Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufzeichnungspflicht für Geschenkaufwendungen
Leitsatz (NV)
Die besondere Aufzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 und 2 EStG i. V. m. § 4 Abs. 6 EStG gilt auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.
Normenkette
AO 1977 § 146 Abs. 5 S. 1; EStG 1981 § 4 Abs. 5 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wird, bezog im Jahre 1983 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als selbständiger Handelsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den Gewinn ermittelte er gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1981 durch den Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen.
In seiner Steuererklärung für 1983 machte der Kläger u. a. Aufwendungen in Höhe von 2 445 DM für die Bewirtung von Geschäftsfreunden und in Höhe von 127 DM für Geschenke an solche Personen - jeweils zuzüglich der darauf entfallenden Vorsteuer - geltend. Zum Nachweis der Bewirtungskosten reichte er dreizehn in zeitlicher Folge geordnete Belege ein. Diese enthielten auf der Vorderseite die Rechnungsdaten, auf der Rückseite Angaben über die betriebliche Veranlassung und die Kosten der Bewirtung. Der Belegsammlung vorgeheftet war ein Additionsstreifen, der - in der Reihenfolge der Belege - die dreizehn Einzelbeträge und die Gesamtsumme von 2 445 DM auswies. Gesondert hiervon legte der Kläger für die Geschenkkosten einen Beleg vor, aus dem sich ergab, daß es sich insgesamt um vier Geschenke handelte, deren Wert jeweils unter 50 DM lag. Auch diesem Beleg war ein Additionsstreifen mit dem Gesamtbetrag von 127 DM vorgeheftet.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ bei der Veranlagung des Klägers und seiner Ehefrau zur Einkommensteuer 1983 den Betrag von insgesamt 2 923 DM (Bewirtungs- und Geschenkaufwand in Höhe von insgesamt 2 572 DM zuzüglich Vorsteuern) mit der Begründung unberücksichtigt, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 EStG seien nicht erfüllt.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit dem in EFG 1987, 543 veröffentlichten Urteil statt. Hierbei stützte es sich im wesentlichen auf die Erwägung, schon nach § 146 Abs. 5 Satz 1 AO 1977 komme jeder geordneten Belegsammlung Aufzeichnungsfunktion zu. Nichts anderes gelte im Rahmen des § 4 Abs. 6 EStG, wenn - zulässigerweise - auch die Betriebsausgaben nicht aufgezeichnet würden.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Abs. 6 EStG, der für alle Gewinnermittlungsarten gelte und außer einer Belegsammlung in jedem Falle auch die fortlaufende Aufzeichnung der zum Abzug geltend gemachten Aufwendungen verlange.
Das FA beantragt, das Urteil des Hessischen FG vom 18. Dezember 1986 13 K 403 a/85 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Die vom Kläger geltend gemachten Bewirtungs- und Geschenkkosten können entgegen der Ansicht des FG nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise aufgezeichnet worden sind.
Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG 1981 i. V. m. § 4 Abs. 6 EStG 1981 sind Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, sowie Aufwendungen für die Bewirtung solcher Personen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen und bei Verletzung dieser Aufzeichnungspflicht von der Berücksichtigung bei der Gewinnermittlung ausgeschlossen.
Aus dem Wortsinn, dem systematischen Zusammenhang und dem Zweck dieser Vorschrift folgt, daß diese unabhängig von der Art der Gewinnermittlung gilt, also gleichermaßen diejenigen trifft, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich ermitteln, wie diejenigen, die gemäß § 4 Abs. 3 EStG als Gewinn den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hieraus gefolgert, daß dieser Aufzeichnungspflicht vor allem im Hinblick auf eine klare Abgrenzung der betrieblichen von der privaten Sphäre nur genügt ist, wenn Geschenk- bzw. Bewirtungsaufwendungen jeweils von Anfang an, fortlaufend und zeitnah, gesondert von sonstigen Betriebsausgaben schriftlich festgehalten werden, weil nur so die sachlich zutreffende Zuordnung solcher Aufwendungen und die einfache Prüfung ihrer Abziehbarkeit gewährleistet ist (vgl. u. a. die Urteile vom 28. Mai 1968 IV R 150/67, BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648, und IV R 28/68, BFHE 92, 491, BStBl II 1968, 651 sowie vom 22. Januar 1988 III R 171/82, BFHE 152, 341, BStBl II 1988, 535; vom 26. Februar 1988 III R 20/85, BFHE 152, 509, BStBl II 1988, 613; vom 10. März 1988 IV R 207/85, BFHE 152, 528, BStBl II 1988, 611, und vom 25. März 1988 III R 96/85, BFHE 153, 119, BStBl II 1988, 655, 657).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Dies hat zur Folge, daß eine reine Belegsammlung mit einmaligem Aufaddieren nach Abschluß des Geschäftsjahres, wie sie im Streitfall nach den bindenden Feststellungen des FG vorliegt, einen Betriebsausgabenabzug auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und ungeachtet dessen verbietet, daß es gemäß § 146 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz AO 1977 im allgemeinen zulässig ist, Aufzeichnungen durch die geordnete Ablage von Belegen zu ersetzen. Daß damit nur ein Grundsatz ausgesprochen ist, dessen Gültigkeit sich letztlich allein nach dem speziellen Zweck richtet, den bestimmte Aufzeichnungen für die Besteuerung erfüllen sollen, ergibt sich schon aus dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift; daß an Bewirtungs- und Geschenkaufwendungen strengere Anforderungen zu stellen sind, folgt aus der Spezialregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 i. V. m. § 4 Abs. 6 EStG (vgl. dazu näher Urteil in BFHE 152, 509, BStBl II 1988, 613).
Das angefochtene Urteil hat dies verkannt und war daher aufzuheben. Die Klage war abzuweisen. . .
Fundstellen
Haufe-Index 416081 |
BFH/NV 1989, 571 |