Entscheidungsstichwort (Thema)
KraftSt-Befreiung für ein Fahrzeug zum Holzrücken
Leitsatz (amtlich)
1. Eine enge Beziehung zu den notwendig zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, dessen Wesen gerade ausmachenden Tätigkeiten rechtfertigt eine Erstreckung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung auf Transportfahrzeuge, die ausschließlich geeignet und bestimmt sind, "ihrer Art nach" nur in der Land- oder Forstwirtschaft anfallende Transportleistungen zu erbringen.
2. Steuerbefreit ist daher ein Fahrzeug zum Holzrücken, d.h. für den Abtransport des Erntegutes (geschlagenen Holzes) von der landwirtschaftlichen Nutzfläche ―dem Wald― (Änderung der Rechtsprechung gegenüber dem BFH-Urteil vom 17. Oktober 1984 II R 156/81, BFHE 143, 147, BStBl II 1985, 313).
Normenkette
KraftStG § 3 Nr. 7
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand das sogenannte Holzrücken ist. Dabei wird im Wald geschlagenes Holz zum nächstgelegenen befahrbaren Weg mit speziellen Traktoren befördert. Diese müssen, da sie auf öffentlichen Straßen nicht fahren dürfen, von dafür besonders hergerichteten Transportfahrzeugen zum Einsatzort gebracht werden.
Der Kläger hat im Juli 1999 Antrag auf Steuerbefreiung für ein solches Transportfahrzeug nach § 3 Nr. 7 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) gestellt, weil er dieses Fahrzeug als ein Sonderfahrzeug im Sinne dieser Vorschrift ansieht. In dem Kraftfahrzeugschein für dieses Fahrzeug ist von der Verkehrsbehörde nach entsprechender Herrichtung desselben der Vermerk eingetragen worden "Sonder-Kfz nur und ausschließlich zur Beförderung eigener forstwirtschaftlicher Holzrückfahrzeuge Typ Valmet oder LKT".
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hat dem Antrag des Klägers auf Steuerbefreiung nicht entsprochen und mit Bescheid vom 30. Juli 1999 Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Klage, auf die das Finanzgericht (FG) das FA durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1200 veröffentlichte Urteil unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides verpflichtet hat, dem Kläger für das genannte Fahrzeug Steuerbefreiung zu erteilen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung des materiellen Rechts gerügt wird. Die Gesetzesinterpretation des FG verkenne die gesetzgeberische Intention einer engen Auslegung der Befreiungsvorschrift, durch die nur land- oder forstwirtschaftliche Betriebe, nicht jedoch gewerbliche Unternehmen begünstigt werden sollten. Der unbestritten mögliche und übliche Einsatz eines Transportfahrzeuges der strittigen Art in Fällen, in denen der Waldbesitzer das stehende Holz verkauft und den Einschlag, das Rücken und die Abfuhr des Holzes gewerblichen Käufern überlässt, die, wenn sie nicht selbst über Rücketechnik verfügen, ein gewerbliches Unternehmen wie das des Klägers mit dem Rücken beauftragten, die mithin gegebene Verwendungsmöglichkeit des Fahrzeuges außerhalb eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes müsse zur Versagung der Steuerbefreiung führen. Wenn das FG argumentiere, das Rücken sei Teil einer ihrer Art nach forstwirtschaftlichen Betätigung, nämlich der Ernte, übersehe es, dass es nicht auf das eingesetzte Fahrzeug, sondern auf den Betrieb ankomme und Steuerbefreiung nicht in Betracht komme, wenn es sich wie beim Kläger nicht um einen Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft handle.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das Urteil des FG entspricht § 3 Nr. 7 KraftStG (§ 118 Abs. 1 FGO).
1. Nach dieser Vorschrift ist u.a. das Halten von "Sonderfahrzeugen" von der Steuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben (Satz 1 Buchst. a), zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe (Satz 1 Buchst. b) oder zu Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet werden, wenn diese Beförderungen in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beginnen oder enden (Satz 1 Buchst. c). Nach Satz 2 des § 3 KraftStG gelten als Sonderfahrzeuge Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit ihnen fest verbundenen Einrichtungen nur für die eben bezeichneten Verwendungszwecke geeignet und bestimmt sind.
