Leitsatz (amtlich)
1. Die Frage, ob nur ein Kaufvertrag über ein Grundstück mit zu errichtendem Gebäude oder getrennte Verträge über den Grund und Boden und über die Errichtung des Gebäudes vorliegen, ist nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Maßgebend ist, ob die Parteien nach Ausgestaltung ihrer Rechte und Pflichten einen Kaufvertrag oder zwei gesonderte Verträge mit allen daraus entspringenden unterschiedlichen bürgerlich-rechtlichen Wirkungen auf sich genommen haben.
2. Unter dem den Bauherrn treffenden Bauherrnwagnis ist nicht in erster Linie die Übernahme des Baukosten risikos, sondern sind umfassender die gesamten Wagnisse des Herrn des Baues zu verstehen.
Normenkette
Bayer. GrESWG vom 11. Februar 1954 (GVBl S. 38) Art. 1 Nr. 1; Bayer. GrESWG vom 11. Februar 1954 (GVBl S. 38) Art. 1 Nr. 4
Tatbestand
Der Kläger erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 6. Juli 1953 zu einem Kaufpreis von rd. 650 DM von einer Baugesellschaft (- im folgenden Bauges. -), einem freien Wohnungsbauunternehmen, einen noch zu vermessenden Bauplatz aus einem Gesamtgrundstück, dessen Bebauungsplan zu dieser Zeit bereits festlag. Durch privatschriftlichen "Aufbauvertrag" vom 20. Juli 1953 beauftragte der Kläger als "Betreuungsnehmer" die Bauges. "mit der Betreuung seiner Baumaßnahmen" auf dem Grundstück gegen einen festen Pauschalbetrag von rd. 19 300 DM. Die Bauarbeiten hatten am 1. Juli 1953 begonnen; das Einfamilienhaus war am 1. Dezember 1953 bezugsfertig. Das Grundstück wurde nach Vermessung durch notariellen Vertrag vom 8. Juli 1955 aufgelassen.
Das FA errechnete eine Grunderwerbsteuer aus einer Gegenleistung, die sich aus Kaufpreis und Pauschalbetrag (zuzüglich des Wertes einer Dienstbarkeit) zusammensetzte. Das FA hielt Art. 1 Nr. 4 des Bayerischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau - GrESWG - vom 11. Februar 1954 (GVBl S. 38) wegen Vermietung des Gebäudes nicht für anwendbar. In der Einspruchsentscheidung vertrat es die Aufassung, daß wegen der Einheitlichkeit des Vertragswerks die Bauges. selbst als Bauherr für fremde, des Klägers Rechnung, anzusehen sei, der Kläger also auch nicht die Steuerbefreiung nach Art. 1 Nr. 1 GrESWG beanspruchen könne.
Mit der Berufung begehrte der Kläger erneut Grunderwerbsteuerbefreiung, da er nur den Grund und Boden erworben und das Gebäude selbst als Bauherr errichtet habe und die Bauges. im Rahmen des gesamten Baubetreuungsvertrags nur als ihr Vertreter aufgetreten sei. Das FG kam jedoch zu dem Ergebnis, daß Kaufvertrag und sog. Aufbauvertrag als Einheit anzusehen seien.
Mit der Rb. rügt der Kläger unrichtige Rechtsanwendung.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Rb. - jetzt Revision - ist begründet.
1. Bei der Grunderwerbsteuer als einer Steuer vom Rechtsverkehr steht - wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entscheidet - die bürgerlich-rechtliche Betrachtung im Vordergrund; maßgeblich ist deshalb im allgemeinen die von den Beteiligten gewählte und ernsthaft durchgeführte Vertragsgestaltung. Andererseits hat der Senat - ebenfalls in ständiger Rechtsprechung - trotz getrennter Verträge ein einheitliches Vertragswerk - mit Auswirkungen zugunsten oder auch zuungunsten des Stpfl. und unabhängig von der Frage eines Gestaltungsmißbrauchs im Sinn des § 6 StAnpG - bejaht, wenn die Beteiligten trotz mehrerer Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestand (vgl. zuletzt Urteil des Senats II 5/62 vom 27. April 1966, BFH 86, 406).
