Leitsatz (amtlich)
Wurde ein Apothekenbetriebsrecht (Konzession) vor Begründung der Niederlassungsfreiheit gegen Entgelt erworben, so ist seine Ausbuchung in vollem Umfang nur möglich, wenn nachweislich im Zeitpunkt seines Erwerbs ein Geschäftswert nicht vorhanden war. Ein entsprechendes Vorbringen ist zum zeitlich nächstgelegenen Bilanzstichtag geltend zu machen.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Revisionskläger sind Eheleute. Der steuerpflichtige Ehemann (Steuerpflichtiger), der eine Apotheke betreibt, hatte in seiner Bilanz zum 31. Dezember 1959 das bisher mit 9 053 DM ausgewiesene restliche Apothekenbetriebsrecht (Konzession) auf 0 DM abgeschrieben. Von einem Firmenwert sei bei Erwerb der Apotheke im Jahre 1948 nicht gesprochen worden; er sei auch nicht vorhanden gewesen und sei - sein Vorhandensein unterstellt - nunmehr infolge Verkleinerung des Versorgungsgebiets vollends weggefallen.
Der Revisionsbeklagte (das FA) war dem Steuerpflichtigen unter Hinweis auf das Urteil des BFH IV 372/60 S vom 26. September 1963 (BFH 77, 669, BStBl III 1963, 565) nicht gefolgt. Einspruch und Klage des Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision läßt der Steuerpflichtige vortragen:
Rechtlich gehe es im Streitfall nicht um die Abschreibung eines erworbenen Geschäftswerts auf den niedrigeren Teilwert, sondern um die Feststellung, daß in den Anschaffungskosten des erworbenen Betriebsrechts ein Aufwand für den Erwerb eines Geschäftswerts auch nicht anteilig enthalten gewesen sei. Dabei würden die im BFH-Urteil IV 372/60 S (a. a. O.) herausgestellten Grundsätze nicht verkannt. Der BFH sei in diesem Urteil vom Erwerb einer "gutgehenden" Apotheke ausgegangen. Gerade an diesem Attribut habe es der vom Steuerpflichtigen erworbenen Apotheke bei einem Jahresumsatz von durchschnittlich 24 000 DM und einem Jahresgewinn von rd. 5 000 DM gefehlt. Ein erworbener Geschäftswert könne nur mit dem Wert aktiviert werden, der den wirtschaftlichen Vorstellungen der Beteiligten im Zeitpunkte des Erwerbs zugrunde gelegen habe. Wenn die Beteiligten subjektiv unter Zuhilfenahme objektiver Bewertungsmerkmale, wie Vorhandensein eines Kundenstammes, garantierte Rendite aus einem gewissen Umsatzminimum, zu der Auffassung gelangt seien, daß ein Geschäftswert nicht gegeben sei, weil die Vergütung eines angestellten approbierten Apothekers im Zeitpunkt des Erwerbs der Apotheke höher gewesen sei als deren zu erwartender nachhaltiger Gewinn, dann sei der Erwerb eines Geschäftswerts nicht diskutabel. Die spätere Entwicklung des Unternehmens, die eine Folge der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung gewesen sei, müsse für die Entscheidung außer Betracht bleiben. Wenn das FG seine Entscheidung damit begründe, daß der Steuerpflichtige nicht bereit gewesen wäre, den für die Konzession geforderten Preis von 26 400 DM zu zahlen, wenn er der Apotheke überhaupt keinen Geschäftswert beigemessen hätte, verkenne es, daß es für die Annahme eines Geschäftswerts der Beibringung objektiver Anhaltspunkte für sein Vorliegen bedurft hätte. Der Grund für die Hinnahme des geforderten Kaufpreises sei vielmehr darin zu sehen, daß der Steuerpflichtige nach einer Reihe erfolgloser Bewerbungen in der Übernahme der von ihm gepachteten Apotheke die einzige Möglichkeit gesehen und genutzt habe, seinen Beruf überhaupt ausüben zu können.
