Leitsatz (amtlich)
1. Der Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, daß der vereinbarte Arbeitslohn unüblich niedrig ist, sofern aus dem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht auf einen mangelnden rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zu schließen ist.
2. Wird einem Arbeitnehmer-Ehegatten eine Direktversicherung eingeräumt, so ist bei einem Vergleich mit der Behandlung anderer Arbeitnehmer die Höhe seiner Entlohnung zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 4b
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten. Der Ehemann ist Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten und betreibt eine HNO-Klinik. Seine Ehefrau ist bei ihm als Wirtschaftsleiterin beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag betrug die Arbeitszeit wöchentlich 25 Stunden; soweit erforderlich, sollten unentgeltliche Überstunden geleistet werden. Das Gehalt betrug 1975 360 DM, im Streitjahr 392 DM monatlich. Das vereinbarte Aufgabengebiet umfaßte die Beaufsichtigung des Personals und der Küche, Erstellung der Speisepläne, Einkauf von Lebensmitteln, Arzneimitteln und sämtlichem Klinikbedarf, Erledigung der Buchführung für Klinik und Arztpraxis sowie Erledigung der Lohnbuchhaltung für Klinik und Praxispersonal.
Im Jahr 1975 schloß der Kläger zugunsten seiner Ehefrau als Maßnahme der betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung mit einem Jahresbeitrag in Höhe von 2 400 DM und eine weitere mit einem Jahresbeitrag von 312 DM ab.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte nach vorausgegangener Lohnsteuerprüfung im Einkommensteuerbescheid 1976 die Versicherungsbeiträge in Höhe von 2 712 DM nicht als Betriebsausgaben an, da für die 17 familienfremden Arbeitnehmer keine Direktversicherungen abgeschlossen worden seien.
Die Klage hatte im Streitpunkt keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 611 veröffentlicht ist, war der Ansicht, daß das Arbeitsverhältnis und damit auch der Abzug der Versicherungsbeiträge nicht anzuerkennen sei, da das vereinbarte Entgelt in keinem angemessenen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung gestanden habe. Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin habe mindestens 31 Stunden betragen. Bei einem Gehalt von 392 DM errechne sich daraus ein Stundenlohn von ca. 3, 16 DM. Demgegenüber habe der Tariflohn einer mit einfachen Tätigkeiten beim Kläger beschäftigten Angestellten ca. 12 DM betragen und wäre bei einem Angestellten in leitender Stellung noch wesentlich höher gewesen. Bei einem derart krassen Mißverhältnis zwischen Leistung und Entgelt liege ein echter Leistungsaustausch nicht mehr vor. Auch bei Einbeziehung der Aufwendungen für die Direktversicherung in den vereinbarten Arbeitslohn ergäbe sich keine wesentlich andere Beurteilung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist insofern begründet, als mit ihr der Abzug von Arbeitslohn begehrt wird; der Abzug der Versicherungsbeiträge kann dagegen nicht beansprucht werden.
1. Im Anschluß an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24. Januar 1962 1 BvL 32/57 und 1 BvR 232/60 (BVerfGE 13, 290, 318, BStBl I 1962, 492, 506) werden von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerlich anerkannt, wenn vor Beginn des Leistungsaustausches klare und eindeutige Vereinbarungen getroffen worden sind und der Vollzug dem Vereinbarten entspricht. Des weiteren sind Vertragsgestaltung und Durchführung daraufhin zu überprüfen, ob sie auch zwischen Fremden üblich wären (BFH-Urteile vom 22. März 1972 I R 152/70, BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614; vom 12. April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622; vom 15. Januar 1980 VIII R 154/78, BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350, und vom 14. Oktober 1981 I R 34/80, BFHE 134, 293, BStBl II 1982, 119).
a) Mittels eindeutiger Vereinbarungen wird Gewißheit darüber geschaffen, ob ein Ehegatte aufgrund eines steuerlich relevanten Arbeitsvertrages oder aufgrund steuerlich unbeachtlicher familienrechtlicher Beziehungen tätig geworden ist.
Mit dem weiteren Erfordernis, daß Vertragsgestaltung und Durchführung einem Fremdvergleich standhalten müssen, soll die Berücksichtigung solcher Vereinbarungen ausgeschlossen werden, die nur vordergründig auf arbeitsvertraglicher Grundlage beruhen, in Wirklichkeit aber durch die familienrechtliche Verbundenheit veranlaßt sind.
