Leitsatz (amtlich)
1. Die Verschmelzung von Genossenschaften ist ein personenrechtlicher Vorgang, nach dem das Vermögen auf die übernehmende Genossenschaft übergeht.
2. Der Übergang des Eigentums an den Grundstücken der übertragenden Genossenschaft auf die übernehmende Genossenschaft unterliegt der Grunderwerbsteuer. Die Besteuerung ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG an den Übergang des Eigentums an den Grundstücken geknüpft, da kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgeht und es auch keiner Auflassung bedarf.
2. Gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist die Steuer vom Werte der erworbenen Grundstücke zu berechnen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 10 Abs. 1, 2 Nr. 1
Tatbestand
Auf die Klägerin, eine eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht, ging im Jahr 1959 bei Verschmelzung mit vier anderen Genossenschaften deren Vermögen über. In den übernommenen Vermögen befanden sich vier Grundstücke.
Das FA (Beklagter und Revisionskläger) ging davon aus, daß der anteilige Wert der Gegenleistung für die Grundstücke mit deren Verkehrswert gleichzusetzen sei und setzte gegen die Klägerin die Grunderwerbsteuer aus den Verkehrswerten der Grundstücke fest. Das FG hat die Steuern herabgesetzt. Es ging zwar ebenfalls von - den Grundstückserwerben anteilig zuzurechnenden - Gegenleistungen für die Vermögensübernahmen aus; diese sah es u. a. in den Nennwerten der den neuen Genossen zugewiesenen Geschäftsguthaben (EFG 1964, 500). Die Revision des Beklagten mißt diesen einen höheren Wert bei; sie verlangt Berücksichtigung der offenen und stillen Reserven, die auf diese Anteile entfallen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Bei zulässiger Revision ist in den Grenzen der Revisionsanträge (§ 120 Abs. 2 Satz 2, §§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) die materielle Grundlage des angefochtenen Urteils im ganzen zu überprüfen (§ 118 Abs. 3 Satz 2 FGO). Auf die umstrittene Bewertung der Geschäftsanteile (§ 7 Nr. 2 des Genossenschaftsgesetzes - GenG -) der neuen Genossen (§ 93h Abs. 1 und 2 GenG) kann es folglich nur dann ankommen, wenn die Gewährung dieser Geschäftsanteile überhaupt eine Gegenleistung (§ 11 GrEStG) der Klägerin für die bei den Verschmelzungen (§ 93a GenG) erlangten Vermögen der übertragenden Genossenschaften (§ 93e Abs. 1 Satz 1 GenG) darstellt und folglich die Grunderwerbsteuer aus den Anteilen der Grundstücke an diesen Gesamtgegenleistungen zu errechnen ist (§ 10 Abs. 1 GrEStG).
Das hatte der BFH in dem Urteil II 128/57 U vom 16. April 1958 (BFH 67, 19, BStBl III 1958, 280) - dort für die Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - angenommen. An dieser Auffassung kann nicht festgehalten werden. Die gegen sie von Thiel (Die Wirtschaftsprüfung 1966 S. 11 ff., 14, 41 ff., 45), Böttcher (Steuerberater-Jahrbuch 1967/68 S. 167 ff., 196), Merkert (BB 1968, 826) und Tipke (DB 1968 Beilage 17) erhobenen Einwände greifen durch. Besteuerungsgrundlage ist nicht der Wert einer Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG), sondern wegen Fehlens einer solchen der nach § 12 GrEStG zu bestimmende Wert des Grundstücks (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG).
Maßgebende Besteuerungsvorschrift ist nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, sondern § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG (vgl. Urteil des RFH II A 609/31 vom 15. November 1932, RStBl 1933, 148; Huber-Krebs, Konformität von Privat- und Steuerrecht unter besonderer Berücksichtigung des Grunderwerbsteuerrechts, Dissertation München 1966, S. 150; Tipke, a. a. O., S. 2, 6). Dieser Umstand allein zwingt noch nicht dazu, eine Gegenleistung für den Grundstückserwerb (§ 10 Abs. 1 GrEStG) zu verneinen. Das Fehlen einer Gegenleistung ergibt sich aber aus Vorschriften des GenG (§§ 93a ff.) über die Verschmelzung von Genossenschaften gleicher Haftart, welche in den hier wesentlichen Grundzügen den Vorschriften über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (§§ 359 ff., 354 ff. AktG) entsprechen.
