Leitsatz (amtlich)
Der VII. Senat des BFH schließt sich den in den Urteilen des BVerwG vom 23. März 1972 III C 132.70 (BVerwGE 40, 25, HFR 1973, 36) und vom 26. April 1974 VII C 30.72 (BStBl II 1975, 317) vertretenen Auffassung an, daß die Beschränkung einer Anfechtungsklage auf einen Teil des mit dem Verwaltungsakt geforderten Betrages nach Ablauf der Klagefrist nicht wieder beseitigt werden kann und daß dies mit der vom Großen Senat des BFH im Beschluß vom 17. Juli 1967 GrS 1/66 (BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344) vertretenen Auffassung über des Begriff des Streitgegenstandes vereinbar ist.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) erließ am 10. Dezember 1973 gegen die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) einen vorläufigen Steuerbescheid über 41 274,50 DM.
Auf den Einspruch der Klägerin hin setzte das HZA die Mineralölsteuerforderung durch Entscheidung vom 15. September 1976 auf 28 588,70 DM herab und erklärte den Steuerbescheid vom 10. Dezember 1973 für endgültig.
Die Klägerin erklärte mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 6. Oktober 1976, der am 11. Oktober 1976 beim Finanzgericht (FG) einging, sie erhebe gegen die Einspruchsentscheidung Klage; Anträge und Begründung würden folgen. Durch Verfügung vom 13. Januar 1977 bestimmte der Vorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 24. Februar 1977. Dabei forderte er die Klägerin auf, ihre Klage zu begründen. Dieser Aufforderung entsprach die Klägerin durch einen Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 20. Februar 1977, der am 22. Februar 1977 einging und den Antrag enthielt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. September 1976 und des Steuerbescheides vom 10. Dezember 1973 die Mineralölsteuer auf 11 614, 10 DM herabzusetzen. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 1977 stellte die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten den Antrag, den Steuerbescheid vom 10. Dezember 1973 und die Einspruchsentscheidung vom 15. September 1976 aufzuheben.
Durch Urteil vom 23. Juni 1977 setzte das FG die Mineralölsteuerforderung unter Änderung des Steuerbescheides und der Einspruchsentscheidung auf 22 830,80 DM weiter herab.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und den Steuerbescheid vom 10. Dezember 1973 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15. September 1976 aufzuheben.
Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist insoweit unbegründet, als das FG den Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung in Höhe eines Betrages von 11 614,10 DM bestätigt hat. Denn die Klägerin hat mit ihrer Klage den Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung nur insoweit angefochten, als damit von ihr ein höherer Betrag als 11 614,10 DM gefordert wird. Das ergibt sich daraus, daß sie in der Klageschrift vom 6. Oktober 1976 durch die Erklärung, Anträge und Begründung würden folgen, zunächst den Umfang der Anfechtung des Steuerbescheides offen ließ und damit mit dem Schriftsatz vom 20. Februar 1977 ausdrücklich nur eine Herabsetzung des Steuerbetrages auf 11 614,10 DM beantragte. Der Zusammenhang dieses Schriftsatzes mit der in der Klageschrift enthaltenen Ankündigung, Anträge und Begründung würden folgen, hindert den Senat, ihn dahin auszulegen, daß er lediglich eine Absicht bekundete, den in ihm bezeichneten Antrag in der bevorstehenden mündlichen Verhandlung zu stellen.
Die Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 1977 gemäß § 92 Abs. 3 FGO den uneingeschränkten Antrag gestellt, den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben. In dem Umfang, in dem dadurch der bisherige Antrag, lediglich den Steuerbetrag herabzusetzen, erweitert wurde, war die Klage jedoch unzulässig. Denn mit dem bisherigen Antrag hatte die Klägerin den Willen bekundet, den nach seinem Inhalt teilbaren Verwaltungsakt nur hinsichtlich des 11 614,10 DM übersteigenden Betrages anzufechten. Das entsprach ihrer durch § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO bestätigten Dispositionsbefugnis. Infolge der nur beschränkten Anfechtung des Steuerbescheides wurde dieser hinsichtlich des Betrages von 11 614,10 DM mit Ablauf der Klagefrist unanfechtbar. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO begann die Klagefrist von einem Monat mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 15. September 1976. Die Entscheidung wurde am 20. September 1976 abgesandt und galt damit nach § 17 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) a. F. als am 23. September 1976 bekanntgegeben. Die Klagefrist endete somit am 28. Oktober 1976. Als daher die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 1977 beantragte, den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung in vollem Umfang aufzuheben, war die Klagefrist abgelaufen. Die mit Ablauf der Klagefrist eingetretene Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides in der Gestalt der Einspruchsentscheidung hinsichtlich des Teilbetrages vom 11 614,10 DM konnte nicht durch Erweiterung des Klagebegehrens in der mündlichen Verhandlung wieder beseitigt werden. Der erkennende Senat schließt sich damit den einen vergleichbaren Fall betreffenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in den Urteilen vom 23. März 1972 III C 132.70 (BVerwGE 40, 25, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1973 S. 36 - HFR 1973, 36 -) und vom 26. April 1974 VII C 30.72 (BStBl II 1975, 317) an, in denen mit überzeugenden Gründen die Auffassung vertreten wird, daß die Beschränkung einer Anfechtungsklage auf einen Teil des mit dem Verwaltungsakt geforderten Betrages nach Ablauf der Klagefrist nicht wieder beseitigt werden kann, und daß dies mit der vom Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluß vom 17. Juli 1967 GrS 1/66 (BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344) vertretenen Auffassung über den Begriff des Streitgegenstandes vereinbar ist.
Die Revision ist jedoch insoweit begründet, als das FG den Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung auch für den über 11 614,10 DM hinausgehenden Steuerbetrag bestätigt hat. (Wird ausgeführt.)
Fundstellen
Haufe-Index 74240 |
BStBl II 1982, 358 |
BFHE 1982, 154 |