Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein vorwiegend aus verwandtschaftlichen Gründen gegebenes Darlehen gehört ohne Rücksicht auf die buchmäßige Behandlung regelmäßig zum notwendigen Privatvermögen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.) seinen Gewinn 1951 um Darlehnsbeträge, die er in den Jahren 1949 bis 1951 an seinen Sohn gegeben hat, und die er durch dessen Zahlungseinstellung im Jahre 1951 voraussichtlich verloren hat, kürzen kann.
Der Bf. ist Handelsvertreter und als solcher im Handelsregister eingetragen. Sein Sohn übernahm am 12. Mai 1949 das bis dahin von ihm gemeinsam mit Herrn X betriebene Gaststättenunternehmen gegen die Verpflichtung zur Zahlung einer Abstandssumme. Der Bf. zahlte für seinen Sohn in der Zeit vom 13. Mai 1949 bis Ende 1949 insgesamt 5.600 DM, von denen beim Jahresabschluß 1949 5.523 DM als Darlehen bilanziert wurden. Die dem Sohn im Jahre 1950 gegebenen weiteren Darlehen werden zunächst ebenfalls über Darlehnskonto verbucht. Der Saldo des Darlehnskontos wurde jedoch beim Jahresabschluß 1950 mit 10.855,09 DM auf das Kapitalkonto übertragen. Im Jahre 1951 zahlte der Bf. noch weitere 1.654 DM an seinen Sohn. Diese Forderung wurde im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Sohnes zum 31. Dezember 1951 als Verlust gebucht. Später knüpfte der Bf. bei der Gewinnermittlung für 1951 an eine "berichtigte" Bilanz für 1950 an, die er anläßlich eines später wieder zurückgenommenen Rechtsmittelverfahrens gegen die Einkommensteuerveranlagung 1950 dem Finanzamt vorgelegt hatte. In dieser waren die ursprünglich über Kapitalkonto gebuchten Darlehen an den Sohn mit einem Betrag von 10.885 DM erneut aktiviert. Nunmehr buchte der Bf. das ganze Darlehen an den Sohn mit 12.539 DM zum 31. Dezember 1951 über Verlust- und Gewinnkonto. Er machte geltend, daß die Darlehnsbeträge im betrieblichen Interesse gegeben worden seien. Er habe sich mit dem Gedanken getragen, sich späterhin am Unternehmen seines Sohnes zu beteiligen. Das Finanzamt erkannte die Absetzung des Darlehens nicht an.
Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt: Beim Bestandsvergleich bleibe das notwendige Privatvermögen außer Ansatz. Bei den Forderungen des Bf. gegen seinen Sohn handele es sich um solches. Mit dem Darlehen habe der Bf. lediglich die Existenz seines Sohnes sichern wollen. Der ausschließlich private Charakter dieses Darlehen ergebe sich auch aus ihrer Unverzinslichkeit und dem Verzicht auf Sicherheiten. Der dem Bf. entstandene Verlust könne im übrigen selbst dann nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden, wenn man die Darlehnsforderung zum gewillkürten Betriebsvermögen rechne. Denn die Darlehnsbeträge seien Ende 1950 über Kapitalkonto gebucht worden. Die diese Buchung berücksichtigende Bilanz sei der rechtskräftigen Einkommensteuerveranlagung 1950 zugrunde gelegt worden. Die vom Bf. durchgeführte änderung der Anfangsbilanz 1951 müsse im Hinblick auf den erforderlichen Zusammenhang zwischen der Schlußbilanz 1950 und der Anfangsbilanz 1951 für die Ermittlung des Gewinns 1951 unbeachtet bleiben.
Entscheidungsgründe
Auch der Rechtsbeschwerde (Rb.) muß der Erfolg versagt bleiben.
Zum Betriebsvermögen sind nur solche Wirtschaftsgüter zu rechnen, die dem Betriebe dienen oder ihrer Art nach diesem zu dienen bestimmt sind. Hierzu gehören jedoch nicht die Wirtschaftsgüter, die in besonders enger Beziehung zur privaten Sphäre des Steuerpflichtigen stehen. Diese müssen als Privatvermögen für die Steuerbilanz auch dann außer Betracht bleiben, wenn der Kaufmann sie in seine Handelsbilanz aufgenommen hat. Danach kann eine Darlehnsforderung nur dann Bestandteil des Betriebsvermögens sein, wenn bei der Hingabe des Darlehens betriebliche Interessen im Vordergrund stehen. Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn der Darlehnshingabe private Gründe, z. B. nahe Verwandtschaft zwischen Geber und Empfänger, zugrunde liegen. Derartige Forderungen gehören zum notwendigen Privatvermögen und können als solche auch nicht von Kaufleuten, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, zum gewillkürten Betriebsvermögen gerechnet werden (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 268/27 vom 30. Juni 1927, Steuer und Wirtschaft 1927 Nr. 361; auch Peters-Herrmann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz Anm. 10 zu § 4; Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 7. Auflage, Anm. 12 zu § 4 und Anm. 13 zu § 5 des Einkommensteuergesetzes).
Entsprechend diesen Grundsätzen folgert das Finanzgericht aus den tatsächlichen Verhältnissen zu Recht, daß die Darlehnsforderungen des Bf. gegen seinen Sohn zum notwendigen Privatvermögen gehören, und daß die vom Bf. geltend gemachten Verluste bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1951 außer Betracht zu bleiben haben. Die Ausführungen des Finanzgerichts lassen weder einen Rechtsverstoß noch einen Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten erkennen. Das Finanzgericht konnte vielmehr auf Grund nicht zu beanstandender Tatsachen- und Beweiswürdigung zu der überzeugung gelangen, daß für die Gewährung des Darlehens in erster Linie die Verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Vater und Sohn den Ausschlag gegeben haben. Hierfür spricht der Umstand, daß sich der Sohn des Bf. in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen befunden hat, und die Hingabe der Darlehen unverzinslich und ungesichert erfolgt ist, sowie die diese Tatsachen unterstreichende Ausbuchung in der Bilanz zum 31. Dezember 1950. Die Würdigung des Finanzgerichts steht auch im Einklang mit der Lebenserfahrung, nach der Geldbeträge in Höhe von über 12.000 DM zu derartigen Bedingungen an Fremde nicht ausgeliehen zu werden pflegen. Der Bf. kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, daß für die Hingabe des Geldes an den Sohn betriebliche Gründe ausschlaggebend gewesen seien. Dem erst im Jahre 1952 erfolgten Vorbringen des Bf., er habe sich später an dem Unternehmen des Sohnes beteiligen wollen, hat das Finanzgericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ohne Rechtsverstoß keinen Glauben geschenkt. An diese Feststellung, zu der das Finanzgericht im Rahmen des ihm zustehenden Rechts der freien Tatsachen- und Beweiswürdigung kommen konnte (ß 278 der Reichsabgabenordnung - AO -), ist der Bundesfinanzhof bei der beschränkten Rechtsnatur der Rb. nach §§ 288, 296 AO gebunden. Da es sich somit um eine ausschließlich auf privaten Gründen beruhende Darlehnshingabe handelt, gehören die Forderungen gegen den Sohn zum notwendigen Privatvermögen des Bf. Die mit diesen Darlehen in Zusammenhang stehenden Verlust des Bf. können infolgedessen bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1951 nicht berücksichtigt werden. Dabei bleibt es ohne Einfluß auf die Beurteilung des Falles, ob und wie diese Forderungen vom Bf. buchmäßig behandelt worden sind.
Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408378 |
BStBl III 1956, 65 |
BFHE 1956, 172 |
BFHE 62, 172 |