Die Verschmelzung ist zwar in § 93a Abs. 1 GenG in der Weise beschrieben, daß das Vermögen der einen Genossenschaft (übertragende Genossenschaft) unter Ausschluß der Liquidation als Ganzes auf eine andere Genossenschaft (übernehmende Genossenschaft) übertragen wird. Daraus könnte geschlossen werden, daß der Verschmelzungsvertrag (§ 93c GenG), sofern sich im Vermögen der übertragenden Genossenschaft Grundstücke befinden, im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ein Rechtsgeschäft sei, das den Anspruch auf Übereignung dieser Grundstücke begründet. Gerade das ist aber nicht der Fall. Die übernehmende Genossenschaft erlangt vielmehr aus dem Verschmelzungsvertrag (§ 93c GenG), auch wenn die weiteren Voraussetzungen der Verschmelzung (§ 93b GenG; vgl. § 93h Abs. 2, § 93p GenG) erfüllt sind, gegen die übertragende Genossenschaft allenfalls einen Anspruch auf Anmeldung der Verschmelzung zum Genossenschaftsregister (§ 93d GenG), keinesfalls aber einen Anspruch auf Auflassung (§ 925 BGB) der Grundstücke (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG). Der Übergang des Eigentums an den Grundstücken (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) ist die gesetzliche Folge der Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister (§ 10 GenG, § 147 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FGG -, § 93e Abs. 1 Satz 1 GenG), welche die übertragende Genossenschaft zugleich erlöschen läßt (§ 93e Abs. 2 GenG) und sogar einen Formmangel des Verschmelzungsvertrages (§ 93c GenG) heilt (§ 93e Abs. 3 GenG). Eine Auflassung (§ 925 BGB) der Grundstücke findet in keinem Falle statt; sie werden nicht übereignet (§ 873 Abs. 1 BGB). Vielmehr ist das Grundbuch auf Grund der sich außerhalb des Sachenrechts vollziehenden Rechtsvorgänge zu berichtigen (§ 93e Abs. 1 Satz 2 GenG).
Die sich nach den Vorschriften des GenG vollziehende Verschmelzung zweier oder mehrerer Genossenschaften, juristischen Personen (§ 17 Abs. 1 GenG), ist somit ein personenrechtlicher Vorgang (vgl. § 1059a Nr. 1 BGB). Er erzeugt sachenrechtliche Folgen (§ 93e Abs. 1 GenG); diese sind aber nicht Inhalt des Verschmelzungsvorgangs, im besonderen nicht des Verschmelzungsvertrags (§ 93c GenG). Dessen unmittelbarer Inhalt ist die Vereinigung der Genossenschaften (§ 93a Abs. 1 GenG im ersten Satzteil) unter Erlöschen der übertragenden Genossenschaft (§ 93e Abs. 2 GenG); diese geschieht in der Weise, daß das Vermögen der erlöschenden Genossenschaft auf die übernehmende Genossenschaft übergeht (§ 93a Abs. 1 GenG).
Diese personenrechtliche Betrachtung erlaubt es, von der Form des § 313 Satz 1 BGB abzusehen, wenn der übertragenden Genossenschaft Grundstücke gehören. Denn daß gemäß § 93c GenG für den Verschmelzungsvertrag die schriftliche Form zwar erforderlich, aber auch ausreichend ist, schließt zwar § 311 BGB notwendig aus, sagt für sich allein aber noch nicht zwingend, daß in bezug auf eine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstücke die in § 313 Satz 1 BGB vorgeschriebene notarielle Beurkundung nicht geboten wäre, sofern eine solche Verpflichtung vorläge (vgl. das Zurücktreten des § 167 Abs. 2 BGB bei bestimmten Fällen der Vollmacht zur Veräußerung eines Grundstücks). Wird dagegen die persönliche Vereinigung (§ 93a Abs. 1 GenG) oder Verschmelzung der beiden juristischen Personen (§ 17 Abs. 1 GenG) als Inhalt des Verschmelzungsvertrages (§ 93c GenG) angesehen, so liegt von vornherein der Tatbestand des § 313 Satz 1 BGB nicht vor. Daß mit dem ganzen Vermögen (vgl. § 311 BGB) der erlöschenden Person (§ 93e Abs. 2 GenG) auch deren Grundstücke auf die verbleibende Person übergehen (§ 93e Abs. 1 GenG), ist nur die natürliche Folge der Verschmelzung. An Stelle der zum Schutze des Eigentums am Grundstück vor unüberlegten Verkäufen gedachten Vorschrift des § 313 BGB tritt die die Existenz der Genossenschaft absichernde Vorschrift des § 93b GenG.
