Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid ohne Angabe des Haftungszeitraums
Leitsatz (NV)
Ein Lohnsteuerhaftungsbescheid gegen einen GmbH-Geschäftsführer kann auch dann hinreichend bestimmt sein, wenn die Steuer nicht nach Anmeldungszeiträumen aufgegliedert ist und die Angabe des Gesamthaftungszeitraums fehlt.
Normenkette
AO 1977 §§ 34, 69, 119 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die am . . . gegründet wurde und am . . . Konkurs anmeldete. Das Konkursverfahren wurde mangels Masse eingestellt. In der GmbH war der Kläger u. a. zuständig für die Auszahlung der Löhne, die Lohnbuchhaltung und die Führung des Kassenbuchs. Die dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) eingereichten Lohnsteueranmeldungen der GmbH sind für die Anmeldungszeiträume . . . von deren Steuerbevollmächtigten und für die Zeiträume . . . vom Kläger unterschrieben worden.
Das FA nahm den Kläger - ebenso wie den Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer der GmbH - wegen von der GmbH nicht abgeführter Lohnsteuer, evangelischer Kirchensteuer, römisch-katholischer Kirchensteuer sowie Säumniszuschlägen als Haftungsschuldner in Anspruch. Der Haftungsbescheid enthält eine Aufgliederung der Haftungssumme lediglich nach Steuerarten, ohne Angabe des Gesamthaftungszeitraums und Aufschlüsselung der Haftungsbeträge auf die einzelnen Lohnsteueranmeldungszeiträume. In der Einspruchsentscheidung wurden die Haftungssumme geringfügig herabgesetzt und die Haftungsbeträge nach den einzelnen Anmeldungszeiträumen, für die Steuerrückstände bestanden, aufgegliedert.
Auf die Klage des Klägers hob das Finanzgericht (FG) den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung auf. Es führte aus, der Haftungsbescheid sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -), da er den Haftungszeitraum nicht angebe. Zwar bedürfe es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Regel keiner Aufgliederung des in einer Summe angegebenen Lohnsteuerhaftungsbetrags nach Anmeldungszeiträumen, jedoch sei zumindest die Angabe eines Gesamtzeitraums erforderlich (Urteile des Senats vom 7. Mai 1985 VII R 175/82, BFH/NV 1986, 313, 314, und vom 8. März 1988 VII R 6/87, BFHE 152, 418, BStBl II 1988, 480). Wie der BFH in dem letztgenannten Urteil ausgeführt habe, sei dem Bestimmtheitsgebot Genüge getan, wenn für den Haftungsschuldner erkennbar sei, daß er für betragsmäßig angegebene und hinsichtlich des Gesamtzeitraums näher konkretisierte Steuern in Anspruch genommen werden solle. Ohne Kenntnis des Haftungszeitraums sei es dem Haftungsschuldner dagegen nicht möglich, den Haftungsbetrag anhand seiner Lohnsteueranmeldungen selbst aufzuschlüsseln, zumal wenn sich - wie im Streitfall - die Einzelbeträge der Anmeldungen durch Zahlungen und Verrechnungen verändert hätten.
Die mangelnde Bestimmtheit führe im Streitfall zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids. Nichtigkeit nach § 125 Abs. 1 AO 1977 sei nicht gegeben, da der Bescheid nicht an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler leide. Entgegen der Ansicht des FA handele es sich aber nicht um einen Begründungsmangel, der nach § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 durch die Aufgliederung des Haftungsbetrages in der Einspruchsentscheidung geheilt worden sei. Ein Verstoß gegen § 119 Abs. 1 AO 1977 sei kein Verfahrens- oder Formfehler im Sinne dieser Bestimmung.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 119 Abs. 1 AO 1977. Es meint, dem Bestimmtheitsgebot sei im Streitfalle Genüge getan, da für den Haftungsschuldner erkennbar sei, für welche Steuern er in Anspruch genommen werde. Bei dem Kläger habe es sich um den für die Führung des Kassenbuchs, die Lohnbuchhaltung und die Auszahlung der Löhne zuständigen Gesellschafter-Geschäftsführer gehandelt. Ihm sei daher bekannt gewesen, in welchem Umfang Lohnsteuer angemeldet und tatsächlich nicht abgeführt worden sei. Deshalb hätten für ihn keine Zweifel bestehen können, für welchen Sachverhalt er mit dem in einer Summe ausgewiesenen Steuerbetrag als Haftender in Anspruch genommen werden sollte. Die Haftungsinanspruchnahme habe sich auf die gesamten während des Bestehens der Gesellschaft angemeldeten Lohnsteuern erstreckt. Einer Zuordnung zu bestimmten Anmeldungszeiträumen habe es daher nicht bedurft. Im übrigen sei, wenn man dem FG folgend die Angabe des Haftungszeitraums für erforderlich halte, dieser Mangel im Ursprungsbescheid durch die Einspruchsentscheidung geheilt worden (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977).
