Leitsatz (amtlich)
Eine Einfuhrumsatzsteuerschuld kann auch mit der Freigabe einer Ware an einem Abfertigungsplatz außerhalb des Zollgebiets entstehen.
Normenkette
UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 13 Abs. 3, § 21 Abs. 2; ZG §§ 2, 38 Abs. 2; AbsichG § 1
Tatbestand
Auf Antrag der Klägerin fertigte das Zollamt (ZA) am 18. November 1968 Baumwolle, die sich noch im Freihafen X befand, zum freien Verkehr ab. Mit Bescheid vom 22. November 1968 forderte das ZA 12 704,95 DM Einfuhrumsatzsteuer an. Am 25. November 1968 wurde die abgefertigte Baumwolle aus dem Freihafen in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet verbracht. Die Klägerin beantragte sodann, ihr eine Vergütung nach § 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (AbsichG) vom 29. November 1968 (BGBl I 1968, 1255, BZBl 1968, 1259) zu gewähren; die Vergütung nach dieser Vorschrift ist vorgesehen, wenn in der Zeit vom 20. November 1968 bis 31. März 1970 eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden ist. Zur Begründung ihres Vergütungsantrags führte die Klägerin aus, daß in X die Ware bei den vorgeschobenen Zollstellen in den Schuppen unabhängig davon, ob sie später eingeführt werde, zollrechtlich behandelt werde. Wenn die Ware erst am Zolltor abgefertigt worden wäre, so hätte die Klägerin die beantragte Vergütung ohne Zweifel erhalten. Das ZA lehnte den Antrag ab. Durch Urteil vom 20. Juni 1969 hob das Finanzgericht (FG) die ablehnende Verfügung des ZA auf und verurteilte das Hauptzollamt (HZA), der Klägerin 4 619,98 DM Einfuhrumsatzsteuer zu vergüten.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen eingelegte Revision des HZA hat Erfolg.
Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil die Feststellungen des FG nicht ausreichen, um entscheiden zu können, ob die Vergütung nach § 1 AbsichG zu gewähren ist.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AbsichG ist die Gewährung der Vergütung davon abhängig, daß die von der Klägerin angeforderte Einfuhrumsatzsteuerschuld in der Zeit vom 20. November 1968 bis 31. März 1970 entstanden ist. Danach ist die Vergütung nicht zu gewähren, wenn die Einfuhrumsatzsteuerschuld bereits bei der Freigabe der Baumwolle am 18. November 1968 entstanden ist. Der Auffassung des FG, daß die Einfuhrumsatzsteuerschuld deshalb nicht mit der Freigabe entstanden sein könne, weil der Einfuhrumsatzsteuer die Einfuhr von Gegenständen ins Zollgebiet unterliegt, die Baumwolle aber im Zeitpunkt der Freigabe noch nicht über die Freihafengrenze in das Zollgebiet verbracht gewesen sei, kann nicht gefolgt werden.
Unter welchen Voraussetzungen eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht, kann nach den §§ 13 Abs. 3, 21 Abs. 2 UStG 1967 nur durch die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften bestimmt werden. Eine derartige sinngemäße Anwendung war bereits im früheren Umsatzsteuerrecht vorgesehen (vgl. Hübschmann-Grabower-Beck-v. Wallis-Schwarz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 1.–2. Aufl., § 1 Nr. 3 Anm. 2 ff.). Durch eine solche Anwendung soll erreicht werden, daß die Einfuhrumsatzsteuerschuld in dem Zeitpunkt entsteht, der für die Entstehung der Zollschuld maßgebend ist (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz – Mehrwertsteuer –, Kommentar, 10. Auflage, § 13 Randzahl 83). Daher ist § 38 Abs. 2 ZG, nach dem die Zollschuld schon mit der Freigabe des Zollguts entsteht, auch dann gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 anzuwenden, wenn eine Ware auf einem Abfertigungsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG freigegeben worden ist. Die dagegen erhobenen Bedenken rechtfertigen es nicht, von der Anwendung des § 38 Abs. 2 ZG in solchen Fällen abzusehen.
