Leitsatz (amtlich)
Mietzinsen für die Benutzung der Kühlanlage in einem städtischen Schlachthof durch einen Metzgermeister unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG. Der Kühlhausvertrag ist Miete mit der Verpflichtung zur Lieferung von Kaltluft.
Normenkette
GewStG 1961 § 8 Nr. 7
Tatbestand
Der Revisionskläger (FA) wendet sich mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision gegen die (in EFG 1966, 523 veröffentlichte) Entscheidung des FG, das den einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbescheid und die Einspruchsentscheidung aufgehoben hat, wodurch das FA dem Gewinn aus Gewerbebetrieb des Revisionsbeklagten (Steuerpflichtigen) die Hälfte des Mietzinses für die Benutzung der Kühlanlage in einem städtischen Schlachthof gemäß § 8 Nr. 7 GewStG 1961 hinzugerechnet hatte. Entsprechend dem Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. März 1960 über die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen (BStBl II 1960, 93) hatte das FA Kühlzelle und Kühlluft zusammen als Betriebsvorrichtung behandelt und sich auch auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 4 Nr. 10 UStG 1951 berufen, mit der die Umsatzsteuerbefreiung der Entgelte für die Kühlzellenbenutzung abgelehnt wurde, da Gegenstand des Vertrags nicht die (umsatzsteuerbefreite) Inanspruchnahme des Raumes, sondern hauptsächlich die Lieferung von Kälte sei.
Die Inaugenscheinnahme des Schlachthofes durch den Berichterstatter des FG hatte folgendes ergeben: Die Kühlzellen befinden sich in einem großen hallenartigen Raum von 50 bis 60m Länge und etwa 20m Breite. Die Kaltluft entströmt unter den Decken angebrachten Luftschächten. Das in einem anderen Gebäudekomplex befindliche Kühlaggregat liefert noch für andere Räume Kälte, auch zur Eisherstellung. Die durch eine verschließbare Türe zugänglichen Kühlzellen bestehen aus einem vom Boden bis fast zur Decke reichenden Gitterwerk bei einer Bodenfläche von 1,76 qm. Das FG räumt ein, daß eine Kühlanlage in einem Schlachthof eine Betriebsvorrichtung ist. Was der Steuerpflichtige gemietet habe, sei aber der abgegrenzte Teil eines Raumes, in den kalte Luft eingeführt werde. Das für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG in Betracht kommende Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erfordere eine Sache, die dem Gewerbetreibenden körperlich zur Verfügung stehe und auf die er unmittelbar Einfluß nehmen könne. Auf die Kühlung, in der das FA das wesentliche Element der Kühlzelle sehe, treffe diese Voraussetzung jedoch nicht zu. Der Auffassung von Lenski-Steinberg (Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 1.-2. Auflage, Anm. 16 zu § 8 Nr. 7), wonach für die Hinzurechnung nur der Teil der Kühlhausgebühr in Betracht komme, der nicht auf das Gebäude, sondern auf die Betriebsvorrichtung entfalle, widerspreche nach Auffassung der Vorinstanz dem Gesetz. Wenn die Kühlzelle selbst als zum Grundbesitz gehörig betrachtet werde, könne die Zuführung der Kaltluft allein keine Betriebsvorrichtung sein, da Zelle und Kühlvorrichtung (auch nach Auffassung des FA) eine Einheit darstellten.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben. Die Vorentscheidung lasse nicht eindeutig erkennen, was die entgeltliche Überlassung von Kühlzellen wirtschaftlich gesehen darstelle. Es handle sich im Streitfall nicht nur um die Überlassung kühler Luft, sondern um die Vermietung (§ 535 BGB) einer aus Kühlanlage und einzelnen Zellen bestehenden, dem Steuerpflichtigen auch körperlich zur Verfügung stehenden Betriebsvorrichtung. Die Zellen-Kühlung nicht durch den Steuerpflichtigen, sondern durch den Schlachthof stehe dem nicht im Wege. Bei Nichtanerkennung der Kühlzelle als Betriebsvorrichtung müsse ein Pachtvertrag im Sinne des § 581 BGB zur Überlassung des Rechts zum Kühlen und Kühlhalten von Waren in den Kühlzellen angenommen werden.
Der Steuerpflichtige macht in der Revisionserwiderung geltend, die Zellen ließen nach Größe und Temperaturen einen Aufenthalt von Menschen zu. Wären die Zellen durch Mauerwerk statt durch Gitter voneinander getrennt, so würde das FA die Behauptung einer Betriebsvorrichtung schwerlich aufrechterhalten. Die Kühlzellen könnten nicht mit kleinen Bauwerken wie Transformatorenhäuschen usw. verglichen werden, die zu den Betriebsvorrichtungen gezählt würden. Die Benutzungsgebühr für die Kühlzelle sei der Preis für einen Teil des hallenartigen Raumes und für eine Leistung, nämlich die Lieferung kalter Luft.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückweisung der Klage (Berufung) gegen die Einspruchsentscheidung des FA.
