Leitsatz (amtlich)
Bei Überlassung des firmeneigenen Personenkraftwagens einer Personalgesellschaft an einen Gesellschafter zur privaten Benutzung liegt, soweit der auf privaten Fahrten verbrauchte Kraftstoff (Benzin und Öl) den Gewinn der Gesellschaft geschmälert hat, ein steuerpflichtiger Umsatz vor. Dagegen gehören die festen Kosten der betrieblichen Fahrzeughaltung (z. B. Steuer und Versicherung) bei gelegentlicher privater Benutzung des Kraftwagens regelmäßig nicht zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1
Tatbestand
Streit besteht darüber, ob die Steuerpflichtige (Stpfl.), eine KG, durch die Überlassung ihres firmeneigenen Personenkraftwagens an ihren Komplementär einen steuerpflichtigen Umsatz bewirkt hat.
Das Finanzamt hatte bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Jahre 1950 bis 1953 dem Gewinn jedes Jahres 800 DM hinzugesetzt; auf diese Beträge hat es den Anteil der Kraftfahrzeugbetriebskosten für die private Benutzung des Personenkraftwagens durch den Gesellschafter geschätzt. In gleicher Höhe hat es bei der Umsatzsteuerveranlagung einen steuerpflichtigen Leistungsaustausch zwischen der Stpfl. und ihrem Gesellschafter angenommen.
Mit ihrer Sprungberufung hatte die Stpfl. zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht hat einen steuerpflichtigen Vorgang nur insoweit angenommen, als die Stpfl. den Kraftstoff (Benzin und Öl) für die privaten Fahrten selbst beschafft oder Kraftstoffrechnungen für den Gesellschafter bezahlt hat. In diesen Fällen sei der Gewinn der Gesellschaft auf Kosten der Gewinnansprüche der Gesellschafter geschmälert worden. Das Entgelt liege in dem Verzicht der Gesellschafter auf einen Teil ihrer Gewinnansprüche. Es liege ein tauschähnlicher Umsatz vor, so daß der Besteuerungsmaßstab dem § 5 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu entnehmen sei. Dagegen gehörten die festen Kosten der betrieblichen Fahrzeughaltung nicht zum Entgelt, weil sie den Ertrag nicht minderten.
Die Höhe des hiernach steuerpflichtigen Entgeltes hat das Finanzgericht, weil die Stpfl. den Wert des vom Gesellschafter privat verbrauchten Kraftstoffes nicht aufgezeichnet hat, auf 400 DM für jedes Streitjahr geschätzt.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) begehrt der Vorsteher des Finanzamts die Wiederherstellung der Steuerbescheide. Nach Auffassung der Rb. gehörten auch die anteiligen Kosten der Fahrzeughaltung zum steuerpflichtigen Entgelt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Es ist anerkanntes Recht, daß die Personalgesellschaften des Handelsrechts im Umsatzsteuerrecht wie Kapitalgesellschaften als selbständige Unternehmer zu behandeln und als solche von den einzelnen Gesellschaftern wesensverschieden sind. Sie können deshalb mit ihren Gesellschaftern Umsätze tätigen. Der Vorinstanz ist auch darin zuzustimmen, daß es sich bei der Überlassung eines Kraftwagens an einen Gesellschafter um eine steuerbare Leistung, und zwar um eine sonstige Leistung, handeln kann. Denn Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist jedes Verhalten gegenüber einem anderen, das Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sein kann. Zweifel können nur hinsichtlich der Entgeltlichkeit dieser Leistung bestehen. Das Entgelt bildet die Gegenleistung für die Lieferung oder sonstige Leistung; es kann auch von dritter Seite erbracht werden (§ 10 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz). Bei gesellschaftlichen Verhältnissen kann deshalb ein steuerbarer Leistungsaustausch auch dann vorliegen, wenn die Lieferung oder Leistung auf die Gewinnansprüche der Gesellschafter angerechnet wird.