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt, zuletzt in dem Urteil des erkennenden Senats vom 2. Dezember 2003 VII R 26/02 (BFHE 204, 320, BFH/NV 2004, 739) hervorgehoben hat, schließen es die Fassung dieser Vorschrift und der im Gesetzgebungsverfahren deutlich gewordene Wille des Gesetzgebers aus, Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für Fahrzeuge zu gewähren, die außer in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben in Betrieben sinnvoll verwendet werden könnten, die den Produktionsfaktor Boden nicht einsetzen, z.B. Vieh mit anderweit gekauftem Futter halten und deshalb keine landwirtschaftlichen Betriebe sind. Dies gelte, so hat der Senat in dem eben angegebenen Urteil ausgeführt, obwohl dadurch dem Wirkungsbereich der Vorschrift enge Grenzen gesetzt seien, da die für den Einsatz der betreffenden Fahrzeuge in Betracht kommenden Betriebsabläufe in einem solchen gewerblichen Betrieb denjenigen in einem landwirtschaftlichen Betrieb weitgehend gleichen, in welchem eine Einheit der drei Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit gegeben ist. Der Senat hat deshalb die Anwendung der Vorschrift auf eine Silofräse (Urteil in BFHE 204, 320, BFH/NV 2004, 739) sowie auf einen Futtermischwagen (Senatsbeschluss vom 19. November 1998 VII B 127/98, BFH/NV 1999, 673) ebenso ausgeschlossen wie sie nach der Rechtsprechung des BFH, zu der bereits das Urteil des FG zahlreiche Nachweise enthält, für Fahrzeuge nicht besteht, die für den Transport von Tieren oder sonstigen Produkten der Landwirtschaft geeignet und bestimmt sind und damit naturgemäß auch von Betrieben verwendet werden können, die einen als Gewerbe einzustufenden Handel mit solchen Produkten betreiben.
Auch bei Fahrzeugen wie dem hier strittigen besteht eine solche "doppelte" Eignung und Bestimmung, sowohl in landwirtschaftlichen wie auch in gewerblichen Betrieben verwendet zu werden. Denn dass es nicht möglich wäre oder jedenfalls sinnvoll praktisch nicht in Betracht käme, dass nicht der Waldbesitzer selbst im Rahmen seines forstwirtschaftlichen Betriebes das Rücken des geschlagenen Holzes durchführt, sondern dafür die Hilfe eines darauf spezialisierten gewerblichen Betriebes in Anspruch nimmt, ist weder vom FG festgestellt worden noch spricht dafür die Lebenserfahrung. Die Verwendungsmöglichkeit eines solchen Fahrzeuges in gewerblichen Holzrückbetrieben kann auch nicht allein deshalb bei der von § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG geforderten Beurteilung unberücksichtigt bleiben, weil es sich, wie das FG an sich richtig ausgeführt hat, bei dem Holzrücken um eine Tätigkeit im Rahmen der Ernte von Holz handelt, die in gleicher Weise wie sie ein gewerblicher Holzrückbetrieb erledigt auch der forstwirtschaftliche Betrieb verrichten muss. Denn insofern unterscheiden sich die Dinge nicht von den Gegebenheiten bei den eingangs angeführten Fahrzeugen, deren Zweck es ebenfalls ist, bei Tätigkeiten verwendet zu werden, die auch in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb anfallen, aber eben mitunter auch von Betrieben zu dem alleinigen Gegenstand ihres Gewerbes gemacht werden oder im Rahmen eines Unternehmens anfallen, das nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein landwirtschaftlicher Betrieb ist, weil nämlich nicht auch die unmittelbare Nutzung des Bodens prägend Gegenstand des Betriebes ist. So wird insbesondere auch in einem gewerblichen Viehzuchtbetrieb Arbeit verrichtet, die in gleicher Weise bei landwirtschaftlicher Tierhaltung erforderlich ist und mit den gleichen Fahrzeugen ausgeführt wird; einem solchen Betrieb wird jedoch der Charakter eines landwirtschaftlichen dann abgesprochen, wenn diese ihrer Art nach auch in einem landwirtschaftlichen Betrieb notwendige Tätigkeit verselbständigt zum Gegenstand eines Betriebes gemacht wird, der wegen dieser Ablösung von der Nutzung des Bodens, wie dargelegt, ein gewerblicher ist.