Insbesondere in ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Beteiligten (in einer oder mehreren Urkunden) getrennte Verträge über die Veräußerung nur des Grund und Bodens und über die Errichtung eines Gebäudes geschlossen hatten, haben RFH und BFH für Zwecke der Grunderwerbsteuer entscheidend darauf abgestellt, ob nach dem Inhalt der Abmachungen und den sonstigen Umständen des Falles die bezüglich des Grundstücks und des Gebäudes begründeten Rechtsbeziehungen eine Einheit bilden oder nicht (vgl. RFH-Urteil II A 612/30 vom 14. Januar 1931, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 1, Rechtsspruch 26; BFH-Entscheidung II 186/60 vom 21. Dezember 1961, HFR 1962 S. 169), ob also letztlich der übereinstimmende Wille der Beteiligten auf die einheitliche Übertragung des Grundstücks mit schlüsselfertigem Gebäude gerichtet war oder nicht. Die wiederum hieran zu knüpfende Frage, wem die Errichtung des Gebäudes zuzurechnen ist, beantwortet sich maßgeblich danach, wer "Bauherr" war (vgl. schon RFH-Urteil II A 369/26 vom 17. August 1926, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 11, Rechtsspruch 22). Hier ist jedoch gleich festzuhalten, daß es nicht zwingend auf die von den Vertragspartnern gewählten Bezeichnungen ("Bauherr", "Betreuungsnehmer" usw.), sondern gegebenenfalls auf ihre (abweichende) wirkliche bürgerlich-rechtliche Stellung ankommt (vgl. RFH-Entscheidung II A 600/26 vom 26. Februar 1927, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 1, Rechtsspruch 39 zu I), wobei andererseits eine mit Bedacht gewählte Ausdrucksweise ebensowenig ohne zwingenden Grund beiseite geschoben werden darf (RFH-Entscheidung II A 483/21 vom 10. Januar 1922, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 1, Rechtsspruch 10).
Das FG hat sein Urteil, nicht der Kläger, sondern die Bauges. sei Bauherr gewesen, entscheidend darauf gegründet, daß die Bauges. nach § 3 des Aufbauvertrags als "Trägerin des Baurisikos" ohne Rechnungslegungspflicht sich zur Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses gegen festen Pauschalbetrag verpflichtet habe und daß sie - wie die eigene Mängelhaftung und die Übertragung "ihrer" Gewährleistungsansprüche gemäß § 9 Aufbauvertrag auf den Kläger zeigten - selbst in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu den am Bau beteiligt gewesenen Unternehmern getreten sei. Diese Auffassung ist nicht frei von Rechtsirrtum, so daß die Vorentscheidung aufgehoben werden mußte, zumal das FG hinsichtlich der übrigen, lediglich zur Bestätigung seiner Meinung herangezogenen Abreden selbst ausführt, daß letztere auch im Rahmen eines sonst zweifelsfreien Betreuungsverhältnisses denkbar seien.