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Er trägt vor, er habe mangels Angabe des Haftungszeitraums im Haftungsbescheid nicht wissen können, für welche Zeiträume er in Anspruch genommen werde, da ihm nicht bekannt gewesen sei, welche der angemeldeten Beträge von seinem Mitgeschäftsführer gezahlt worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA - die auch hinsichtlich der im Lande Nordrhein-Westfalen erhobenen Kirchensteuer zulässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 207/84, BFHE 146, 315, BStBl II 1986, 569) - ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Der angefochtene Haftungsbescheid war nicht schon - wie das FG meint - aus formellen Gründen deshalb aufzuheben, weil er inhaltlich nicht hinreichend bestimmt war.
a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat, haben die Formvorschriften für Steuer- und Haftungsbescheide (vgl. §§ 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977, 211 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung - AO -) keinen Selbstzweck. Die Anforderungen an den Inhalt eines Haftungsbescheids können deshalb nicht anhand allgemeiner, für alle Fälle geltender Kriterien bestimmt werden. Die Frage, inwieweit in einem Haftungsbescheid die Haftungsschuld selbst bestimmt und insbesondere auf die einzelnen Haftungszeiträume aufgegliedert sein muß, muß vielmehr je nach der Art des Haftungsbescheids unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (vgl. die Urteile des Senats vom 8. Dezember 1981 VII R 105/78, BFHE 134, 532, BStBl II 1982, 226; vom 12. März 1985 VII R 194/83, BFH/NV 1986, 317, und VII R 22/84, BFH/NV 1987, 227; BFH/NV 1986, 313, und das Urteil des VI. Senats vom 20. Mai 1980 VI R 169/77, BFHE 130, 461, BStBl II 1980, 669). Der Senat hat deshalb in den vorstehend zitierten Entscheidungen für die Haftung des Geschäftsführers (§§ 69, 34 AO 1977, 109 Abs. 1, 103 AO) die Auffassung vertreten, daß im Regelfall auf eine Aufgliederung des im Bescheid in einer Summe angegebenen Lohnsteuerhaftungsbetrages nach Anmeldungszeiträumen verzichtet werden kann. Er hat dies damit begründet, daß dem Geschäftsführer als dem zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer Verpflichteten (§ 34 AO 1977) in der Regel die Verhältnisse bekannt sind, die im Haftungsbescheid mit einem einzigen Lohnsteuerbetrag für den Gesamtzeitraum angesprochen werden, so daß für ihn keine Zweifel bestehen, für welche Sachverhalte er mit dem in einer Summe ausgewiesenen Steuerbetrag als Haftender in Anspruch genommen werden soll.
An dieser Rechtsauffassung hat der Senat auch unter Berücksichtigung des Bestimmtheitsgrundsatzes nach § 119 Abs. 1 AO 1977, der nunmehr für Haftungsbescheide unmittelbar gilt, festgehalten (BFHE 152, 418, 421, BStBl II 1988, 480). Er hat ferner Lohnsteuerhaftungsbescheide gegen einen GmbH-Geschäftsführer sogar dann als inhaltlich hinreichend bestimmt angesehen, wenn diese keine Aufgliederung des Haftungsbetrages nach Lohnsteueranmeldungszeiträumen enthielten, obwohl sich der Haftungszeitraum - wie im Streitfall - über das Ende eines Kalenderjahres hinaus erstreckte (BFH/NV 1986, 313, und BFHE 152, 418, BStBl II 1988, 480, unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH). In den vorgenannten Entscheidungen wird ausgeführt, es reiche für die Bestimmtheit bei Lohnsteuerhaftungsbescheiden in der Regel aus, wenn für den Haftungsschuldner erkennbar sei, daß er für bestimmte betragsmäßig angegebene und hinsichtlich des Gesamtzeitraums näher konkretisierte Steuern in Anspruch genommen werden solle. Daraus leitet die Vorentscheidung her, daß der im Streitfall angefochtene Haftungsbescheid inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sei, weil er den Gesamtzeitraum der Haftung des Klägers nicht angebe. Der Senat vertritt indes die Auffassung, daß auch im Streitfall, in dem - im Gegensatz zu den vorangegangenen Urteilsfällen - der Zeitraum, für den der Kläger als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll, im Bescheid nicht ausdrücklich benannt ist, der angeführte Haftungsbescheid nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstößt.
