Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an dem Gutachten des II. Senats vom 12. 10. 1951 II z D 4/51 (BStBl. Teil III S. 207) fest, nachdem durch Zahlung eines die Abgaben deckenden Erlöses (Kaufpreises) bei der Verwertung von beschlagnahmten oder eingezogenen abgabebelasteten Waren die Abgabeschuld nicht getilgt wird.
Normenkette
AO § 97
Tatbestand
Streitig ist nur, ob durch Zahlung eines die Abgaben deckenden Verkaufpreises bei der amtlichen Verwertung von im Strafverfahren beschlagnahmten oder bereits eingezogenen, abgabebelasteten Waren die Abgabeschuld des Steuerschuldners und des nach § 112 der Reichsabgabenordnung (AO) Haftenden erlischt, oder ob die Verwertung keine Auswirkung auf diese Steuerschuld hat.
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist im Jahre 1950 rechtskräftig wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestraft worden. Der Erlös für den beschlagnahmten und im Mai 1949 vom Hauptzollamt freihändig verkauften Kaffee in Höhe von 79.495,45 DM ist am 5. September 1951 rechtskräftig eingezogen worden. Vor den Strafgerichten ist die rechnerische Zusammensetzung des Kaufpreises nach Abgaben- und Warenwert erörtert worden.
Der Kaffee ist über die Verteilerfirma an die Firmen A und B dergestalt verkauft worden, daß der reine Warenwert sofort, der auf die Eingangsabgaben entfallende Teil des Kaufpreises nach Einlagerung des Kaffees auf die Zolleigenlager beider Firmen je nach den Zollanträgen bei der Auslagerung von Mai bis zum August 1949 bezahlt wurde.
Der Bf. bestreitet seine Verpflichtung zur Zahlung der Eingangsabgaben als Haftungsschuldner gemäß Steuerbescheid vom 26. Juni 1951, nachdem die Zollverwaltung die Abgaben bereits 1949 aus dem Erlös gedeckt habe. Die Schuld sei also erloschen gewesen, als sie geltend gemacht wurde.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtslage ist für Tabakerzeugnisse bereits im Gutachten des II. Senats vom 12. Oktober 1951 II z D 4/51 (Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 207) eingehend erörtert, das die allgemeine Frage nur streift. Für sie gilt folgendes:
Auch für die Entstehung der Kaffeesteuerschuld gilt nach § 3 des Kaffeesteuergesetzes (KaffStG) vom 20. Juni / 21. Oktober 1948 sinngemäß das Zollrecht. § 45 Abs. 1 des Zollgesetzes (ZG) bestimmt alternativ zwei Entstehungsgründe für die unbedingte Zollschuld.
die Abfertigung von zollbarem Zollgut zum freien Verkehr,
das erstmalige vorschriftswidrige Verfügen über zollbares Zollgut, als wäre es im freien Verkehr.
Entsprechend ist nach § 47 Abs. 1 ZG Einfuhrzollschuldner,
wer die Abfertigung des Zollgutes zum freien Verkehr (oder zu einem Zollvormerkverkehr beantragt,
wer über Zollgut erstmalig vorschriftswidrig verfügt.
Da nach § 6 Abs. 4 ZG Zollgut nur durch Abfertigung in den freien Verkehr treten kann, bleiben die Waren, für die nach §§ 45 und 47 Abs. 1 Ziff. 2 die Zollschuld durch vorschriftswidrige Verfügung entstanden ist, Zollgut. Der beschlagnahmte Kaffee konnte also hier ohne weiteres im Zollanweisungsverfahren versandt werden. Die folgende Abfertigung zum freien Verkehr begründete aber keine neue Zollschuld des Antragstellers (Erwerbers), sondern bewirkte nur, daß der Kaffee nunmehr Freigut wurde (vgl. auch § 121 Abs. 3 AO). Daran ändert auch die Ausstellung einer Zollquittung oder auch ein Rechtsirrtum der Zollstelle nichts.
Eine Steuerschuld kann nach der Reichsabgabenordnung durch Zahlung, Aufrechnung (§ 124), Erlaß (§ 131) und Verjährung (§ 148) erlöschen. (§ 4 Abs. 3 Ziff. 1 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - betrifft bedingte Steuerschulden, kann hier also ausscheiden; für das Zollrecht vgl. § 66 und 17 ZG). Hier kommt von den Erlöschungsgründen nur Zahlung in Frage.
Eine Steuerschuld kann bezahlen,
der Steuer- oder Haftungsschuldner a) selbst, oder b) durch einen Vertreter,
ein Dritter nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), da das Steuerrecht insoweit keine Vorschriften trifft und Steuerschulden nicht "in Person zu leisten" sind. § 267 BGB bestimmt, daß "auch ein Dritter die Leistung bewirken kann, wenn der Schuldner nicht in Person zu leisten hat". Eine solche Leistung liegt aber nur dann vor, wenn der Dritte den Willen hat, die fremde Schuld zu tilgen, und dieser Wille erkennbar ist. Einen solchen Willen hat der Erwerber bei einer Verwertung von Waren durch die Zollstelle nicht. (Sofern er ihn hätte und erkennbar machte, würde ihn das Zollamt darauf hinweisen, daß er diese Zahlung neben dem Kaufpreis leisten müsse.) Denn mit dem geforderten Kaufpreis bezahlt der Erwerber an die ihm nicht als Hoheitsverwaltung, sondern als bürgerlich-rechtliche Partei eines Kaufgeschäfts (Fiskus) gleichberechtigt gegenüberstehende Zollstelle nur den üblichen Inlandspreis wie bei jedem anderen Warenkauf, und erfüllt so seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag. Die einzelnen Faktoren, aus denen der Preis errechnet wird, haben keine selbständige Bedeutung. Der Bund erhält keine Steuern, sondern aus einem Kaufvertrag
vor der rechtskräftigen Einziehung einen Geldbetrag, der nach § 433 Abs. 2 AO an die Stelle der Sache tritt,
nach der Einziehung das Entgelt für die ihm gehörige Sache. Wäre es anders, würde der Erwerber einer Ware, für welche die Abgaben vor der Verwertung vom Steuerschuldner bezahlt worden sind, den auf diese entfallenden Anteil des Kaufpreises als Doppelsteuerzahlung zurückfordern können.
Interne Verrechnungsanordnungen des Erlöses (§ 7 der Buchführungsordnung für Strafen und Kosten - StraKO -) haben keinen Einfluß auf die Rechtsnatur der Zahlung.
Die Steuern erhebt die Zollbehörde als Hoheitsverwaltung von dem ihr gewaltunterworfenen Steuer- und Haftungsschuldner nach Maßgabe der Steuergesetze. Vgl. zu der gesamten Frage auch Schröter in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 1951 S. 331.
Demgemäß berührt die Verwertung der strafrechtlich eingezogenen (oder zunächst nur beschlagnahmten) Waren die für sie entstandene persönliche Steuer- und Haftungsschuld nicht. Daß die Urteilsgründe des Strafgerichts die Grundlagen für die Errechnung des Kaufpreises anführen, besagt nichts über die Zahlung der darin enthaltenen Abgaben. Darüber, ob eine Steuerschuld noch besteht, entscheiden die Finanzbehörden, nicht die Strafgerichte.
Daraus ergibt sich die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 AO.
Fundstellen
Haufe-Index 407496 |
BStBl III 1952, 281 |
BFHE 56, 732 |