Entscheidungsstichwort (Thema)
LKW-Verkauf bei Fortsetzung des Frachtgeschäfts keine Teilbetriebsaufgabe
Leitsatz (NV)
1. Veräußert eine OHG, die Güterverkehr, Abfertigungsspedition und Lagerei betreibt, sämtliche Lastkraftwagen, so ist dies jedenfalls dann keine Teilbetriebsaufgabe, wenn sie in der Folgezeit Nah- und Fernverkehrtransporte durch Einschaltung von Subunternehmen ausführt.
2. Wird der Gesellschafter A einer OHG von dem einzigen anderen Gesellschafter B beerbt, so ist eine von B namens der OHG erhobene Klage zulässig, auch wenn die OHG z. Zt. der Klageerhebung nicht mehr besteht.
Normenkette
EStG §§ 16, 34; FGO § 58 Abs. 2
Gründe
Bis zum Streitjahr (1977) betrieb die X-OHG (OHG), an der die Klägerin (Frau R) und Frau K als Gesellschafter beteiligt waren, die Lagerei, die Abfertigungsspedition sowie Güternah- und Fernverkehr. 1977 gründeten die Gesellschafter der OHG die X-Transport GmbH, die den Speditionsbetrieb übernehmen sollte. Die OHG gab das Transportgeschäft, das keine selbständige Buchführung hatte, auf, veräußerte die Fahrzeuge und ,,verkaufte" die Konzessionen. In der Folgezeit wurden weiterhin Nah- und Fernverkehrstransporte, und zwar durch Einschaltung von Subunternehmern, ausgeführt.
Die OHG vertrat die Auffassung, der Verkauf der Fahrzeuge nebst Konzessionen sei als Teilbetriebsaufgabe anzusehen und beantragte die Anwendung der §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Finanzamt (- FA -) sah die Verkäufe als laufende Geschäftsvorgänge an und lehnte mit dem gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid 1977 vom 15. Dezember 1983 die Annahme einer Teilbetriebsaufgabe ab. Der Bescheid ist adressiert an die Steuerberaterin Sch, welcher Zustellungsvollmacht erteilt war. Im Betreff des Bescheids ist angeführt ,,Firma J und H X-OHG, (Anschrift)". Der Gewinn wurde verteilt auf die Klägerin und Frau K.
Der Einspruch gegen diesen Bescheid blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde ebenfalls an die Steuerberaterin Sch adressiert. Das Rubrum lautet: ,,Firma X-OHG bestehend aus den Gesellschaftern R (Klägerin) und K (Å . . 7. 83). Frau R ist gleichzeitig Gesamtrechtsnachfolgerin".
Die Einspruchsentscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß eine Teilbetriebsaufgabe wegen Weiterführung des Transportbetriebs durch Subunternehmer nicht gegeben sei.
Die Klage ,,der OHG, vertreten durch Frau R, jetzige Alleingesellschafterin und gleichzeitig Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Gesellschafterin K", blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, daß ein Teilbetrieb nicht vorgelegen habe, weil es an einer klaren und eindeutigen buchmäßigen Trennung gefehlt habe. Auf eine solche Trennung komme es aber im vorliegenden Falle wesentlich an, weil der Güterverkehr gegenüber den anderen Tätigkeiten der Lagerei und Spedition eine gewisse Verwandtschaft aufweise. Speditions- und Transportleistungen müßten zwangsläufig miteinander koordiniert werden, so daß sich eine enge Verflechtung beider Servicebereiche nicht bestreiten lasse.
Mit der Revision ,,in Sachen X-OHG gegen Finanzamt N" wird die Verletzung der §§ 16, 34 EStG gerügt. Außerdem wird vorgetragen, es bestünden erhebliche Bedenken, ob der Gewinnfeststellungsbescheid ,,gegenüber der Klägerin" (gemeint ist mit Klägerin offenbar Frau R) überhaupt wirksam geworden sei. In der Adressierung des Bescheids sei nämlich der Name der Klägerin nicht enthalten. Er werde erst in der Anlage zum Bescheid angegeben. Dort werde ein Gewinnanteil ,,für die Klägerin und ihre verstorbene Mutter, K, festgestellt". Gegenüber Frau K habe aber kein Gewinnfeststellungsbescheid mehr wirksam werden können, weil diese bereits vor Ergehen des Änderungsbescheids, nämlich am . . . Juli 1983, verstorben sei. Alleinerbin sei die Klägerin geworden.
