Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Heranziehung der Betriebsprüfer-Handakte - Aufteilung eines Gesamtkaufpreises auf mehrere Wirtschaftsgüter und Geschäftswert
Leitsatz (amtlich)
Stützt das FG seine Feststellungen auf den Inhalt der Betriebsprüfer-Handakte, deren Vorliegen dem Kläger nicht mitgeteilt worden ist, und in der er auch keine Ermittlungen des Betriebsprüfers zu der den Rechtsstreit betreffenden Frage vermuten muß, so liegt hierin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Orientierungssatz
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt nicht, daß das FG dem Steuerpflichtigen mitteilt, welche Steuerakten ihm vorliegen und welche Teile aus diesen Akten es voraussichtlich verwerten wird.
2. NV: Ein für mehrere Wirtschaftsgüter gezahlter Gezahlter Gesamtkaufpreis ist aufzuteilen, wobei die vertraglichen Vereinbarungen nur dann maßgeblich sind, wenn sie wirtschaftlich vernünftig erscheinen. Ein Geschäftswert oder Praxiswert wird entgeltlich erworben, wenn bei Zahlung eines einheitlichen für das Unternehmen entrichteten Kaufpreises die Summe der Teilwerte der einzelnen materiellen Wirtschaftsgüter unter dem gezahlten Kaufpreis liegt. Unerheblich ist, ob die Vertragspartner ausdrücklich die entgeltliche Veräußerung eines derartigen immateriellen Wirtschaftsguts vereinbart haben. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn zwei Verträge eine Einheit bilden (vgl. BFH- und BGH-Rechtsprechung).
3. NV: Wenn durch einen einheitlichen Vertrag oder zwei äußerlich getrennte aber inhaltlich einheitliche Verträge neben Betriebsvermögen zugleich Gegenstände des Privatvermögens des Unternehmensübergebers erworben werden, besteht die Vermutung, daß in der Höhe, in der der Gesamtkaufpreis den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände übersteigt, ein Geschäftswert entgeltlich veräußert wurde. Entsprechendes gilt beim Erwerb eines freiberuflichen Praxiswerts.
++/ Die Beteiligten streiten darüber, ob in dem für ein Zweifamilienhaus gezahlten Kaufpreis Aufwendungen für den Wert einer mit Vertrag vom selben Tag erworbenen Zahnarztpraxis enthalten sind. /++
Normenkette
FGO § 119 Nr. 3, § 96 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 1, § 5; HGB § 255 Abs. 4
Tatbestand
Am 15.Juni 1981 schloß der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Käufer mit der Beigeladenen als Verkäuferin einen notariell beurkundeten "Vertrag über die Übertragung einer Zahnarztpraxis".
++/ Nach § 5 des Vertrages wurde die Praxis "mit sämtlichen Einrichtungen" unter Ausschluß derjenigen "Gegenstände, die nach den Standesrechtlichen Richtlinien oder kraft Gesetzes nicht übertragen werden dürfen" einschließlich sämtlichen Praxisinventars übernommen. /++ Nach § 6 des Vertrages betrug das Entgelt "für die Übernahme der Praxis und die gesamte Praxiseinrichtung" 300 000 DM. ++/ Die einzelnen Gegenstände des Praxisinventars waren in einer vom Kläger und der Beigeladenen unterzeichneten Aufstellung aufgelistet. Als Tag der Praxisübernahme und der Fälligkeit des Kaufpreises war der 1.Oktober 1981 vorgesehen. Für den Fall, daß der Erwerber die Praxis wegen dauernder Berufsunfähigkeit oder wegen vorherigen Versterbens zum 1.Oktober 1981 nicht übernehmen konnte, sollte der Vertrag nach § 8 als aufgelöst gelten. /++
Ebenfalls am 15.Juni 1981 schlossen die Beigeladene und ihr Ehemann als Verkäufer und die klagenden Eheleute als Käufer einen Kaufvertrag über das Grundstück, das mit einem Wohnhaus (damals Einfamilienhaus - jetzt Zweifamilienhaus) bebaut war, das auch die Praxisräume umfaßte. Als Kaufpreis für das im Jahre 1978 erbaute Haus wurde ein Festpreis von 1 289 500 DM vereinbart.