Jedoch hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die Ernsthaftigkeit eines Ehegatten-Arbeitsvertrages bislang nicht schon deshalb in Zweifel gezogen, weil ein niedrigerer Arbeitslohn vereinbart und laufend ausbezahlt worden ist, als ihn eine vergleichbare fremde Arbeitskraft erhalten würde. Der Senat hat bereits in den nicht amtlich veröffentlichten Urteilen vom 15. März 1962 IV 78/60 und IV 81/60, vom 22. März 1962 IV 308/60 und IV 310/60 und vom 5. April 1962 IV 285/60 ausgeführt, daß den Ehegatten im Rahmen der Vertragsfreiheit hinsichtlich der Höhe der Vergütung ein Spielraum zu gewähren sei und daß dabei auch die durch die eheliche Lebensgemeinschaft bedingten Beziehungen in die Vertragsgestaltung hineinwirken könnten. Auch die neuere Rechtsprechung des BFH hat ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis nicht wegen unangemessen niedriger Bezüge in Frage gestellt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1982 VIII R 50/80, BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209; vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Februar 1978 VIII R 11/75, BFHE 125, 35, BStBl II 1978, 427). Der Senat hält an seinen Überlegungen fest.
Der zivilrechtlichen Gültigkeit eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, daß die Vergütung hinter einer "angemessenen" oder "üblichen" Entlohnung zurückbleibt (vgl. Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger, 1970, 393 ff., m. w. Hw.). Auch steuerlich ist ein solches tatsächlich vollzogenes Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Die Eheleute können nämlich nicht nur entscheiden, ob, sondern auch in welchem Umfang die Mitarbeit auf familienrechtlicher oder arbeitsvertraglicher Grundlage geleistet werden soll. Dabei ist auch ein teilentgeltliches Geschäft denkbar. Deshalb ist die Vereinbarung eines zu geringen Entgelts grundsätzlich hinzunehmen (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 26 a EStG, Anm. 18 c (4.); Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., §§ 4, 5 Rdnr. 813 d; Charlier, Neue Wirtschaftsbriefe - NWB - Fach 3 S. 5447; Schmidt-Liebig, Betriebs-Berater - BB - 1983, 52). Aus ähnlichen Erwägungen führt die Vereinbarung eines überhöhten Entgelts nur zur Nichtberücksichtigung des das Angemessene übersteigenden Betrages, nicht aber des Arbeitsverhältnisses im ganzen (vgl. Abschn. 174 a Abs. 4 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -). Die Ehegatten hätten es sonst auch in der Hand, durch Begrenzung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung ein angemessenes Verhältnis zum Arbeitslohn herzustellen. Etwas anderes ist allerdings anzunehmen, wenn die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, daß sie schlechterdings nicht mehr eine Gegenleistung für eine begrenzte Tätigkeit des Ehegatten sein kann und deshalb angenommen werden muß, daß die Beteiligten sich rechtsgeschäftlich nicht haben binden wollen.
b) Wendet man diese Grundsätze auf den Streitfall an, so kann der Entscheidung des FG nicht gefolgt werden.
Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist und vom FG auch nicht in Zweifel gezogen wird, hatten die Ehegatten vor Beginn des Streitjahres eindeutige Vereinbarungen über die Höhe des zu gewährenden Arbeitslohnes getroffen. Sie sind danach tatsächlich verfahren, und es wurden dafür Arbeitsleistungen erbracht. Dem Erfordernis der Klarheit der Rechtsgestaltung ist damit genügt.
Der vereinbarte Monatslohn von 392 DM läßt auch nicht den Schluß zu, die Ehegatten hätten eine rechtsgeschäftliche Bindung wie unter Fremden nicht eingehen, vielmehr nur ein Scheingeschäft abschließen wollen. Dagegen spricht bereits, daß das Gehalt des Arbeitnehmer-Ehegatten den für versicherungsfreie Nebenbeschäftigungen und Nebentätigkeiten im Streitjahr geltenden Betrag von 387,50 DM (1/8 der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 3 100 DM; § 4 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. Abs. 2 Buchst. b des Angestellten-Versicherungsgesetzes - AVG -) überstiegen hat. Wie ebenfalls unstreitig ist, wurden auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt. Den Klägern ist darin beizupflichten, daß die sozialversicherungsrechtliche Behandlung Schlüsse auf die Ernsthaftigkeit und damit die steuerliche Beachtlichkeit arbeitsvertraglicher Abreden zuläßt (BFH-Urteile vom 4. Dezember 1975 IV R 180/72, BFHE 117, 550, BStBl II 1976, 292; vom 29. November 1978 I R 159/76, BFHE 126, 457, BStBl II 1979, 182, und vom 14. Dezember 1978 I R 121/76, BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188).
Schließlich kann dem vereinbarten Arbeitslohn die Anerkennung nicht mit der Begründung versagt werden, er stehe in einem Mißverhältnis zu der vom Arbeitnehmer-Ehegatten erbrachten Leistung. Wie ausgeführt, ist den Ehegatten insoweit ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Im Streitfall kommt hinzu, daß schon nach dem Arbeitsvertrag unentgeltliche Überstunden zu leisten waren. Dem kann entnommen werden, daß nach dem Willen der Ehegatten Arbeitsleistungen bis zum Wert des Monatslohnes entgeltlich, im übrigen aber unentgeltlich zu erbringen seien. Damit haben die Ehegatten ihre Einkommens- und Vermögenssphäre klar und eindeutig abgegrenzt. Das FA hat deshalb auch zu Recht das Ehegatten-Arbeitsverhältnis als solches nicht beanstandet.