Die Rechtslage ist also insoweit - wenn auch nur hinsichtlich des Ausschlusses des § 313 BGB - der vergleichbar, welche beim Eintritt eines Gesellschafters in eine grundstückbesitzende Personenhandelsgesellschaft (vgl. § 130 HGB) oder beim Austritt aus dieser (vgl. § 138 HGB) gegeben ist. Hier wie dort folgt die sachenrechtliche Zuordnung der sich im Personenrecht (Gesellschaftsrecht bzw. Genossenschaftsrecht) vollziehenden Änderung, ohne daß es einer gesonderten Verpflichtung zur Übereignung bedürfte (vgl. RGZ 82, 160).
Demzufolge kann kein Gewicht darauf gelegt werden, daß nach dem Wortlaut des § 93a Abs. 1 GenG die Genossenschaften in der Weise vereinigt (verschmolzen) werden, daß das Vermögen der einen Genossenschaft als Ganzes auf eine andere Genossenschaft "übertragen" wird. Denn die weiteren Vorschriften der §§ 93b ff. GenG geben nicht nur keinen Anhalt dafür, daß das Wort "übertragen" im Sinne des § 313 Satz 1 BGB oder des § 873 Abs. 1 BGB - und somit auch des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG - zu verstehen wäre. Im Gegenteil spricht § 93e Abs. 1 GenG deutlich gegen eine solche Auffassung.
Das Wort "übertragen" bedeutet also in § 93a Abs. 1 GenG nichts anderes, als daß das Vermögen der einen Genossenschaft auf die andere "übergeht". Daß nicht dieses Wort, sondern das Wort "übertragen" gewählt wurde, ist zwanglos damit zu erklären, daß in § 93a Abs. 1 GenG mit Rücksicht auf die folgenden Vorschriften (§ 93a Abs. 2, § 93d Abs. 3, §§ 93 e, 93 f, 93 g, 93 h, 93 k, 93 p, 93q GenG) ein einheitlicher Ausdruck für die zum Erlöschen bestimmte Genossenschaft (vgl. § 93e Abs. 2 GenG) gefunden und definiert werden mußte und sich dafür kaum ein anderer als der der "übertragenden Genossenschaft" (§ 93a Abs. 1 GenG) anbot.
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG scheiden damit als Besteuerungsvorschriften aus. Die Besteuerung ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG an den Übergang des Eigentums an den Grundstücken geknüpft, da kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgeht und es auch keiner Auflassung bedarf.
Daraus allein folgt noch nicht, daß eine Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG) der Klägerin für den Erwerb der Grundstücke nicht vorhanden ist (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Zwar geht aus dem abstrakten Eigentumsübergang selbst keine Gegenleistung hervor. Das schließt aber nicht aus, die Gegenleistung - wie bei dem Meistgebot (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) und der Enteignung (§ 11 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG) - einem ersetzenden Rechtsakt (oder hier dem Verschmelzungsvertrag) zu entnehmen. Dementsprechend hatte auch das GrEStG 1927, obwohl es die Steuerpflicht regelmäßig an den Eigentumsübergang knüpfte (§ 1), keine Bedenken, die Gegenleistung (§ 12 Abs. 2) wenigstens dann zum Besteuerungsmaßstab zu machen, wenn sie höher war als der gemeine Wert (§ 11; später auf Grund der Verordnung vom 1. Dezember 1930, RGBl I, 517, 585, allerdings der Einheitswert) des Grundstücks (§ 12 Abs. 1).