Zum materiellen Recht wird vorgetragen, daß es für die Annahme eines Teilbetriebs genügen müsse, daß dieser in einem Teilbereich von dem Hauptbetrieb abgegrenzt werden könne. Sei dies schon gegenstandsmäßig möglich, bedürfe es keiner weiteren organisatorischen Trennung. Beantragt wird, das FG-Urteil aufzuheben und (sinngemäß), den aus der Veräußerung der Lkw entstandenen Gewinn als Teilbetriebsaufgabegewinn i. S. von §§ 16, 34 EStG festzustellen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.Die Revision ist unbegründet.
1. Obgleich die Klage als eine solche ,,der Firma X-OHG" bezeichnet wurde und diese OHG zur Zeit der Klageerhebung nicht mehr bestand, ist sie zulässig. Denn in der Klageschrift wird die OHG als ,,vertreten durch Frau R, jetzige Alleingesellschafterin, gleichzeitig Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Gesellschafterin K" benannt. Zwar war auch die der Klage beigefügte Prozeßvollmacht unterzeichnet mit ,,für Firma J u. H X-OHG: R". Wesentlich ist indes, daß der Klageschrift durch Verwendung der Worte ,,Alleingesellschafterin" und ,,Rechtsnachfolgerin" eindeutig zu entnehmen ist, daß Frau R nach Beendigung der OHG durch den Tod der Frau K die Alleininhaberin sämtlicher Rechte und Pflichten dieser Gesellschaft geworden und somit die einzige noch klagebefugte Person war. Angesichts dieser Rechtslage, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt wird, ist Frau R als Klägerin anzusehen. Die fälschliche Bezeichnung der OHG als Klägerin ist unschädlich. Das Rubrum des FG-Urteils ist entsprechend zu berichtigen.
2. Zu Unrecht rügt die Klägerin unzutreffende Adressierung des angefochtenen Verwaltungsakts. Nach Beendigung der OHG konnte ein diese Gesellschaft betreffender Bescheid nur an die früheren Gesellschafter gerichtet werden. Da die Gesellschafterin K verstorben und die Gesellschafterin R deren Rechtsnachfolgerin geworden war, ist letztere als allein mögliche Adressatin des Bescheids übrig geblieben. Dieser ist der Bescheid auch wirksam bekanntgegeben worden, denn sie hatte die der Steuerberaterin Sch am 22. November 1979 erteilte Vollmacht, Bescheide betreffend OHG entgegenzunehmen, bis zur Zustellung des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht widerrufen. Dahinstehen kann, ob der Bescheid vom 15. Dezember 1983 der Gesellschafterin R nur mit Wirkung für ihre eigene Person oder auch als Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Gesellschafterin K bekanntgegeben wurde. Denn ein Feststellungsbescheid, der eine beendete OHG betrifft, ist auch wirksam, wenn er zunächst nur einem der früheren Gesellschafter ordnungsgemäß bekanntgegeben wird (vgl. Urteile vom 26. April 1988 VIII R 292 /82, BFHE 153, 497, BStBl II 1988, 855, und vom 16. Oktober 1986 IV R 23/86, BFH/NV 1987, 686). Auch bezüglich der Adressenformel des Bescheids ergeben sich keine Bedenken, denn aus Bescheid und Anlagen lassen sich Gesellschaft und Gesellschafter hinreichend konkretisieren (vgl. Urteil vom 9. September 1986 VIII R 267/80, BFH/NV 1987, 15).
3. Die Vorentscheidung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht frei von Rechtsirrtum.
Es kann auf sich beruhen, ob und in welchem Umfange eine organisatorische Trennung des Betriebsbereichs Fernverkehr von den übrigen Tätigkeiten der OHG vorgelegen hat. Denn dieser Betriebsbereich wurde von der Gesellschaft nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist, nicht aufgegeben. Das FG hat durch Bezugnahme auf den in der Einspruchsentscheidung umrissenen Sachverhalt, der auf das Vorbringen der Steuerberaterin der OHG zurückgeht, festgestellt, daß die OHG nach Veräußerung der Lkw den Nah- und Fernverkehrtransport durch Subunternehmer durchgeführt hat und daß die erzielten Erlöse der Folgejahre fast ausschließlich aus dem Betrieb des Nah- und Fernverkehrs durch diese Fremdunternehmer herrührten. Der Kundenstamm sei erhalten geblieben.
Angesichts dieser Gestaltung kann von der Aufgabe eines Betriebs (Teilbetriebs) nicht gesprochen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 416124 |
BFH/NV 1989, 228 |