Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die einmalige übertragung (Veräußerung) des Patents für eine Erfindung begründet noch keine Unternehmereigenschaft, wenn nicht festgestellt werden kann, daß der Erfinder die Absicht hatte, bei sich bietender Gelegenheit weitere Schutzrechte zu verwerten.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 2/1; UStDB § 7 Abs. 1; UStG § 3/8
Tatbestand
Der Steuerpflichtige hat ein Verfahren und Vorrichtungen zur Gewinnung eines Industrieproduktes entwickelt. Auf seine Patentanmeldungen von 1952 und 1954 gab das Deutsche Patentamt 1955 und 1957 Patentschriften aus (betreffend Hauptpatent und Zusatzpatent). Auch in mehreren ausländischen Staaten wurde die Erfindung patentiert. Durch Vertrag vom 1. Oktober 1955 übertrug der Steuerpflichtige seine, Verfahren und Vorrichtungen betreffenden, in den oben angegebenen Patentanmeldungen niedergelegten deutschen Schutzrechte gegen einen Kaufpreis von ... DM auf die X.-AG. Gleichzeitig verpflichtete er sich, die Patentanmeldungen auf die Erwerberin umschreiben zu lassen.
Das Finanzamt schloß aus diesem Tatbestand, daß sich der Steuerpflichtige nachhaltig als Erfinder betätigt habe und zog ihn für 1955 mit dem Kaufpreis von ... DM zu einer Umsatzsteuer von ... DM heran. Nach erfolglos gebliebenem Einspruch stellte das Finanzgericht den Steuerpflichtigen von der Umsatzsteuer frei, weil die übertragung des Patents eine einmalige Handlung sei und hinreichende Anhaltspunkte für die Absicht des Steuerpflichtigen, das Geschäft bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen, nicht vorlägen, es also an dem Erfordernis der Nachhaltigkeit der Betätigung fehle.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen vom Vorsteher des Finanzamts eingelegte Rb. hat keinen Erfolg.
Das Finanzamt folgert die für die Annahme einer nachhaltigen Tätigkeit ausreichende Absicht des Steuerpflichtigen, bei sich bietender Gelegenheit abermals Schutzrechte zu verwerten, daraus, daß sein Vertrag mit der X.-AG nur die deutschen Schutzrechte betroffen habe und er mit Erfolg bemüht gewesen sei, Auslandspatente zu erlangen. Der Steuerpflichtige habe - wie aus seiner Eingabe an den Wirtschaftsminister des Landes ... vom ... 1957 betreffend die Erteilung einer Bescheinigung über die volkswirtschaftliche Bedeutung seiner Erfindung hervorgehe - "zahlreiche Anfragen von ernstlichen Interessenten aus dem Auslande" erhalten. Er habe daher mit einer nicht nur entfernten Möglichkeit weiterer Patentverwertungen rechnen können.
Demgegenüber behauptet der Steuerpflichtige, er habe durch die Anmeldung seiner Patente im Auslande lediglich den Wert seiner Erfindung erhöhen wollen. Verkaufsverhandlungen mit Ausländern seien nicht geführt worden und Verkäufe der ausländischen Patente nicht zu erwarten gewesen.
Diese Behauptungen des Steuerpflichtigen werden vom Finanzamt nicht bestritten. Auf Grund des Akteninhalts konnte das Finanzgericht zu dem Ergebnis kommen, daß die Patentanmeldungen im Auslande erforderlich waren, um die Schutzrechte des Steuerpflichtigen an seiner Erfindung zu sichern, und daß die Absicht des Steuerpflichtigen, die ausländischen Patente durch Veräußerung oder durch Einräumung von Lizenzen zu verwerten, nicht feststellbar sei. Hierfür spricht insbesondere die Tatsache, daß von 1955 bis heute solche Rechtsgeschäfte tatsächlich nicht stattgefunden haben.
Das Finanzamt schließt weiter aus den Daten der Patentanmeldungen und der Patentschriften, daß der Steuerpflichtige nachhaltig als Erfinder tätig gewesen ist. Hierauf kommt es indessen für die Frage der Umsatzsteuer nicht an. Denn die Erfindertätigkeit als solche, mag sie sich auch über Jahre erstrecken, führt noch nicht zur Umsatzbesteuerung. Der Umsatzsteuer unterliegen erst die auf Grund der Erfindung bewirkten Umsätze (Lieferungen und sonstigen Leistungen).
Auch der Einwand des Finanzamts, eine nachhaltige Tätigkeit des Steuerpflichtigen sei darin zu erblicken, daß er auf unbestimmte Zeit einen fremden Eingriff in seine Rechtssphäre geduldet habe, greift nicht durch. Es ist dem Steuerpflichtigen nicht zu widerlegen, daß seine in Ziffer 3 des Vertrages vom 1. Oktober 1955 übernommene Verpflichtung, deutsche Schutzrechte, über die er künftig auf dem Gebiete der Herstellung oder Verarbeitung des Industrieprodukts verfügen sollte, zuerst der X.-AG anzubieten bzw. mit Dritten abgeschlossene Verträge dieser Art rückgängig zu machen, nur auf dem Papier stand. Der Steuerpflichtige führt in seiner Entgegnung zur Rechtsbeschwerdebegründung unwidersprochen aus, es habe sich um eine ihrer Natur nach einmalige Erfindung gehandelt; da er sich auf diesem Gebiete nicht betätige, seien weitere Erfindungen und somit weitere Schutzrechte nicht zu erwarten gewesen. Es sei ihm daher leicht gefallen, dem vorsorglichen Wunsche der X.-AG nach Aufnahme der Schutzklausel in den Vertrag zuzustimmen. Die übernahme einer solchen Zusatzverpflichtung stellt, wie in der Vorentscheidung zutreffend ausgeführt wird, kein Dulden einer Handlung oder eines Zustandes im Sinne des § 7 Abs. 1 UStDB dar. Außerdem ist aus dem Vertrage vom 1. Oktober 1955 nicht ersichtlich, daß der Kaufpreis für die übertragenen Schutzrechte zugleich ein Entgelt für die übernahme der Zusatzverpflichtung sein sollte.
Der Streitfall, der einen einmaligen Patentverkauf betrifft, steht im Gegensatz zu dem vom Senat im Urteil V 94/59 vom 13. April 1961 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 262 Nr. 267) entschiedenen Falle, bei dem es sich um eine Lizenzgewährung handelte. In diesem Falle war durch einen einmaligen Vertragsabschluß ein auf Erzielung von Einnahmen gerichteter Dauerzustand getroffen worden. Inhalt des Vertrages war das Unterlassen eigener Rechtsausübung und Dulden der Rechtsausübung durch einen anderen. Im Gegensatz zum Streitfalle war daher dort die Frage der Nachhaltigkeit zu bejahen.
Die Vorinstanz hat den Erlös aus dem Verkauf der Schutzrechte an die X.-AG zu Recht von der Umsatzsteuer freigestellt. Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 410451 |
BStBl III 1962, 264 |
BFHE 1962, 715 |
BFHE 74, 715 |