Auch unter dem geltenden Recht kann für die Besteuerungsgrundlage (§ 10 GrEStG 1940) bei Beendigung einer zweigliedrigen Gesellschaft (vgl. Canter, NJW 1965, 1553 ff.) nicht danach unterschieden werden, ob sich die Gesellschafter nach Maßgabe der §§ 732 ff., 751 ff. (§ 731 Satz 2) BGB auseinandersetzen und dabei - sei es gemäß § 731 Satz 2, § 753 Abs. 1 Satz 2 BGB, sei es gemäß besonderer Abrede - einer der Gesellschafter ein Grundstück aus dem Gesellschaftsvermögen erwirbt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG mit der Folge des § 10 Abs. 1 GrEStG, gegebenenfalls auch des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, allenfalls § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG mit der Folge des § 11 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG oder § 1 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG), oder ob dieser Gesellschafter den anderen kraft Rechtsanspruchs (§ 142 Abs. 1 HGB) oder kraft gütlicher Vereinbarung abfindet und das Gesellschaftsvermögen (samt dem Grundstück) gemäß § 142 Abs. 3, § 138 HGB ohne Liquidation kraft Gesetzes (dann: § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) erwirbt (vgl. BFH-Urteil II 142/63 vom 25. Februar 1969, BFH 95, 292 [294 ff.], BStBl II 1969, 400).
Demnach kann auch hier das entscheidende Bedenken nicht darin gesehen werden, daß sich die zugrunde liegenden, dem Verpflichtungsvertrag entsprechenden Verträge - nämlich die Verschmelzungsverträge des § 93c GenG - nicht unmittelbar auf die Übereignung der Grundstücke beziehen. Denn wenn diese Verträge überhaupt eine "Gegenleistung" vorsähen, wäre diese - nicht anders als beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft (§§ 736 ff. BGB, §§ 138, 140 HGB) - ersichtlich durch den Wert des übernommenen Vermögens bestimmt; ein dem Wert des Grundstücks im Verhältnis zum Wert des jeweiligen Vermögens entsprechender Anteil wäre zwangsläufig "Gegenleistung" für das Grundstück.
Die Klägerin als übernehmende Gesellschaft hat den übertragenden Gesellschaften keine Gegenleistung für den Erwerb ihrer Vermögen gewährt. Leistungen an die - demnächst erlöschenden (§ 93a Abs. 2 GenG) - übertragenden Gesellschaften selbst wären - vom denkmöglichen Falle zwischenzeitlicher und infolge solcher Leistungen höherer Gewinnausschüttungen (vgl. § 48 Abs. 1, §§ 93 d, 93g GenG) abgesehen - sinnwidrig gewesen, da diese Werte alsbald wieder an die übernehmende Genossenschaft zurückgeflossen wären (§ 93e Abs. 1 Satz 1 GenG). Die Übernahme der Schulden der erlöschenden Gesellschaft ist nur gesetzliche Folge (§ 93e Abs. 1 Satz 1 GenG) der Vereinigung (§ 93a Abs. 1 GenG) der beiden Rechtspersonen (und für diese nahezu selbstverständlich), aber keine Leistung der übernehmenden Genossenschaft an die übertragende. Die etwa auf den Grundstücken ruhenden Belastungen (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG) gingen auf die Klägerin nicht nur wegen des Erwerbs der Grundstücke, sondern mit allen anderen Lasten der übernommenen Genossenschaften schon wegen der Vereinigung der Personen über. Darin allein (§ 11 Abs. 2 GrEStG: "auch") die maßgebende Gegenleistung zu sehen, wäre ein überaus zufälliger Anknüpfungspunkt.
Man kann auch nicht sagen, daß die übernehmende Genossenschaft die Verpflichtung der übertragenden Genossenschaft übernähme, die Rechte der Genossen zu wahren. Denn um die Verpflichtung, die Interessen der Genossen zu wahren, kann es hier nicht gehen. Eine gesonderte Verpflichtung, deren Rechte zu wahren, hatte aber schon die übertragende Genossenschaft nicht; diese war vielmehr Teil ihrer statutarischen Existenz. Bei der übernehmenden Genossenschaft werden die Genossen der übertragenden Genossenschaft allein schon zufolge der Verschmelzung kraft Gesetzes Mitglieder mit allen Rechten und Pflichten (§ 93h Abs. 1 GenG), unbeschadet ihres Rechtes, die Mitgliedschaft zu kündigen (§ 93k GenG).
