Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens II; Beteiligung an einer GmbH als Sonderbetriebsvermögen II
Leitsatz (NV)
1. Zur notwendigen Beiladung der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG bei Rechtsstreit über Sonderbetriebsvermögen.
2. Eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft kann sich auch daraus ergeben, daß die Kapitalgesellschaft -- z. B. aus Steuerersparnisgründen -- bei einem Veräußerungsgeschäft der Personengesellschaft und einem Dritten zwischengeschaltet wird. Die Anteile an der Kapitalgesellschaft werden damit notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der beteiligten Gesellschafter der Personengesellschaft.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1, 5; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 2, § 60 Abs. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) -- eine GmbH & Co. KG -- betreibt als Bauträger die Erschließung und den Verkauf von Eigenheimen. Sie war u. a. zusammen mit der B-KG auch Miteigentümerin eines Grundstücks, das im Jahre 1973 mit einer Teilfläche von rd. 197 000 qm an eine neugegründete GmbH veräußert worden war (Veräußerungsgewinn: ... DM).
An der GmbH waren ausschließlich Gesellschafter der Klägerin und der B-KG beteiligt. Bereits 1974 veräußerten diese ihre -- 25 v. H. des Stammkapitals der GmbH nicht erreichenden -- Geschäftsanteile mit einem erheblichen Gewinn an zwei Erwerber. Den auf die Gesellschafter der Klägerin entfallenden Gewinnanteil in Höhe von ... DM erfaßte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb. Nach seiner Ansicht gehörten die GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der -- vom Senat zugelassenen -- Revision rügt die Klägerin die fehlende Beiladung der Gesellschafter zum Verfahren. In der Sache selbst ist sie der Meinung, daß die GmbH-Anteile dem Privatvermögen der Gesellschafter zuzurechnen waren und deshalb ein Veräußerungsgewinn nicht entstanden sei.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen und
2. hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und in Abänderung des Gewinnfeststellungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung den Gewinn 1974 mit ... DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Das FG hat die Vorschriften über die notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) nicht beachtet. Es hätte die an der GmbH beteiligten Gesellschafter der Klägerin zum Verfahren beiladen müssen. Dies ist stets erforderlich, wenn -- wie hier ausschließlich -- die einkommensteuerrechtlichen Folgen zu beurteilen sind, die sich aus der Veränderung von Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. März 1991 VIII R 123/85, BFH/NV 1992, 46, und Beschluß vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559 m. w. N.). Die Gesellschafter der Klägerin sind unabhängig davon beizuladen, ob und inwieweit sie ihren Kommanditanteil für einen Treugeber-Komanditisten hielten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. März 1979 I B 78/78, BFHE 128, 8, BStBl II 1979, 607, und vom 28. August 1990 VIII B 25/90, BFHE 161, 429, BStBl II 190, 1072).
Das Urteil kann auf diesem Mangel beruhen. Die notwendige Beiladung betrifft die Grundordnung des Verfahrens. Da der BFH die Beiladung in der Revisionsinstanz nicht nachholen kann (§ 123 FGO), führt das Unterlassen der notwendigen Beiladung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH in BFH/NV 1992, 46).
2. Zur Sache selbst weist der Senat -- aus prozeßökonomischen Gründen -- auf sein Urteil vom 7. Juli 1992 VIII R 2/87 (BFHE 168, 322, BStBl II 1993, 328) hin. Danach kann sich die Eigenschaft eines GmbH-Anteils als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II auch aus den Geschäftsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft ergeben. Kennzeichnend hierfür ist eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft derart, daß die eine Gesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der anderen erfüllt. Diese kann sich daraus ergeben, daß eine GmbH -- z. B. aus Steuerersparnisgründen -- bei einem Veräußerungsgeschäft der Personengesellschaft und einem Dritten zwischengeschaltet wird (zur Beherrschung einer GmbH bei gleichgerichteten Interessen ihrer Gesellschafter vgl. z. B. BFH-Urteil vom 23. Januar 1991 I R 113/88, BFHE 163, 207, BStBl II 1991, 279 unter 1. der Gründe). Das gilt unabhängig davon, ob die Teil aufdeckung der stillen Reserven bei der Veräußerung des Wirtschaftsguts an die zwischengeschaltete Gesellschaft rechtsmißbräuchlich ist (§ 42 der Abgabenordnung -- AO 1977 --). Es ist Aufgabe des FG, durch tatsächliche Würdigung des Sachverhalts festzustellen, ob die GmbH auch im Streitfall diesem Zweck diente.
Fundstellen
Haufe-Index 420277 |
BFH/NV 1995, 678 |