++/ Unter II. Ziff.6 enthielt auch dieser Vertrag eine Vereinbarung für den Fall, daß der Kläger wegen dauernder Berufsunfähigkeit oder vorherigen Versterbens die Zahnarztpraxis auf dem Grundstück am 1.Oktober 1981 nicht würde übernehmen können. Danach stand jedem der Vertragspartner das Recht zu, innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntwerden der Rücktrittsvoraussetzungen seinen Rücktritt zu erklären.
Die Praxis der Beigeladenen bestand zu diesem Zeitpunkt zweieinhalb Jahre lang.
In ihren Einkommensteuererklärungen 1981 sowie für die Streitjahre 1982 bis 1984 machten die Kläger Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 10 % des Praxisinventars (300 000 DM) sowie Gebäude-AfA nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 7 Abs.4 EStG auf der Basis einer Bemessungsgrundlage in Höhe von insgesamt 1 218 097 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger für die Streitjahre erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. /++
Im Jahre 1985 fand beim Kläger für die Streitjahre eine Betriebsprüfung statt, die nur zu kleineren, hier nicht streitigen Änderungen führte. Gegen die daraufhin ergangenen Einkommensteueränderungsbescheide legten die Kläger Einspruch ein und beantragten erstmals die Berücksichtigung eines immateriellen Praxiswertes in Höhe von 350 000 DM. Sie machten geltend, in dieser Höhe sei der Kaufpreis für das Grundstück überhöht gewesen und habe demnach den geltend gemachten Praxiswert enthalten.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
++/ Die Kläger verfolgten ihr Begehren zunächst mit der zum Finanzgericht (FG) erhobenen Klage weiter. Sie machten geltend, die Praxis sei nur zu erwerben gewesen, wenn gleichzeitig auch das Grundstück zu den Bedingungen der Verkäuferin übernommen worden sei. Ihn, den Kläger, habe damals nur die Praxis interessiert. Für ihn sei allein von Interesse gewesen, ob er den geforderten Gesamtkaufpreis für Praxis und Grundstück in Höhe von 1,5 Mio DM aus dem Ertrag der Praxis habe finanzieren können. Ihm sei damals bewußt gewesen, daß der immaterielle Wert der Praxis einen erheblichen Wert darstelle und im Rahmen der beiden Verträge miterworben würde. Wie sich dieser Praxiswert in den einzelnen Verträgen niedergeschlagen habe, sei für ihn uninteressant gewesen. Für die Richtigkeit seiner Auffassung spreche auch, daß --wie unstreitig ist-- der Bausachverständige der ... Finanzverwaltung in einem zum Zwecke der Aufteilung des Kaufpreises in Grundstücks- und Gebäudewert gefertigten Gutachten vom 14.Januar 1986 den Grundstückssachwert mit 616 909 DM angegeben habe. /++
Das FG wies die Klage, nachdem es die Verkäuferin beigeladen und als Beteiligte vernommen hatte, als unbegründet ab. Die Entscheidung erging im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Zur Begründung führte das FG aus:
Nach dem Wortlaut der Verträge sei überhaupt kein Entgelt für einen Praxiswert gezahlt worden. Der Wortlaut entspreche somit den Bekundungen des Klägers, er habe sich bei den Vertragsverhandlungen keine Gedanken über die Zahlung eines Entgeltes für einen Praxiswert gemacht. Auch die Beigeladene sei nach ihren Bekundungen nicht von der Veräußerung eines Praxiswertes ausgegangen.
