Leitsatz (amtlich)
§ 25 ErbStG 1974 i. d. F. des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts verstößt nicht deshalb gegen das erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Bereicherungsprinzip, weil er den Abzug der Verpflichtung aus einer der Schenkung beigefügten Auflage ausschließt, nach der die Nutzungen des Zuwendungsgegenstandes einem anderen als dem Beschenkten zustehen oder der Beschenkte zu einer Sachleistung aus dem Gegenstand der Zuwendung verpflichtet ist. Auch ein Verfassungsverstoß ist insoweit nicht ersichtlich.
Normenkette
ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, § 25 Abs. 1; GG Art. 3, 14
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Durch notariell beurkundeten Übergabevertrag vom 29. November 1975 übertrug der Vater des Klägers diesem mit Wirkung vom 1. Juli 1975 ab ein landwirtschaftliches Anwesen. An Teilflächen behielt sich der Übergeber den Nießbrauch vor, an anderen Teilflächen wurde zugunsten des Bruders des Klägers ein Nießbrauchsrecht bestellt. Ferner wurde zugunsten des Übergebers ein Altenteil vereinbart, bestehend aus kostenfreiem Wohnrecht und der Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Beerdigung und Grabpflege. Schließlich wurde dem Bruder des Klägers ein Wohnrecht eingeräumt.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 1976 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gegen den Kläger Beschenkungsteuern Höhe von 9 245,50 DM fest, ohne den Kapitalwert der Nutzungsrechte von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Entsprechend der Erklärung des Klägers stundete es jedoch nach § 25 Abs. 1 Buchst. b des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 einen Betrag von 1 209 DM bis zum Ableben des Vaters und den Restbetrag bis zum Ableben des Bruders.
Die nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens erhobene Klage, mit der der Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzung deshalb begehrt, weil § 25 ErbStG 1974 verfassungswidrig sei hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Überlassung des landwirtschaftlichen Anwesens an den Kläger unterliegt als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974). Zivilrechtlich liegt eine Schenkung unter Auflage vor, soweit die Zuwendung mit der Abrede des Nießbrauchsvorbehaltes und des Altenteils zugunsten des Vaters sowie der Nießbrauchseinräumung und Bestellung eines Wohnungsrechts zugunsten des Bruders mit einer zusätzlichen Nebenabrede versehen ist. Diese Lasten stellen sich als eine Einschränkung der Zuwendung dar. Ein insoweit teilweise entgeltliches Geschäft im bürgerlich-rechtlichen Sinne (gemischte Schenkung) liegt nicht vor, zumal der Kläger keine Leistung aus seinem sonstigen Vermögen zu erbringen hat (vgl. dazu Kollhosser in Münchner Kommentar, TZ 2 zu § 525 BGB). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 gilt als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. Zutreffend hat das FG bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs den Wert der Auflage unter Anwendung von § 25 Abs. 1 ErbStG 1974 nicht zum Abzug zugelassen. Nach dieser Vorschrift ist beim Erwerb von Vermögen, das u. a. mit der Verpflichtung zu einer sonstigen Leistung belastet ist oder dessen Nutzungen einem anderen zustehen, die Versteuerung nach Wahl des Erwerbers entweder in dem in Buchst. a bezeichneten Umfang auszusetzen oder nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erwerbs ohne Berücksichtigung dieser Belastung durchzuführen, wobei die Steuer bis zum Erlöschen der Belastung (zinslos) insoweit zu stunden ist, als sie auf deren Kapitalwert entfällt (Buchst. b). Im Ergebnis wird bei einer Auflagenschenkung dadurch die Zahlung der Steuer bis zu dem Zeitpunkt aufgeschoben, in dem dem Beschenkten das ihm Zugewendete ohne jede Einschränkung zusteht. Soweit Leistungen aus dem Gegenstand der Zuwendung zu erbringen sind bzw. die Nutzungen des Zuwendungsgegenstandes einem anderen zustehen, verstößt die Vorschrift nicht - wie vielfach angenommen - gegen das erbschaftsteuerrechtliche Bereicherungsprinzip; auch ein Verfassungsverstoß ist insoweit nicht ersichtlich.
Es widerspricht nicht dem Bereicherungsprinzip, die tatsächlich eintretende Bereicherung zu erfassen, wenn den vorübergehenden Einschränkungen durch Aufschieben der Entstehung der Steuer (§ 25 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. § 9 Abs. 2 ErbStG 1974) oder durch zinslose Stundung der Steuer, soweit die Belastung reicht, Rechnung getragen wird. Im Ergebnis wird auf diese Weise bei Nutzungsvorbehalten oder aus dem Zuwendungsgegenstand zu erbringenden Leistungen zur richtigen Zeit die Bereicherung in ihrem wahren Umfang erfaßt. Zur Zeit der Entstehung bzw. Fälligkeit der Steuer gelangt der Beschenkte in den Genuß des nicht mehr durch Rechte Dritter in seinem Ertrag geschmälerten Zuwendungsgegenstandes. Eine Verletzung des Übermaßverbotes oder sonstiger durch Art. 14 des Grundgesetzes geschützter Rechtspositionen kann in derartigen Fallen nicht bejaht werden. Die einschlägige Literatur ist dem Senat bekannt. Es kann jedoch nicht Aufgabe eines Urteils sein, im inzwischen erreichten Stadium der Rechtsentwicklung sich mit den jeweils vertretenen Meinungen im einzelnen auseinanderzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 413585 |
BStBl II 1981, 411 |
BFHE 1981, 486 |