2. Vorweg bemerkt hat sich die Bauges. nicht zur "Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses", sondern zur Betreuung der Baumaßnahmen des Klägers unter Vermittlung der Leistungen und Lieferungen der Unternehmer, Handwerker usw. (§§ 1, 3 Aufbauvertrag) verpflichtet. Die Vereinbarung eines festen Pauschalbetrags spricht nicht so zwingend für die Bauherreneigenschaft der Bauges., wie das FG meint. Die Übernahme einer teilweisen oder auch vollen Herstellungskostengarantie - eines Bau kosten risikos - ist auch im Rahmen eines Bau-(Werk-) oder Baubetreuungsvertrags denkbar; sie macht den Unternehmer oder den Baubetreuer noch nicht selbst zum Bauherrn (vgl. Staudinger-Riedel, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., Vorbem. vor § 631, Tz. 20; § 650, Tz. 2; Erman-Wagner, Handkommentar zum BGB, 4. Aufl., § 632 Anm. 1; Locher, Neue Juristische Wochenschrift 1967 S. 326 rechte Spalte; vgl. auch Oschmann, Die freie Wohnungswirtschaft 1954, S. 412 rechte Spalte oben). Somit können in solchen Fällen auch aus der fehlenden Rechnungslegungspflicht keine entsprechenden Schlüsse gezogen werden. Der erkennende Senat hat zwar in dem Urteil II 114/54 U vom 15. Dezember 1954 (BFH 60, 135, BStBl III 1955, 53) die Bauherreneigenschaft der Wohnungsbauträger-GmbH auch deshalb verneint, weil die GmbH vertraglich kein Baukosten risiko trug. Um künftig Mißverständnisse zu vermeiden, stellt der Senat nach erneuter Überprüfung klar, daß er unter dem in späteren Urteilen (vgl. z. B. Urteile II 66/57 U vom 2. September 1959, BFH 69, 518, BStBl III 1959, 453; II 250/57 U vom 9. Dezember 1959, BFH 70, 542, BStBl III 1960, 202) gebrauchten Begriff des "Bauherrenwagnisses" nicht in erster Linie die Übernahme des (abwälzbaren) Baukosten risikos, sondern umfassender die gesamten Wagnisse (Risiken) des "Herren des Baues" - im Gegensatz zu dem nur vermittelnden Betreuer oder dem ausführenden Unternehmer - verstanden wissen will, insbesondere die mit der Erstellung des Baues verbundenen Risiken, z. B. der Haftung, der zufälligen Verschlechterung oder des Untergangs des Gebäudes (vgl. auch Oschmann, a. a. O.; Stoll, Bauherr, Betreuer, im Handwörterbuch des Städtebaues, Wohnungs- und Siedlungswesens 1959, Bd. I S. 170). Der Senat befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit dem allerdings zu § 7b EStG ergangenen Urteil des VI. Senats VI 62/62 U vom 27. November 1962 (BFH 76, 323, BStBl III 1963, 118) und mit dem zu § 1 UStG ergangenen Urteil des V. Senats V 47/60 U vom 21. Dezember 1961 (StRK, Umsatzsteuergesetz, § 1 Nr. 1, Rechtsspruch 262). Vergleichsweise sei verwiesen auf § 11c Abs. 3 EStDV 1965, wonach Bauherr im Sinne des § 7 Abs. 5 EStG ist, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen läßt; ferner darauf, daß als Bauherr im Sinne des § 367 Nr. 15 StGB behandelt wird, wer auf seine Rechnung und Verantwortung einen Bau ausführt oder ausführen läßt (vgl. Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 8. Aufl., Anm. XV 1 zu § 367; Schönke-Schröder, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 13. Aufl., § 367, Tz. 83, beide mit Nachweisen der Rechtsprechung); schließlich auf Art. 73 der Bayerischen Bauordnung - BayBO - vom 1. August 1962 (GVBl S. 179), der als Bauherrn bezeichnet, wer auf seine Verantwortung eine bauliche Anlage vorbereitet oder ausführt oder vorbereiten oder ausführen läßt und der dem Bauherren bestimmte Pflichten auferlegt.