Gleichwohl ist das hier strittige Fahrzeug als ein Sonderfahrzeug i.S. des § 3 Satz 1 Nr. 7 KraftStG anzusehen und das Urteil des FG daher richtig (§ 126 Abs. 4 FGO). Für diese rechtliche Beurteilung ist folgende Überlegung entscheidend:
Fahrzeuge, die geeignet und bestimmt sind, Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe durchzuführen oder für solche Betriebe Beförderungen vorzunehmen, die in dem Betrieb beginnen oder enden, sind, wie eingangs ausgeführt, ebenso von der Kraftfahrzeugsteuer befreit wie die Fahrzeuge, die zur Nutzung in dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb selbst, d.h. insbesondere für die Bestellung der Felder oder der Waldflächen durch diesen Betrieb, unter Umständen aber auch lediglich für die Auslieferung seiner Produkte eingesetzt werden sollen, sofern sie dafür ausschließlich geeignet und bestimmt sind, woran es freilich bei in der Regel vielseitig verwendbaren, nämlich nicht für den Einsatz in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben besonders hergerichteten Transportfahrzeugen fehlen wird. Das Gesetz begünstigt also, anders als das FA offenbar meint, nicht nur land- und forstwirtschaftliche Betriebe, sondern auch solche Unternehmen, die bestimmte, gleichsam aus solchen Betrieben ausgelagerte und Dritten überlassene Arbeiten "für" solche Betriebe übernehmen. Das ist nachvollziehbar, weil die diesen Betrieben gewährten steuerlichen Begünstigungen im Allgemeinen über den ihnen zu gewährenden Lohn bzw. das Entgelt der von ihnen erbrachten Beförderungsleistung den land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben zugute kommen werden.
Diese Erstreckung des gesetzlichen Begünstigungstatbestandes auf die beiden vorgenannten Fallgruppen rechtfertigt es bei einer nicht am bloßen Wortlaut, sondern auch an Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Handhabung derselben auch für solche Fahrzeuge Steuerbefreiung zu gewähren, deren Nutzung in einem ebenso engen Zusammenhang mit dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb steht, wie dies bei Arbeiten der Fall zu sein pflegt, welche von diesem im Wege der Lohnarbeit Dritten überlassen werden oder welche Beförderungen betreffen, die ihrem Wesen nach in dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beginnen oder enden müssen, insbesondere also dem Aufnehmen der Ernte oder etwa der Bestellung der Felder oder dem Ausbringen von Dünger, sofern die betreffenden Fahrzeuge ihrer Bauart und Einrichtung nach für solche Arbeiten ausschließlich geeignet und bestimmt sind. Es ist ohnehin nicht vorstellbar, dass es Fahrzeuge gibt, die nach Bauart und Einrichtung nur dafür geeignet sind, Lohnarbeiten oder Beförderungen "für" einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb durchzuführen und für die es keine sinnvoll praktische Nutzung gäbe, bei der die betreffende Arbeit nicht als "Lohnarbeit" bzw. die Beförderungsleistung nicht im Auftrag eines solchen Betriebes erbracht wird. Deshalb kann nach Auffassung des erkennenden Senats unter der vorgenannten Voraussetzung eines spezifischen engen Bezugs zu dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb die Gewährung von Steuerbefreiung für Sonderfahrzeuge vorgenannter Art nicht versagt werden, selbst wenn sie anders als nach dem reinen Wortlaut des Gesetzes scheinbar vorausgesetzt, nicht ausschließlich dafür verwendbar sind, Arbeiten in diesem Betrieb oder bei Lohn oder Beförderungsdienstleistungen im Auftrag eines solchen Betriebes zu verrichten; denn anderenfalls würde der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht nur eingeschränkt, sondern ihr gänzlich genommen.