Dem FG mag zwar darin zuzustimmen sein, daß es mit dem Sinn und Zweck der Einfuhrumsatzsteuer nicht zu vereinen ist, wenn die sinngemäße Anwendung von Zollvorschriften dazu führt, daß die Einfuhrumsatzsteuer für nicht in das Zollgebiet eingeführte Waren entsteht, da Steuergegenstand gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 die Einfuhr von Gegenständen in das Zollgebiet ist. Daraus folgt aber nicht, daß die Einfuhrumsatzsteuerschuld nicht mit der Freigabe einer Ware an einem Abfertigungsplatz außerhalb der Zollgrenzen entstehen kann. Für eine Einfuhr in das Zollgebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 reicht es vielmehr aus, daß eine Ware auf einen Abfertigungsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG gebracht und dort abgefertigt wird, da die Abfertigungsplätze im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG insoweit auch umsatzsteuerrechtlich als Zollgebiet gelten (vgl. Plückebaum-Malitzky, a.a.O., §§ 1–3 UStG Randzahl 1377; Peter, Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer, 2. Auflage, II § 21 UStG 1967 Rdnr. 27 – 26. Lfg. 1970 –; Teske in Schüle-Teske-Wendt, Kommentar zur Umsatzsteuer, Stand: November 1971, § 21 Tz. 90; a. M. Weiß in Eckhardt-Weiß, Umsatzsteuergesetz, Bd. I, 1971, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Tz. 28, 112; Felix-Benda, Umsatzsteuergesetz, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Anm. 46, – 6. Lfg. August 1970 –; Erlaß des Bundesministers der Finanzen – BdF – IV A/1 – S 7302 – 3/71 vom 9. Februar 1971, BStBl I 1971, 124). Was im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 zum Zollgebiet gehört oder als solches gilt, muß nach den Zollvorschriften (§ 2 ZG) bestimmt werden. Wenn dieser Begriff nach dem Willen des Gesetzgebers im Umsatzsteuerrecht anders hätte verstanden werden sollen als im Zollrecht, so hätte besonders deshalb Anlaß bestanden, ihn im UStG 1967 entsprechend zu bestimmen, weil bei der Fassung des UStG 1967 die Bestimmung des Zollgebietes in § 2 ZG bereits vorhanden war. Außerdem sprechen auch die Bestimmung des Begriffs „Inland” in § 1 Abs. 2 UStG 1967 und – im Gegensatz dazu – das Fehlen einer Bestimmung des Begriffs „Zollgebiet” in diesem Gesetz dafür, daß der Gesetzgeber die Bestimmung des Begriffs „Zollgebiet” in § 2 ZG für das UStG 1967 als maßgebend angesehen wissen wollte (vgl. Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz – Mehrwertsteuer, – Kommentar 6. Auflage, E § 1 Abs. 1 Nr. 3 Tz. 34). Aus diesem Fehlen einer Begriffsbestimmung muß nämlich entnommen werden, daß der Gesetzgeber eine Bestimmung des Begriffs „Zollgebiet” im UStG 1967 für überflüssig gehalten hat, weil in den Zollvorschriften eine solche Bestimmung bereits enthalten war und weil der Begriff „Zollgebiet” im UStG 1967 im Sinne dieser Begriffsbestimmung verstanden werden sollte.
Es kann auch nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber dem Begriff „Zollgebiet” im UStG 1967 etwa die gleiche Bedeutung beigemessen hat wie dem in diesem Gesetz verwendeten und in § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes bestimmten Begriff „Inland”. Dagegen spricht bereits, daß beide Begriffe im UStG 1967 nebeneinander verwendet werden. In diesem Zusammenhang muß außerdem beachtet werden, daß in der Regelung in § 1 Nr. 3 UStG 1951, die mit derjenigen in § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 vergleichbar ist, die Einfuhr in das „Inland” als Steuergegenstand bezeichnet war. Wenn der Gesetzgeber dem Begriff „Zollgebiet” gegenüber dem Begriff „Inland” keine besondere Bedeutung beigemessen hätte, so hätte es nahegelegen, die Fassung der Regelung in § 1 Nr. 3 UStG 1951 in das UStG 1967 zu übernehmen. Daraus, daß der Gesetzgeber die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 gegenüber der entsprechenden vorherigen Regelung in § 1 Nr. 3 UStG 1951 dadurch geändert hat, daß er anstelle des Begriffs „Inland” den Begriff „Zollgebiet” verwendet hat, muß ebenfalls entnommen werden, daß er beiden Begriffen nicht die gleiche Bedeutung beigemessen hat.