Im Streitfall könne jedoch aus dem für die Praxis gezahlten Preis ein entgeltlich erworbener Praxiswert ermittelt werden. Der Betriebsprüfer habe festgestellt, daß der für die Übertragung der Zahnarztpraxis gezahlte Kaufpreis in Höhe von 300 000 DM bereits mit rd. 95 000 DM über den Anschaffungskosten (rd. 205 000 DM) des in den Vorjahren von der Beigeladenen erworbenen Praxisinventars gelegen habe. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter über ihren Buchwerten gelegen haben sollten, bleibe noch eine beträchtliche Differenz zur Höhe des Kaufpreises, die als für den Praxiswert entrichtet anzusehen sei.
++/ Darüber hinaus sei ein Entgelt für einen Praxiswert nicht gezahlt worden. Die Verträge über den Praxiskauf einerseits und den Erwerb des Grundstücks andererseits bildeten kein einheitliches Rechtsgeschäft. Die rechtliche Einheitlichkeit scheitere an der Verschiedenheit der Vertragspartner. Während nämlich beim Praxiskauf der Kläger und die Beigeladene Vertragspartner gewesen seien, sei der Grundstückskaufvertrag zusätzlich von den jeweiligen Ehegatten abgeschlossen worden. /++
Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Kläger, die auf Verfahrensmängel und Verletzung materiellen Rechts gestützt wird.
Entscheidungsgründe
Die Verfahrensrüge der Kläger ist begründet. Das FG hat ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es den Inhalt der Prüfer-Handakte verwertet hat, ohne daß sich die Kläger hierzu äußern konnten.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.Januar 1968 I R 47/66 (BFHE 91, 338, BStBl II 1968, 349) verlangt das Gebot des rechtlichen Gehörs allerdings nicht, daß das FG dem Steuerpflichtigen mitteilt, welche Steuerakten ihm vorliegen und welche Teile aus diesen Akten es voraussichtlich verwerten wird. Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, der Steuerpflichtige habe vor dem FG das Recht zur Akteneinsicht (§ 78 FGO). Damit sei ihm die Möglichkeit gegeben, die Steuerakten daraufhin zu untersuchen, ob das FG für den Streitfall wesentliche Feststellungen getroffen habe (ebenso BFH-Urteil vom 18.April 1975 III R 159/72, BFHE 115, 527, BStBl II 1975, 741; kritisch: Gräber, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1969, 486; Mittelbach, Rechts- und Wirtschaftspraxis --RWP--, Finanzgerichtsordnung, Einzelfragen, Rechtliches Gehör, S.397 f.; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 71 FGO Tz.3: soweit es sich um Akten eines nicht beteiligten Steuerbezirks handelt).
Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Prüfer-Handakten (Arbeitsbogen) stehen offensichtlich einige Finanzbehörden auf dem Standpunkt, daß sie nicht zu den nach § 71 FGO vorlagepflichtigen Steuerakten gehörten (vgl. Beschluß des FG Münster vom 16.September 1988 IV 3452/86 E, EW, G, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1989, 28). Wäre diese Auffassung richtig, könnte die Vorlagepflicht allenfalls aus § 86 Abs.1 FGO hergeleitet werden (Hendricks, die steuerliche Betriebsprüfung --StBp--, 1985, 66 ff.; a. A.: Kalmes, StBp 1986, 40). Das hätte zur Folge, daß die Beteiligten von der Übersendung der Akte zu unterrichten wären (vgl. BFH-Urteil vom 20.Dezember 1967 III 343/63, BFHE 90, 519, BStBl II 1968, 208).
