Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegatten-Mitunternehmerschaft in der Land- und Forstwirtschaft
Leitsatz (NV)
1. Eine stillschweigend begründete landwirtschaftliche Ehegatten-Mitunternehmerschaft wird nicht dadurch beendet, daß einer der Ehegatten mit den Kindern eine weitere Personengesellschaft begründet.
2. Der Abschluß eines Pachtvertrags über ihm gehörende Eigentumsflächen und eines Arbeitsvertrags mit der Gesellschaft führt ohne Aufgabe der Beteiligung an der Ehegatten-Mitunternehmerschaft, Auflösung oder Abwicklung der Gesellschaft nicht zu einer Beendigung der Mitunternehmerstellung des Ehegatten. Voraussetzung für die Aufgabe der Beteiligung an einer Ehegattengesellschaft ist die Überführung der Grundstücke und Grundstücksteile des Ehegatten in sein Privatvermögen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 13 Abs. 5, § 15 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 723 ff.
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu 1 und 2 sind Ehegatten, die für die Streitjahre 1984 und 1985 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Sie besitzen einen Hof von ca. 25 ha, davon etwa 12,5 ha Eigentumsflächen. Die Klägerin zu 2 hatte ihren Grundbesitzanteil und die in ihrem Alleineigentum stehenden Flächen zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann bewirtschaftet und ab 1. Januar 1978 einer BGB-Gesellschaft zur Verfügung gestellt, die der Kläger zu 1 mit zweien seiner Söhne, den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) zu 3 und 4, zum 1. Januar 1978 begründet hatte. Der Kläger zu 1 brachte "die bereits angeschafften Maschinen und Geräte, das vorhandene Grundvermögen sowie die erforderlichen flüssigen Mittel" in die Gesellschaft ein; die Söhne leisteten keine Einlage. Am 10. Juli 1982 schloß die Gesellschaft mit der Klägerin zu 2 einen Pacht- und einen Arbeitsvertrag. Danach räumte diese der Gesellschaft die Nutzung ihrer Miteigentumsflächen und einer Vielzahl kleinerer Eigentumsflächen mit einem Anteil von 34,25 v. H. an den Buchwerten des gesamten Betriebs ein und wurde als Marktverkäuferin eingestellt. Vom 1. Juli 1982 an war die Gesellschaft buchführungspflichtig, nachdem sie ihren Gewinn bis zu diesem Zeitpunkt nach § 13 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt hatte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte den Abzug der Pacht- und Lohnzahlungen an die Klägerin zu 2 nicht als Betriebsausgaben an, weil es die Klägerin als Mitunternehmerin ansah. Die Gewinnfeststellungen für die Wirtschaftsjahre 1984/85 und 1985/86 wurden entsprechend geändert; dabei wurden auch Absetzungen für Abnutzung (AfA) und der Mietwert der Wohnung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt, soweit diese der Klägerin zuzurechnen waren.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit ihrer dagegen gerichteten, vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Nach ihrer Auffassung war die Klägerin zu 2 auch vor den Streitjahren keine Mitunternehmerin, weil man immer schon davon ausgegangen sei, daß nur der Ehemann als Inhaber des Betriebs in Frage komme. Selbst wenn man aber von einer Mitunternehmereigenschaft der Ehefrau ausgehe, sei diese mit dem Abschluß des Arbeits- und Pachtvertrags beendet worden, ohne daß es einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils bedurft hätte.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht entschieden, daß die Klägerin zu 2 in den Streitjahren noch Mitunternehmerin gewesen ist und ihr deshalb die Pacht- und Lohnzahlungen als Gewinnanteil zuzurechnen waren (§ 13 Abs. 5 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Danach gehörten auch ihre zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassenen Eigentums- und Miteigentumsflächen zum Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen der Gesellschaft.