Für eine Einschränkung des Begriffs „Zollgebiet” im Sinne des UStG 1967 in der Weise, daß die Abfertigungsplätze im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG nicht als solches gelten, findet sich in den jetzt geltenden umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften keine Grundlage. Eine solche Einschränkung kann auch nicht aus § 1 Abs. 1 der Ausgleichsteuerordnung (AStO) 1962 hergeleitet werden. Von dieser Vorschrift sind zwar die genannten Abfertigungsplätze nicht erfaßt worden. In ihr ist nur auf das Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG hingewiesen worden. Dieser Regelung kann aber keine Bedeutung mehr beigemessen werden. Sie ist mit Inkrafttreten des UStG 1967 außer Kraft getreten (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967). Für die Auslegung des Begriffs „Zollgebiet” im Sinne des UStG 1967 aber kann sie auch deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie das „Inland” als Ziel der Einfuhr bestimmt, nach dem UStG 1967 jedoch das „Zollgebiet” und nicht mehr das „Inland” als Ziel der Einfuhr maßgebend ist.
Auch die Auslegung des Begriffs „Einfuhr” im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 führt nicht dazu, daß eine Ware in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG (vgl. Felix-Benda, a. a. O.) oder in das „Inland” (Weiß, a. a. O., Tz. 22 a, 28) verbracht worden sein muß, damit für sie eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entstehen kann. Grundlage einer derartigen Einschränkung nach dem UStG 1951 war die bereits erwähnte Bestimmung, daß die Einfuhr von Gegenständen in das „Inland” der Umsatzsteuer unterlag (§ 1 Nr. 3 UStG 1951). Demgemäß war in § 1 Abs. 1 AStO 1962 das „Inland” als Ziel der Einfuhr dahin bestimmt, daß dazu nur das von den Zollgrenzen umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG gehörte. Da der Gesetzgeber davon abgesehen hat, den Begriff der Einfuhr im UStG 1967 besonders zu bestimmen, muß diesem Begriff nunmehr die Bedeutung beigemessen werden, die ihm nach den Zollvorschriften zukommt. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ZG ist Einfuhr das Verbringen von Waren in das Zollgebiet, als welches auch die Abfertigungsplätze im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG gelten, wie bereits ausgeführt worden ist.
Die Einfuhr ist zwar ein tatsächlicher Vorgang. Auch daraus folgt aber nicht, daß dieser Vorgang nur dadurch verwirklicht werden kann, daß die Ware in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG verbracht wird. Bereits in der Auseinandersetzung mit dem Begriff der Einfuhr im Sinne des UStG 1951 ist im Schrifttum zum Ausdruck gebracht worden, daß dazu auch das Bringen der Ware an einen Abfertigungsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG ausreichen kann, sofern die Ware dort abgefertigt wird. Allerdings ist dafür eine entsprechende Regelung im UStG für erforderlich erachtet worden (vgl. Schwarz: Entsteht die Ausgleichsteuerschuld bei der Abfertigung durch vorgeschobene Zollstellen?, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1961 S. 212 [213] – ZfZ 1961, 212 [213] –; derselbe: Umsatzausgleichsteuer und Ausgleichsteuervergütung, Umsatzsteuer-Rundschau 1961 S. 98 [99] – UStR 1961, 98 [99] –). Das UStG 1967 gestattet es nunmehr, eine Einfuhr im Sinne dieses Gesetzes auch dann anzunehmen, wenn eine Ware zu einem Abfertigungsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG gebracht und dort abgefertigt worden ist. Das FG Bremen hat in den Gründen des Urteils II 102/68 vom 11. Oktober 1968 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1969 S. 153 – EFG 1969, 153 –) zutreffend ausgeführt, daß ein solcher Vorgang für eine Einfuhr im Sinne des UStG 1951 deshalb nicht ausreichte, weil nach § 1 Nr. 3 dieses Gesetzes die Einfuhr in das „Inland” erforderlich war. Daraus wird bereits ersichtlich, daß allein die Bestimmung des Zieles der Einfuhr in § 1 Nr. 3 UStG 1951 es nicht zuließ, eine Einfuhr auch dann anzunehmen, wenn eine Ware auf einen Abfertigungsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG gebracht und dort abgefertigt worden war. Der Grund dafür lag wiederum darin, daß es an einer Vorschrift fehlte, nach der die genannten Abfertigungsplätze als „Inland” anzusehen waren. Nachdem es nunmehr nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 allein darauf ankommt, daß eine Ware in das Zollgebiet eingeführt worden ist, und da auch die Abfertigungsplätze im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG als Zollgebiet gelten, besteht kein Grund mehr, den Tatbestand der Einfuhr von der Voraussetzung abhängig zu machen, daß die Ware in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG verbracht wird.
