Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seinem Urteil I 283/56 U vom 7. Mai 1957 (BStBl 1957 III S. 239, Slg. Bd. 65 S. 18) insoweit nicht fest, als es die Abschlußgebühr zu den nichtbegünstigten Einnahmen der Bausparkasse rechnete. Diese Gebühr steht in der Regel mit der Gewährung des dinglich gesicherten Kredits in unmittelbarem Zusammenhang und gehört deshalb zu den steuerbegünstigten Einnahmen.
Normenkette
KStG § 19 Abs. 2 Ziff. 2
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) ist eine in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts betriebene Bausparkasse. Streitig ist für den Veranlagungszeitraum 1951, ob die von der Bausparkasse erhobenen Gebühren für neue Vertragsabschlüsse, für Erhöhungen der Vertragssumme, bei übernahme des Vertrages durch einen anderen Bausparer und bei übertragung bereits zugeteilter Verträge auf einen anderen Bausparer bei der Ermittlung der steuerbegünstigten Einkünfte aus dem langfristigen Realkreditgeschäft (ß 19 Abs. 2 Ziff. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 1951) zu den begünstigten Einnahmen zu rechnen sind. Das Finanzamt verneinte diese Frage unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 283/56 U vom 7. Mai 1957 (BStBl 1957 III S. 239, Slg. Bd. 65 S. 18).
In der Berufung wandte sich die Bausparkasse gegen das bezeichnete Urteil des Senats und führte im wesentlichen folgendes aus. Der Bausparvertrag stelle einen einheitlichen Vertrag dar, auf Grund dessen der Sparer zu bestimmten Sparleistungen und die Bausparkasse zu einer Kreditgewährung verpflichtet seien. Zwischen der Abschlußgebühr und der späteren Inanspruchnahme des Kredits durch den Sparer bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang. Würde nämlich eine Abschlußgebühr nicht erhoben, so müßte die Bausparkasse höhere Kreditzinsen verlangen. Die Abschlußgebühr sei deshalb eine zinsauffüllende Vorleistung auf die Kosten, die durch die spätere Kreditaufnahme entstünden. Die Zahl der Sparer, die keinen Kredit in Anspruch nähmen, sei sehr gering und falle bei typisierender Betrachtung des Gesamtvorgangs nicht ins Gewicht.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Bei der Ermittlung der steuerbegünstigten Einkünfte aus dem langfristigen Realkreditgeschäft seien solche Einnahmen und Ausgaben zu berücksichtigen, die unmittelbar mit dem Realkreditgeschäft zusammenhingen. Ein solcher Zusammenhang bestehe zwischen der Abschlußgebühr und dem als Einheit zu würdigenden Bausparvertrag, nicht aber mit dem im Bausparvertrag enthaltenen Sparvorgang. Denn wer nur sparen wolle, brauche für den Sparvertrag keine Gebühr zu zahlen. Da es nicht möglich sei, den einheitlichen, auf Kreditgewährung gerichteten Sparvertrag in der Weise aufzugliedern, daß die Leistungen des einen oder des anderen Vertragsteils bestimmten Teilen des Sparvertrags zugerechnet würden, müsse der Vertrag nach seinem wesentlichen Inhalt beurteilt werden. Das sei die Kreditgewährung.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.
Bei Kreditanstalten des öffentlichen Rechts wird die Körperschaftsteuer für die Einkünfte aus dem langfristigen Realkreditgeschäft auf die Hälfte ermäßigt (ß 19 Abs. 2 Ziff. 1 KStG 1951). Wie sich aus der in das KStG 1951 eingefügten Vorschrift des § 19 Abs. 2 Ziff. 2 ergibt, wonach die gleiche Steuerbegünstigung den privaten Bausparkassen gewährt wird, erstreckt sich die Begünstigung nicht schlechthin auf die Einkünfte aus dem Bausparkassengeschäft der Kreditanstalten des öffentlichen Rechts und der privaten Bausparkassen, sondern nur auf die Einkünfte aus dem langfristigen Realkreditgeschäft dieser Institute, das bei dem öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten auch außerhalb des Abschlusses von Bausparverträgen eine bedeutsame Rolle spielt.