b) Die Vorschrift des § 119 Abs. 1 AO 1977 ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, daß alle Verwaltungsakte bestimmt, unzweideutig und vollständig den Willen der Behörde zum Ausdruck bringen müssen, weil sie sonst keine geeignete Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung bilden. Sie bestimmt aber nicht generell für alle in Betracht kommenden Fälle, wann ein Verwaltungsakt inhaltlich ,,hinreichend" bestimmt ist (vgl. BFHE 130, 461, BStBl II 1980, 669, und BFHE 152, 418, 421, BStBl II 1988, 480). Dies beurteilt sich vielmehr - wie oben ausgeführt - nach der Art des Bescheides und den Umständen des Einzelfalles. Ein Steuer- oder Haftungsbescheid ist nach der Rechtsprechung des Senats dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für den Betroffenen Klarheit besteht, was von ihm in welcher Höhe verlangt wird, was er tun soll und was Gegenstand einer etwaigen Vollziehung des Bescheids sein würde. Dabei genügt es, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163, und in BFH/NV 1986, 317). Unter diesen besonderen Umständen des Einzelfalles kann auch auf die Angabe der Besteuerungszeiträume sowie des Gesamtzeitraums, für den ein Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll, im Haftungsbescheid selbst verzichtet werden. Das gilt jedenfalls bei der Haftung für die Lohnsteuer, da es sich hierbei nicht - wie bei den Veranlagungssteuern - um eine Steuer handelt, die von einem Steuerpflichtigen für jeweils bestimmte Veranlagungs- oder sonstige Besteuerungszeiträume geschuldet wird (BFHE 152, 418, 421, BStBl II 1988, 480).
c) Im Streitfall richtet sich der Haftungsbescheid gegen den Kläger als Geschäftsführer einer GmbH, der nach den Feststellungen des FG für die Lohnzahlungen und die Lohnbuchhaltung der GmbH zuständig war. Die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Lohnsteueranmeldungen sind, soweit nicht der Steuerbevollmächtigte der GmbH tätig geworden ist, im wesentlichen vom Kläger selbst unterschrieben worden. Dem Kläger waren damit als dem für die Lohnzahlung, Lohnabrechnung und Lohnsteueranmeldung zuständigen Geschäftsführer der GmbH auch ohne eine Aufgliederung der Haftungsbeträge nach den Anmeldungszeiträumen die Verhältnisse bekannt, die im Haftungsbescheid mit den für die jeweiligen Abzugsteuern zusammengefaßten Steuerbeträgen angesprochen worden sind. Aufgrund der Aufgabenverteilung innerhalb der GmbH war der Kläger, der auch Bankvollmacht für das Betriebskonto besaß, verpflichtet, sich Klarheit darüber zu verschaffen, inwieweit die angemeldeten Abzugsteuern an das FA abgeführt worden waren. Dies gilt auch dann, wenn der Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer - wie der Kläger vorträgt - auf die Steuerzahlungen an das FA Einfluß genommen haben sollte. Denn der Kläger blieb aufgrund seiner Zuständigkeit in erster Linie verpflichtet, für die Abführung der angemeldeten Steuern an das FA zu sorgen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Für ihn konnten somit keine Zweifel bestehen, für welche Sachverhalte er mit den im Bescheid zusammengefaßten Steuerbeträgen als Haftender in Anspruch genommen werden sollte.
