Leitsatz (amtlich)
Ein Privatgelehrter, der seine Ideen gewerblich nutzt, übt insoweit keine "Tätigkeit als Privatgelehrter" im Sinne des § 4 Ziff. 17 UStG aus.
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 17
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) hat in den Jahren 1952 und 1953 als Erbin ihres Ehemannes Einnahmen aus Lizenzen erzielt. Ihr Ehemann war Assistent eines Professors gewesen, hatte Arzneimittel gegen Gallenerkrankungen erfunden und die Erfindungen einer chemischen Fabrik zur Auswertung gegen Lizenzgebühren überlassen. Streit besteht darüber, ob die Stpfl. mit Recht die Steuerbefreiung nach § 4 Ziff. 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geltend machen kann. Das Finanzgericht hat dies bejaht.
Der Vorsteher des Finanzamts wendet sich mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) gegen die Rechtsansicht des Finanzgerichts. Er führt aus, daß sich der Fall mit dem eines schriftstellernden Privatgelehrten nicht vergleichen lasse. Der Ehemann der Beschwerdeführerin habe seine Erfindungen vielmehr gewerblich genutzt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Mit Recht hat das Finanzgericht zunächst festgestellt, daß sich die umsatzsteuerliche Beurteilung der Stpfl. als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes danach richten muß, wie der Ehemann umsatzsteuerlich zu beurteilen wäre, wenn ihm die Einnahmen zugeflossen wären. Das Finanzgericht hat aber die Einnahmen aus den Lizenzen zu Unrecht als solche angesehen, die aus der "Tätigkeit als Privatgelehrter" herrühren. Als Privatgelehrter tätig wird man in der Regel nur durch ein Wirken gegenüber einem größeren Kreise, also z. B. durch die Abhaltung von Vorlesungen, durch die Erteilung von Unterricht, durch die Tätigkeit als Schriftsteller, als Gutachter und dergleichen. Das Finanzgericht hat im vorliegenden Falle die Tätigkeit der eines schriftstellernden Privatgelehrten gleichgesetzt. Der Vorsteher des Finanzamts führt mit Recht aus, daß sich beides nicht vergleichen lasse. Der Privatgelehrte, der ein wissenschaftliches Werk herausgibt, wendet sich damit an seine Fachkreise. Wer das Werk erwirbt, tut es, um sich wissenschaftlich aus- oder weiterzubilden, die Ausführungen mit zu überdenken, dazu in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen und gegebenenfalls darauf aufbauend die Wissenschaft weiter zu fördern. Das Werk ist somit eine Art gedruckter Vorlesung, es wendet sich an einen größeren Kreis zu dessen wissenschaftlicher Förderung. Im vorliegenden Falle hatte der Ehemann der Stpfl. jedoch seine Erfindungen zur gewerblichen Ausnutzung verwendet. Die Patienten, die die Heilmittel erwerben, werden allenfalls gesundheitlich, nicht aber wissenschaftlich gefördert. Der Ehemann der Stpfl. hat zudem seine Haupttätigkeit, aus der die Einnahmen geflossen sind, der chemischen Fabrik gebenüber entfaltet und auch da zunächst nur in passiver Weise, nämlich dadurch, daß er die Ausnutzung seiner Ideen durch die chemische Fabrik gegen Entgelt duldete. Ein solcher Leistungsaustausch fällt nicht unter die "Tätigkeit als Privatgelehrter", von der § 4 Ziff. 17 UStG spricht, sondern stellt die gewerbliche Ausnutzung neuer Ideen dar. Die Entgelte sind daher der Umsatzsteuer zu unterwerfen (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs V A 432/31 vom 4. Dezember 1931, RStBl 1932 S. 379).
Die Vorentscheidung ist hiernach aufzuheben. Die Berufung der Stpfl. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts ist als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1959, 378 |
BFHE 1960, 313 |