Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuerbefreiung von Talsperren
Leitsatz (amtlich)
Die zum Zwecke der Trinkwassergewinnung unterhaltenen Stauseen und Talsperren sind nicht nach § 4 Nr.3 Buchst.c GrStG von der Grundsteuer befreit.
Normenkette
GrEStG § 4 Nr. 3 Buchst. c
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, betreibt Einrichtungen zur Trinkwassergewinnung und -versorgung. Zu diesem Zweck unterhält sie auf eigenen Grundstücken zwei Trinkwassertalsperren. Technisch geschieht dies in der Weise, daß die Klägerin das Wasser eines Baches an zwei Stellen jeweils mittels einer Stauanlage aufstaut. Das in der oberen Talsperre angesammelte Wasser wird einer Trinkwasseraufbereitungsanlage zugeführt und sodann an die Endverbraucher weitergeleitet. Der hier nicht benötigte Teil des Wassers fließt in die untere Talsperre. Von dort wird der für die Trinkwasserversorgung benötigte Teil des Wassers zur Trinkwasseraufbereitungsanlage, die sich in Höhe der oberen Talsperre befindet, zurückgepumpt. Das Gebiet beider Talsperren ist als Wasserschutzgebiet ausgewiesen, umzäunt und öffentlich nicht zugänglich.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte im Wege der Nachfeststellung auf den 1.Januar 1981 für die Grundstücke der Klägerin, auf denen sich die beiden Talsperrenanlagen befinden, die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" sowie durch Grundsteuermeßbescheide vom selben Tage die Meßbeträge für die obere Talsperre in Höhe von 1 970,15 DM und für die untere Talsperre in Höhe von 343 DM fest.
Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, die Grundstücke seien gemäß § 4 Nr.3 Buchst.c des Grundsteuergesetzes (GrStG) von der Grundsteuer befreit, blieben ohne Erfolg.
Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 4 Nr.3 Buchst.c GrStG.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG Düsseldorf vom 27.November 1989 sowie die Grundsteuermeßbescheide vom 24.März 1983 in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom 27.Juni 1985 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Die Grundstücke, auf denen die Klägerin ihre Trinkwassertalsperren unterhält, sind nicht nach § 4 Nr.3 Buchst.c GrStG von der Grundsteuer befreit. Nach dieser Vorschrift sind u.a. die fließenden Gewässer und die ihren Abfluß regelnden Sammelbecken --soweit diese nicht bereits nach einer anderen Vorschrift steuerfrei sind-- von der Grundsteuer befreit.
Das FG hat im Ergebnis zutreffend bei seiner Entscheidung auf die Zweckbestimmung der Trinkwassertalsperren der Klägerin abgestellt und angenommen, von der Steuervergünstigung der zweiten Alternative des § 4 Nr.3 Buchst.c GrStG würden nur solche Sammelbecken erfaßt, deren gewässerregulierende Funktion in erster Linie darin bestehe, im Bereich der Talsperre und im Unterlauf des Gewässers Überschwemmungen oder auch Austrocknungen zu verhindern. Zwar ließe der bloße Wortlaut dieser Vorschrift auch eine Auslegung im Sinne der Klägerin zu, jede Talsperre sei im weitesten Sinne ein den Gewässerabfluß regelndes Sammelbecken, da auch solche Staueinrichtungen in den Gewässerablauf eingreifen. Aus dem unmittelbaren Sinnzusammenhang mit der ersten Alternative dieser Vorschrift, die die fließenden Gewässer von der Grundsteuer ausnimmt, während stehende Gewässer nicht begünstigt sind, ergibt sich jedoch, daß nur solche Wassersammelbecken den fließenden Gewässern gleichgestellt werden sollen, bei denen die gewässerabflußregulierende Funktion derart im Vordergrund steht, daß diese als ein dem fließenden Gewässer dienender Teil desselben angesehen werden können. Entscheidend ist demnach auf den Zweck des den Gewässerabfluß regelnden Sammelbeckens abzustellen.
Bei den Trinkwassertalsperren der Klägerin handelt es sich zwar um den Gewässerabfluß regelnde Sammelbecken, diese werden aber von der Klägerin zu dem ausschließlichen Zweck der Trinkwassergewinnung unterhalten. Ihnen kommt deshalb keine oder allenfalls eine nur untergeordnete, für die begehrte Grundsteuerbefreiung nicht relevante wasserregulierende Funktion im oben genannten Sinne zu. Denn das Wasser wird nicht zum Zwecke der Regulierung des Wasserstandes im unteren Flußlauf, sondern ausschließlich zum Zwecke der Entnahme von Trinkwasser aufgestaut.
Der Umstand, daß die Klägerin als Stauberechtigte nach dem nordrhein-westfälischen Wassergesetz (LWG) verpflichtet ist, jahreszeitabhängig Staumindesthöhen bzw. Stauhöchsthöhen einzuhalten, bei Hochwassergefahr auf Anweisung der örtlichen Wasserbehörde durch die Absenkung des Wasserstandes Hochwasserschutzraum bereitzustellen und beim Ablassen von Wasser in den Unterlauf des Gewässers jegliche Gefährdung und Beeinträchtigung von Menschen und Sachen zu vermeiden, ändert entgegen der Auffassung der Klägerin an dem Ergebnis nichts. Denn durch diese Verpflichtungen werden die Staueinrichtungen der Klägerin nicht zu den Abfluß des Gewässers regulierenden Sammelbecken i.S. des § 4 Nr.3 Buchst.c GrStG. Die Vorschriften des LWG dienen dem Schutz der Allgemeinheit vor möglichen Gefahren, die von den Stauanlagen als solche ausgehen. Die der Klägerin vom Gesetzgeber auferlegten Pflichten hinsichtlich der Wasserregulierung stellen somit nicht den Zweck der Anlage dar, sie sind vielmehr ein Reflex, der sich aus der Gefahrträchtigkeit der Unterhaltung solcher Anlagen ergibt.
Fundstellen
Haufe-Index 64871 |
BFH/NV 1993, 64 |
BStBl II 1993, 768 |
BFHE 171, 575 |
BFHE 1994, 575 |
BB 1993, 1796 (L) |
HFR 1993, 722 (LT) |
StE 1993, 476 (K) |