2. Aufwendungen des Arbeitgebers für die Direktversicherung eines Arbeitnehmers stellen Betriebsausgaben dar, wenn sie betrieblich veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Handelt es sich bei der aus dem Versicherungsvertrag bezugsberechtigten Person um den Ehegatten des Arbeitgebers, ist Abzugsvoraussetzung zunächst, daß das Arbeitsverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1981 I R 100/78, BFHE 134, 330, BStBl II 1982, 126) und sodann, daß die Aufwendungen für die Alterssicherung nicht auf privaten Erwägungen beruhen. Ob dies der Fall ist, ergibt eine Gesamtwürdigung der betrieblichen Verhältnisse des Zuwendenden. Danach begründen Zukunftssicherungsleistungen im Rahmen eines berücksichtigungsfähigen Arbeitsverhältnisses Betriebsausgaben, wenn die zugrunde liegende Verpflichtung ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist und wenn ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Steuerpflichtige eine solche Versorgung bei vergleichbaren Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen auch einem familienfremden Arbeitnehmer gewährt haben würde (BVerfG-Beschluß vom 22. Juli 1970 1 BvR 285/66 und andere, BVerfGE 29, 104, BStBl II 1970, 652; BFH-Urteile vom 20. April 1972 IV R 146/68, BFHE 105, 281, BStBl II 1972, 538; vom 16. November 1978 III R 121/75, BFHE 126, 320, BStBl II 1979, 97; vom 20. März 1980 IV R 53/77, BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450, und vom 10. November 1982 I R 135/80, BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173).
Letzteres ist regelmäßig zu verneinen, wenn anderen Arbeitnehmern im Betrieb bei gleichen Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen eine entsprechende Altersversorgung nicht eingeräumt oder zumindest ernsthaft angeboten worden ist (BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173). Da es Sache des Arbeitgebers ist, wie weit er den Kreis der begünstigten Personen ziehen will, muß bei diesem internen Betriebsvergleich gegebenenfalls berücksichtigt werden, daß die betriebliche Altersversorgung einem bestimmten Kreis der Arbeitnehmer, insbesondere den Mitgliedern der Geschäftsleitung, vorbehalten worden ist (BFH-Urteil vom 30. März 1983 I R 162/80, BFHE 138, 351, BStBl II 1983, 500).
Im Streitfall sind die Versicherungsbeiträge zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten nicht betrieblich veranlaßt, da für die 17 familienfremden Arbeitnehmer keine Direktversicherungen abgeschlossen worden sind. Dabei kann unberücksichtigt bleiben, daß drei familienfremden Arbeitnehmern anstelle einer Gehaltserhöhung ebenfalls eine Direktversicherung angeboten worden sein soll. Denn eine der Vereinbarung mit der Klägerin entsprechende Regelung hätte nur vorgelegen, wenn die Direktversicherung den anderen Arbeitnehmern als eine zusätzliche Entlohnung angeboten worden wäre (BFH-Urteil vom 24. November 1982 I R 85/82, BFHE 138, 29, BStBl II 1983, 406).
Der VIII. Senat des BFH (BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209) hat offengelassen, ob im Rahmen eines steuerlich anzuerkennenden Ehegatten-Arbeitsverhältnisses, in dem sich der Arbeitnehmer-Ehegatte mit unangemessen niedrigen Aktivbezügen begnügt, die Zusage einer im Verhältnis hierzu hohen Pension stets als nicht betrieblich veranlaßt anzusehen ist. Im Streitfall, in dem ein Vergleich mit dem Verhalten des Arbeitgeber-Ehegatten gegenüber anderen Arbeitnehmern möglich ist, muß die betriebliche Veranlassung verneint werden. Der Kläger kann sich dabei nicht darauf berufen, seine Ehefrau habe besonders qualifizierte Arbeit geleistet und es sei daher sachgerecht, daß er nur ihr eine zusätzliche Altersversorgung gewähre. Dem steht entgegen, daß die Ehefrau ihre Dienste überwiegend unentgeltlich, d. h. auf familienrechtlicher Grundlage geleistet hat, und insoweit keine betriebliche Veranlassung für die Vorsorgeleistung besteht. Für den anzustellenden Vergleich kann nur die entlohnte Tätigkeit der Ehefrau berücksichtigt werden. Danach zeigt sich aber, daß auch Arbeitnehmer mit höherer Vergütung keine Versorgungszusage erhalten haben.
Nachdem für die Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind, kommt ein betrieblicher Anlaß für eine Direktversicherung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Ersatzes für Sozialversicherungsbeiträge in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 74837 |
BStBl II 1984, 60 |
BFHE 1984, 376 |