Das FG, an das die nicht spruchreife Sache zurückverwiesen wird, wird prüfen müssen, wen nach dem wirklichen Willen der Parteien das Bauherrenwagnis im obigen Sinne im Streitfall traf. Aus seinen bisherigen Feststellungen ergibt sich dies nicht. Über den Zeitpunkt des Gefahrübergangs (vgl. auch RFH-Urteil II A 468/26 vom 12. Oktober 1926, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 1, Rechtsspruch 34) ist aus den Verträgen Eindeutiges nicht zu entnehmen. Als wesentlich festzustellen bleibt auch, wer eine Bauherrenhaftpflichtversicherung abgeschlossen hat und ob die Brandversicherung sofort oder erst später (ab wann?) auf die Namen der Eigenheimbesitzer (allgemein oder auf den einzelnen Namen) abgeschlossen worden ist.
3. Auch der Schluß des FG, aus der eigenen Mängelhaftung und vor allem aus den eigenen Gewährleistungsansprüchen der Bauges. gegenüber den bauausführenden Firmen ergebe sich, daß diese Beteiligten in unmittelbare Rechtsbeziehungen zueinader getreten seien und daß "infolgedessen" die Bauges. Bauherr gewesen sei, ist angesichts der Möglichkeiten der freien Vertragsgestaltung (vgl. schon RFH-Urteil II A 431/30 vom 17. September 1930, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 1, Rechtsspruch 23) rechtsirrig. Zunächst ist es nicht undenkbar, daß die Bauges. nach Art eines Generalunternehmers gehandelt hat. Die dann zwischen ihr und ihren Nachunternehmern in unmittelbarer Rechtsbeziehung zustande gekommenen Verträge wären dann ebenfalls Bauverträge, ohne daß hierdurch die - wenn aus anderen Gründen bereits zu bejahende - Bauherrenstellung ihres Auftraggebers, des Klägers, berührt worden wäre (vgl. Staudinger-Riedel, a. a. O., Vorbem. vor § 631 BGB, Tz. 20 zu b; Erman-Wagner, a. a. O., § 631 BGB, Anm. 6 zu e; Ingenstau-Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 4. Aufl., Teil A Anh., Tz. 45 ff., besonders 48, 53 ff., besonders 54, 55, 57, 66 bis 68).
Im übrigen hat der Senat bei Entscheidung der Frage, daß die Errichtung eines Gebäudes grundsätzlich demjenigen zuzurechnen ist, der ein Gebäude im eigenen Namen erstellt (erstellen läßt), nur ergänzend bemerkt, daß dies mit der Auslegung des Begriffs des Bauherrn im Schrifttum zum Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) übereinstimmt (vgl. besonders Urteil II 66/57 U, a. a. O.). Nach dem Urteil des Senats II 139/63 vom 20. Juni 1967 (BFH 89, 485, BStBl III 1967, 677) schließt dies nicht aus, im Einzelfall unter besonders gelagerten Umständen als Bauherrn = Errichter eines Gebäudes nicht den formell als solchen im eigenen Namen Auftretenden, sondern denjenigen anzusehen, der unter Würdigung des Gesamtbildes kraft besonderer Gestaltung tatsächlich (wirtschaftlich) als Herr des Baues gelten muß. In jenem Falle hatte ein Baukaufmann zwar im eigenen Namen, praktisch aber in der Stellung eines Bauunternehmers das Gebäude nach Weisungen der Grundstückseigentümerin, einer Bausparkasse, errichtet. Der Senat hat in jenem Urteil u. a. darauf verwiesen, daß die Finanzverwaltung auch im Rahmen der Grunderwerbsbesteuerung bei Beurteilung von Baubetreuungsverträgen darauf abstellt, wer tatsächlich (wirtschaftlich) als Bauherr anzusehen ist (vgl. Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. September 1962 S 4510 - 4 - VC 2, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1962 S. 188). Die herkömmliche Unterscheidung, daß der Bauherr im eigenen Namen, der Betreuer im fremden Namen handelt, kann also im Regelfall als wesentlicher, unter Umständen sogar entscheidender Anhalt gelten, aber grunderwerbsteuerrechtlich nicht immer eine sichere Abgrenzung garantieren. Die Frage, ob die in § 6 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGGDV) in der Fassung vom 25. April 1957 (BGBl I S. 401) eingeführte Einschränkung, daß ein Wohnungsunternehmen Baubetreuung nur noch in fremdem Namen ausüben darf, nur für gemeinnützige, nicht auch für freie Wohnungsunternehmen gilt, braucht der Senat für den vor diesem Zeitpunkt verwirklichten Steuertatbestand nicht zu entscheiden. Auch die Auffassung, die zum damaligen Zeitpunkt bei der Baubetreuung im eigentlichen (engeren) Sinne - nämlich hinsichtlich eines dem Betreuer fremden Grundstücks (Locher, a. a. O., S. 326) - ein Tätigwerden im eigenen Namen für möglich hielt, forderte zumindest, daß dies für Rechnung des Dritten geschah (vgl. Zwanck, Der Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft, 1. Aufl., 1954 S. 40, 2. Aufl., 1965, Tz. 2112 S. 38 f.; dagegen aber auch Tz. 51 S. 235: Bei Errichtung von Eigenheimen Handeln im fremden Namen und für fremde Rechnung), bzw. auch nach dessen Weisung als Bauherrn (vgl. Stoll, a. a. O., S. 170) oder in dessen "indirekter Stellvertretung" (vgl. Oschmann, a. a. O., S. 413 linke Spalte). In diesem Zusammenhang muß hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Zulässigkeit einer "mittelbaren Stellvertretung" durch die Bauges. für ihn gegenüber den bauausführenden Unternehmen bemerkt werden, daß die mittelbare (indirekte) "Stellvertretung" (des Handelns zwar im fremden Interesse aber im eigenen Namen) keine Stellvertretung im Sinne des BGB ist und daß aus solchen "Vertreter"-Geschäften keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem Kontrahenten und dem "Vertretenen" entstehen, daß vielmehr (zunächst) allein der Mittler berechtigt und verpflichtet wird (vgl. hierzu Schultze-v. Lasaulx bei Soergel-Siebert, Kommentar zum BGB, 10. Aufl., Vorbem. vor § 164 Tz. 44; Staudinger-Coing, a. a. O., Vorbem. vor § 164, Tz. 38). Eine echte, wenn auch verdeckte (stille) Stellvertretung durch "Geschäft für den, den es angeht", scheidet bei Bau- bzw. Betreuungsverhältnissen aus (Schultze-v. Lasaulx, a. a. O., Tz. 37 bis 41; Staudinger-Coing, a. a. O., Tz. 12). Es bleibt die Möglichkeit der echten (unmittelbaren) Stellvertretung, zumindest in der Form, daß der Kontrahent den Umständen, eventuell den Handelsbräuchen nach erkennen mußte, daß der andere als Vertreter für einen, wenn auch noch später zu benennenden oder zu bestimmenden Dritten handelte, und daß der Kontrahent hiermit einverstanden war (Schultze-v. Lasaulx, a. a. O., Tzn. 28, 33; Staudinger-Coing, a. a. O., Tz. 49; für Bauverträge vgl. auch Oberlandesgericht - OLG - Zweibrücken in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Bd. 39 S. 129; OLG Nürnberg, Monatsschrift für deutsches Recht 1960 S. 923). Die Verträge der Bauges. mit den bauausführenden Firmen liegen nicht vor. Das FG wird erforderlichenfalls prüfen müssen, ob, wann und in welchem Umfang (für alle oder nur für Sonderarbeiten) solche Verträge im Streitfall im Namen des Klägers geschlossen worden sind.