Die inhaltliche Bestimmtheit des Haftungsbescheids wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß in diesem der Gesamtzeitraum, für den der Kläger in Anspruch genommen wird, nicht genannt ist. Der Bescheid enthält mit der Angabe der Gesamtsummen für die einzelnen Steuerarten und Säumniszuschläge, die die GmbH rückständig geblieben ist, ein unzweideutiges Leistungsgebot gegenüber dem Haftungsschuldner. Für den Kläger bestand somit Klarheit, für welche Steuern und in welcher Höhe er Zahlungen an das FA leisten sollte und was ggf. Gegenstand einer Vollstreckung gegen ihn sein würde aus der Angabe, daß es sich um Rückstände der GmbH handelte, und der in dem Bescheid enthaltenen Haftungsbegründung, daß der Kläger als gesetzlicher Vertreter (Gesellschafter-Geschäftsführer) dafür zu sorgen hätte, daß die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet würden, konnte der Kläger entnehmen, daß ihm zum Vorwurf gemacht wird, er habe in dem angegebenen Umfang die angemeldeten Abzugsteuern der GmbH nicht an das FA abgeführt. Die in dem Bescheid nicht angegebene Dauer des Haftungszeitraums findet nach dem vorliegenden Sachverhalt ihre für den Betroffenen erkennbare Eingrenzung dadurch, daß die vom Kläger vertretene GmbH erst . . . gegründet wurde und bereits . . . die Konkursanmeldung erfolgt ist. Für den Kläger bestand damit Klarheit, daß er für die Steuerabzugsbeträge, die innerhalb dieses Zeitraums angemeldet, aber nicht an das FA abgeführt worden waren, als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wurde. Für die inhaltliche Bestimmtheit des Haftungsbescheids reicht es aus, daß nach den Umständen des Falles für den Kläger der Haftungszeitraum auf diese Weise nach seinen Umrissen erkennbar war. Für welche Zeiträume im einzelnen welche Steuerabzugsbeträge für die GmbH angemeldet, aber nicht an das FA abgeführt worden sind, mußte dem Kläger bekannt sein oder war für ihn jedenfalls nachprüfbar, da die Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer zu seinem Pflichtenkreis als GmbH-Geschäftsführer gehörte.
d) Soweit sich insoweit - auch wegen des Einflusses des anderen Geschäftsführers auf die Zahlungsweise der GmbH - Unklarheiten und Differenzen zwischen dem Kläger und dem FA hinsichtlich der Dauer des Haftungszeitraums im einzelnen ergeben konnten, konnten diese - ebenso wie die Aufschlüsselung der Haftungsbeträge auf die einzelnen Lohnsteueranmeldungszeiträume - durch ergänzende Angaben des FA im nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren noch ausgeräumt werden. Diese Konkretisierung des Haftungszeitraums dient der näheren Begründung des Haftungsanspruchs und des Haftungsbescheids. Sie erleichtert die Rechtsverteidigung des Haftungsschuldners, hat aber auf die inhaltliche Bestimmtheit des Bescheids keinen Einfluß (vgl. Senat in BFH/NV 1987, 227, 228; BFHE 152, 418, 423, BStBl II 1988, 480). Denn im Streitfall war für den Kläger auch ohne ergänzende Angaben aus dem angefochtenen Haftungsbescheid zweifelsfrei ersichtlich, was das FA von ihm verlangte. Die Vorschriften über den formellen Inhalt eines Steuer- oder Haftungsbescheids haben nicht den Sinn, die Verteidigungsmöglichkeiten des Pflichtigen sicherzustellen (BFHE 133, 163).
Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, stellt die fehlende Angabe des Gesamtzeitraums der Haftung keinen so schwerwiegenden und offenkundigen Mangel dar, daß sie den Haftungsbescheid nach § 125 Abs. 1 AO 1977 nichtig macht. Der Senat hat im Urteil vom 22. November 1988 VII R 173/85 (BFHE 155, 24, BStBl II 1989, 220) entschieden, daß bei einem Lohnsteuerhaftungsbescheid die Rechtsfolge der Nichtigkeit nur bei Unbestimmtheit des Haftungsschuldners und des Haftungsbetrages, nicht aber bei der mangeldnen Aufgliederung der Haftungssumme gegeben ist, selbst wenn darin ein inhaltlicher Mangel des Bescheids gesehen werden könnte. Im Streitfall stellt aber - wie oben ausgeführt - die fehlende Angabe des Gesamtzeitraums, für den der Kläger haften soll - entgegen der Auffassung der Vorinstanz -, keinen inhaltlichen Mangel, sondern nur eine unvollständige Begründung des Haftungsbescheides dar. Dieser Begründungsmangel ist durch die detaillierte Aufgliederung der verbleibenden Haftungsbeträge auf die einzelnen Lohnsteueranmeldungszeiträume in der Einspruchsentscheidung geheilt worden (§ 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO 1977; vgl. auch Offerhaus in Hübschmann /Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 191 AO 1977 Anm. 91, und Nieland, Zur inhaltlichen Bestimmtheit von Lohnsteuerhaftungsbescheiden, Deutsche Steuer-Zeitung 1981, 119, 121 am Ende).
2. Da die Vorentscheidung mit der Rechtsauffassung des Senats nicht in Einklang steht, war sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat, von seinem Standpunkt aus zu Recht, keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Kläger den Haftungstatbestand der §§ 69, 34 AO 1977 erfüllt hat. Der Rechtsstreit war deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen