-, E- und V-Verträge in fiskalischer (privatrechtlicher) Eigenschaft, bei der Erhebung der Gewerbesteuer wird sie hoheitlich tätig. Beide Bereiche dürfen nicht vermengt werden. Es wäre auch nach dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer (vgl. hierzu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Mai 1969 I BvR 25/65, BVerfGE 26, 1 [9], BStBl II 1969, 424) kein sachlicher Grund dafür erkennbar, daß die Klägerin gewerbesteuerrechtlich nur deshalb bessergestellt werden sollte als ein anderes Unternehmen, weil in ihrem Fall Grundeigentümer die Stadt, nicht dagegen eine Privatperson gewesen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 73231 |
BStBl II 1979, 679 |
BFHE 1979, 393 |