Es darf auch nicht übersehen werden, daß in den Fällen der Baubetreuung im weiteren Sinne, in denen der Betreuer das Gebäude auf seinem eigenen Grundstück nach seinen - wenn auch vom Betreuten gebilligten - Plänen und mit dessen Mitteln errichtet, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) dahin tendiert, einen einheitlichen Kaufvertrag über Grundstück und Gebäude jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Baubetreuer sich verpflichtet, das Gebäude nebst Grundstück nach Fertigstellung gegen Festpreis zu übertragen. Vgl. Locher, a. a. O., mit Nachweisen der Rechtsprechung, der seinerseits (S. 328 linke Spalte) Werk lieferungsvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter annimmt; ferner Oschmann, a. a. O., S. 414 linke Spalte, der das Grundstückseigentum in Händen des Wohnungsunternehmens als wesentliches Kennzeichen dafür ansieht, daß es selbst als Bauherr tätig wird. Dies kann auch grunderwerbsteuerrechtlich gelten, da es auch hier darauf ankommt, in welchem Zustand das Grundstück nach dem Willen der Beteiligten Gegenstand des Erwerbsvorgangs sein soll (vgl. Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl., § 2 Tz. 30, § 11, Tz. 82 mit weiteren Nachweisen). Da andererseits nach dem GrEStG 1940 grundsätzlich Steuergegenstand der schuld rechtliche Rechtsvorgang ist, muß jedenfalls Ausgangspunkt der abgrenzenden Prüfung auch in Fällen der streitigen Art der Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen sein.
Ob grunderwerbsteuerrechtlich nur ein Kaufvertrag über ein Grundstück mit Gebäude oder getrennte Verträge über den Grund und Boden und über die Errichtung des Gebäudes vorliegen - wem also die Errichtung des Gebäudes als Bauherren zuzurechnen ist -, kann nur nach dem Gesamt bild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden (vgl. schon RFH-Entscheidungen II A 369/26, a. a. O.; II A 321/31 vom 10. November 1931, Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Bd. 30 S. 321, 326). Bei zweifelhafter Rechtslage ist die von den Parteien gewollte und ernsthaft durchgeführte Rechtsgestaltung auch grunderwerbsteuerrechtlich anzuerkennen (BFH-Entscheidung II 186/60, a. a. O.). Entscheidender Leitgedanke muß sein, daß grundsätzlich maßgebend ist, ob die Parteien nach Ausgestaltung ihrer Rechte und Pflichten einen Kaufvertrag oder zwei gesonderte Verträge mit allen daraus entspringenden, unterschiedlichen bürgerlich-rechtlichen Wirkungen auf sich genommen haben (vgl. RFH-Entscheidungen II A 468/26, a. a. O.; II A 585/26 vom 25. Februar 1927, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 1, Rechtsspruch 39 zu II; II A 483/21; II A 431/30; II A 612/30, a. a. O.; vgl. ferner Staudinger-Mohnen-Neumann, Vorbem. vor § 611 BGB, Tz. 142; Staudinger-Riedel, a. a. O., Vorbem. vor § 631 BGB, Tz. 9 und § 651, Tz. 4; Palandt, Kommentar zum BGB, 26. Aufl., § 631 BGB, Anm. 4).
4. Immer unter diesem allgemeinen Blickwinkel wären hinsichtlich der weiteren vom FG selbst nur als Anhalt gekennzeichneten Punkte noch folgende Erwägungen zu beachten:
a) Bei Vertragsabschluß war mit den Bauarbeiten erst wenige Tage zuvor begonnen worden. Entscheidend ist nicht so sehr, daß der Kläger Sonderwünsche zur Bauausführung nach dem Vertragswortlaut nur beschränkt äußern konnte, wie wohl das FG meint, sondern welche Sonderwünsche tatsächlich vereinbart und demgemäß berücksichtigt worden sind. Bei nicht enger Auslegung wird es genügen, daß ein Einfluß, wenn nur noch auf die Innenausstattung, so doch in nicht gerade unwesentlichem Umfang möglich ist.