Mit diesen Maßgaben überzeugt den erkennenden Senat die Überlegung des FG, dass sich die Verhältnisse bei dem hier strittigen Fahrzeug von denen der Fahrzeuge unterscheiden, die sonst zur Beförderung land- oder forstwirtschaftlicher Produkte eingesetzt werden oder die gar geeignet sind, einem Betrieb zu dienen, der gewerbliche Tierhaltung betreibt. Denn die Beförderung land- oder forstwirtschaftlicher Produkte steht, wie sich begreift, im Allgemeinen nicht in einem unmittelbaren, wesensmäßigen Zusammenhang mit dem eigentlichen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern kann ebenso gut z.B. von einem Handelsbetrieb ausgeführt oder in Auftrag gegeben werden (und wird tatsächlich in weitem Umfang so erledigt); auch Fahrzeuge, die bei der gewerblichen Tierzucht benötigt werden, stehen nicht von vornherein in einer spezifischen, ihre steuerliche Begünstigung rechtfertigenden Beziehung zur Landwirtschaft, weil Tierhaltung ihrer Art nach keine ausschließlich landwirtschaftliche Tätigkeit ist, sondern ebenso gut Gegenstand eines Gewerbebetriebes sein kann und dies mitunter auch tatsächlich ist.
Eine die Erstreckung der steuerlichen Begünstigung rechtfertigende enge Beziehung zu den notwendig zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, dessen Wesen gerade ausmachenden Tätigkeiten (Nutzung des Bodens für die Erzeugung von Produkten durch Aufzucht von Pflanzen und Tieren) hat das FG hingegen mit Recht bei Transportfahrzeugen angenommen, die ausschließlich geeignet und bestimmt sind, "ihrer Art nach" nur in der Land- oder Forstwirtschaft anfallende Transportleistungen zu erbringen. Solche Tätigkeiten sind z.B. der Abtransport des Erntegutes (hier: geschlagenen Holzes) von der landwirtschaftlichen Nutzfläche (hier: dem Wald), weil bei einer solchen Tätigkeit die vom erkennenden Senat für wesentlich gehaltene "enge Beziehung zu den notwendig zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, dessen Wesen ausmachenden Tätigkeiten" besteht.
Die im Ergebnis abweichende Auffassung des früher für das Kraftfahrzeugsteuerrecht zuständigen II. Senats des BFH in dem Urteil vom 17. Oktober 1984 II R 156/81 (BFHE 143, 147, BStBl II 1985, 313) hält der erkennende Senat daher nicht aufrecht.
2. Es steht nach den tatsächlichen Feststellungen des FG fest, dass es sich bei dem hier strittigen Fahrzeug um ein solches handelt, das ausschließlich geeignet ist für eine Verwendung im Rahmen der Beförderung der Produkte des Waldes, also eines forstwirtschaftlichen Betriebes, und zwar durch eine Beförderung, die in diesem Betrieb i.S. des § 3 Satz 1 Nr. 7 Buchst. c KraftStG beginnt. Das Fahrzeug, dessen einzige sinnvoll praktische Nutzung in einem so engen Funktionszusammenhang mit dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb steht, ist deshalb unbeschadet dessen als Sonderfahrzeug im Sinne der vorgenannten Vorschrift einzustufen, dass es vorstellbar ist und im Wirtschaftsleben vorkommt, dass die Arbeit, für die es bestimmt und hergerichtet ist, nicht im Auftrag des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, sondern im Auftrag eines Gewerbebetriebes ―etwa eines Holzhändlers― oder von dessen Betrieb selbst durchgeführt wird, weil er über entsprechende Fahrzeuge verfügt.
Fundstellen
Haufe-Index 1210705 |
BFH/NV 2004, 1484 |
BStBl II 2004, 903 |
BFHE 206, 383 |
BB 2004, 2005 |
DB 2004, 1974 |
DStRE 2004, 1306 |
HFR 2004, 1232 |