Die Frage bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Unabhängig davon, ob die Arbeitsbogen zu den Steuerakten i.S. des § 71 Abs.2 FGO gehören, durfte das FG angesichts der Umstände des Streitfalls ihren Inhalt nicht verwenden, ohne den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den Feststellungen des Betriebsprüfers zu äußern. Die Klageerwiderung des FA enthält den Zusatz, daß als Anlagen die Einkommensteuerakte mit Einspruchsentscheidung und der Betriebsprüfungsbericht beigefügt waren. Die Betriebsprüfer-Handakte wurde dem FG erst etwa eineinhalb Jahre nach Klageeingang vorgelegt. Aus dem Begleitschreiben geht hervor, daß offenbar an Stelle der Handakte eigentlich die "Betriebsprüfungsakte" (die lediglich die Prüfungsanordnung, den Betriebsprüfungsbericht und möglicherweise den an die Prüfung anschließenden Schriftverkehr enthält) hatte übersandt werden sollen. Auf dem Schreiben des FA ist das Wort "Bp-Akten" durchgestrichen. Daneben findet sich der offenbar vom FG angebrachte Hinweis: "falsch, richtig: eine Bp-Arbeitsakte". Der Inhalt dieses Begleitschreibens ist den Klägern nicht zugänglich gemacht worden.
Die Kläger weisen zu Recht darauf hin, daß sie keinen Anlaß hatten, Ermittlungen, wie sie das FG der Prüfer-Handakte entnommen hat, in den Steuerakten zu vermuten. Im Zeitpunkt der Außenprüfung bestand über eine evtl. Aufteilung des für das Grundstück gezahlten Kaufpreises auf Grundstück und Praxiswert noch kein Streit. Der Betriebsprüfungsbericht erwähnt diese Frage demgemäß nicht. Angesichts dieser Besonderheit kann den Klägern nicht entgegengehalten werden, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei deshalb nicht verletzt, weil sie im Wege der Akteneinsicht von den Ermittlungen des Betriebsprüfers hätten Kenntnis nehmen können.
Da eine mündliche Verhandlung nicht stattfand, hatten die Kläger auch keine Gelegenheit, beim Vortrag des Sach- und Streitstandes von dem vom Gericht für maßgeblich gehaltenen Inhalt der Prüfer- Handakte Kenntnis zu nehmen.
Die Kläger haben auch --gemessen an ihren Möglichkeiten-- ausreichend substantiiert dargelegt, wozu sie sich nicht haben äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätten (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Urteil vom 3.Februar 1982 VII R 101/79, BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355). Zwar beruhen die Einwendungen, die sie gegen die Ermittlungen des Betriebsprüfers erheben, lediglich auf Mutmaßungen. Da ihnen aber --wie sie unwidersprochen vortragen-- nach Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils die Einsichtnahme in die Prüfer-Handakte vom FA verwehrt wurde, kann ein noch mehr substantiierter Vortrag von ihnen nicht verlangt werden.
++/ Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil sich der gerügte Verfahrensverstoß nicht auf das gesamte Ergebnis des Verfahrens, sondern nur auf einzelne Feststellungen bezogen hätte, auf die es für die Entscheidung letztlich nicht angekommen wäre (vgl. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr.89). Dabei kann offenbleiben, ob es die Feststellungen des Betriebsprüfers waren, die das FG veranlaßt haben, die rechtliche und wirtschaftliche Einheit zwischen dem Vertrag über den Kauf des Praxisinventars einerseits und dem Grundstückskauf andererseits zu verneinen. Jedenfalls waren diese Feststellungen dafür erheblich, daß das FG keinen Anhaltspunkt dafür gesehen hat, daß ein für den Praxiswert gedachter Kaufpreis auf den Grundstückskaufpreis verlagert worden sei.
Aus Gründen der Prozeßökonomie, ohne Bindungswirkung für das FG weist der Senat auf folgendes hin:
a) Ein für mehrere Wirtschaftsgüter gezahlter Gesamtkaufpreis ist aufzuteilen, wobei die vertraglichen Vereinbarungen nur dann maßgeblich sind, wenn sie wirtschaftlich vernünftig erscheinen (Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 255 Anm.1 B). Was einen Geschäfts- oder Praxiswert betrifft, so ist die Rechtsprechung --wie das FG richtig erkannt hat-- stets davon ausgegangen, daß ein solcher Wert entgeltlich erworben wird, wenn bei Zahlung eines einheitlichen für das Unternehmen entrichteten Kaufpreises die Summe der Teilwerte der einzelnen materiellen Wirtschaftsgüter unter dem gezahlten Kaufpreis liegt (BFH- Urteile vom 5.August 1970 I R 180/66, BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804; vom 18.Juli 1972 VIII R 16/68, BFHE 106, 432, BStBl II 1972, 884; vom 17.September 1987 III R 272/83, BFHE 151, 58, BStBl II 1988, 441; speziell zum Praxiswert: BFH-Urteil vom 15.April 1958 I 61/57, BFHE 67, 151, BStBl III 1958, 330, 331).
