Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Angemessene Aufwendungen für das Anpflanzen von Hecken, Büschen und Bäumen an den Grundstücksgrenzen ("lebende Umzäunungen") gehören zu den nach § 7 b Abs. 1 EStG abschreibungsfähigen Herstellungskosten.
Normenkette
EStG § 7b/1; EStR Abschn. 58/3
Tatbestand
Die Steuerpflichtigen (Stpfl.) haben im Jahre 1957 auf ihrem 1.400 qm großen Grundstück ein von ihnen selbst bewohntes Einfamilienhaus mit einer Grundfläche von etwa 140 qm gebaut. Im Osten und Westen ist das Grundstück mit einem Drahtzaun eingefaßt, im Norden und Süden wird es durch Erdwälle begrenzt. In den Jahren 1957 bis 1959 bepflanzten die Stpfl. das Grundstück und legten einen Rasen an. An dem östlichen Zaun pflanzten sie Lärchen, Tannen und Sträucher, an dem westlichen Zaun Tannen. Auf und entlang den beiden Erdwällen setzten sie ebenfalls Bäume. Die Kosten der Baumbepflanzung betrugen 854,95 DM, die des Rasens 313,75 DM, die Aufwendungen für Sträucher, Pflanzen, Torfmull und Arbeitslöhne 971,25 DM. Für einen Goldfischteich wendeten sie 55,50 DM auf. Die Stpfl. machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 1959 23 v. H. der Aufwendungen für die Anlage des Gartens als Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 b EStG geltend. Das Finanzamt (FA) entsprach diesem Antrag nicht.
Die Sprungberufung der Stpfl. hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erkannte in seinem in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1965 S. 532 veröffentlichtem Urteil die Kosten für die Bepflanzung der Grundstücksgrenzen und für die Gestaltung des übrigen Gartens als Herstellungsaufwand im Sinne von § 7 b Abs. 1 EStG an. Lediglich die Aufwendungen für den Goldfischteich berücksichtigte es nicht, da derartige Anlagen nicht üblich seien. Bei dem geringen Betrag ergäben sich daraus aber keine steuerlichen Auswirkungen. Die Bepflanzung der Grundstücksgrenzen bilde eine "lebende Umzäunung". Auf den Erdwällen und seitlich davon seien die Bäume und Sträucher zum Schutz dieser Wälle, aber auch als Sicht- und Windschutz erforderlich. Nicht anders sei es mit der Bepflanzung an den Drahtzäunen. Da das Grundstück der Stpfl. in einem Landschaftsschutzgebiet liege und deshalb nach der Ortssatzung lebende Hecken als Einfriedung vorgeschrieben und Drahtzäune nur als Schutz neu eingepflanzter Hecken zulässig seien, sei der von den Stpfl. auf 500 DM geschätzte Aufwand für die "lebende Umzäunung" zu den nach § 7 b EStG abschreibungsfähigen Herstellungskosten des Hauses zu rechnen. Aber selbst wenn man die Grenzbepflanzung zur Gartenanlage rechne, seien diese Aufwendungen zusammen mit den übrigen Kosten für den Garten Herstellungsaufwand im Sinn von § 7 b Abs. 1 EStG. Nach dem Urteil des BFH VI 240/61 S vom 27. November 1962 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 76 S 313 - BFH 76, 313 -, BStBl III 1963, 115) sei der Begriff "Wohngebäude" nicht nach bürgerlichem Recht oder dem Bewertungsgesetz auszulegen; es gehörten vielmehr alle Anlagen und besonderen Einrichtungen dazu, die für ein Wohngrundstück dieser Art üblich und nicht besonders aufwendig seien, und die außerdem nicht ausschließlich auf Wünschen des Bauherrn beruhten. Der Garten des Stpfl. sei eine ortsübliche Gartenanlage, bei der die Kosten des Anlegens zum Herstellungsaufwand des Einfamilienhauses der Stpfl. gehöre.
Der Vorsteher des FA rügt mit seiner nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb. eine Verletzung des geltenden Rechts. Die vom FG angeführten Urteile VI 240/61 (a. a. O.) und VI 293/62 vom 13. Mai 1964 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1964 S. 375) enthielten nichts über die steuerliche Behandlung von Gartenanlagen. Aus diesen Urteilen könne nicht entnommen werden, daß der Begriff der Herstellungskosten im Sinn vom § 7 b Abs. 1 EStG auf Gartenanlagen ausgedehnt werden könne. Eine Gartenanlage sei nicht - wie das FG angenommen habe - eine besondere Einrichtung des Wohngebäudes. Nach dem Urteil VI 60/57 vom 3. Juli 1959 (HFR 1961 S. 74) gehörten Aufwendungen für die gärtnerische Gestaltung des Grundstücks nicht zu den Gebäudeherstellungskosten. Auch die Kosten für die Drahteinzäunung von 168,23 DM, die bei der Veranlagung mit 23 v. H. nach § 7 b Abs. 1 EStG abgeschrieben worden seien, rechneten nicht dazu. (So daß der Verlust der bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sich um diese 38 DM von 10.362 DM auf 10.324 DM verringere. Es werde daher beantragt:
Das Urteil des FG aufzuheben, die Einkommensteuer der Stpfl. für 1959 unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids auf 564 DM festzusetzen und den Stpfl. die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen).