1. a) Bis zum Abschluß des Gesellschaftsvertrags zwischen den Klägern zu 1, 3 und 4 zum 1. Januar 1978 bestand zwischen den Ehegatten, den Klägern zu 1 und 2, auch ohne Vereinbarung eines Gesellschaftsverhältnisses oder einer Gütergemeinschaft eine Mitunternehmerschaft (vgl. Entscheidung des Bundefinanzhofs -- BFH -- vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Das FG ist zwar von einer Gütergemeinschaft ausgegangen; die Kläger und das FA haben jedoch im Revisionsverfahren übereinstimmend vorgetragen, daß die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand leben. Im Streitfall kann unentschieden bleiben, ob die Bindung des BFH an die tatsächlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) bei unstreitigem Vorbringen der Beteiligten entfällt (so aber BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 43/86, BFHE 160, 180, BStBl II 1990, 615). Denn jedenfalls haben die Ehegatten eine Mitunternehmerschaft aufgrund einer konkludent zustande gekommenen Innengesellschaft begründet.
In ständiger Rechtsprechung ist der Senat auch dann von einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten ausgegangen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt, sondern der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder jedem Ehegatten ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten (Urteile vom 7. Oktober 1982 IV R 186/79, BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73; vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BFHE 138, 561, BStBl II 1983, 636; vom 14. August 1986 IV R 248/84, BFHE 147, 438, BStBl II 1987, 17; vom 2. Februar 1989 IV R 96/87, BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504; vom 26. November 1992 IV R 53/92, BFHE 170, 94, BStBl II 1993, 395, und vom 27. Januar 1994 IV R 26/93, BFHE 173, 543, BStBl II 1994, 462).
In solchen Fällen kann die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses in der Regel nur durch den Nachweis widerlegt werden, daß einer der Ehegatten das Nutzungsrecht an seinen eigenen Grundstücken dem anderen Ehegatten durch einen Nutzungsüberlassungsvertrag eingeräumt hat und damit auf seine Gewinnbeteiligung verzichtet hat (Senatsurteil vom 14. August 1986 IV R 264/84, BFHE 147, 443, BStBl II 1987, 20).
b) Im Streitfall steht fest, daß zwischen den Ehegatten bis 1978 keine zivilrechtlich wirksamen Vereinbarungen bestanden, durch die die Klägerin zu 2 die in ihrem Eigentum und Miteigentum befindlichen landwirtschaftlichen Grundstücke, die mehr als ein Drittel des gesamten Grundbesitzes der Ehegatten ausmachten, ihrem Ehemann, dem Kläger zu 1, zur Nutzung im landwirtschaftlichen Betrieb überlassen hätte. Es steht auch fest, daß die Klägerin zu 2 den Hof mitbewirtschaftet hat. Nach den Ausführungen zu 1. a) ist die Klägerin daher durch den Einsatz ihres landwirtschaftlichen Grundvermögens und ihrer Arbeitskraft Mitunternehmerin in der von ihrem Ehemann geführten Landwirtschaft geworden. Demgegenüber ist unbeachtlich, daß in der Familie -- wie die Revision vorgebracht hat -- offensichtlich nur der Vater als Inhaber des Betriebs angesehen worden sei. Daraus folgt, daß die der Klägerin zu 2 gehörenden im landwirtschaftlichen Betrieb genutzten Grundstücke Betriebsvermögen des Betriebs waren.
2. a) Die Mitunternehmerschaft der Kläger zu 1 und 2 hat auch nach Abschluß des Gesellschaftsvertrags vom 2. Januar 1978 zwischen ihrem Ehemann und den beiden Söhnen fortbestanden. Zu Unrecht scheint die Revision davon auszugehen, daß durch die Gesellschaftsgründung eine neue oder weitere Mitunternehmerschaft entstanden sei. Da diese Gesellschaft ebenso wie die bis dahin betriebene und nicht aufgelöste Ehegatten-Mitunternehmerschaft auf den Betrieb des Hofes ausgerichtet war, ist auch vom 1. Januar 1978 an nur von einer Mitunternehmerschaft auszugehen. Dabei kann dahinstehen, ob der Gesellschaftsvertrag -- wie FA und FG meinen -- zu einer Erweiterung der bestehenden Mitunternehmerschaft geführt hat (s. auch BFH-Urteil vom 29. Januar 1963 I 140/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1963, 166) oder ob der Kläger zu 1 seinen Söhnen nur eine Unterbeteiligung eingeräumt hat; dies würde erklären, warum die Klägerin zu 2 im Vertrag nicht ausdrücklich genannt wurde. In beiden Fällen jedenfalls ist die Klägerin zu 2 Mitunternehmerin der fortbestehenden Gesellschaft geblieben. Dies war für die hinzutretenden Söhne auch erkennbar, denn der Vater brachte nach dem Gesellschaftsvertrag u. a. das "vorhandene Grundvermögen" in die Gesellschaft ein. Entsprechend wurden die der Klägerin zu 2 gehörenden Grundstücksanteile in den Anlagen zu den Feststellungsbescheiden der den Streitjahren vorangegangenen Jahre 1982 und 1983 als Sonderbetriebsvermögen der "Eheleute ... " aufgeführt.