b) Zwischenfinanzierung aus eigenen Mitteln des Bauunternehmens ist möglich (vgl. Rudnick, Handwörterbuch des Städtebaus, Wohnungs- und Siedlungswesens 1959, Bd. I, S. 142). Öffentliche Mittel sind im Streitfall anscheinend nicht beansprucht worden. Vergleichsweise könnte interessieren, an wen in den anderen gleichgelagerten Fällen diese Mittel ausgezahlt wurden und ob nur zum Haus bau, nicht zum Haus kauf.
c) Hinsichtlich des Übergangs der Nutzungen und Lasten ab 1. Oktober 1953 - dem Zeitpunkt der voraussichtlichen Fertigstellung - wäre gegebenenfalls noch zu klären, ob dieser Zeitpunkt gewählt worden ist, weil - wie der Kläger vorträgt - die Grundstückslasten bis dahin bereits in die Herstellungskosten einbezogen waren.
d) Nach dem Vertragswortlaut (Kaufvertrag zu VI) war der Besitz bereits übergegangen. Ob dies wirklich zutraf, kann dahingestellt bleiben. Zwar kann der Zeitpunkt der Wirkungen des Veräußerungsvertrags wesentlich sein. Vgl. Urteil des Senats II 186/60, a. a. O., wo der Senat im Anschluß an die dort zitierte Rechtsprechung des RFH das Vorliegen zweier Verträge bejaht hat. Lassen aber die Parteien die Wirkungen zweier Verträge gegen sich gelten, so kann es - zumal bei einem Grundstück mit noch im Bau befindlichen Gebäuden - auf den bloßen "Besitzwechsel" nicht ankommen. Daß auch der Zeitpunkt der Auflassung und Grundbuchumschreibung für sich allein nicht ausschlaggebend sein muß, hat bereits der RFH entschieden (vgl. Urteil II A 600/26, a. a. O.); dies muß jedenfalls dann gelten, wenn sich der Eigentumsübergang lediglich aus vermessungstechnischen Gründen verzögert. Im übrigen spricht die Klausel im § 5 Abs. 1 des Aufbauvertrags, wonach der Kläger für den - also als möglich unterstellten - Fall, daß er "sein" Anwesen bereits während der Bauzeit veräußern wollte, das Grundstück zuerst der Bauges. anzubieten hatte, eher für das Vorliegen getrennter Verträge (ebenso übrigens wie die Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr in § 5 Abs. 2 des Bauvertrags für den - also möglichen - Rücktritt nur vom Aufbauvertrag).
e) Dem Wortlaut der Bautafel dürfte keine wesentliche Bedeutung beizumessen sein, dies auch deshalb, weil die Tafel nach dem durch Art. 109 Nr. 4 der BayBO aufgehobenen § 4 des Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen vom 1. Juni 1909 (RGBl S. 449) den Namen des "Eigentümers" und gegebenenfalls des "Unternehmers" zu enthalten hatte, während nach Art. 13 Abs. 4 BayBO die Angabe u. a. des Namens des "Bauherrn" vorgeschrieben ist (vgl. auch Mang-Simon, Die Bayerische Bauordnung, 1. und 2. Aufl., Art. 13, Aus der Begründung und Tz. 22).
5. Vorsorglich sei wegen des Vorbringens des Beklagten in der Revisionsinstanz bemerkt, daß auch der Umstand, daß ein Veräußerer als Bauunternehmer ein Grundstück nur verkauft, wenn er den Bauauftrag erhält, noch nicht zur Annahme eines Einheitsvertrags zwingt (so schon RFH-Entscheidungen II A 468/26; II A 585/26; II A 612/30, a. a. O.).
Angesichts der besonderen Schwierigkeiten, die sich auch in tatsächlicher und baurechtlicher Hinsicht der grunderwerbsteuerrechtlichen Abgrenzung des Vertragswerks stellen, wird das FG schließlich zu erwägen haben, ob es der Anregung auf ergänzende mündliche Anhörung des Gutachters entsprechen sollte.
Fundstellen
Haufe-Index 412857 |
BStBl II 1968, 186 |
BFHE 1968, 534 |