Nach § 8 Nr. 7 GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens hinzugerechnet, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit dieser Betrag bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden ist. Die gesetzliche Ausnahme von dieser Regelung, die dann vorliegt, wenn die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag herangezogen werden, scheidet im Streitfall von vornherein aus, weil es sich um Einrichtungen eines städtischen Schlachthofs handelt, der weder selbst noch über die Gemeinde der Gewerbesteuer unterliegt.
Für die Abgrenzung gegenüber den nach § 8 Nr. 7 GewStG hinzuzurechnenden Beträgen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gilt folgendes: Wirtschaftsgüter i. S. des § 8 Nr. 7 GewStG sind solche, die dauernd dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Der Begriff des Wirtschaftsguts ist hier der gleiche wie im EStG (Urteil des BFH IV 372/59 vom 1. Dezember 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 8 Ziff. 2 bis 9, Rechtsspruch 28). Voraussetzung für die Annahme eines Wirtschaftsguts ist nach der durch die bisherige Rechtsprechung bestätigten Verwaltungsübung nur, daß eine wirtschaftliche Ausnutzung des Gutes möglich ist. Auf die Bewertung im Sinne des BewG kommt es nicht an. Jedoch sind Betriebsvorrichtungen im Sinne des BewG (§ 50 Abs. 1 BewG a. F., § 68 BewG 1965) auf jeden Fall als für die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 7 GewStG geeignete Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anzusehen. Betriebsvorrichtungen werden selbst dann nicht in das Grundvermögen einbezogen, wenn sie nach bürgerlichem Recht wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens oder des Gebäudes sind. Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichender Standfestigkeit ist. Es wird nicht gefordert, daß das Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist, es muß jedoch so beschaffen sein, daß Menschen in ihm arbeiten können. Bei Bauwerken, in denen eine besonders hohe oder niedrige Temperatur herrscht, kommt es darauf an, ob diese während des Betriebsvorgangs einen Aufenthalt von Menschen zuläßt oder unmöglich macht. Sammelheizungs- und Klimaanlagen, die ganz oder überwiegend den Aufenthalt von Menschen in Gebäuden ermöglichen oder angenehmer gestalten sollen, sind im allgemeinen Teile des Gebäudes. Sie gehören aber dann zu den Betriebsvorrichtungen, wenn sie ganz oder überwiegend betrieblichen Zwekken dienen. Das ist im Einzelhandel und im Handwerk insbesondere bei Kühleinrichtungen angenommen worden (vgl. Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. März 1960, a. a. O., und Abschn. 43 Abs. 2 EStR für die Frage der Absetzung für Abnutzung bei Betriebsvorrichtungen).
Der Senat sieht die Voraussetzungen für die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 7 GewStG bezüglich des vollen an den Schlachthof entrichteten Miet- oder Pachtzinses als erfüllt an. Auch bürgerlich-rechtlich ist die Überlassung von Zellen in einem Kühlhaus Miete nach § 535 BGB, wie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs V ZR 110/50 vom 11. Januar 1952 (Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, Nr. 2 zu § 535 BGB) ergibt; auch nach Erman, Handkommentar zum BGB, Anm. 11 zu § 535, stellt ein Kühlhausvertrag Miete mit der Verpflichtung zur Lieferung von Kaltluft oder zur Kühlung auf eine bestimmte Temperatur dar. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen bezüglich der Beschaffenheit des Kühlaggregats zwingen zur Annahme einer Betriebsvorrichtung im Sinne der Verkehrsauffassung. Entscheidend ist, daß die aus einem Gitterwerk bestehende Kühlzelle mit einer Bodenfläche von nur 1,76 qm zu einem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen weder bestimmt noch geeignet ist.
Die dagegen gerichteten Rechtsausführungen des Steuerpflichtigen vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Es kommt nicht darauf an, daß die Kühlung durch den Schlachthof als einen Dritten vorgenommen wird. Was die Größenmerkmale des Raumes für den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen anlangt, so werden sogar geschlossene Bauwerke, wie z. B. kleine Transformatoren- und Pumpenhäuschen, unter Bestätigung durch die Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil III 110/50 S vom 24. Januar 1952, BFH 56, 209; BStBl III 1952, 84) ohne weitere Prüfung als Betriebsvorrichtungen angesehen.
Die Besonderheit des Falles ist darin zu erblicken, daß der Steuerpflichtige nur durch den (verhältnismäßig) niedrigen monatlichen Mietzins von 10 DM je qm für die 1,76 qm große Kühlzelle in den Genuß der für die Ausübung seines Gewerbes unentbehrlichen Kaltluft gelangt. Eine Aufteilung des an den Schlachthof gezahlten Entgelts in Miete für die Kühlzelle als Betriebsvorrichtung und in den Kaufpreis für die Lieferung kalter Luft scheidet danach aus.
Fundstellen
Haufe-Index 68538 |
BStBl II 1969, 439 |
BFHE 1969, 399 |