Entscheidungsstichwort (Thema)
Aushilfslöhne an mitarbeitende Kinder als Betriebsausgaben?
Leitsatz (NV)
Arbeiten die Kinder eines Gärtners in dessen Betrieb aushilfsweise mit, so sind die hierfür gezahlten Löhne nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Auszahlung des Lohns trotz vertraglicher Vereinbarung monatlicher Lohnzahlungen erst am Jahresschluß in einer Summe erfolgt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Der Rechtsstreit geht um die Frage, ob Aushilfslöhne an die im Betrieb mitarbeitenden Kinder als Betriebsausgaben abziehbar sind.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Streitjahren 1979 bis 1982 als Landschaftsgärtner selbständig tätig. Er ermittelte seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Bestandsvergleich. Seine drei Kinder A (geboren 1952), B (geboren 1953) und C (geboren 1962) arbeiteten während der Streitjahre aushilfsweise im Betrieb des Klägers mit; nach Angaben des Klägers erledigten sie dabei Büro- und Gartenarbeiten. Schriftliche Arbeitsverträge wurden nicht abgeschlossen.
Die Kinder des Klägers haben im Jahre 1984 schriftlich bestätigt, daß jeweils vor Beginn ihrer Tätigkeit ein ,,Arbeitsvertrag . . . vereinbart und dann ordnungsgemäß durchgeführt" wurde. In den Bestätigungen sind Angaben enthalten über die Art der Tätigkeit (z. B. bei B: Buchführung, Bilanz, Steuererklärungen, allgemeine Büroarbeiten und Gartenarbeiten), über die Arbeitszeit (,,durchschnittliche" wöchentliche Arbeitszeit zwischen 4 und 8,5 Stunden) und über den Arbeitslohn (Stundenlohn von 10 DM; Abrechnung monatlich). Schließlich wird von den Kindern des Klägers bestätigt, daß sie jeweils zum Jahresanfang bzw. zu Beginn der Arbeitsaufnahme dem Kläger angeboten hätten, die monatlichen Arbeitsvergütungen dem Betrieb als kurzfristiges Darlehen zur Verfügung zu stellen. Die Rückzahlung des Darlehens sei jederzeit auf Abruf - spätestens zum Jahresende - möglich gewesen. Auf eine Verzinsung hätten sie verzichtet.
Die Löhne wurden den Kindern jeweils erst zum Jahresschluß gezahlt. Grundlage für die Lohnberechnung waren Stundennachweise, die die Kinder selbst führten. Die Stundennachweise enthalten jeweils folgende - monatlich angebrachte - Vermerke:
,,Arbeitslohn von . . . (Kläger) . . . erhalten"
Unterschrift (A, B, C)
,,Darlehen erhalten"
Unterschrift . . . (Kläger)
In der Buchführung des Klägers ist die Zahlung der Aushilfslöhne jeweils erst am Tage der Auszahlung - also zum Jahresschluß - verbucht worden. Die vom Kläger behaupteten Darlehensgewährungen und -rückzahlungen innerhalb eines Kalenderjahres wurden dagegen buchmäßig nicht erfaßt.
Im Anschluß an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangenen Bescheide über die Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 1979 bis 1981 und setzte die Einkommensteuer für 1982 erstmalig fest. Dabei erkannte das FA die vom Kläger bei der Gewinnermittlung abgezogenen Aushilfslöhne und die hierauf entfallende Lohnsteuer nicht als Betriebsausgaben an.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegte Klage hatte Erfolg.
Mit der - vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache - zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Dem FG kann nicht darin gefolgt werden, daß die vom Kläger an seine Kinder gezahlten Aushilfslöhne als Betriebsausgaben abziehbar sind.
1. Aufwendungen für einen im Betrieb mitarbeitenden nahen Angehörigen sind als Betriebsausgaben nur abziehbar, wenn sie betrieblich veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Bei Aufwendungen aufgrund von Verträgen zwischen nahen Angehörigen kann eine betriebliche Veranlassung nur angenommen werden, wenn vor Beginn des Leistungsaustauschs klare und eindeutige Vereinbarungen getroffen wurden, die nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann angenommen werden, daß die vertraglichen Beziehungen und die auf ihnen beruhenden Leistungen dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121 m. w. N.).
2. Im Streitfall hat es an diesen Voraussetzungen gefehlt.
a) Zwar kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger mit seinen Kindern bereits vor Beginn der jeweiligen Vertragsverhältnisse Vereinbarungen getroffen hat, die für die gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmend gewesen sind. Schriftliche Vereinbarungen waren insoweit nicht erforderlich. Zur zivilrechtlichen Wirksamkeit von Arbeitsverträgen zwischen Eltern und volljährigen Kindern genügen mündliche Absprachen (vgl. BFH-Urteil vom 10. August 1988 IX R 220/84, BFHE 154, 503, BStBl II 1989, 137).