Anspruchsgrundlage eines Streites des neuen Genossen mit der übernehmenden Genossenschaft über seine Mitgliedschaft oder sein Geschäftsguthaben (§ 93h GenG) wäre die Eintragung der Verschmelzung auf Grund des Verschmelzungsvertrages (§ 93h Abs. 1 GenG), dieser aber nicht unmittelbar als Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB). Zwar ist auch bei der Verschmelzung zweier Genossenschaften die Aufgabe von Vermögenswerten gegen Gewährung von Anteilsrechten das (psychologisch) bestimmende Moment (BFH-Urteil I R 60/67 vom 5. November 1969, BFH 97, 360 [363], BStBl II 1970, 149); sie ist aber Motiv und nicht Gegenstand des abgeschlossenen Vertrags. Dieser ist vielmehr, wie bereits zuvor zum Gegenstand der Besteuerung ausgeführt, personenrechtlicher Art.
Ein Vertrag zugunsten der Genossen als Dritter (so für aktienrechtliche Verschmelzungsverträge Böttcher/Meilicke, Umwandlung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, 5. Aufl., § 233 AktG, Tz. 12; Schilling in Großkommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 235 Anm. 4; Schlegelberger/Quassowski, Aktiengesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1939, § 235, Tz. 2; Teichmann/Koehler, Aktiengesetz, 3. Aufl., § 223 Anm. 3, 3 d) im Sinne der §§ 328 ff. BGB kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil er unvermeidbar auch ein Vertrag zu Lasten Dritter wäre, ohne daß er deren Zustimmung (§ 185 BGB; vgl. §§ 414 ff. BGB) bedürfte. Denn die Genossen der übertragenden Genossenschaft erwerben nicht nur Mitgliedschaftsrechte, Anteile und Geschäftsguthaben an der übernehmenden Genossenschaft (§ 93h GenG), sondern sie verlieren die gleichen Rechte an der übertragenden Genossenschaft, welche - unbeschadet des § 93q GenG - mit der Eintragung der Verschmelzung untergeht (§ 93e Abs. 2 GenG). Dazu ist nicht die Zustimmung jedes einzelnen Genossen erforderlich; es genügt, daß sich in der Generalversammlung (§ 43 GenG) eine Mehrheit für die Verschmelzung ausspricht, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt (§ 93b Abs. 1 GenG).
Demzufolge ist eine Gegenleistung im Sinne des § 10 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht vorhanden. Denn die Klägerin hat als Erwerberin der Grundstücke weder den übertragenden Genossenschaften - als Veräußerern im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne - eine Leistung geschuldet oder erbracht noch etwas an deren Genossen in einer Weise geleistet oder geschuldet, daß sie dadurch eine den übertragenden Genossenschaften gegenüber eingegangene Verpflichtung erfüllte (§§ 328 ff. BGB; vgl. 3 Abs. 2 UStG). Alles was den neuen Genossen der Klägerin kraft Gesetzes angefallen ist oder sie ihnen schuldet, ist vielmehr die zwar durch den Verschmelzungsvertrag (§ 93c GenG) verursachte, aber nicht unmittelbar aus diesem abgeleitete Folge der personenrechtlichen Vereinigung (§ 93a Abs. 1, §§ 93 e, 93h GenG) der Genossenschaften zu einer einzigen.
Zur Gegenleistung als Besteuerungsgrundlage (§ 10 Abs. 1 GrEStG) sind zwar auch gewisse Leistungen an Dritte hinzuzurechnen (§ 11 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 GrEStG). Unter die in § 11 Abs. 3 GrEStG aufgeführten Zurechnungsposten fallen aber die von den neuen Genossen erworbenen Rechte nicht (vgl. auch BFH-Urteil II 47/62 U vom 22. April 1964, BFH 79, 378 [381], BStBl III 1964, 368). Dazu kommt, daß die Leistungen an Dritte (§ 11 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 GrEStG) und die Leistungen Dritter an den Veräußerer (§ 11 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) nicht - wie die in § 11 Abs. 2 GrEStG aufgeführten Gegenstände - "zur Gegenleistung gehören", sondern ihr nur zufolge des § 11 Abs. 3 GrEStG "hinzuzurechnen" sind. Allein durch Leistungen an Dritte, die nicht zugleich eine Leistungspflicht gegenüber dem Veräußerer erfüllen oder wenigstens auf einer durch Vertrag mit dem Veräußerer unmittelbar begründeten Leistungspflicht beruhen, kann daher das Vorhandensein einer Gegenleistung im Sinne des § 10 Abs. 1 GrEStG nicht belegt werden.