Diese Rechtsprechung beruht auf der handelsrechtlichen Regelung des § 255 Abs.4 des Handelsgesetzbuches --HGB-- (früher § 133 Nr.5 des Aktiengesetzes --AktG-- 1937, § 153 Abs.5 AktG 1965), derzufolge als Geschäfts- oder Firmenwert der Unterschiedsbetrag angesetzt werden darf, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt. Aus diesem Grund ist es unerheblich, ob die Vertragspartner ausdrücklich die entgeltliche Veräußerung eines derartigen immateriellen Wirtschaftsgutes vereinbart haben (BFH- Urteil in BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804). Es kommt auch nicht darauf an, ob sie sich über die Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter Gedanken gemacht haben.
b) Das FG hat ferner zutreffend erkannt, daß diese Grundsätze auch dann gelten, wenn zwei Verträge eine rechtliche Einheit bilden. Entgegen seiner Auffassung sind jedoch nicht nur solche Verträge als rechtlich einheitlich zu betrachten, bei denen sich dieselben Vertragspartner gegenüberstehen (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20.Mai 1966 V ZR 214/64, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1966, 749). Es genügt vielmehr der unter Berücksichtigung der Interessen aller Vertragschließenden und ihres erklärten Willens mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB-) zu ermittelnde Einheitlichkeitswille der Beteiligten zur Zeit des Vertragsschlusses.
Auf der anderen Seite gilt das in § 255 Abs.4 HGB normierte Recht, in der Bilanz einen Geschäftswert auszuweisen, nach dem Wortlaut der Vorschrift nur dann, wenn der Gesamtkaufpreis den Wert der erworbenen Gegenstände des Betriebsvermögens übersteigt. Wenn durch einen einheitlichen Vertrag oder zwei äußerlich getrennte aber inhaltlich einheitliche Verträge neben Betriebsvermögen zugleich Gegenstände des Privatvermögens des Unternehmensübergebers erworben werden, besteht jedoch zumindest die Vermutung, daß in der Höhe, in der der Gesamtkaufpreis den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände übersteigt, ein Geschäftswert entgeltlich veräußert wurde. Entsprechendes gilt beim Erwerb eines freiberuflichen Praxiswerts.
c) Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, daß in dem aufgrund des Grundstückskaufvertrages gezahlten Kaufpreis Aufwendungen für einen Praxiswert enthalten sind, so kann der Kläger AfA dieses Wertes als Betriebsausgaben geltend machen. Soweit der hierauf entfallende Kaufpreisanteil von der Klägerin gezahlt worden sein sollte, kommt in Betracht, daß diese ihrem Ehemann einen Geldbetrag hat zukommen lassen, und zur Abkürzung des Zahlungswegs eine Verbindlichkeit ihres Ehemannes beglichen hat (vgl. BFH-Urteile vom 3.April 1987 VI R 91/85, BFHE 149, 572, BStBl II 1987, 623; vom 20.September 1990 IV R 300/84, BFHE 162, 86, BStBl II 1991, 82). An diese Möglichkeit ist deshalb zu denken, weil die Klägerin selbst das Wirtschaftsgut "Praxiswert" weder nutzen noch verwerten kann. /++
Fundstellen
Haufe-Index 64238 |
BFH/NV 1992, 61 |
BStBl II 1992, 841 |
BFHE 168, 11 |
BFHE 1993, 11 |
BB 1992, 1552 (L) |
DB 1992, 1764 (LT) |
HFR 1992, 548 (LT) |
StE 1992, 446 (K) |