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Der Senat hat bereits im Urteil VI 60/57 (a. a. O.) entschieden, daß Aufwendungen für einen Garten nicht zu den Herstellungskosten eines Wohnhauses gehören. Er hat diese Auffassung neuerdings im Urteil VI 181/65 U vom 15. Oktober 1965 (BStBl III 1966, 12) bestätigt. Gartenanlagen machen zwar das Wohnen in einem Haus angenehm. Sie sind aber doch in erster Linie zum Grund und Boden und nicht zum Gebäude zu rechnen. Wie in dem Urteil VI 181/65 U (a. a. O.) ausgeführt wurde, können sie ein selbständig bewertungsfähiges Wirtschaftsgut sein, für das eine AfA in Betracht kommen kann. Bei einem vom Eigentümer selbst bewohnten Einfamilienhaus scheidet eine gesonderte AfA jedoch schon deshalb aus, weil die AfA nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (Einfamilienhaus-VO) durch die Feststellung des Nutzungswerts mit abgegolten ist.
Aus dem Urteil des Senats VI 240/61 S (a. a. O.) kann nicht, wie das FG glaubt, entnommen werden, daß der Senat einen Hausgarten zu den üblichen Anlagen und Einrichtungen des Einfamilienhauses und die Kosten für seine Anlage demgemäß zu den nach § 7 b Abs. 1 EStG abschreibungsfähigen Herstellungskosten rechnet. Die Kosten für einen Garten sind in erster Linie auf den Grund und Boden aufgewendet und daher nicht nach § 7 b EStG abschreibungsfähig (Urteil VI 181/65 U, a. a. O.). Die besonderen Verhältnisse der Stpfl., deren Haus in einer zum Landschaftsschutzgebiet erklärten Gegend steht, ändern nichts an dieser Beurteilung; denn entscheidend ist, daß die Gartenanlage überwiegend der Verschönerung des Grundstücks dient und erst in zweiter Linie der Bewohnbarkeit des Hauses zugute kommt.
Von den streitigen Aufwendungen für die Gartenanlage sind jedoch die Beträge auszuscheiden, die für das Bepflanzen der Zäune und Erdwälle gemacht wurden. Sie sind zwar ein Teil des Gartens, aber sie vervollständigen auch die Begrenzung gegenüber der Straße und gegenüber den Nachbarn. Im Urteil VI 181/65 U (a. a. O.) wurde es als vertretbar erklärt, die Kosten der Umzäunung zu den Herstellungskosten des Hauses zu rechnen, wenn die unbebaute Fläche nicht unverhältnismäßig groß ist. Diese Beurteilung entspricht auch der Verwaltungspraxis (z. B. Verfügung der OFD München und Nürnberg vom 10. Mai 1963. ESt-Kartei Karte 5 zu § 7 b). Die Auffassung des FA, die Kosten für die Drahteinzäunung seien nicht zu den nach § 7 b EStG abschreibungsfähigen Herstellungskosten zu rechnen, trifft daher nicht zu.
Ob die zur Vervollständigung der Grundstücksabgrenzung unmittelbar an die Zäune und Erdwälle angepflanzten Bäume und Sträucher noch ein Teil der Umzäunung sind, ist zweifelhaft. Da wegen des Landschaftsschutzes durch Ortssatzung vorgeschrieben wurde, als Einfriedung nur lebende Hecken. Lattenzäune, niedrige Mauern bis höchstens 40 cm i. V. mit Hecken sowie Knicks zu verwenden und Drahtzäune nur als Schutz neugepflanzter Hecken und nur hinter den Häusern aufzustellen, konnte das FG annehmen, daß die "lebende Umzäunung" die eigentliche Begrenzung des Grundstücks ist und die Kosten für sie zu den nach § 7 b EStG abschreibungsfähigen Herstellungskosten gehören. Auch gegen die Schätzung der Höhe dieser Aufwendungen auf 500 DM bestehen keine Bedenken.
Der Senat hat übrigens auf Grund der Entwicklung des Straßenverkehrs, der eine Abschirmung der Wohnhäuser gegen den Straßenlärm durch Hecken, Busch- und Baumanpflanzungen an den Grundstücksgrenzen mehr als früher erfordert, keine Bedenken dagegen, daß grundsätzlich die Kosten derartiger Anpflanzungen an den Grundstücksgrenzen zu den Herstellungsaufwendungen der Wohngebäude gerechnet und die Bemessungsgrundlage der erhöhten AfA nach § 7 b EStG einbezogen werden, sofern sie sich in einem angemessenen Rahmen halten.
Die Vorentscheidung ist auch nicht zu beanstanden, soweit sie die Aufwendungen der Stpfl. für den Goldfischteich nicht in die nach § 7 b Abs. 1 EStG begünstigten Herstellungskosten einbezogen hat. Diese Beurteilung ergibt sich, wie das FG zutreffend angenommen hat, aus der Entscheidung des Senats VI 240/61 S (a. a. O.).
Fundstellen
Haufe-Index 412176 |
BStBl III 1966, 541 |
BFHE 1966, 469 |
BFHE 86, 469 |