Der Nachweis des Inhalts solcher Verträge kann auch auf andere Weise geführt werden als durch Vorlage schriftlicher Verträge. Das FG hat hierzu im Streitfall ,,aufgrund des Vortrags des Klägers und der von den Kindern abgegebenen Bestätigungen" festgestellt, daß Inhalt und Ausgestaltung des ,,Arbeitsverhältnisses" jeweils mündlich vor dessen Beginn geregelt worden waren. Der Senat versteht diese tatsächliche Würdigung des FG dahin, daß die in den schriftlichen Bestätigungen enthaltenen Angaben bereits Gegenstand einer entsprechenden mündlichen Vereinbarung gewesen sind. Das FG hat damit den Nachweis einer die wesentlichen Bestandteile eines Arbeitsvertrages (insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Arbeitszeit, Höhe des Arbeitsentgeltes) umfassenden Vereinbarung als erbracht angesehen. Gegen diese tatsächliche Würdigung sind Revisionsrügen nicht erhoben worden. Sie ist deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
b) Aus dem Inhalt und der Durchführung der getroffenen Vereinbarungen ergibt sich jedoch, daß die als Lohnzahlung angesehenen Aufwendungen nicht betrieblich veranlaßt waren.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist Arbeitsverträgen unter Ehegatten und zwischen Eltern und Kindern die steuerliche Anerkennung zu versagen, wenn die Arbeitsvergütungen nicht jeweils zu den üblichen Lohnzahlungszeitpunkten ausbezahlt werden (BFH in BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121 m. w. N.). Im Streitfall kann dahinstehen, ob die Aushilfsarbeiten in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft die Löhne täglich, wöchentlich oder monatlich ausgezahlt werden. Jedenfalls ist es bei Aushilfsarbeitsverhältnissen zwischen einander fremden Personen nicht üblich, daß die Auszahlung des Lohns trotz vertraglicher Vereinbarung monatlicher Lohnzahlungen jeweils erst am Jahresschluß in einer Summe erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1981 I R 34/80, BFHE 134, 293, BStBl II 1982, 119). Ebensowenig ist es bei Aushilfsarbeitsverhältnissen üblich, daß sich ein Arbeitnehmer bereits zu Beginn dieses Arbeitsverhältnisses bzw. zu Beginn des Jahres bereit erklärt, dem Arbeitgeber die monatlichen Arbeitsvergütungen als kurzfristiges Darlehen zinslos zu überlassen. Daß im Streitfall derartige Erklärungen abgegeben wurden, läßt sich nur aus den verwandtschaftlichen Beziehungen der Beteiligten erklären.
Auch der tatsächliche Ablauf bei der ,,Umwandlung" des jeweils zum Monatsende fälligen Lohnzahlungsanspruchs in eine Darlehensforderung hält einem Fremdvergleich nicht stand. Zwar hat ein Arbeitgeber seine Zahlungspflicht erfüllt, wenn er dem Arbeitnehmer am Fälligkeitszeitpunkt seinen Lohn tatsächlich zahlt und der Arbeitnehmer ihm anschließend aufgrund eines freien Entschlusses Beträge darlehensweise zur Verfügung stellt; der Abschluß eines Darlehensvertrages vermag den tatsächlichen Vollzug eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Frage zu stellen. Das gleiche gilt auch für den Fall, daß dem Arbeitnehmer zu jedem Gehaltszahlungszeitpunkt das Nettogehalt zur Auszahlung angeboten wird und der Arbeitnehmer daraufhin der Umwandlung seines Gehaltsanspruchs in eine Darlehensforderung an Erfüllungs Statt zustimmt (BFH-Urteil vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48). - Im Streitfall lagen die Verhältnisse indessen anders. Abgesehen davon, daß das von den Kindern abgegebene Angebot, die jeweils zum Fälligkeitszeitpunkt auszuzahlenden Löhne dem Kläger als zinsloses Darlehen zu überlassen, einem Fremdvergleich nicht standhält, fehlt es auch sonst an den tatsächlichen Voraussetzungen dafür, daß hier Arbeitsverhältnisse ,,wie unter Fremden" abgewickelt wurden. So unterblieben die nach Lohnsteuerrecht (§ 41 EStG, § 7 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung) im Falle monatlicher Auszahlungen auf dem Lohnkonto vorzunehmenden Eintragungen. Der Kläger hat es auch unterlassen, monatliche Lohnabrechnungen zu erstellen.
Ebensowenig wurden die nach seinen Angaben jeweils monatlich entstandenen Darlehensforderungen buchmäßig erfaßt. Dies zeigt, daß der auf den Stundennachweisen von den Kindern unterschriebene Text ,,Arbeitslohn erhalten" sowie der vom Kläger entsprechend unterzeichnete Text ,,Darlehen erhalten" rein formellmäßig verwendet wurde, ohne daß die entsprechenden Folgerungen hieraus gezogen wurden. Abgesehen hiervon wurden die Lohnunterlagen (insbesondere hinsichtlich der abgeleisteten Zahl von Arbeitsstunden) nicht - wie im Falle eines Arbeitsverhältnisses unter Fremden - vom Kläger (als Arbeitgeber) gesammelt und abgelegt; sie sind vielmehr bei den Kindern verblieben (und dort teilweise verlorengegangen). Auch diese Handhabung läßt sich nur aus der familiären Beziehung der an den Verträgen Beteiligten erklären; bei Arbeitsverhältnissen zwischen fremden Personen wäre etwas Derartiges nicht möglich.
Da sich die Mitwirkung der Kinder im Betrieb des Klägers sonach nicht wie unter einander fremden Vertragspartnern vollzog, fehlt den Lohnaufwendungen für die Kinder des Klägers sowie der Einbehaltung der Lohnsteuer die betriebliche Veranlassung. Diese Aufwendungen waren deshalb nicht als Betriebsausgaben abziehbar.
Fundstellen
Haufe-Index 416515 |
BFH/NV 1990, 224 |