b) Diese Mitunternehmerschaft der Klägerin zu 2 konnte auch nicht allein durch den Abschluß des Arbeits- und Pachtvertrags vom 10. Juli 1982 beendet werden. Zwar kann die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses -- wie ausgeführt -- durch den Nachweis eines Nutzungsüberlassungsvertrags widerlegt werden (s. 1. a). In diesem Fall sind die Grundstücke des überlassenden Ehegatten Privatvermögen. Dies gilt jedoch nur für den Fall, daß zu keiner Zeit eine Ehegatten-Mitunternehmerschaft bestanden hat. Ist jedoch -- wie im Streitfall -- von einer solchen Mitunternehmerschaft auszugehen, so können die Rechtsfolgen des § 13 Abs. 5 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur ausgeschlossen werden, wenn die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft aufgegeben oder die Gesellschaft aufgelöst (§§ 723 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) und abgewickelt (§§ 730 ff. BGB) wird.
Dementsprechend hat der Senat in einem vergleichbaren Fall einer gewerblichen Mitunternehmerschaft unter Ehegatten gefordert, es müsse feststehen, daß und auf welchem Wege das Gesellschaftsverhältnis beendet worden ist, wenn angenommen werden soll, ein Ehegatte habe seine mitunternehmerschaftliche Beteiligung aufgegeben und sei fortan als Arbeitnehmer für den Betrieb tätig (BFH-Urteil vom 28. Januar 1988 IV R 189/84, BFH/NV 1988, 734). Eine derartige Feststellung hat das FG im Streitfall nicht treffen können. Es hat insbesondere nicht feststellen können, daß die Klägerin die ihr gehörenden Grundstücke und Grundstücksanteile aus dem Betriebsvermögen in ihr Privatvermögen überführt hätte. Eine solche Entnahme könnte als Indiz für die Aufgabe der Beteiligung an der Ehegattengesellschaft gewertet werden. Der Abschluß der Verträge reicht hierfür jedoch nach der Rechtsprechung des Senats nicht aus. Denn ohne eindeutige Entnahmehandlung oder einen entsprechenden Rechtsvorgang verlieren landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 12. November 1992 IV R 41/91, BFHE 170, 311, BStBl II 1993, 430 m. w. N.).
Aus diesem Grunde auch vermag der Senat der Revision nicht darin zu folgen, daß die Aufgabe einer durch schlüssiges Verhalten begründeten Mitunternehmerschaft nicht von einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem FA abhängig gemacht werden könne; daher sei die Mitunternehmerschaft der Klägerin zu 2 spätestens am 10. Juli 1982 beendet gewesen. Ein Rechtssatz, wonach eine durch konkludent zustande gekommene Gesellschaft auch nur durch schlüssiges Verhalten aufgelöst werden könne, existiert nicht. Eine eindeutige Entnahmehandlung oder ein entsprechender, die Entnahme bewirkender Rechtsvorgang können zwar auch auf schlüssigem Verhalten beruhen. Der Abschluß eines Arbeits- und Pachtvertrags reicht indessen nicht, die Annahme zu rechtfertigen, das einmal entstandene Gesellschaftsverhältnis sei beendet worden. Nach alledem mußten die angefochtenen Feststellungsbescheide Bestand haben.
Fundstellen
Haufe-Index 420141 |
BFH/NV 1995, 202 |
StBp 2007, 24 |