Der Auffassung der Klägerin, daß der Begriff der Einfuhr vom Begriff der Ausfuhr her verstanden werden müsse und daß die Einfuhr das Gegenteil der Ausfuhr sei, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das Gebiet, aus dem auszuführen ist, und das Ziel der Einfuhr in dem UStG 1967 verschieden bezeichnet sind. Nach § 4 Nr. I UStG 1967 gehören die Ausfuhrlieferungen zu den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG 1967 fallenden Umsätzen. Danach können die Ausfuhrlieferungen nur vom „Inland” ausgehen (Plückebaum-Malitzky, a. a. O., § 4 UStG Randzahl 13, 14), Die Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG 1967 betreffen nämlich nur Lieferungen und Leistungen vom „Inland” aus. Die Einfuhrlieferung muß demgegenüber in das „Zollgebiet” gelangen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967). Wie bereits dargelegt worden ist, kann den Begriffen „Inland” und „Zollgebiet” im Sinne des UStG 1967 nicht die gleiche Bedeutung beigemessen werden.
Auch Sinn und Zweck der Einfuhrumsatzsteuer zwingen nicht dazu, die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld davon abhängig zu machen, daß die Ware in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG eingeführt wird. Durch die Einfuhrumsatzsteuer soll gewährleistet werden, daß die eingeführte Ware nicht mit weniger Steuern belastet ist als die inländische Ware (vgl. Plückebaum-Malitzky, a. a. O., §§ 1–3 UStG Randzahl 1343; vgl. auch Hahnfeld: Die Einfuhrumsatzsteuer im neuen Mehrwertsteuersystem, ZfZ 1967, 225; Zimmermann: Die neue Einfuhrumsatzsteuer, Der Betriebs-Berater 1967 S. 1243 – BB 1967, 1243 –). Danach ist es gerechtfertigt, eine Ware in dem Zeitpunkt mit der Einfuhrumsatzsteuer zu belasten, in dem sie der inländischen Ware gleichgestellt wird. Das ist der Zeitpunkt, in dem eine Ware aus dem gebundenen Zollverkehr (55 Abs. 2 Satz 1 ZG) in den freien Verkehr übergeht. In der Regel endet in diesem Zeitpunkt die zollamtliche Überwachung (vgl. Schwarz-Wockenfoth, Zollgesetz vom 14.6.1961, § 5 Anm. 16, 23. Lfg., November 1969), so daß über die eingeführte Ware von diesem Zeitpunkt an so verfügt werden kann wie über inländische Ware. Eine auf einen Abfertigungsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ZG gebrachte Ware wird bereits mit der Abfertigung zum freien Verkehr und damit vor der Einfuhr in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG der inländischen Ware gleichgestellt. Durch die Regelung in § 2 Abs. 7 ZG wird erreicht, daß die auf einen Abfertigungsplatz im Sinne dieser Vorschrift gebrachte Ware zollrechtlich so behandelt werden kann, als sei sie über die Zollgrenze in das Zollgebiet eingeführt worden (vgl. Bail-Schädel-Hutter, Zollgesetz v. 14.6.1961, Kommentar, § 2 Anm. 6, 10. Lfg., Mai 1970; Schwarz-Wockenfoth, a.a.O., § 2 Anm. 8–15, 21. Lfg., März 1969). Wenn sie dabei zum freien Verkehr abgefertigt wird, so braucht sie, nachdem sie in das von der Zollgrenze umschlossene Zollgebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 ZG gelangt ist, nicht mehr zollrechtlich behandelt zu werden (vgl. Schwarz-Wockenfoth, a.a.O., § 2 Anm. 13, 21. Lfg., März 1969). Daraus ergibt sich auch ein Unterschied gegenüber der im Freihafen befindlichen, nicht zum freien Verkehr abgefertigten Ware, so daß diese Ware mit der freigegebenen Ware nicht verglichen werden kann.
Es ist auch nicht erkennbar, daß durch die Anwendung des § 2 Abs. 7 ZG bei der Bestimmung des Begriffs „Zollgebiet” im Sinne des UStG 1967 die Gefahr entsteht, daß die Einfuhr in das Zollgebiet als Steuergegenstand im Bestand angegriffen oder ausgehöhlt wird. Insbesondere deuten die bisher aufgezeigten Bedenken gegen die Anwendung des § 2 Abs. 7 ZG nicht auf eine solche Gefahr hin.