Im Streitfalle hat eine Belastung des privaten Kontos des Gesellschafters und eine Kürzung der Kraftfahrzeugunkosten der Gesellschaft nicht stattgefunden. Derartige Buchungsvorgänge wären auch nicht entscheidend, weil es für die Umsatzsteuer allein auf die wirtschaftliche und tatsächliche Bedeutung des Vorganges ankommt. Bei der Prüfung eines etwaigen Leistungsaustausches ist davon auszugehen, daß Kapitalgewährung und sonstige Leistung mit der Gewährung der Gesellschafterrechte im Zusammenhang stehen und in dieser ihre Gegenleistung, ihr Entgelt, finden. Zu den Gesellschaftsrechten gehört auch der Anspruch auf Gewinn (§ 120 des Handelsgesetzbuches). Die sonstige Leistung ist mithin steuerbar, wenn sie unter Anrechnung auf die Gewinnansprüche der Gesellschafter erbracht wird. Stets muß aber festgestellt werden, daß die Leistung den Gewinn wirtschaftlich wirklich berührt. Mit Recht hat dies die Vorinstanz bejaht, soweit Benzin- und Ölkosten bei der Gesellschaft gewinnmindernd gebucht, aber der Kraftstoff auf privaten Fahrten des Gesellschafters verbraucht worden ist. Insoweit kann, wie auch die Stpfl. in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr bezweifelt, unbedenklich angenommen werden, daß die Gesellschafter mit einer Minderung ihrer Gewinnansprüche einverstanden waren.
Ebenso zutreffend hat die Vorinstanz die Entgeltlichkeit verneint, soweit die festen Kosten (Absetzung für Abnutzung, Steuer, Versicherung, Garagenmiete) in Betracht kommen. Diese allgemeinen Kosten der Fahrzeughaltung gehören regelmäßig nicht zum Entgelt. Einmal ließen sich diese Kosten konkret gar nicht erfassen. Weder lassen sich die Entnahme des Kraftstoffes, worunter sicherlich auch die Verwendung zu privaten Zwecken zu verstehen ist, und die bloße Gebrauchsüberlassung als ein nicht aufspaltbarer einheitlicher Vorgang auffassen - sowohl bei gewerbsmäßiger Wagenvermietung als auch bei Verleih eines Wagens aus Gefälligkeit wird zwischen den zu ersetzenden konkreten Aufwendungen für Kraftstoff und den festen Kosten vielfach unterschieden - noch können umsatzsteuerrechtlich die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts oder des Handelsrechts maßgeblich sein. Denn die Umsatzsteuer will nicht den Gewinn, sondern den Leistungsaustausch erfassen, dessen Umfang aber durch die von der Gesellschaft ohnehin zu tragenden festen Kosten nicht vergrößert wird. Daß nach einkommensteuerlichen Grundsätzen der private Nutzungsanteil in einem Hundertsatz der gesamten Kosten, einschließlich der festen Kosten, ermittelt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 536/52 U vom 9. Oktober 1953, BStBl 1953 III S. 337, Slg. Bd. 58 S. 120), besagt nichts für die Frage des Leistungsaustausches; denn hier ist Voraussetzung, daß die Gesellschafter ausdrücklich oder nach den Umständen des Falles einen Verzicht auf den Gewinnanteil ausgesprochen haben. Davon kann keine Rede sein, wenn der Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie den Wagen allein benutzt oder ihn einem Gesellschafter zur gelegentlichen privaten Benutzung zur Verfügung stellt, Kosten in der gleichen Höhe entstehen. Es ist somit nach umsatzsteuerlicher Betrachtungsweise eine besondere Gegenleistung der Gesellschaft im Streitfalle nicht festzustellen.
Nach alledem ist die Vorentscheidung frei von Rechtsirrtum; auch gegen die Höhe der Schätzung bestehen keine Bedenken.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1959, 379 |
BFHE 1960, 316 |
NJW 1959, 1991 |