Das langfristige Realkreditgeschäft umfaßt, wie im Urteil des Bundesfinanzhofs I 283/56 U im einzelnen dargestellt ist, einen Inbegriff von Forderungen, Verbindlichkeiten, Einnahmen und Ausgaben und beschränkt sich jedenfalls nicht auf die eigentliche Kreditgewährung. Bei der Entscheidung der Frage, ob bestimmte Einnahmen und Ausgaben bei Banken und bankähnlichen Instituten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem begünstigten Kreditgeschäft stehen, muß beachtet werden, daß die in der Regel nur Ausgaben, nämlich Schuldzinsen, verursachende Beschaffung der notwendigen Mittel, die als langfristige, dinglich gesicherte Ausleihungen an die Kreditnehmer weitergegeben werden sollen, einen Teil des langfristigen Realkreditgeschäfts darstellt und deshalb mit ihm in unmittelbarem Zusammenhang steht. Denn die Höhe der begünstigten Einkünfte aus der Begebung langfristiger Hypotheken an die Bausparer hängt entscheidend davon ab, welche Aufwendungen die Bausparkasse in dem zur Beschaffung der Mittel erforderlichen Passivgeschäft machen muß. Diese Aufwendungen vermindern die Zinsspanne zwischen den für die Sparguthaben der Sparer zu zahlenden Zinsen und den von der Bausparkasse für den langfristigen Realkredit vereinnahmten Zinsen. Erzielt die Bausparkasse ausnahmsweise im Passivgeschäft, also im Zusammenhang mit dem Spargeschäft, Einnahmen, so führen diese von den Sparern zu leistenden Beträge bei wirtschaftlicher Betrachtung beim Sparer zu einer Verminderung seiner Zinseinnahmen und bei der Bausparkasse zu einer Senkung der das Passivgeschäft belastenden Ausgaben. Es ist deshalb gerechtfertigt, diese Einnahmen im Zusammenhang mit der Zinsspanne zu betrachten, die ohne diese Einnahmen entsprechend höher sein müßte und von der der Erfolg des begünstigten langfristigen Kreditgeschäfts abhängt.
Betrachtet man die Abschlußgebühr unter diesem Gesichtspunkt, so erscheint es vertretbar, sich der langjährigen Praxis der Finanzverwaltung und der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung des Bundesministers der Finanzen anzuschließen, in Abweichung von dem Urteil des Senats I 283/56 U den unmittelbaren Zusammenhang dieser Einnahmen mit dem begünstigten Realkreditgeschäft zu bejahen und die Abschlußgebühr zu den steuerbegünstigten Einnahmen zu rechnen. Gewisse Bedenken könnten daraus hergeleitet werden, daß eine offenbar immer größer werdende Zahl von Bausparern schon bei Abschluß des Vertrags nicht die Absicht hat, später den begünstigten Kredit in Anspruch zu nehmen, und daß diese Bausparer sich zu der die Ansparung des Eigenkapitals belastenden Abschlußgebühr nur deshalb bereit finden, weil sie die Sparbeträge bei der Einkommensteuerveranlagung als Sonderausgaben geltend machen können oder eine Sparprämie erhalten. Der Senat geht indessen in dem hier vorliegenden Fall davon aus, daß die Zahl dieser Sparer noch nicht so groß ist, daß sie den typischen Ablauf des Geschehens beeinflußt und eine das gesamte Bausparkassengeschäft benachteiligende Beurteilung rechtfertigt. Zudem wird man die Auffassung vertreten müssen, daß auch die Bausparer, die keinen Kredit in Anspruch nehmen wollen, durch ihre Ansparung von Eigenkapital das langfristige Realkreditgeschäft fördern, wenn nur die Bausparkasse grundsätzlich die angesammelten Mittel für das begünstigte Kreditgeschäft verwendet. Sollte die künftige Entwicklung dahin gehen, daß für einen noch größeren Teil der Sparer die Inanspruchnahme eines Kredits in den Hintergrund tritt und damit das Bausparkassengeschäft einen völlig veränderten Charakter erhält, so ist es in erster Linie Sache des Gesetzgebers, die wirtschafts- und finanzpolitische Berechtigung der Steuervergünstigung zu überprüfen.
Der Senat stimmt deshalb im Ergebnis dem Finanzgericht zu und rechnet die Abschlußgebühr zu den begünstigten Einnahmen des Realkreditgeschäfts.
Fundstellen
Haufe-Index 409477 |
BStBl III 1959, 433 |
BFHE 1960, 464 |
BFHE 69, 464 |
BB 1959, 1053 |
DB 1959, 1242 |