Der von der Klägerin vorgebrachte Einwand, der Importeur könne die von ihm entrichtete Einfuhrumsatzsteuer nicht zurückbekommen, wenn die aufgrund der Abfertigung durch die vorgeschobene Zollstelle mit der Einfuhrumsatzsteuer belastete Ware in ein anderes Land verbracht werde, ohne in das Inland gelangt zu sein, findet im Schrifttum und auch in einem Erlaß des BdF insofern eine Stütze, als dort die Auffassung vertreten wird, die aufgrund der Abfertigung durch eine vorgeschobene Zollstelle entrichtete Einfuhrumsatzsteuer könne nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 als Vorsteuer abgezogen werden, wenn die abgefertigte Ware an einen ausländischen Abnehmer geliefert werde, ohne tatsächlich in das Inland gelangt zu sein. Zur Begründung wird vorgebracht, eine solche Ware sei nicht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 eingeführt worden. Dazu sei erforderlich, daß der eingeführte Gegenstand in den inländischen Unternehmensbereich des Unternehmers eingehe (vgl. Erlaß des BdF III B/4 – V 8830 – 1/70 vom 12. Mai 1970, UStR 1970, 327; zur Frage der Einfuhr für das Unternehmen im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 vgl. auch Erlasse des BdF IV A/3 – S 7300–48/69 vom 28. Juni 1969, BStBl I 1969, 349 [352], und IV A/1 – S 7302 – 3/71 vom 9; Februar 1971, a.a.O.; Weiß, a.a.O., S 1 Abs. 1 Nr. 3 Tz. 28, 77, 112). Es sind zwar keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb nur eine in das Inland gelangte Ware im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 „eingeführt” sein soll. Für die Entscheidung im vorliegenden Fall kommt es aber nicht darauf an, unter welchen Voraussetzungen eine Ware als „eingeführt” im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 anzusehen ist. Die Entscheidung ist allein davon abhängig, ob die für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld erforderliche Einfuhr in das Zollgebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 vorliegt. Diese Entscheidung ist unabhängig davon zu treffen, ob die Einfuhrumsatzsteuer auch als Vorsteuer abgezogen werden kann. Der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat bereits entschieden, daß Besteuerung und Vorsteuerabzug ohne besondere Anordnung im Gesetz einander nicht bedingen (Urteil V R 101/70 vom 28. Januar 1971, Sammlung der Entscheidungen Bd. 101 S. 178 [181] – BFH 101, 178 [181] –, BStBl II 1971, 218). Diese Entscheidung muß auch bei der Beurteilung der Frage beachtet werden, ob bei der Entscheidung über die Entstehung einer Einfuhrumsatzsteuerschuld die Berechtigung zum Vorsteuerabzug zu berücksichtigen ist. Die Entscheidung des V. Senats muß nämlich dahin verstanden werden, daß die Berechtigung zum Vorsteuerabzug für die Entstehung einer Umsatzsteuerschuld grundsätzlich keine Bedeutung hat. Der erkennende Senat folgt dieser Entscheidung für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer. Das UStG 1967 enthält keine Anhaltspunkte dafür, daß die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld von der Berechtigung zum Vorsteuerabzug abhängig ist. In diesem Zusammenhang ist vielmehr die Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 2 UStG 1967 zu beachten, nach der die Zollvorschriften über die Erstattung in den Fällen der Wiederausfuhr (§§ 40 ZG, 80 der Allgemeinen Zollordnung – AZO – i vgl. Hartmann-Metzenmacher, a. a. O., E § 21 Tz. 73) sinngemäß angewendet werden können, wenn eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht oder nicht in vollem Umfang gegeben ist. Diese Regelung spricht nämlich dafür, daß die Entstehung einer Einfuhrumsatzsteuer unabhängig von der Berechtigung zum Vorsteuerabzug zu beurteilen ist.
Gegen die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld mit der Abfertigung zum freien Verkehr durch eine vorgeschobene Zollstelle ist auch geltend gemacht worden, daß dann die Einfuhrvergütung auch für die nicht in das Inland gelangten und unmittelbar an einen ausländischen Abnehmer gelieferten Waren gewährt werden müsse, was dem Sinn und Zweck des AbsichG (vgl. Weiß, a. a. O., § 1 Abs. 1 Nr. 3 Tz. 28) widerspreche. Auch dieser Einwand rechtfertigt es nicht, die Einfuhr in das Zollgebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967 davon abhängig zu machen, daß die Ware über die Zollgrenze in das Zollgebiet gelangt. Die Vorschriften des UStG 1967 und die Zollvorschriften ermöglichen eine abschließende Bestimmung der Voraussetzungen für die Einfuhr in das Zollgebiet. Demgegenüber können die Vorschriften des AbsichG, das ein Zeitgesetz ist, und ihre etwaigen Auswirkungen nicht maßgebend sein.
Fundstellen