Der Steuerpflichtige beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die im BFH-Urteil IV 372/60 S (a. a. O.) entwickelten Grundsätze sind in einer ganzen Reihe späterer Entscheidungen des BFH erhärtet worden. Grundlegend ist jedoch in allen diesen Entscheidungen davon ausgegangen worden, daß ein Geschäftswert im Rahmen des erworbenen Betriebsrechts tatsächlich vorhanden war, der nur in aller Regel vom Erwerber bei der Aktivierung des von ihm für die Konzession gezahlten Kaufpreises nicht besonders ausgewiesen wurde. So spricht das BFH-Urteil VI 325/60 U vom 13. Dezember 1963 (BFH 81, 620, BStBl III 1965, 223) von einem "unter Umständen" im Bilanzposten "Betriebsrecht" mitbewerteten Geschäftswert, das BFH-Urteil IV 372/60 S (a. a. O.) vom Erwerb einer "gutgehenden" Apotheke, das BFH-Urteil III 249/64 vom 17. Mai 1966 (BFH 86, 378, BStBl III 1966, 481) davon, daß die erworbene Apotheke "seit langem einen sehr guten Umsatz und eine gute Ertragslage" hatte. Ob der Preis für ein Betriebsrecht einer Apotheke einen Geschäftswert enthält, muß somit nach den Verhältnissen des einzelnen Falles geprüft werden. Dabei sind in erster Linie die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu berücksichtigen (für den Fall des Erwerbs der Konzession einer zerstörten Apotheke die Verhältnisse der vor der Zerstörung liegenden Wirtschaftsjahre: BFH-Urteil IV 372/60 S, a. a. O.).
2. Im vorliegenden Streitfall hat der Steuerpflichtige nach seinen eigenen Angaben und nach dem Betriebsprüfungsbericht vom 10. Juni 1950 im Jahre 1948 insgesamt einen Umsatz von rd. 60 000 RM/DM, für das erste Halbjahr 1948 einen Rohgewinn von 10 058 RM (Reingewinn: 1161 RM), für das zweite Halbjahr 1948 einen Rohgewinn von 10 055 DM (Reingewinn: 2 874 DM) zu verzeichnen gehabt. Das FG hat Umsatz und Gewinn als ausreichend erachtet, um das Vorliegen eines anteiligen Geschäftswerts in dem für das Betriebsrecht gezahlten Kaufpreis zu bejahen. Die Voraussetzungen für die Abschreibung des Geschäftswerts auf den niedrigeren Teilwert hat es verneint.
Die Einwendungen des Steuerpflichtigen gegen diese Beurteilung sind nicht frei von Widerspruch. Denn während nach dem Einspruchsschreiben vom 20. Januar 1962 "die Konzession nach Maßgabe der Entwicklung voll abzuschreiben ist", soll es - nach der Revisionsbegründungsschrift vom 3. September 1968 - nicht um eine Teilwertabschreibung, sondern um die Feststellung gehen, "daß in den Anschaffungskosten des erworbenen Betriebsrechts kein Aufwand für den Erwerb eines Geschäftswertes anteilig enthalten sein kann".
Der Senat schließt sich, was die Möglichkeit des Ansatzes des Geschäftswerts zum 31. Dezember 1959 mit dem niedrigeren Teilwert betrifft, den Ausführungen des FG an. Auch geht es dem Steuerpflichtigen im vorliegenden Revisionsverfahren nicht um eine solche Teilwertabschreibung. Was die Feststellung eines Geschäftswerts in dem lt. notarieller Urkunde vom 8. Oktober 1948 vereinbarten und vom Steuerpflichtigen gezahlten Kaufpreis für das Betriebsrecht (von 26 400 DM) betrifft, kann dem Antrag des Steuerpflichtigen auf Zulassung der Abschreibung zum 31. Dezember 1959 schon deshalb nicht entsprochen werden, weil er zutreffendenfalls die Abschreibung auch der 9 053 DM bereits zum 31. Dezember 1957 hätte vornehmen und ggf. mit Rechtsbehelfen verfolgen müssen. Demgegenüber hat der Steuerpflichtige selbst den Wertansatz der Konzession zum 31. Dezember 1957 von 24 000 DM auf nur 17 000 DM herabgesetzt, während das FA den Wertansatz weiter auf 9 053 DM ermäßigt hat. Hätte es, wie der Steuerpflichtige nunmehr vorträgt, bereits bei Erwerb des Betriebsrechts an einem Geschäftswert gefehlt, der im Kaufpreis für das Betriebsrecht seinen Ausdruck fand, wäre dies zum 31. Dezember 1957 als dem der Geltendmachung dieser Tatsache nächstmöglichen Bilanzstichtag geltend zu machen gewesen (BFH-Urteile IV 229/64 U vom 3. September 1964, BFH 80, 429, BStBl III 1964, 628; IV 83/64 U vom 20. August 1964, BFH 81, 302, BStBl III 1965, 110).
Fundstellen
Haufe-Index 69021 |
BStBl II 1970, 516 |
BFHE 1970, 29 |