Demnach ist gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG die Steuer vom Werte der erworbenen Grundstücke (§ 12 GrEStG) zu berechnen. Das Argument, dieses Ergebnis widerspreche dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung (BFH-Urteil II 128/57 U vom 16. April 1958, BFH 67, 19 [22], BStBl III 1958, 280), schlägt demgegenüber nicht durch. Allerdings wird, da gemäß § 12 GrEStG der Einheitswert oder ein nach den Grundsätzen der Einheitsbewertung zu berechnender Wert anzusetzen ist, sich unter den derzeit geltenden Einheitswerten regelmäßig eine wesentlich geringere Besteuerungsgrundlage ergeben (§ 10 Abs. 2 Nr. 1, § 12 GrEStG) als bei dem Ansatz einer zwar nicht vorhandenen, konstruktiv aber denkbaren Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG). Das darf jedoch die Auslegung des § 10 GrEStG nicht beeinflussen. Lägen die festgesetzten Einheitswerte den gemeinen Werten näher, müßten beide Bemessungsmethoden zu ähnlichen Ergebnissen führen. In diesem Falle wäre ohne Schaden für die Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine klare und einfache Besteuerungsgrundlage gegeben, wie sie der Gesetzgeber ursprünglich bezweckte, indem er an Stelle des Steuermaßstabes der gemeinen Werte (§ 11 GrEStG 1927; erst später auf Grund der Verordnung vom 1. Dezember 1930 - RGBl I, 585 - allerdings die Einheitswerte), bei höherer Gegenleistung aber dieser (§ 12 GrEStG 1927) unmittelbar die Gegenleistung (§ 10 Abs. 1, § 11 GrEStG 1940) und nur bei Fehlen (wozu im Grunde auch die Fälle des § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2, § 10 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG 1940 gehören) und Nichtfeststellbarkeit einer Gegenleistung (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1940) sowie in den sonstigen Fällen des § 10 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG 1940 an deren Stelle den Einheitswert (§ 12 Abs. 1 GrEStG 1940) oder einen entsprechend errechneten Wert (§ 12 Abs. 2 bis 4 GrEStG 1940) setzte. Daß die Einheitsbewertung die ihr so zugewiesene Funktion nicht erfüllen kann, darf nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen. Dieser schuldet in jedem Falle nur die gesetzlich festgelegte Steuer (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AO). Der weder gleichheitswidrige (Art. 3 Abs. 1 GG) noch sinnwidrige § 10 GrEStG darf daher nicht aus Gründen, die - wenn auch vermittels des § 12 GrEStG für das Grunderwerbsteuerrecht wirksam - außerhalb des GrEStG liegen, entgegen seiner objektiven Aussage zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgelegt werden (vgl. auch BFH-Urteil II 250/60 vom 20. Juli 1966, BFH 86, 598, BStBl III 1966, 601).
Andererseits steht in diesem Rechtszug nicht fest, ob sich die Besteuerungsgrundlage der § 10 Abs. 2, § 12 GrEStG zugunsten oder zu Lasten des Revisionsklägers auswirkt. Denn die Einheitswerte der vier von der Klägerin erworbenen Grundstücke sind nicht festgestellt; der BFH ist auch nicht befugt, sie einzuholen und die gebotenen (§ 12 Abs. 3 GrEStG) weiteren Ermittlungen anzustellen (§ 118 Abs. 2 FGO). Demnach stellt sich die Frage, ob die Aufhebung des angefochtenen Urteils dem Revisionsbegehren des Beklagten entspricht (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), nicht. Da das angefochtene Urteil auf nicht richtiger Anwendung (§ 155 FGO, § 550 ZPO) des im Zeitpunkt der Einlegung der Revision (Rechtsbeschwerde) revisiblen (§ 288 Nr. 1 AO a. F.) Landesrechts beruht (§ 118 Abs. 1 Satz 2 FGO) und die Neufassung des Art. 105 Abs. 2 GG (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 1 FGO) durch das Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 (BGBl I 1969, 359) deshalb ohne Bedeutung ist (§ 184 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 FGO), war es aufzuheben.
Fundstellen
Haufe-Index 69153 |
BStBl II 1970, 816 |
BFHE 1971, 133 |