Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladungen im Gewinnfeststellungsverfahren
Leitsatz (NV)
Geht es in einem Rechtsstreit, der die Feststellung des Gewinns (Verlusts) einer Treuhand-KG betrifft, nicht nur um die Höhe des Gewinns (Verlusts), sondern auch um seine Aufteilung auf die Treugeber-Kommanditisten, so sind die bisher nicht am Verfahren beteiligt gewesenen Treuhandkommanditisten und Treugeber zum Verfahren notwendig beizuladen.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, beschäftigt sich vor allem mit der Nutzung und Verwaltung eines ihr gehörenden Geschäftshauses in Berlin. Sie wurde Anfang Juni 1976 gegründet und zählte zuletzt 116 (Treugeber-)Kommanditisten. Aus den Aufwendungen für den Umbau des von ihr erworbenen Geschäftshauses errechnete die Klägerin für 1976 einen Verlust. Diesen Verlust verteilte sie auf die am 31. Dezember 1976 beteiligten (Treugeber-) Kommanditisten, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt ihres Beitritts nach der am Bilanzstichtag übernommenen Kommanditbeteiligung. Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist vorgesehen, daß der nach Abzug einer Vergütung für die Komplementär-GmbH verbleibende Gewinn oder Verlust auf die Gesellschafter im Verhältnis ihrer am Bilanzstichtag bestehenden Vermögensbeteiligung zu verteilen ist.
Nach einer Betriebsprüfung gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zu einer Herabsetzung der von der Klägerin für die Jahre 1976 bis 1978 erklärten Verluste. Vom Verlust 1976 wies das FA den bis Ende Oktober 1976 entstandenen Verlust den Gründungskommanditisten, den im November 1976 entstandenen Verlust auch den in diesem Monat beigetretenen (Treugeber-) Kommanditisten und den Verlust für Dezember 1976 schließlich allen am 31. Dezember 1976 beteiligten (Treugeber-) Kommanditisten im Verhältnis ihrer Kapitalanteile zu; es nahm dabei an, daß der Verlust zeitlich in gleichmäßiger Höhe entstanden sei.
Auf die Klage erhöhte das Finanzgericht (FG) den Verlust für die Jahre 1976 und 1977; außerdem hielt es die Verteilung des Verlustes 1976 nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags auch für steuerlich maßgebend und hob insoweit den Gewinnfeststellungsbescheid 1976 auf.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das FA darin zu einer vom gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid 1976 abweichenden Gewinnverteilung verpflichtet werde.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA wird das angefochtene Urteil für 1976 aufgehoben und die Sache insoweit an das FG zurückverwiesen; das FG hat Beiladungserfordernisse nicht berücksichtigt.
Der Senat mußte von Amts wegen prüfen, ob dem Beiladungsgebot des § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt ist; ein Verstoß gegen dieses Erfordernis bildet einen auch ohne Rüge zu beachtenden grundlegenden Verfahrensfehler (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1966 IV 258/63, BFHE 85, 464, BStBl III 1966, 423, ständige Rechtsprechung). Diese Prüfung ergibt, daß im Streitjahr 1976 neben den unmittelbar beteiligten und vom FG beigeladenen Kommanditisten A und B weitere Mitunternehmer über zwei Treuhandgesellschaften, nämlich die X-AG und die Y-GmbH beteiligt waren, die ihrerseits als Kommanditisten der Klägerin auftraten.
Im Hinblick auf diese Besonderheit waren grundsätzlich zwei Gewinnfeststellungsverfahren erforderlich. In dem einen Verfahren war der Gewinn oder Verlust der Klägerin auf die unmittelbar beteiligten Gesellschafter, d. h. die Komplementär-GmbH, die Kommanditisten A und B sowie die Treuhandkommanditisten aufzuteilen; in einem zweiten Verfahren mußte alsdann das den Treuhandkommanditisten zugerechnete Ergebnis auf die Treugeber aufgeteilt werden. Beide Verfahren konnten jedoch mittels zusammengefaßter Bescheide miteinander verbunden werden (BFH-Urteil vom 13. März 1986 IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584, m.w.N.). So ist auch im Streitfall verfahren worden; die Zusammenfassung ergibt sich aus dem gegenüber der Klägerin erlassenen ursprünglichen und dem berichtigten Feststellungsbescheid für 1976. Bei der Aufteilung des Verlustes sind nämlich die Treugeberkommanditisten jeweils unter der Bezeichnung ,,Treuhänder X-AG" bzw. ,,Treuhänder Y-GmbH" zusammengefaßt worden. Daraus ergibt sich, daß der Feststellungsbescheid auch gegenüber den Treuhändern ergangen ist.
Im Verfahren vor dem FG war für das Jahr 1976 nicht nur die Höhe des Verlustes, sondern auch seine Aufteilung auf die Treugeberkommanditisten streitig; das FA hat die Verluste abhängig vom Zeitpunkt des ,,Beitritts" der Treugeberkommanditisten zugerechnet, während die Klägerin den Verlust nach Maßgabe der am 31. Dezember 1976 bestehenden mittelbaren Kapitalbeteiligung aufgeteilt hatte. Bei der abweichenden Berechnung des FA wird sich auch eine von der Verlustzurechnung durch die Klägerin abweichende Verteilung des Verlustes auf die Treuhandkommanditisten ergeben.
In der Frage der strittigen Verlustverteilung waren nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO sowohl die Treugeberkommanditisten als auch die Treuhandkommanditisten klagebefugt. Da eine solche Klage von ihnen nicht erhoben worden ist, mußten sie gemäß § 60 Abs. 3 FGO beigeladen werden, weil die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen konnte. Das FG wird deshalb die Beiladung der Treuhandkommanditisten als auch der Treugeber nachholen müssen; hierbei werden sich die Treugeber durch die Treuhandkommanditisten vertreten lassen können.
Fundstellen
Haufe-Index 415126 |
BFH/NV 1988, 239 |